Bewertung

Review: #1.03 Der Weg zurück

Auch weiterhin bleibt die frühe Phase von "Outlander" auf einem sehr guten Kurs und weiß zu begeistern, und das ist auch gut so, schließlich ist hier nach den ersten acht Episoden erst einmal Schluss und der Zuschauer muss lange auf den zweiten Teil dieser Staffel warten. Da ist es schon besser, nicht gleich am Anfang qualitativ danebenzugreifen. Aber wie es aussieht, muss ich mir vorerst über so etwas keine Gedanken machen, denn bisher bleiben die einzelnen Folgen alle auf einem sehr guten Niveau, auch wenn eine richtig herausragende Episode noch etwas auf sich warten lässt.

#1.03 Der Weg zurück besticht vor allem durch eine sehr gelungene thematische Einheit, und mit der weiteren Vertiefung der Figuren. Dabei beschränkt man sich weiterhin vor allem auf Claire und es wird immer deutlicher, dass die Serie ihren engen Fokus auf sie als Hauptfigur nicht so schnell erweitern wird. Das ist aber für mich gar kein Problem, schließlich ist Claire eine faszinierende Figur, sowohl als für sich stehender Charakter, als auch wie sie sich in dieser sehr ungewöhnlichen Situation zu Recht findet. Ich bin dabei besonders davon angetan, wie wir sie hauptsächlich darüber kennenlernen, wie sie mit anderen Menschen interagiert. Sie stellt sich dabei meist sehr klug, besonnen und auch einfühlsam an, ist aber weit davon entfernt, perfekt und damit langweilig zu sein. Ein oftmals schwieriger Aspekt ist diesbezüglich auch das Stilmittel des Voice-overs, der hier weiterhin benutzt wird, um Claires Erzählperspektive beizubehalten. Voice-overs sind ein sehr beliebtes Stilmittel in TV-Serien (und natürlich auch Filmen), die die Gefahr bergen, dass es sich die Drehbuchautoren mit den Expositionen in Sachen Handlung zu einfach machen. Da lässt man die Fakten einmal kurz von der Erzählerin aufzählen, und man hat ein Problem weniger. "Outlander" fällt für mich aber in eine andere Kategorie, was die Benutzung der Ich-Erzähler-Perspektive angeht, erinnert mich die Serie sehr an den ähnlichen Gebrauch einer solchen in "Veronica Mars". Da wir als Zuschauer die Welt ausschließlich mit den Augen der Protagonistin sehen, bauen wir eine viel engere Beziehung zu ihr und ihrem Standpunkt in ihrer Welt auf und können uns so noch viel intensiver mit ihr identifizieren. Diese Nähe zwischen Zuschauer und Protagonistin nimmt uns zwar in manchen Momenten etwas die Vieldeutigkeit ihrer Motive und Gefühle, räumt aber auch Zweifel auf, die genau diese Motive in einem wenig schmeichelhaften Licht stehen lassen könnten.

Nehmen wir hier beispielsweise Claires Begründung für ihr Verhalten Jamie gegenüber, nachdem sie ihn mit Laoghaire beobachtet hat. Als Zuschauer ist man sich schnell sicher, dass Claire eifersüchtig ist, ihre Erklärung für ihre aufbrausende Haltung ihm gegenüber ist aber viel komplexer und erinnert uns daran, dass man normalerweise nie in die Gefühle und Gedanken eines anderen Menschen hineinblicken kann und dass manche simple Erklärung oft nur an der Oberfläche kratzt und dem Gegenüber nicht gerecht wird. Zwar bin ich mir sicher, dass bei Claire durchaus auch eine gewisse Form von Eifersucht hier eine Rolle gespielt hat, die Anziehungskraft zwischen ihr und Jamie ist auch momentan schon enorm stark und für sie sicher ebenfalls spürbar. Aber ebenso bin ich überzeugt davon, dass sie dies auch für sich selbst noch nicht so formulieren kann, alles wird überschattet vom Verlust ihres Ehemanns und ihrer gesamten Lebenswelt. Dass sie dabei aber nicht nur die offensichtlichen Dinge wie moderne Hygiene und die relative Sicherheit und Vertrautheit ihrer Zivilisation vermisst, sondern auch kleinere Dinge wie die körperliche Nähe zu einem geliebten Menschen, sowie ihre sexuelle Selbstbestimmtheit, zeigt wie außergewöhnlich menschlich "Outlander" an manche Themen herangeht. Genau diese Momente sind es, in denen ich Claires Erzählerperspektive sehr zu schätzen weiß und auch wenn sie manchmal dazu neigt, offensichtliches unnötigerweise noch einmal laut auszusprechen, möchte ich doch auf diese viel interessanteren Einblicke in ihre Seele nicht verzichten.

Der große thematische Leitfaden dieser Episode war aber die alte Frage nach dem Widerspruch zwischen Glauben an das Übernatürliche, oder dem Wissen um rationale Fakten. Dabei wird uns Claire als Vertreterin der Moderne natürlich als rationaler Mensch und in ihrem Befremden der Bestrafungsmethoden aus dem 18. Jahrhundert als die Zivilisierte vorgeführt. Aber der Bogen zu ihrem eigenen Erleben, dass sie nun einmal eine Zeitreisende ist, zeigt doch, dass in der Welt von "Outlander" das Übernatürliche existiert. Der Übergang zwischen dem Glauben an die Wirksamkeit des Exorzismus bis hin zum Wissen von Zeitreisen ist fließend und auch für Claire nicht greifbar. Sie selbst hat am Ende der Episode diese Erkenntnis, als sie das alte Volkslied eben über genau eine Zeitreisende hört, dass ihrer eigenen Erfahrung so sehr ähnelt. Serienmacher Ronald D. Moore spielt hier wieder mit einem Gedanken, der schon in den letzten Jahren von "Battlestar Galactica" sehr präsent war und die man als Fan natürlich sofort erkennt.

Wirklich gelungen war im Zusammenhang mit dem Thema Glaube/Aberglaube/Wissen hier auch, wie man das Verhalten des katholischen Priesters, der den Exorzismus an dem vergifteten Jungen durchführt, auch wie man diesen mit dem in der Geschichte so tief verwurzelten Gedanken der Mysogynie verbunden hat. Dabei bleibt Vater Bain hier noch recht stereotyp böse, aber mir gefällt sehr, wie man dessen Verhalten reflektiert, sei es durch Geillis oder durch Jamies Erzählen über ihn. Und natürlich hat Jamie Recht, wenn er darauf hinweist, dass Claires Verhalten für Vater Bain eine Konkurrenz darstellt, auch wenn es von ihr so nicht beabsichtig ist. Nicht nur hat sie die Mittel, um dem Kind wirklich zu helfen, sie stellt seine Autorität direkt in Frage und wird im Nachhinein auch noch als Vollstreckerin eines Wunders gehandelt.

Neben Claire wurden hier auch noch ein paar weitere Figuren vertieft, allerdings alle weiterhin durch das Verhältnis zu ihr, was aber natürlich, wie oben bereits geklärt, an der genutzten Ich-Erzählerinnen-Perspektive von Claire liegt. Am prominentesten bleibt weiterhin Jamie, der immer noch etwas zu perfekt erscheint, immer höflich, immer schlagfertig, immer weitsichtig und mit einem Gedanken auf den Lippen, der Claire einen neuen Blickwinkel gibt. Sein Flirt mit Laoghaire hinterlässt aber die ersten Risse in seiner perfekten Fassade, nicht weil er Claire hintergeht, sondern weil er Laoghaire, die ja bereits in der letzten Folge für unsittliches Verhalten gerügt wurde, so in arge Bedrängnis bringen kann, gehen wir mal davon aus, dass er nicht vorhat sie zu heiraten. Auch Geillis hinterlässt in dieser Episode einen ambivalenten Eindruck, ist sie sehr neugierig was Claires Vergangenheit angeht. Die paranoide Atmosphäre, die das Gespräch zwischen Geillis und Claire ab diesem Moment annimmt, könnte aber auch leicht auf Claires eigene Gefühlslage zurückzuführen sein, die sie in diesem Augenblick erlebt.

Am besten hat mir hier aber gefallen, wie das komplizierte Verhältnis zwischen Claire und Colum MacKenzie fortgeführt wird. Claires Umgang mit dessen Krankheit und ihre selbstbewusst souveräne Art hinterlassen bei ihm offensichtlich einen tiefen Eindruck, man kann als Zuschauer aber genauso wenig wie Claire seine wahren Gedanken über sie deuten. Dieses besondere Verhältnis wird sicher noch eine ganze Weile spannend für uns als Zuschauer bleiben.

Cindy Scholz - myFanbase

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