Review: #4.09 Kein Weg zurück
Entscheidungen treffen. Darum geht es in dieser Episode von "Private Practice" und wieder sorgt vor allem Charlottes Storyline für eine gute Folge. Doch ist sie dieses Mal nicht die Einzige, die eine Entscheidung treffen muss, welche sicherlich ihr weiteres Leben beeinflussen wird. Auch Pete kommt in eine schwierige Situation, als plötzlich sein Bruder vor ihm steht, und ihn bittet seiner kranken Mutter, welche im Gefängnis ist, zu helfen. Währenddessen behandeln Addison und Amelia eine Patientin, die sich betreffend ihrer Gesundheit zwischen zwei Optionen entscheiden muss, die beide einige Risiken beinhalten.
"I'm offering you a cure."
Seit Amelia dem Praxisteam beigetreten ist, habe ich meine liebe Mühe mit ihrem Charakter und auch in dieser Episode kann ich für sie weder Sympathie noch Verständnis aufbringen. Zwar weiß, beziehungsweise denke ich, dass ihre arrogante Art nur eine Art Schutzmechanismus ist, den sie aufbaut, um ihre wahren Gefühle zu verbergen, doch trotzdem fällt sie mir eher auf die Nerven, anstatt, dass sie in mir irgendeine Art von Mitleid oder Verständnis weckt. Ihr kleiner Gefühlsausbruch bei Addison wegen des frühen Todes ihres Vaters hat mich kein bisschen berührt, was mir nur noch mehr zeigt, dass ich mit ihrem Charakter einfach nicht warm werde.
Vielleicht liegt es aber auch daran, dass sie meines Erachtens nicht richtig in die Storylines der anderen eingebunden wird. In den Handlungsstrang mit Charlotte war sie wegen der Sucht, welche die Beiden gemeinsam haben, involviert und vielleicht besteht hier die Chance, dass Amelia bei diesem Problem noch etwas vertieft einbezogen wird. Denn bis jetzt war sie zwar, wie am Schluss der Folge #3.08 – Was nun?, ein Rettungsanker für Charlotte, doch blieb ihre Rolle im ganzen Handlungsstrang doch eher oberflächlich. Genauso in dieser Episode. Ihre Screentime wird darauf beschränkt, dass sie sich vor der Patienten als hervorragende Chirurgin anpreisen muss, welche die Risiken einer Operation eher auf die leichte Schulter nimmt und wütend reagiert wenn jemand ihren Umgang mit den Patienten in Frage stellt. Ihr Gefühlsausbruch ist zwar sicherlich echt, wirkt auf mich aber eher so, als würde sie damit nur das Ziel verfolgen Addison von ihren Qualitäten und ihrer Meinung betreffend der Operation zu überzeugen und genau das erreicht sie schließlich auch, denn Addison ändert ihre Ansichten und redet noch einmal mit der Tochter der Patientin.
"What do you want from me?" – "Nothing"
Pete konnte mich in dieser Folge endlich wieder einmal überzeugen und dies ausgerechnet mit der Story rund um seine Mutter und seinen Bruder, zu der ich bis jetzt eher negativ eingestellt war. Doch in dieser Episode wurde meiner Meinung nach Petes Gefühlslage sehr gut dargestellt, man spürt richtiggehend seine innere Zerrissenheit. Einerseits sehnt sich Pete nach einer "normalen" Beziehung zu seiner Mutter und seinem Bruder, anderseits kann er verständlicherweise nicht vergessen, was damals passiert ist und kann seiner Mutter nicht so einfach vergeben. Dass sich sein Bruder Adam so konsequent auf die Seite der Mutter stellt, macht es für Pete nicht einfacher, denn er sieht sich so mit einer Situation konfrontiert, in der er scheinbar nur die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten hat: entweder er lügt für seine Mutter und hat damit eine Chance, eine Beziehung zu seinem Bruder aufzubauen oder er verliert alles an Familie, was er jemals hatte.
Man könnte hier einwenden, dass Pete schon seit Jahren den Kontakt zu seiner Familie abgebrochen und sich inzwischen eine eigene Familie geschaffen hat und deshalb die Entscheidung für ihn nicht so schwer sein sollte. Doch ich glaube, dass Pete verständlicherweise sehr darunter leidet, dass er weder zu seiner Mutter noch zu seinem Bruder Kontakt hat. Jetzt da sie plötzlich wieder in seinem Leben auftauchen, ist es nur natürlich, dass er auf eine zweite Chance hofft. Seine Mutter zerstört diese Hoffnung ziemlich schnell und ich bewundere Pete dafür, dass er seinen Prinzipien als Arzt treu bleibt, als er merkt, dass seine Mutter sich kein Stück verändert hat und ihre Tat aus der Vergangenheit nicht wirklich bereut.
Da Pete von seiner Mutter überhaupt nichts erwartet hat, hält sich auch seine Enttäuschung darüber, dass sie sich nicht verändert hat in Grenzen. Die Enttäuschung über die Reaktion seines Bruders Adam ist da schon viel grösser, denn dieser teilt Pete im Grunde eigentlich mit, dass sollte Pete seine Mutter nicht mit einem ärztlichen Attest zur frühzeitigen Entlassung aus dem Gefängnis verhelfen, es keine Chance mehr gebe, die brüderliche Beziehung wieder aufzubauen. Doch genau darauf hat Pete gehofft und er steht nun vor der schwierigen Frage, ob er wirklich die richtige Entscheidung getroffen hat oder ob es nicht besser gewesen wäre, wenn er mit einer kleinen Lüge seiner Mutter die letzten Lebensjahre im Gefängnis erspart, sich und Adam eine Chance gegeben hätte und somit auch dafür gesorgt hätte, dass Lucas seinen Onkel kennenlernen könnte.
Ich hoffe, dass Petes Dilemma noch nicht mit dieser Folge abgeschlossen ist, sondern das dieser Handlungsstrang für ihn noch etwas erhalten bleibt und er sich mit seinen Gefühlen auseinandersetzten muss und zwar zusammen mit Violet, die er zu meiner Freude in dieser Episode vollkommen miteinbezogen hat und ich somit zum ersten Mal eine durchwegs positiven Eindruck dieser Beziehung gewinnen konnte.
"He's not here" – "Are you sure?" – "Yes I'm sure."
Charlotte versucht nach ihrem kleinen Einbruch am Ende der letzten Folge immer noch krampfhaft die äußere Fassade aufrecht zu erhalten, so dass ihr niemand anmerkt, wie schlecht es ihr in Wirklichkeit geht. So schlägt ihre sonst schon eher barsche, in eine verächtliche und verletzende Art um. Sie hält alle Kollegen so weit wie möglich auf Abstand und schiebt ihre Arbeit vor, damit sie möglichst allen Versuchen ihr zu Helfen aus dem Weg gehen kann.
Doch konnte mich Charlotte in dieser Episode überraschen. Zuerst einmal war ich darüber verwundert, dass sie bei der ersten Gegenüberstellung ihren Peiniger nicht identifiziert, obwohl sie ihn erkannt hat. Für mich war es nachvollziehbar, dass sie zuerst überhaupt nicht zu der Gegenüberstellung gehen wollte, denn so hält sie alles von sich fern und kann sich in gewisser Weise vor den Ereignissen verschließen. Auch nicht verwunderlich war für mich, dass sie lieber Violet bei der Gegenüberstellung dabei haben wollte als Cooper. Für diese Handlung sehe ich zwei Gründe: einer ist, dass Charlotte Violet in gewisser Weise benutzt, da diese nie vorhatte ihren Peiniger zu identifizieren. Einen anderen Grund sehe ich darin, dass Charlotte auf gar keinen Fall wollte, dass Cooper die Wahrheit über den Überfall herausfindet und ich denke sie hatte Angst, dass Cooper diese Wahrheit eventuell aus ihrer Reaktion herausspüren könnte, oder dass ein Polizist irgendetwas von der Vergewaltigung erwähnen könnte.
Was für mich überraschend und zuerst auch etwas unverständlich war, war die Tatsache, dass Charlotte den Täter bei der Gegenüberstellung, zu der sie sich schließlich überreden ließ, nicht identifiziert. Doch bei ihrem anschließenden Gespräch mit Violet ist mir klar geworden, dass Charlotte nur zur Gegenüberstellung eingewilligt hat, damit Cooper und in gewisser Weise auch Violet sie in Ruhe lassen. Sie hat gehofft, wenn sie zur Polizei geht, dieses Prozedere über sich ergehen lässt, ist die Sache erledigt, Cooper und Violet hören auf sie zu bedrängen und sie kann weiter versuchen das Geschehen zu verdrängen und so damit fertig zu werden. Natürlich ist dies eine Illusion und sehr wahrscheinlich war dies auch Charlotte klar, was ihre Reaktion nach der Gegenüberstellung gegenüber Violet erklärt. Sie weiß sich nicht mehr anders zu helfen, als Violet anzuschreien und diese zu verletzen.
Eine weitere Überraschung war für mich Charlottes Reaktion als sie herausfindet, dass alle Praxispartner, bis auf Cooper, über die Vergewaltigung Bescheid wissen. Obwohl sie wütend wurde, hielt sich diese Wut, im Gegensatz zu meiner Erwartung, in Grenzen, was mir zeigt, dass Charlotte zur Zeit emotional vollkommen an ihre Grenzen stößt. Was mir bei der Szene jedoch am meisten aufgefallen ist, war ihre Reaktion Sheldon gegenüber. Addison und Violet wurden mit Wut und verletzenden Worten gestraft, gegenüber Sheldon war jedoch keine Wut zu spüren, was meine Vermutung von letzter Woche bestärkt. Sheldons Vorgehensweise scheint im Falle von Charlotte die Richtige zu sein. Er lässt sie weitgehend in Ruhe, macht das, was er aus beruflicher Sicht tun muss, gibt Charlotte aber gleichzeitig das Gefühl, dass er da ist, sobald sie sich dazu bereit fühlt und sich alles von der Seele reden will, oder sonst Hilfe braucht. Ich hoffe immer noch, dass Sheldon neben Cooper die Person ist, welche Charlotte hilft, das Geschehen zu verarbeiten.
"She was raped Cooper. Charlotte was raped."
Die dritte Überraschung war Charlottes Reaktion gegenüber Cooper, als sie feststellt, dass er von der Vergewaltigung weiß. Hier habe ich erwartet, dass sie auch ihm gegenüber verletzend wird und sich somit noch weiter von ihm entfernt, als sie das bis jetzt schon getan hat. Doch positiverweise ist hier das Gegenteil der Fall. Es scheint fast so, als sei es für Charlotte eine Erleichterung, dass Cooper nun auch endlich die Wahrheit kennt und vor allem bringt diese Gewissheit, Coopers Reaktion und seine Liebe, Charlotte dazu, noch einmal an einer Gegenüberstellung teilzunehmen und dieses Mal ihren Vergewaltiger zu identifizieren.
Cooper hat auf die Wahrheit betreffend Charlottes Überfall genauso reagiert, wie ich es erwartet habe. Auch wenn ihm Violet nicht gesagt hätte, dass er Charlotte zeigen soll, wie sehr er sie liebt, hätte er genau dies gemacht, sonst hätte er sich meiner Meinung nach absolut untypisch verhalten. Natürlich hat ihn die Nachricht über Charlottes Vergewaltigung geschockt und wütend gemacht und er fühlt sich sicher in gewisser Weise hilflos und verletzt. Ich denke, beziehungsweise hoffe, dass dieses Gefühlschaos von Cooper in den nächsten Folgen thematisiert wird. Als Ende dieser Episode war die Szene mit Charlotte und Cooper aber genau richtig und es wäre falsch gewesen, jetzt schon Coopers Gefühle zu stark zu thematisieren.
"You stick your nose in other people's business, that is what you do and I am tired of it."
Violets Charakter löst in mir zur Zeit die größten Widersprüche aus. Einerseits geht sie mir auf die Nerven, anderseits stößt ihre Art bei mir auf Verständnis und ihre Beharrlichkeit finde ich in gewissen Situationen sogar bewundernswert. Im Handlungsstrang zusammen mit Pete hat sie mir sehr gut gefallen. Sie hat ihm gezeigt, dass sie für ihn da ist und ihn, egal welche Entscheidung er trifft, unterstützt. Sie hat ihn dieses Mal nicht bedrängt und er hat sich sicherlich auch deswegen ihr gegenüber geöffnet. Wie schon erwähnt, habe ich zum ersten Mal das Gefühl, dass diese Ehe funktionieren könnte.
Bei Charlotte hingegen hat Violet den Weg des Bedrängens gewählt und obwohl mich das zwischendurch total genervt hat, war es wohl der richtige Weg um bei Charlotte eine Reaktion hervorzurufen. Ich glaube inzwischen, dass Violet nicht die richtige Person ist, um Charlotte zu helfen mit der Vergewaltigung und mit dem Überfall umzugehen, aber ich habe das Gefühl, dass Violet Charlotte dazu gebracht hat, dass sie sich nun mit dem Geschehen auseinandersetzt und sich von Cooper und vielleicht auch von Sheldon dabei helfen lässt. Dass Violet diejenige war, die Cooper die Wahrheit über den Überfall erzählt hat, war für mich eigentlich logisch und auch die richtige Entscheidung. Violet steht Cooper nahe und sie weiß aus beruflicher Sicht, dass es für Charlottes Genesungsprozess wichtig ist, dass er über die Vergewaltigung Bescheid weiß. Von diesem Punkt aus betrachtet, sehe ich Violets Handlung nicht als Verrat an Charlotte, sondern als Entscheidung, die sie aus persönlicher und beruflicher Hinsicht getroffen hat, um ihrer Kollegin zu helfen.
Fazit
Der Handlungsstrang rund um die Vergewaltigung von Charlotte konnte sein hohes Niveau halten und wurde zusätzlich durch die überraschend gut aufgebaute Storyline von Pete, seiner Mutter und seinem Bruder unterstützt. Persönlich hat mich nur Amelias Verhalten sowie die mangelnde Screentime von Sheldon gestört. Über letzteres kann ich jedoch hinweg sehen, wenn sein Charakter in der nächsten Episode im Zusammenhang mit Charlotte wieder vermehrt eingebaut wird.
Maria Schoch - myFanbase
Die Serie "Private Practice" ansehen:
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Can't Find My Way Back HomeErstausstrahlung (US): 18.11.2010
Erstausstrahlung (DE): 18.05.2011
Regie: Mark Tinker
Drehbuch: Fred Einesman
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