Bewertung

Review: #6.13 Die letzte Seite im Buch

Foto: Kate Walsh & Benjamin Bratt, Private Practice - Copyright: 2012 American Broadcasting Companies, Inc. All rights reserved.
Kate Walsh & Benjamin Bratt, Private Practice
© 2012 American Broadcasting Companies, Inc. All rights reserved.

Das war es also. Das Serienfinale von "Private Practice". Die Ärzte hinterlassen mit dieser Episode gemischte Gefühle. Zum einen steht die Freude über das Happy End im Vordergrund. Darunter mischt sich die Trauer, dass es nach sechseinhalb Jahren wirklich vorbei ist und zum Schluss bleibt auch tatsächlich noch Wut auf Shonda Rhimes zurück.

"Then slowly, over time, everything changes. And you're no longer this young thing, and you don't believe in fairytales and "perfect" isn't in your vocabulary. And then suddenly, here is this man and he becomes so familiar to you that one day you find yourself looking at him thinking I could love this person for the rest of my life."

Im Grunde kann man sagen, dass jeder der Ärzte seine Geschichte zu Ende erzählt bekommen hat. Der Fokus lag nicht auf einer Person, jeder wurde involviert und hat seinen Platz gefunden. Als Fan dieser Serie kann man sich eigentlich nichts Besseres wünschen. Man hat sich jahrelang mit den Charakteren gefreut, sie liebgewonnen und sehr viel mit ihnen gelitten. Dass jeder von ihnen sein Glück findet, ist eigentlich ein Geschenk. Die Erwartungen sollten erfüllt sein. Richtig? Falsch! Denn es gibt eine Storyline, die komplett daneben gegangen ist und dieses Finale eigentlich zu einer Naomi-Show gemacht hat. Um es nicht falsch zu verstehen, muss zum Ausdruck gebracht werden, dass die Rückkehr eines langjährigen Hauptcharakters große Freude bereitet hat. Es war wie eine kleine Reise in die Vergangenheit. Die Freunde waren wieder vereint, obwohl soviel passiert ist. Dass Naomi ihrer besten Freundin am Tage ihrer Hochzeit beistehen will, ist keinesfalls zu weit hergeholt und hat auch wunderbar in die Storyline gepasst. Doch was sich daraus entwickelt hat, ist nicht nachvollziehbar und auch nicht zum Verzeihen. Naomi und Sam landen wieder im Bett miteinander. Und als ob das nicht genug wäre, wird Naomi auch noch schwanger. Soweit, so gut.

Doch dann wird dem ganzen noch die Krone aufgesetzt, indem Addison ihre beste Freundin und ihren jahrelangen Freund wieder zusammen bringt. Dass die beiden wieder zusammen finden, stellt kein Problem dar. Dies ist eine Entwicklung, mit der man gut leben kann. Doch hier fehlt der Story sehr viel. Zum einen ist es nicht verständlich, dass Addison sich plötzlich so sehr dafür einsetzt, dass Sam und Naomi zusammen kommen. Zum anderen ist diese Geschichte für 40 Minuten, in denen man Abschied von den Ärzten nehmen möchte, viel zu schnell passiert. Eine solche Entwicklung braucht Zeit, damit sie nachvollziehbar wird und diese Zeit war hier keinesfalls gegeben. Viel eher wirkte alles bis auf die letzte Minute so geschrieben, nur damit es in der Folge Platz hat. Dies erweckt tatsächlich den Anschein, dass das Serienfinale sich um Naomi dreht, von der man jahrelang nichts gesehen und gehört hat. Dabei wollte man sich doch von geliebten Charakteren, wie Cooper und Charlotte, ja sogar Addison verabschieden. Aber auch das lässt sich noch akzeptieren - es gibt immerhin ein Happy End.

Doch der größte Störfaktor an der gesamten Geschichte ist Sam. Die Offenbarung seiner Gefühle, die ihm erstmal kein Mensch wirklich abkauft und die im Grunde die letzten zwei Jahre zerstören. Sie zerstören alles, was Sam und Addison miteinander hatten und sie sorgen dafür, dass man Sam an die Gurgel gehen möchte, weil er mit seinem Verhalten für eines der schlimmstes Liebesdreiecke gesorgt hat. Wäre ihm viel früher eingefallen, dass er wirklich nur Naomi liebt, hätte dem Zuschauer das ganze Hin und Her zwischen Sam/Addison/Jake erspart bleiben können. Irgendwie machen Sams Worte einfach alles kaputt und als großer Fan dieser Serie kann ich das einfach nicht gutheißen, vor allem weil es so viele Nerven gekostet hat. Es ist nicht verständlich, wieso Shonda Rhimes diesen Weg gegangen ist und Naomi so in den Vordergrund gestellt hat. Allein wenn man Stephanies Zusammenbruch betrachtet, wirkt diese Entwicklung einfach nur kalt und hat nicht den Effekt erzielt, den sie bezwecken sollte. Deshalb hält sich die Freude über Sams und Naomis Hochzeit in Grenzen und wird wohl immer mit negativen Gedanken verbunden werden.

"Is there anything greater than being in love?"

Abgesehen von dieser Entwicklung ist das Serienfinale gut geglückt. Addison findet den Mann ihres Lebens und heiratet ihn. Jake ist wirklich der perfekte Mann für sie und jede weitere Entwicklung wäre nicht akzeptabel gewesen. Verwunderlich und überraschend ist der Zeitpunkt der Hochzeit, denn eigentlich wäre dies der perfekte Moment, um zur Schwarzpause zu wechseln. So lieferte die Hochzeit der beiden den Einstieg und war im Grunde vergessen. Doch man gönnt es Addison, man gönnt es Jake und die beiden haben sich gefunden - das muss einfach mal gesagt werden.

Dasselbe trifft auf Sheldon und Miranda zu und mich persönlich nimmt diese Storyline am meisten mit. Hier kullerten die Tränen nur so, als Sheldon wütend vor Miranda steht und ihr seine Liebe gesteht. Emotionaler hätte diese Szene nicht sein können und der Gedanke, dass die beiden jetzt immer noch an einem Strand sitzen und die Sonne genießen, ist ein Gedanke, den man gerne in Erinnerung behält. Solange Sheldon dabei glücklich ist, kann man sich nicht beschweren. Er hatte es in seiner Zeit bei "Private Practice" nicht einfach und dass er die Liebe seines Lebens gefunden hat, gönnt man ihm vom ganzen Herzen. Auch Jake hat seinen Frieden gefunden, in dem er seiner Tochter die Freiheit gibt, die sie braucht. Er sieht ein, dass nichts anderes zählt, als ihr Glück, ganz egal welcher Mann dafür verantwortlich ist. Es ist schön, dass Jakes Geschichte so aufgelöst und nicht unter den Tisch gegraben wurde, denn so blieb letztendlich nichts offen und Jake kann sein Leben ohne Sorgen um seine Tochter verbringen. Hierfür gibt es definitiv Pluspunkte, denn die Szene der beiden war sehr emotional und hat bereits durch die vorherige Szene einen emotionalen Höhepunkt erreicht. Zuerst ist da Sheldon, der um seine Liebe kämpft, dann ist da Violet, die sich von Holly verabschiedet und dann kommt Jake, der seine Tochter in seine Arme schließt. Heulalarm pur und das ist auch gut so. Dies waren Momente, in denen man nicht daran denkt, dass es das Serienfinale ist und man nun Abschied nehmen muss und deshalb weinen muss. Es sind Momente, die emotional sind, die einen im Herzen berühren und "Private Practice" immer sehr gut umgesetzt hat.

Die bereits erwähnte Violet ist wohl die Einzige in diesem Serienfinale, die keinen Partner an ihrer Seite hat. Addison hat Jake, Sam hat Naomi, Sheldon hat Miranda, Amelia hat James und Charlotte hat Cooper. Zu den letzten beiden lässt sich nur sagen, dass sie die Episode wie immer aufgeheitert haben und die Drillinge wie die Faust aufs Auge zu ihnen passen. Denn es wird nicht einfacher für sie, es wird nur noch komplizierter. Aber dieses Finale zeigt natürlich auch, dass sie gemeinsam alles überstehen und schaffen werden und zurück bleibt einfach nur Freude für diese Familie und diese beiden Charaktere, die soviel ausgemacht haben. Aber zurück zu Violet. Obwohl man sich natürlich als Zuschauer auch einen Mann für sie wünscht, war es doch überraschend und erfreulich, dass sie Single geblieben ist und quasi die Storyline gehabt hat, die sich mit dem Thema Abschied befasst. Ihre Patientin braucht keine Therapie mehr und muss nun loslassen, um sich auf ihr Leben zu konzentrieren. Abschied nehmen ist nicht einfach und loszulassen ist auch nicht einfach, weshalb das Thema hier sehr gut funktioniert hat. Und Violet überzeugt in ihrer Rolle als Therapeutin wunderbar. Sie ist einfühlsam, erkennt was richtig ist und ermutigt Holly, ihren Weg zu gehen. Ein Kapitel in ihrem Leben zu schließen und ein Neues zu beginnen. Und das macht Violet im Grunde auch. Sie schreibt ein neues Buch und startet damit ein Kapitel in ihrem Leben und genau dies ist der Punkt, in dem einem klar wird, dass es wirklich das Ende ist. Violet schreibt ihr Buch zu Ende, versammelt sich in der Küche der Praxis, in der so einiges passiert ist und in der sich all ihre Freunde befinden, und beendet die Serie mit einer sehr schönen Aussage. Hinzu kommt noch, dass sie ihrem Buch den Titel "Private Practice" geben möchte und spätestens hier blieb wohl kein Auge trocken. Dieser Moment macht es deutlich - es ist vorbei. Das Kapitel "Private Practice" ist zu Ende. Und somit bleibt einem nichts anderes übrig, als Abschied zu nehmen.

Fazit

Es ist wirklich schwer, zu sagen, welche Wirkung dieses Serienfinale hat. Einerseits sollte man dankbar sein, dass jeder sein Happy End bekommen hat. Man sollte dankbar sein, dass es emotionale Szenen gab, die diese Serie ausmachen. Man sollte dankbar sein, dass es mit einer solch schönen Abschiedsszene geendet hat und man sollte dankbar sein, dass sowohl Trauer, als auch Freude unter den Gefühlen sind. Und doch gibt es einen großen Punkt, der das alles durcheinander bringt. Die Wut auf Shonda Rhimes, dass Naomi einen so großen Platz eingenommen hat, dass ihre und Sams Story in das Serienfinale gequetscht wurden und dass das ganze Drama um Addison und Sam, sowie das Liebesdreieck mit Jake, eigentlich verschwendete Zeit war, wenn doch anscheinend klar ist, dass Sam immer nur Naomi geliebt hat. Als großer Fan dieser Serie kann man über diesen Punkt einfach nicht hinwegsehen.

Alex Olejnik - myFanbase

Die Serie "Private Practice" ansehen:


Vorherige Review:
#6.12 Erlösung
Alle Reviews

Diskussion zu dieser Episode

Du kannst hier oder in unserem Forum mit anderen Fans von "Private Practice" über die Folge #6.13 Die letzte Seite im Buch diskutieren.