Review: #1.02 Das, was du am meisten liebst...

In Märchen herrschen für gewöhnlich keine demokratischen Verhältnisse. Die gängige Staatsform in der Märchenwelt ist die absolute Monarchie mit mächtigen Königen und Königinnen, die in riesigen Schlössern residieren und mehr Diener als Haare auf dem Kopf haben. Da der Fluch die Märchenfiguren nun aber zu Bewohnern einer amerikanischen Kleinstadt gemacht hat, kann die Böse Königin dort nicht auf einem prächtigen Thron sitzen und eine Krone tragen, sondern erscheint als rechtmäßig gewählte Bürgermeisterin Regina Mills, um letztlich doch ein unsichtbares Zepter zu schwingen. In Storybrooke ist eine pseudo-demokratische Schreckensherrschaft an der Tagesordnung. Die Bürgermeisterin unterdrückt die Bewohner, schüchtert sie ein und hat über alles im Ort die Kontrolle - noch. Emma fügt Reginas Machtgefüge bereits erste kleine Risse zu und beginnt, Storybrooke zu verändern. Dies wird allein dadurch, dass im Ort die Zeit nicht länger stillsteht, sehr schön deutlich.

Was mich bei dieser zweiten Folge besonders fasziniert, ist der Vergleich zwischen den Untaten der Bösen Königin, die wir in Rückblicken dabei beobachten, wie sie den Fluch wirkt, und denen ihres Alter Egos Regina Mills, die Emma aus Storybrooke vertreiben will. Wir sehen einerseits das märchenhafte, altmodische Böse mit schwarzer Magie, Schwertern und Zauberspiegeln und andererseits das moderne, sachliche Böse aus Rufmord, Intrigen und Schikanen.

Da Märchen in der Regel aus der Sicht der Lieben und Guten geschrieben sind, zeigen sie zwar die Folgen von Zauberflüchen und wie diese am Ende gebrochen werden, aber nicht ihre Entstehung. Das ist in "Once Upon a Time" anders. Die Rückblicke enthüllen uns, dass die Böse Königin ihren eigenen Vater getötet und sein Herz verwendet hat, damit der Flucht seine Wirkung entfaltet und Snows Glück zerstört wird. Es kann also keiner behaupten, die Königin hätte sich den Beinahmen Böse nicht redlich verdient. Woher ihr großer Hass auf Snow kommt, wissen wir allerdings noch nicht. Im Schneewittchen-Märchen ist die Böse Königin bekanntlich die Stiefmutter der Titelheldin und beneidet diese um ihre Schönheit. Ein solcher Neid allein scheint die Böse Königin in "Once Upon a Time" aber nicht anzutreiben. Bei ihr steckt mehr dahinter.

Die Person, von der die Böse Königin den Fluch hat, ist Rumpelstilzchen, der dafür in seiner neuen Existenz als Mr. Gold mit Reichtum gesegnet ist und der Königin jeden Gefallen abverlangen darf, wenn er dabei "Bitte" sagt. Obwohl sich Mr. Gold wie die anderen Bewohner Storybrookes nicht mehr an sein altes Leben erinnern soll, erweckt sein Gespräch mit Regina am Ende dieser Folge sehr stark den Eindruck, dass er sehr wohl weiß, was vor sich geht - und dass er maßgeblich dazu beigetragen hat, Emma nach Storybrooke zu lotsen, indem er ihren Sohn Henry zu Regina brachte. Ohne Frage ist Mr. Gold ein Charakter, der noch eine tragende Rolle spielen wird und der sich alles andere als leicht durchschauen lässt.

Sehr interessant sind auch die verschiedenen Beziehungen, die Emma aufzubauen beginnt. Zum einen natürlich die Beziehung zu ihrem Sohn Henry, aber auch zu der Lehrerin Mary Margaret Blanchard, die ja in Wahrheit Snow White, Emmas Mutter, ist. Mary Margaret fühlt sich sofort mit Emma verbunden und bringt ihr ein Vertrauen entgegen, das sie selbst nicht erklären kann. Dann ist da noch der Sheriff, der Gefallen an Emma findet und durchaus gewillt scheint, Regina die Stirn zu bieten. Noch ist nicht klar, welche Märchenfigur er ist, aber sicherlich werden wir dies in den kommenden Episoden erfahren.

Maret Hosemann – myFanbase

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