Bewertung

Review: #3.14 Phönix aus der Asche

Das Erzähltempo bei “Nashville“ zieht gerade gehörig an. Nachdem in der vergangenen Folge bereits die so lange angedeutete Geschichte des von Jeff erpressten Plattenvertrages für Maddie zu einem jähen Ende kam, schalten die Autoren nun für mich völlig überraschend mit dem Zerfall von Edgehill Records in den nächsten Gang. Chapeau kann ich da nur sagen. Dem Mut, die Story derart schnell voran zu treiben, gehört meines Erachtens Respekt gezollt. Und je länger ich darüber nachdenke, verspricht diese so schnell vorangetriebene Wendung sogar noch mehr Potential, als ein Karriereschub für Maddie, die rückblickend betrachtet von alldem ja gar nichts mitbekommen hat.

Tragische Figur in dem ganzen Spiel ist natürlich Jeff, wobei sich mein Mitleid für ihn doch sehr in Grenzen hält. An dem Niedergang des Traditionslabels hat er auf jeden Fall seinen ganz eigenen Beitrag geleistet. Aber man muss ja auch in der realen Welt gar nicht so lange nach Beispielen suchen, in denen Top Manager aus der Wirtschaft nach einem Misserfolg oder einer Reihe von falschen Entscheidungen ihren Hut nehmen müssen, nur um früher oder später in einer ähnlichen Führungsrolle wieder auf die Füße zu fallen. Das ist so ein wenig wie mit einer Katze, der man sieben Leben nachsagt und die auch immer wieder auf ihren Füßen landet. Wobei ich der Katze mit einem Vergleich mit Jeff Fordham sicher unrecht tue. Es ist auf jeden Fall eine Achterbahnfahrt, die Jeff in der Folge durchlebt. Eben noch geschasster Labelchef, gelingt es ihm tatsächlich, Luke Wheeler auf seine Seite zu ziehen. Ein recht cleverer Schachzug, schließlich gibt es in diesem Gespann keine Nicklichkeiten aus der Vergangenheit. Aber bevor diese Zusammenarbeit überhaupt richtig startet, verliert Jeff schon ein weiteres "Leben", denn seine Idee des eigenen Labels von Luke, wird von diesem ohne ihn weitergeführt. Erneut scheint die wilde Fahrt im Tal zu enden, doch Layla eröffnet ihm mit ihrem Angebot, sie zu managen die nächste Chance. Die beiden sind durchaus ein interessantes Gespann. Zwei im Moment gescheiterte Existenzen, die sich zusammenfinden und ihr Schicksal in die Hand nehmen wollen. Die besondere Beziehung der beiden wurde in den vergangenen Folgen wirklich behutsam von den Autoren aufgebaut. Beide helfen sich gegenseitig in den jeweils schwierigsten Situationen des anderen. Ich habe nur ein wenig die Befürchtung, dass Layla auf längere Sicht gesehen, hier noch den Kürzeren ziehen könnte. Die ihr von Jeff zugesteckten Pillen vor noch gar nicht allzu langer Zeit waren hier schon ein erstes Warnhinweis. Wenn Rayna nun tatsächlich Layla unter Vertrag nehmen sollte, dann könnte die Konstellation aus Jeff und Rayna noch jede Menge Zündstoff bieten, die Layla ihren nun so gewissenhaft betrieben Schritt als ernsthafte Künstlerin anerkannt zu werden, noch verderben könnte, bevor es überhaupt richtig losging. Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt, wie Rayna auf Jeff als Manager reagieren und vor allem welche Konsequenzen das haben wird.

Das Ende von Edgehill hat neben Jeff aber auch Konsequenzen für weitere Charaktere. So sitzt zum Beispiel auch Will buchstäblich von einem auf den anderen Moment ohne Label da. Das war gut umgesetzt mit seinem Radioauftritt, bei dem er live vom Zusammenbruch seines Arbeitgebers erfährt. Sein Fall ist durch sein noch immer nicht stattgefundenes öffentliches Outing natürlich auch noch einmal ein ganz besonderer. Während die Label-Chefs schon Schlange bei ihm stehen, beschäftigt ihn vielmehr die Frage, wo er sich in seiner Situation am besten aufgehoben fühlt. Daher ist seine Überlegung, dem Angebot von Jeff zu folgen und bei Lukes neuem Label zu unterschreiben natürlich nachvollziehbar. Jeff weiß über sein Privatleben Bescheid und er ist ihm außerdem dankbar für seine Hilfe in Sachen Ausstieg aus der Reality-Serie zusammen mit Layla. Ob er aber nach dem schnellen Ausscheiden von Jeff nun wirklich bei Luke richtig aufgehoben ist, wird sich zeigen müssen. Schließlich weiß Luke nichts von Wills wahrer sexueller Orientierung und er steht dem von Luke verkörperten Bild eines rustikal männlichen Country Künstlers sicherlich nur als Abziehbild eines Klischees zur Verfügung. Damit könnte es also noch zu Problemen kommen. Was mir in diesem Zusammenhang sehr gut gefiel, war das von Will gesuchte Gespräch mit Deacon. Er sieht in ihm eine Vertrauensperson und zugleich eine erfahrene Größe im Business an, die ihm wertvolle Ratschläge erteilen kann. Das rechne ich auch den Autoren hoch an, dass sie diese kleinen, in früheren Folgen immer wieder einmal angerissenen Beziehungen, mit diesen Momenten wieder aufgreifen und somit eine glaubhafte Geschichte erzählen.

Zu Layla habe ich ja eingangs in Verbindung mit Jeff schon ein paar Worte geschrieben. Auch auf sie hat das Ende von Edgehill Konsequenzen. Das Label und insbesondere Jeff war ihr letzter Strohhalm, wieder auf die Beine zu kommen. Umso mehr muss ich doch ihren Einsatz loben, den Sie mit ihrer Ausdauer in Raynas Vorzimmer zeigte. Das Gespräch mit ihr und Rayna gehörte für mich auch zu den schönsten Momenten der Folge. Wenn da nun nicht dummerweise ihre Zuneigung zu Jeff wäre, dann wäre Highway 65 sicher das Beste, was ihr im Moment passieren kann. Aber mit Jeff an ihrer Seite, wird der Weg sicher noch steinig.

Auch für Rayna bedeutet der Kollaps von Edgehill Einiges. Angefangen zunächst einmal damit, dass sie, auf ihre Karriere zurückblickend, diesem Label natürlich jede Menge zu verdanken hat. Schon der Schritt zur Eigenständigkeit fiel ihr damals schwer, wurde ihr durch Jeff jedoch erleichtert. Dennoch ist ihr Wehmut an alte Zeiten nachvollziehbar. Viel interessanter sind jedoch die Chancen, die sich ihr und ihrem jungen, noch im Aufbau befindenden Label nun bieten. Umfangreiche Rechte am Musikkatalog von Edgehill bedeuten zunächst einmal eine Möglichkeit, sich durch deren Vermarktung einen dringend benötigten finanziellen Spielraum zu verschaffen. Dieser wiederum gestattet ihr und Bucky die Verpflichtung neuer Künstler und das ganz in ihrem Sinne eines familiär geführten Labels. Das ist natürlich auch eine idealisierte Vorstellung Raynas, die aber auch konsequent im Rahmen ihres Charakters umgesetzt ist. Sie ist ein harmoniebedürftiger Familienmensch und will auch ihr Label unter dieser Prämisse führen. Mit Bucky hat sie aber einen Geschäftspartner an ihrer Seite, der diese Art und Weise der Unternehmensführung auch kritisch zu hinterfragen weiß und für die richtige Erdung sorgen wird. In der heutigen Zeit ist im Geschäftsleben sicher nicht nur mit reinem "Gutmenschentum“ Erfolg garantiert. Nach dem Ende von Edgehill steht mit Lukes neuem Label nun möglicherweise auch schon neue Konkurrenz ins Haus, die aufgrund der persönlichen Vergangenheit der beiden auch schon neue Konfliktherde parat hält.

Neben diesem großen, mehrere Charaktere betreffenden Themenkomplex gab es aber auch noch eine Reihe davon unabhängiger Nebenplots, auf die ich auch noch kurz eingehen will. So fällt es mir beispielsweise nach wie vor schwer, zu Sadie eine Beziehung aufbauen zu können. Inzwischen ist sie zwar neben ihrer Freundschaft zu Rayna nun auch durch die Zusammenarbeit mit Avery besser in den Kreis der Hauptpersonen integriert, dennoch ist es mir nach wie vor ziemlich egal, was bei und mit ihr passiert. Ich kann das gar nicht näher erklären, unsympathisch ist mir die Figur nicht, einfach nur gleichgültig. Man könnte sagen, sie ist die Zoey 2.0. Die Episode mit ihrem auch nicht vor Gewalt zurückschreckenden Ehemann hat mit dieser Folge nun hoffentlich auch wieder ein Ende. Besonders spannend war das für mich nicht und die Drohung von Rayna ausgangs der außergerichtlichen Einigung empfand ich auch eher als lächerlich. So richtig eingeschüchtert wäre ich da an seiner Stelle nicht.

Dann wäre da auch noch Deacon, der eine schwere Entscheidung hinsichtlich seiner Krebsbehandlung zu treffen hatte und sich letztendlich für die weniger experimentelle und damit wahrscheinlich auch sichere Variante entschieden hat. Dass ihn seine lebensbedrohliche Situation sicher auch bei seinem Disput mit Avery im Studio beeinflusst hat, ist durchaus verständlich, aber wenn es ihm einfach nur um Ablenkung und normalen Alltag gegangen wäre, dann hätte er meines Erachtens nicht unbedingt diesen Egotrip im Studio durchziehen müssen. Andererseits ist es vielleicht auch einfach diese kaum vorhandene Handlungsfähigkeit in Sachen Krankheit gewesen, die er durch sein aktives Eingreifen in den Aufnahmeprozess ausgleichen wollte. Immerhin kam die Einsicht bei ihm schnell und seine Entschuldigung bei Avery ehrt ihn. Jetzt bin ich allerdings gespannt, wie lange er seine Krankheit noch wird geheim halten können.

Scarlett zum Beispiel hat unter seiner Verschlossenheit zu leiden. Sie kann den in ihrem Inneren verspürenden Druck gegenüber niemandem erwähnen und es wundert mich, dass Gunnar sich so einfach hat abspeisen lassen, als Scarlett in seinem Beisein in Tränen ausbrach. Immerhin nahm sie sich aber den Ratschlag von Deacons Arzt zu Herzen (auf die angehende Liebelei der beiden kann ich übrigens verzichten) und sorgte für einen persönlichen Ausgleich, indem Sie Gunnars Angebot zum gemeinsamen Auftritt mit Avery im Bluebird Café annahm. Die Spielfreude der drei war hoch und es war schön, Scarlett auch wieder einmal fröhlich zu sehen. Etwas verwundert war ich nur darüber, dass Avery so viel Zeit für das Projekt zu haben scheint. Schließlich wartet neben der nun weiter gehenden Produktion von Sadies Album zuhause auch noch eine schwangere Juliette auf Unterstützung. Deren kleine Geschichte mit den Fotoaufnahmen war dagegen ziemlich überflüssig. Es scheint fast so, als müsse Hayden Panettiere vertraglich in jeder Folge einen Auftritt haben. Abgesehen von einem ganz netten Moment mit ihr und Avery beim Ansehen der Aufnahmen war das aber doch recht substanzlos.

Bleibt zuletzt noch ein Wort zu Teddy und seiner Affäre mit dem Callgirl Natasha. Mir war schon unverständlich, dass sich Teddy überhaupt Gedanken um Jeffs Wohlergehen machte. Nach dessen Erpressungsversuch in Sachen Maddie ist das einfach nicht nachvollziehbar. Was jetzt genau die Abhöraktion am Folgenende sollte, erschließt sich mir noch nicht so ganz. Meines Erachtens geht es hier weniger um eine Ermittlung gegen Teddy, als um eine Aufdeckung von professionell betriebener Prostitution. Ich hatte eigentlich gehofft, dass man auf Natasha nicht noch einmal zurückgreifen wird. Nun bleibt es leider dabei: für Teddy finden sich auch weiterhin keine vernünftigen Storylines.

Fazit

Mit dem überraschenden Ende von Edgehill Records wird das Erzähltempo noch einmal angezogen. Davon können einige Erzählstränge nur profitieren, während Teddy daraus als "Verlierer“ hervorgeht und einmal mehr mit einer uninteressanten Geschichte abgespeist wird. Jetzt wünsche ich mir noch etwas mehr Bewegung in Sachen Deacons Krebserkrankung, dann versprechen die nächsten Ausgaben wirklich ausreichend Spannung für das letzte Staffeldrittel.

Jan H. – myfanbase

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