Die wichtigsten Serien von 2000 bis 2009: Mystery & Sci-Fi

Foto:

Carnivàle (2003 bis 2005)

Foto:

Den Platz des Underdogs unserer lediglich fünf Mystery-Serien umfassenden Liste hat sich die HBO-Serie "Carnivàle" verdient, die unter den ähnlichen historischen Dramen wie "Deadwood" und "Rome", die man in den 2000ern beim amerikanischen Kabelsender Nummer 1 so zielsicher produzierte, sicher die unbekannteste ist. Aber "Carnivàle" braucht sich hinter diesen wahrlich nicht zu verstecken, auch wenn von den ursprünglich geplanten sechs Staffeln letztendlich nur zwei gedreht wurden. "Carnivàle" ist eine episch angelegte Mystery-Serie, die im Amerika der frühen 1930er Jahre inmitten der Großen Depression spielt. Durch den Blickwinkel eines kleinen, heruntergekommenen Jahrmarktvölkchens wird der Zuschauer in eine komplexe und unheimliche Welt hineingezogen, hinter der sich eine ausgeklügelte, an den Grundfesten der Menschheit und der Religion rührende Mythologie verbirgt. Bruchstückhaft offenbart sich einem dabei das große Ganze, ohne jemals ein wirklich klares Bild zu malen. Der Zuschauer wird herausgefordert und zum Denken und Spekulieren angeregt, denn die präsentierten Puzzlestücke scheinen nie so richtig zusammen zu passen, so dass man seine eigenen Schlussfolgerungen immer wieder neu in Frage stellt. "Carnivàle" ist sicher keine leichte Kost. Es gibt Momente in der Serie, die eine Intensität erreichen, wie sie nur wenige andere zustande bekommen, und die einen gebannt wie emotional verstört zurücklassen. Besonders getragen werden diese von den authentischen Charakteren, die zwar in vielen Fällen völlige Freaks sind, dafür aber eine berührende menschliche Wärme ausstrahlen, so dass man sie einfach ins Herz schließen muss. Auch die eigentlich Bösen sind so vielschichtig und interessant angelegt und werden von ihren Darstellern so brillant zum Leben erweckt, dass man nicht umhin kann, es zu lieben, sie zu hassen. Bis in die Nebenrollen ist die Serie exzellent besetzt und der einzigartige Score bildet bei diesem außergewöhnlichen Gesamtkunstwerk das letzte Tüpfelchen auf dem i. Leider durfte diese vor Symbolik und Bildgewalt strotzende Serie nur ein Drittel ihrer ursprünglich geplanten Zeit laufen, aber allein für das große Finale, den ultimativen Kampf zwischen Gut und Böse, und den vielleicht bösesten, da nie aufgelösten Cliffhanger, hat sich die Serie einen ganz besonderen Platz in unserem Herzen und auf dieser Liste der außergewöhnlichsten und bahnbrechendsten Mystery-Serien des letzten Jahrzehnts verdient. Zwar wurde im Nachhinein neben ausführlichen Hintergrundinformationen zu den Charakteren auch die der Serie zugrunde liegende Mythologie veröffentlicht, aber gemeinerweise hat man dabei die Klärung der drängendsten aller Fragen ausgespart, so dass man nicht umhin kommt, wieder und wieder über deren Bedeutung zu spekulieren. | Cindy Scholz

Firefly - Der Aufbruch der Serenity (2002 bis 2003)

Foto:

Eines der bedauernswertesten Opfer unter den unzählig vielen Serien, die zwischen 2000 und 2009 produziert wurden, ist unbestreitbar Joss Whedons Sci-Fi-Western "Firefly - Der Aufbruch der Serenity". Der US-Sender FOX dürfte sich bis heute ärgern, dass er die Serie nach den ersten 14 Episoden ins Serienarchiv verbannte, doch gleichzeitig ist es wahrscheinlich gerade die viel zu frühe Absetzung, die "Firefly" zu der Kultserie gemacht hat, die sie heute ist. Whedons Vision einer Zukunft im Weltraum präsentierte das genaue Gegenteil zu den geschniegelten Sternenflotten-Lieutenants des "Star Trek"-Franchise oder den epischen Jedis aus "Star Wars", die bislang das Sci-Fi-Genre prägten: Die Helden aus "Firefly" waren Antihelden, Schmuggler, die sich mit zwielichten Geschäften über Wasser hielten und nicht mit Phasern um sich schossen, sondern ganz traditionell ihre Pistolen zückten. Ihre Welt war schmutzig, düster, gezeichnet vom Krieg und geprägt von Misstrauen, doch genau das war es, was sie so faszinierend machte. Whedon kreierte mit "Firefly" den perfekten Genre-Mix aus Sci-Fi, Western, Drama und Comedy und schaffte es mit seinem unvergleichlichen Humor und einer Riege an großartigen Schauspielern, dass man nach nur 14 Folgen sämtliche Hauptcharaktere in Herz schloss. 14 Folgen reichten, um den Grundstein für ein ganzes Franchise zu legen, dessen Potential aber leider nie ausgeschöpft wurde. Als FOX im Dezember 2002 entschied, den Stecker zu ziehen, war die Empörung daher groß – und was folgte, ist die bis dato beeindruckendste Fanaktion, die für die Rettung einer Serie unternommen wurde: Fans sammelten Geld für eine Annonce in der Zeitschrift Variety und sandten unzählige Postkarten an FOX, in denen sie für die Verlängerung der Serie plädierten. Dies geschah leider nie, dafür aber erschien im Dezember 2003 die DVD zur Serie, und nach vielen hartnäckigen Fankampagnen entschied sich Paramount schließlich dazu, einen Spin-Off-Film zu produzieren: "Serenity – Flucht in neue Welten". Mit der alten Crew an Bord startete die Serenity hierzulande am 30. November 2005 ihren letzten Flug und konnte so das offene Ende der Serie versöhnlich zu einem Abschluss bringen. Als bisher einzige Serie, die dank eines enormen Fanaufwands die Chance bekam, ihre Geschichte trotz verfrühter Absetzung mit einem Kinofilm zu Ende zu erzählen, ist "Firefly" daher ein wichtiges Stück TV-Geschichte, das zeigt: Alles ist möglich. Vor allem bei Joss Whedon. | Maria Gruber

Lost (2004 bis 2010)

Foto:

Wenn es eine Serie der 00-Ära gibt, die mit ihrem einzigartigen Konzept, ihrer makellosen Umsetzung und ihrer absoluten Risikobereitschaft alles bisher Dagewesene in den Schatten stellte und dadurch die Serienlandschaft revolutionierte, dann muss diese zweifellos "Lost" heißen. Kein anderes Format verlangte seinem Publikum so viel ab, stellte es vor so viele schier unlösbare Rätsel und lieferte Woche für Woche so viel neuen Zündstoff für stundenlange Diskussionen. Gleichzeitig vermochte aber auch kein anderes Format eine derart gelungene Mischung aus Mystery und Drama zu bieten, und ein Mythologie-Konstrukt über fünf Staffeln so konsequent aufzubauen. "Lost" ist in seiner Konzeption einzigartig und wagte es, den Zuschauer endlich nicht mehr nur als hirnlosen Unterhaltungskonsumenten anzusehen, sondern ihn herauszufordern. Kein Wunder also, dass "Lost" noch während seiner Ausstrahlung zu einem wahren Phänomen der Popkultur wurde und nicht nur loyale Fans um sich scharte, sondern auch zum Kritikerliebling avancierte. Dessen wurde sich auch der Sender ABC bewusst, sodass man sich 2007 dazu entschied, der Serie ein festes Enddatum im Jahr 2010 zu setzen – ein Luxus, den nur die wenigsten Serien genießen dürfen. Die beiden kreativen Köpfe hinter der Serie, Carlton Cuse und Damon Lindelof, legten daraufhin erst richtig los und schafften es, über die Jahre und Staffeln hinweg die Qualität der Serie immer mehr anzuheben. Die Mythologie erreichte mithilfe der Flashforwards – einer im Fernsehen bislang noch nie so dagewesenen Erzählstrategie – einen immer höheren Grad an Komplexität, gleichzeitig durchliefen die Charaktere eine authentische und nachvollziehbare Entwicklung, die sie – und die Zuschauer – an ihre äußersten Grenzen führte. Diese Charaktere – dargestellt von einem brillanten Ensemble an Schauspielern – sind es schließlich, die die Show zu dem machen, was sie ist: ein Meisterwerk. Denn letztlich steht bei "Lost" der Mensch im Mittelpunkt, seine Stärken und Schwächen, seine Schicksale und Entscheidungen, seine Suche nach Sinn. Mit J.J. Abrams' Geniestreich hielt im Jahr 2004 endlich wieder Kreativität und Innovation Einzug im öffentlichen US-Fernsehen, und auch wenn sich "Lost" mit dem Beginn des neuen Jahrzehnts nach sechs Staffeln verabschiedet, wird die Serie noch mindestens für die kommenden zehn Jahre wegweisend für die TV-Welt sein. | Maria Gruber

Zurück zur Hauptübersicht