Bewertung

Review: #4.13 Unverziehen

Foto: Robert Carlyle, Once Upon a Time - Copyright: 2017 ABC Studios; ABC/Jack Rowand
Robert Carlyle, Once Upon a Time
© 2017 ABC Studios; ABC/Jack Rowand

Sind Snow White und Prinz Charming, die beliebten Helden aus dem Märchenland, etwa Babymörder? Man kann und will das nicht wirklich glauben. Tatsächlich lässt Mary Margarets Aussage, sie und David seien schuld daran, dass Maleficent ihr Kind verloren hat, noch einigen Interpretationsspielraum zu. Maleficents Kind muss nicht zwangsläufig tot sein. Eine Theorie, die sich inzwischen einiger Beliebtheit in Fankreisen erfreut, besagt, dass Emmas Jugendfreundin Lily, die wir in Episode #4.05 in einem Flashback kennengelernt haben, Maleficents Tochter ist. Es gibt einige Punkte, die diese Theorie stützen: Lily wurde adoptiert und kennt ihre lieblichen Eltern nicht, sie hat sich immer anders gefühlt, sie trägt ein auffälliges Sternen-Mahl am Handgelenk und sie ist Emma begegnet – und Emmas Begegnungen waren bisher selten nur unbedeutende Zufälle. Wenn man bedenkt, dass sich Emmas erste große Liebe als der Sohn von Rumpelstilzchen entpuppt und ihre Pflegemutter als Schneekönigin herausgestellt hat (sowie ihr Beinahe-Verlobter als Zauberer von Oz bzw. fliegender Affe) dürfte es niemanden überraschen, wäre sie als Teenager mal kurz mit Maleficents Tochter befreundet gewesen.

Gehen wir also einfach mal davon aus, dass Maleficents Kind nicht von Snow und Charming getötet wurde, die beiden Maleficent das Baby aber weggenommen haben. Auch das ist eine harte Tat. Ich denke, man muss nicht groß erklären, warum es grausam ist, einer Mutter ihr Kind zu rauben. Snow und Charming haben dies offenbar getan, um ihr eigenes Kind, Emma, vor der Dunkelheit zu schützen. Noch fehlen uns hier selbstverständlich die Details, um diesen Zusammenhang zu verstehen. Es würde mich allerdings sehr wundern, wenn Rumpelstilzchen dabei keine Rolle gespielt hätte. Schließlich gehört das Handeln mit Babys zu seinen persönlichen Steckenpferden und es war durchaus in seinem Interesse, dass aus Emma die Retterin wird, die den Fluch bricht, und keine Schurkin, die tagtäglich versucht, die Weltherrschaft an sich zu reißen.

Die kommenden Wochen werden sicherlich noch viele Gelegenheiten bieten, darüber zu diskutieren, ob wir Snow und Charming jetzt mit anderen Augen betrachten müssen, als wir es bisher getan haben, oder nicht. Heldentum ist grundsätzlich eine heikle Angelegenheit. Indem Snow damals Königin Reginas Hinrichtung im letzten Moment stoppte, hat sie ausgesprochen gütig gehandelt, aber es gleichzeitig möglich gemacht, dass Regina noch viel Leid über die Märchenwelt bringen konnte. 28 Jahre später hat Snow bzw. Mary Margaret in Storybrooke Reginas Mutter Cora in eine tödliche Falle gelockt, um die permanente Bedrohung ihrer Familie zu stoppen. Mary Margaret hat damit vermutlich viele Leben gerettet, konnte ihre Entscheidung aber dennoch kaum ertragen. Was auch immer Snow und Charming mit Maleficents Babys gemacht haben, hat wohl nicht unwesentlich dazu beigetragen, dass Emma den Fluch brechen und viele Menschen erlösen konnte, aber Maleficent, wohlgemerkt einer Schurkin, wurde großes Leid zugefügt.

Untaten wie Reginas Auslöschung ganzer Dörfer, an die Ursula und Cruella noch einmal freundlich erinnern, sind eindeutig zu be- oder besser zu verurteilen, über andere Handlungen ist dagegen ungleich schwerer zu richten. Tendenziell neige ich dazu, den Guten auch einen gewissen Spielraum zuzugestehen, da sie sonst machtlos gegen mordende, plündernde, Herzen herausreißende und Flüche aussprechende Bösewichte wären, aber wie gesagt, uns fehlen noch viele Hintergründe.

Maleficent

Sie hat sich ein eigenes Kapitel in dieser Review verdient. Weiterhin macht sie von den drei Königinnen der Dunkelheit die eindrucksvollste Figur. Es ist bemerkenswert, dass der Dämon bei ihr das dunkelste Herz erkannt hat, sie aber für uns Zuschauer offensichtlich eine verletzliche Seite besitzt. Als sie Snow gesteht, ebenfalls schwanger zu sein und ihr Baby vor Reginas Fluch schützen zu wollen, wirkt sie definitiv nicht schurkisch, sondern erregt Sympathien. Sie empfindet offensichtlich Liebe für ihr ungeborenes Kind. Für einen Moment nimmt man es Snow fast übel, dass sie Maleficents Angebot auf Zusammenarbeit ablehnt, obwohl ich selber oft genug den Kopf schüttele, wenn sich ein Charakter mal wieder leichtsinnig und vertrauensselig mit einem Schurken verbündet.

In Bezug auf Maleficent schuldet man uns übrigens immer noch eine Erklärung dafür, dass sie zu dem Zeitpunkt, als Regina von ihr den Fluch zurückgeholt hat, also kurz vor den Ereignissen, die wir in dieser Folgen sehen, ein sehr einsames Leben geführt hat, in dem Ursula und Cruella weit und breit nicht zu sehen waren. Hat sich Maleficent erst nach Reginas Fluch-Rückhol-Aktion wieder mit ihren beiden Kumpaninnen zusammengetan? Und wer ist eigentlich der Vater des Kindes? Reflexartig möchte man "Rumpelstilzchen" schreien, was aber eigentlich nicht viel Sinn macht. Oder doch? Rumpelstilzchen ist einfach fast alles zuzutrauen, auch beinahe jede Vaterschaft von der Märchenwelt bis ins Wunderland.

In der Gegenwart kehrt Maleficent unter die lebenden, menschlichen Wesen zurück. Dass sie, die Drachen-Hexe, aus ihrer Asche aufersteht, verweist auf den Mythos vom Phönix aus der Asche. Gut, der Phönix ist ein Vogel und kein Drache, aber sieht man sich bildliche Darstellungen des Phönix an, tut sich im Vergleich zu einem Drachen optisch nicht allzu viel. Maleficent ist aufgrund ihrer speziellen Natur ein Sonderfall, wie schon ihr Nachleben als Zombie-Kreatur nach ihrer Niederlage gegen Emma gezeigt hat. Sie kann durch Magie ins Leben zurückgeholt werden, was üblicherweise im "Once Upon a Time"-Kosmos ja nicht möglich ist. Phönix aus der Asche eben.

Geheimnistuerei, Undercover und eine neue Liebe

Wie groß ist die Gefahr, dass Emma tatsächlich den Halt verliert und auf die dunkle Seite der Magie taumelt, wenn sie vom Geheimnis ihrer Eltern erfährt? Ich glaube, das größte Risiko geht nicht von dem Geheimnis an sich aus, sondern davon, dass Mary Margaret und David es vor Emma verbergen. Das ist letztlich häufig so. Viele (vermeintlich) dunkle Geheimnisse wären nur halb so problematisch, wenn sie nicht derart versteckt würden und dann viel zu spät und auf Umwegen ans Licht kommen, so dass sich die Leute belogen fühlen. Mary Margaret und David wagen es nicht, Emma die Wahrheit zu sagen, weil sie ihr Vertrauen nicht verlieren wollen, und machen es damit nur noch schlimmer. Für den Zuschauer ist das eine kleine Qual, denn wir wissen, dass Emma früher oder später erfahren wird, dass ihre Eltern nicht ehrlich zu ihr sind. Wie soll das Ganze auch dauerhaft im Verborgenen bleiben, mit Maleficent, Ursula und Cruella in Storybrooke? Das sollte eigentlich auch Mary Margaret und David klar sein.

Mary Margaret rückt aber nicht gegenüber Emma mit der Wahrheit heraus, sondern offenbart ihr Geheimnis Regina, die es für sich behalten soll. Damit schließt sich ein Kreis. Wird Regina dieses Geheimnis bewahren, anders als Snow, die damals Reginas Geheimnis nicht bewahren konnte? Diesmal ist es ein Geheimnis zwischen zwei erwachsenen Frauen, die schon sehr viel erlebt haben, und nicht zwischen einer unerfahrenen jungen Frau und einem naiven Kind. Geschichte hat sich rund um die Märchenwelt schon vielfach wiederholt – Väter, die ihre Söhne im Stich lassen, Babys, die ausgesetzt werden – deshalb würde ich persönlich kein Geld darauf setzen, dass Regina das Geheimnis dauerhaft bewahrt bzw. bewahren kann, aber es wäre ein besonderes Signal, wenn es ihr doch gelänge.

Sorgen bereitet mir auch, dass Regina undercover gehen und sich den Königinnen der Dunkelheit anschließen soll. Das ist an sich ein sinnvoller Plan, der aber viele Risiken birgt, ein bisschen so, als müsste sich ein Ex-Junkie, der erst seit ein paar Wochen clean ist, in die Drogenszene einschleusen. Reginas positive Entwicklung wird auf eine sehr harte Belastungsprobe gestellt. Schade ist auch, dass solche Momente, wie Reginas Versöhnung mit Marco, dann erst einmal nicht mehr möglich sind, im Gegenteil. Regina muss wieder gemein sein und frisch geknüpfte Tischtücher zerschneiden. Das empfinde ich schon als sehr bedauerlich.

Eine Überraschung ist die Entdeckung, dass Belle eine Romanze mit Will begonnen hat. Ja, Will gibt es auch noch. Ich will ehrlich sein: ich hatte ihn schon ganz vergessen. Er hat bisher ausgesprochen wenig Eindruck hinterlassen, so dass ich im Moment auch noch keinen richtigen Bezug zu der Romanze zwischen ihm und Belle habe. Nutzt Will die Noch-Ehefrau von Mr. Gold nur aus, um seine ominösen Ziele zu erreichen, die mit seiner Storyline im Spin-Off zu tun haben, welches ich nicht gesehen habe? Warum lässt sich Belle so kurz nach der schmerzhaften Trennung von ihrem schurkischen Gatten auf eine Liaison mit einem Mann ein, den sie kaum kennt, den niemand in der Stadt wirklich kennt und der schon einige Zeit als unfreiwilliger Gast auf Storybrookes Polizeiwache verbracht hat? Er ist selbstverständlich kein mächtiger, dunkler Magier, aber mir scheint, es gäbe normalere Beziehungen, auf die sich Belle einlassen könnte, um über Mr. Gold wegzukommen.

Maret Hosemann - myFanbase

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