Bewertung

Review: #3.12 Du nimmst mir alles

Familienangelegenheiten stehen im Mittelpunkt der neuesten “Nashville“-Folge und lassen die Protagonisten unterschiedlichste Gefühlsmomente durchleiden und –leben.

Familie Claybourne/O’Connor

Scarlett hat also ihre Mutter Beverly nach Nashville gelotst, nachdem sie selbst nicht als Spenderin für Deacon in Frage kommt. Das letzte Aufeinandertreffen von Mutter und Tochter ging ja nicht gerade harmonisch auseinander und es muss Scarlett sicher eine Menge an Überwindung gekostet haben, Beverly überhaupt anzurufen. Deacon ist für sie inzwischen die Vaterfigur geworden und sein Schicksal nimmt sie so sehr mit, dass ihr selbst die Erinnerungen an die Schmerzen und Leiden, die ihre Mutter ihr in der Vergangenheit zugefügt hat, egal sind. Beverly ist mit ihrem bisherigen Auftritt nun keinesfalls als Sympathieträgerin in Erinnerung geblieben und so sah ich ihrer Ankunft zunächst einmal mit einer gewissen Skepsis entgegen, ob sie wirklich bereit sein würde, ihrem Bruder zu helfen. Und darin lag dann auch schon das große Problem dieses Handlungsstrang, der nämlich über weiter Strecken einfach zu vorhersehbar und im Verlauf dann auch noch sprunghaft und unausgegoren wirkte. Es war damit zu rechnen, dass Beverly nicht erfreut sein würde, wenn sie den Grund erfährt, warum Scarlett sie überhaupt eingeladen hat. Die zunächst gezeigte Ablehnung zur Hilfe war also nicht überraschend. Dass dann jedoch nur ein Gespräch mit Scarlett dazu führte, ihre Meinung zu ändern, kam dann doch etwas vorschnell, genauso wie die plötzliche Harmonie des Dreiergespanns. Das kam mir komisch vor und ich sollte Recht behalten, denn Beverlys Lüge über das Testergebnis ließ das neu gefundene Familienglück wieder einstürzen und im Falle von Scarlett in durchaus verständliche Wut auf ihre Mutter umschlagen. Warum musste Beverly eigentlich ständig ihre Meinung ändern? Zugegeben, ich war glücklicherweise selbst noch nie in einer vergleichbaren Situation, kann mir aber nicht vorstellen, dass ich meinen eigenen Bruder (oder auch Schwester) nicht helfen würde. Ich kann ja durchaus ihrer Argumentation folgen, dass sich Deacon durch seinen früheren Lebenswandel seine aktuelle Lage quasi selbst verschuldet hat, aber der Deacon von früher hat sich weiter entwickelt und Beverly ist mit ihrer Verbitterung stehen geblieben. Im Prinzip bestraft sie Deacon nun dafür, dass er Scarlett beigestanden hat, als sie ihre Tochter als Grund für ihre gescheiterte Karriere verantwortlich machte. Deacons Verständnis für Beverly kann ich daher auch nur begrenzt nachvollziehen. Jetzt heißt es wohl abwarten, ob Beverly ihre Meinung noch einmal ändern wird. Besonders überzeugend fände ich einen weiteren Umschwung in ihrem Denken jedoch nicht. Auch wenn mir persönlich die Handlung nicht gerade zusagte, hatte sie aber auch gute Seiten. So hatte Charles Esten erneut sehr starke Szenen, sein Schauspiel lässt seinen Charakter Deacon so authentisch wirken und erzeugte bei mir sehr großes Mitgefühl und Verständnis für seine Situation. Außerdem gefiel mir die Gesangseinlage der Familie Claybourne/O’Connor in der Küche sehr gut. Wie überhaupt in dieser Folge die Musik endlich wieder mehr im Mittelpunkt stand als zuletzt.

Familie Scott/Brenner

Etwas überrascht war ich tatsächlich, dass die Geschichte um Gunnar und Micah doch noch weiter geführt wird. Mit der Abreise in der letzten Folge und der dadurch entstandenen großen Entfernung, stellte sich das für mich eher als Hindernis dar. Grundsätzlich finde ich es aber auch konsequent weiter erzählt, denn diese Handlung hat in Bezug auf Gunnar die erste Staffelhälfte doch sehr geprägt und ein plötzliches Fallenlassen der Geschichte wäre dann doch etwas plötzlich gekommen. Nachdem zuletzt schon zwischen Gunnar und Micahs Großeltern wieder eine versöhnliche Annäherung stattgefunden hat, lag der Fokus nun auf Gunnar und Micah. Es gefällt mir wirklich gut, wie sehr Gunnar seine "Vater"-Rolle wahrnimmt und auch in ihr aufgeht. Sein aufopferungsvolles Engagement, Micah wieder näher zu kommen, ist glaubhaft und nachvollziehbar. Gunnar will wieder Teil einer intakten Familie sein und Micah ist das entscheidende Bindeglied in Bezug auf seine Vergangenheit mit Jason, dessen Vorbildfunktion er nun für Micah übernehmen will. Das war stimmig erzählt und nun bin ich gespannt, inwiefern diese Handlung mit der Aussöhnung ihr Ende gefunden hat oder ob es noch zu einer wie auch immer gearteten Fortsetzung kommen wird.

Familie Barnes/Barkley

Dass Geduld und Juliette Barnes keine zwei Dinge sind, die besonders gut zusammenpassen, ist keine große Neuigkeit. Daher passt natürlich auch ihr Verhalten in dieser Episode zu ihrem Charakter. Nur daheim sitzen und auf die Geburt warten, entspricht nicht ihrem Naturell. Dennoch müsste auch ihr als Künstlerin klar sein, dass Gesangsaufnahmen in ihrem Zustand keine gute Idee sind, weil gerade die elementar wichtige Atemtechnik beim Gesang durch die stark fortgeschrittene Schwangerschaft selbstverständlich beeinträchtigt ist. Einmal mehr ist es also an Avery, Juliette in ihrem Tun einzubremsen, was ihm wieder einmal mit einem sehr taktvollen Gespür für Juliettes Temperament hervorragend gelingt. Es ist wirklich schön anzusehen, wie gut Avery Juliette inzwischen kennt. So gerne ich die beiden auch zusammen sehe, insgesamt war das aber alles nicht besonders überraschend, geschweige denn wichtig für die weitere Handlung, so dass die wenigen Szenen der beiden immerhin wohl dosiert eingesetzt und damit nicht zu wiederholend waren.

Familie Conrad/Jaymes/Claybourne

Hier gab es ja eigentlich gleich zwei Erzählstränge. Wobei ich mich bei dem bezüglich Rayna möglichst kurz halten will. Mir geht sie ehrlich gesagt gerade ein wenig auf den Geist, weil es auch einfach unglaublich wiederholend erzählt ist. Sie hatte sich nun mal, warum auch immer, für Luke entschieden und nun hat sie es sich anders überlegt und will eigentlich doch lieber Deacon, aber irgendwie auch wieder nicht bzw. nicht sofort. Das ist einfach nur anstrengend und wird auch nicht besser, indem man zum x-ten Mal Rückblicke in deren gemeinsame Vergangenheit sieht. Im Grunde genommen gefiel mir an der Story dann auch nur, dass man nach langer Zeit endlich mal wieder das Bluebird Café zum Einsatz brachte, das noch in den ersten beiden Staffeln einen so zentralen Handlungsort darstellte. Der Auftritt von Rayna mit ihren Töchtern war ebenfalls schön anzusehen. Ansonsten braucht Rayna dringend eine spannende Handlung, die vielleicht durch Deacons Krankheit, aber auch durch die eigene Familie gar nicht so weit entfernt zu sein scheint.

Denn wie einst schon prognostiziert, setzt Jeff nun tatsächlich Teddy stark unter Druck und so könnte es nun wirklich dazu kommen, dass Maddie ohne Raynas Einverständnis bei Edgehill Records unter Vertrag genommen wird. Während andere Handlungsstränge in dieser Staffel doch deutlich straffer erzählt wurden, hat man sich bei dieser Geschichte enorm viel Zeit gelassen. Schließlich war diese Entwicklung bereits in Folge vier abzusehen und inzwischen sind wir schon in der zweiten Staffelhälfte angekommen. Ich empfand schon damals die Ausgangslage einer solchen Handlung durchaus spannend und bin aufgrund des bisherigen Staffelverlaufs und der insgesamt erzählerischen Verbesserung recht optimistisch, dass hier eine interessante Geschichte präsentiert werden kann, die uns möglicherweise auch zu überraschen weiß. Ich hoffe nur inständig, dass Maddie bei einem denkbaren Erfolg, der eigene Ruhm nicht zu Kopf steigen wird. Auf zickiges Teenagergehabe kann ich jedenfalls gerne verzichten. Nicht unwichtig wird auch sein, welche Auswirkungen auf Teddy zukommen werden. Hat er gegebenenfalls sogar die Größe, Rayna die Wahrheit zu sagen oder wird ihm seine Affäre mit dem Callgirl doch zu peinlich sein, um es gegenüber seiner Ex-Frau zuzugeben? Nicht zu vergessen ist dann natürlich auch Deacon, der zur Karriere seiner Tochter vielleicht auch noch ein Wörtchen mitreden will. Aber ich muss mich bei meinen ganzen Spekulationen noch ein wenig bremsen. Denn noch hat Teddy den Vertrag ja noch gar nicht unterschrieben. Wer weiß, vielleicht lässt er es ja auch auf einen Versuch bei Jeff ankommen? Schließlich ist Teddy offiziell geschieden und ohne Freundin. Wird man ihm da in der Öffentlichkeit wirklich einen Strick aus der Affäre ziehen? Im prüden und konservativen Süden der USA wäre das zumindest nicht unwahrscheinlich.

Auf jeden Fall zeigt Jeffs fast schon verzweifeltes Vorgehen noch einmal, dass er im Grunde noch immer der Unsympath ist, den man uns seit der Einführung seiner Figur gezeigt hat. Nachdem er noch in der letzten Woche Layla und Will die Reality Film Crew vom Leib hielt, konnte man ja fast schon so etwas wie menschliche Züge an ihm feststellen. Aber diese Zweifel an seinem Charakter können damit wohl direkt wieder ad acta gelegt werden. Schade war es, dass Will erneut keine Rolle in dieser Episode spielte. Das finde ich inzwischen doch sehr auffällig: wenn man auf eine der Hauptfiguren verzichtet, dann trifft es irgendwie immer Will. Beim nächsten Mal ist er aber hoffentlich wieder dabei.

Fazit

Diese "familiäre" Folge wusste nur durchschnittlich zu unterhalten. Einiges lief doch recht vorhersehbar ab, die Szenen von Juliette und Avery waren nicht mehr als Füllmaterial und Raynas Selbstmitleid nervt einfach langsam. Dafür wusste einmal mehr Charles Esten als Deacon zu überzeugen und Jeffs Erpressungsversuch bei Teddy könnte mit der richtigen Umsetzung gutes Potential für die kommenden Folgen bieten. Das Wiedersehen mit dem Bluebird Café sowie einige schöne Songs führen letztendlich noch zu leicht überdurchschnittlichen sechs Punkten.

Jan H. – myfanbase

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