Die besten Momente 2010/2011
#4.07 The Suitcase (Mad Men)

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Es ist schon so eine Sache mit "Mad Men": Selbst nach vier Staffeln hält die Serie ein Niveau, von dem die meisten anderen Dramaserien nur träumen können. Woran das liegt, ist gar nicht so einfach festzumachen, denn es ist ein Zusammenspiel an vielen Faktoren, das letztlich die enorme Qualität des Dramas ausmacht. Ausgefeilte und authentische Drehbücher, hervorragende Inszenierungen, ein überdurchschnittlich talentierter Cast, die unglaubliche Liebe zum Detail – und immer wieder diese Momente, die beim Zuschauer eine ungewöhnlich starke emotionale Reaktion hervorzurufen vermögen. Auch im vierten Jahr gab es wieder zahlreiche dieser Momente, die eine Palette von schockierend und überraschend, über amüsant und eklatant, bis einfühlsam und bewegend abgedeckt haben – und in letztere Kategorie ist eine überragende Szene aus #4.07 The Suitcase zu platzieren, die schlichtweg begeistert hat.

"Open or closed?" – "Open."

Foto: Jon Hamm, Mad Men - Copyright: Mike Yarish/AMC
Jon Hamm, Mad Men
© Mike Yarish/AMC

Der phänomenalen Ausarbeitung der Beziehung zwischen Don Draper und Peggy Olson im Verlauf der Serie – und vor allem in dieser Staffel – hat bereits meine Kollegin Cindy Tribut gezollt. Und gäbe es in diesem Seasonrückblick die Kategorie "Beste Episode", so wäre #4.07 zweifellos dort zu finden. So soll es an dieser Stelle vor allem um eben diesen einen Moment in der Episode gehen, den Moment, in dem die gesamte Beziehung zwischen Don und Peggy ihren Ausdruck findet.

Die gesamte Folge arbeitet die Don/Peggy-Beziehung in einer ganz wunderbaren Weise auf und schafft es, in nur einer einzigen Nacht sämtliche Höhen und Tiefen dieser Beziehung einzubauen und dabei keineswegs konfus zu wirken. Stattdessen ist jede Reaktion der beiden Protagonisten aufeinander komplett verständlich, denn beide haben persönliche Probleme, die sie dem anderen nicht erzählen, die aber zwischen ihnen stehen, sowie zwischen ihnen und ihrer Arbeit. Don schiebt einen Anruf nach Kalifornien vor sich her, denn er hat Angst zu erfahren, dass seine Vertraute Anna wohl dem Krebs unterlegen ist. Peggy hingegen hat Geburtstag und ärgert sich mit ihrem Freund Mark herum, von dem sie sich letztlich im Streit trennt. Und so kommt es immer wieder auch zu Auseinandersetzungen zwischen Don und Peggy, bis sie sich schließlich zusammenraufen, gemeinsam reden, gemeinsam essen, gemeinsam was trinken. So blicken sie jeweils in die Tiefen des anderen und beginnen zu verstehen. Und die Nacht endet schließlich damit, dass Don und Peggy auf dem Sofa in Dons Büro einschlafen.

Bis hierhin ist die Episode schon phänomenal, absolut großartig. Mit der folgenden Sequenz jedoch schafft sie den Sprung zu einer der besten, wenn nicht vielleicht sogar der besten Folge der Season 2010/2011. Denn am nächsten Morgen kann sich Don dazu überwinden, in Kalifornien anzurufen und erfährt von Annas Tod. Er bricht weinend zusammen, vor Peggys Augen. Doch diese zeigt aufrichtiges, profundes Mitgefühl für ihren Chef, für ihren Mentor, ihren Freund. Jon Hamms Performance ist in diesem Moment so herzzerreißend, dass dem Zuschauer ebenfalls die Tränen kommen, doch auch Elisabeth Moss' subtiles Schauspiel trägt diesen Augenblick. Nur wenige Stunden später kommt Peggy dann erneut in Dons Büro – von Tränen, von Schwäche keine Spur. Don ist wieder der Alte. Er zeigt Peggy einen Vorschlag für eine Werbekampagne, an der sie gemeinsam gearbeitet hatten, verliert kein Wort über seinen Zusammenbruch. Doch dann, in einem ganz kurzen, flüchtigen Moment nimmt er ihre Hand und sie schauen sich an. Ein Blick, der in der Tat viel mehr sagt als tausend Worte. Diese paar Sekunden sind es, die #4.07 The Suitcase letztlich zu einem perfekten Meisterwerk machen, einer Paradevorstellung von Jon Hamm und Elisabeth Moss. Ein Moment, der eigentlich nicht in Worte zu fassen ist.

Und so ist die letzte Dialogzeile der Episode, die oben steht, unwahrscheinlich aussagekräftig in ihrer Zweideutigkeit, als Peggy Dons Büro verlässt und fragt, ob sie die Türe schließen soll. Denn Don will sie offen lassen, ganz metaphorisch für seine Beziehung mit Peggy, die von einer absolut einzigartigen Vertrautheit und einem tiefen Verständnis geprägt ist. Für diese Episode, ja für diesen einen Moment gilt ein großer Dank an Jon Hamm, Elisabeth Moss und Drehbuchgott Matthew Weiner, die hier etwas ganz Herausragendes geschaffen haben.

Maria Gruber - myFanbase

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