Raising Dion - Review Staffel 2
2019 ist die erste Staffel der Superheldenserie "Raising Dion" von Netflix veröffentlicht worden, die sich eher an ein jüngeres Publikum richtet. Nun haben wir 2022, drei Jahre später, was eine ganz schön lange Zeit für eine Serie ist, vor allem für eine Serie, die nicht so einen Hype hinter sich weiß, wie beispielsweise "Stranger Things". Nur gut, dass es Rückblicke immer zu Beginn von neuen Staffeln gibt, um sofort ins Geschehen einsteigen zu können. Aber auch inhaltlich ist es recht clever gelöst worden, weil ein Zeitsprung von zwei Jahren stattfindet. Damit wird Rechnung getragen, dass die Kinderdarsteller*innen entsprechend älter geworden sind und weiterhin Authentizität gewahrt wird. Aber es wirkt damit auch gleichzeitig wie ein Neuanfang, wo sich eh vieles wieder neu erklären muss, so dass es eine gute niedrige Höhe ist, um wieder in das Serienuniversum von "Raising Dion" einzusteigen.
Die erste Staffel hat mich alles in allem gut überzeugen können, doch eine gewisse Skepsis ist für mich dadurch entstanden, dass nicht immer durchgängig klar war, an welcher Zielgruppe sich "Raising Dion" orientiert. Für meine Zweifel, ob die Serie wirklich mit allen Episoden für Kinder geeignet ist, waren vor allem gewisse komplexe Handlungen. Dieses Manko bleibt auch für Staffel 2 leider erhalten. Wirklich überraschen tut es mich nicht, weil ich schon verstehe, wenn eine Serie erstmals konzipiert ist, dass es dann schwer ist, sie mehrere Komplexitätsgrade runterzuschrauben. Vor allem ist ja auch die Firma Biona größtenteils für die Komplexität verantwortlich und Themen wie Sequenzierung von DNA-Strängen, ja wie soll man die auch einfach für Kinder runterbrechen, wenn man nicht gerade die "Sendung mit der Maus" ist? Dennoch fand ich die einzelnen Teilhandlungen bei Biona, vor allem wenn es um die Heilung von Nicole (Alisha Wainwright) und genetisch bedingte Injektion von Superkräften ging, nochmal schwieriger zu verstehen. Selbst meine Altersgruppe (oder vielleicht betrifft es auch nur mich…) dürfte da manche Gedankengänge sich noch ein weiteres Mal durch den Kopf haben gehen lassen. Generell ist Biona jetzt nicht das sympathischste Setting, da man eigentlich hinter jeder Tür eine neue Intrige oder Manipulation vermuten kann, aber wenigstens wird mit Suzanne Wu (Ali Ahn) die aktuelle Chefin als zuverlässige Konstante genutzt. Sie hat zwar eine recht kühle Art, aber man merkt wenigstens, dass sie wirklich an die Menschen und nicht an das große Geld denkt. Dennoch hätte ich nichts dagegen, wenn es Biona irgendwann nicht mehr gäbe, denn die wissenschaftliche Komponente macht "Raising Dion" für mich nicht zentral aus.
Wenn es ansonsten um die inhaltliche Darstellung von Staffel 2 geht, da bin ich doch insgesamt wieder sehr zufrieden, weil man vor allem einige Entwicklungen aufzeigt. Voranschreiten darf dabei vor allem Dion, dessen Darsteller Ja'Siah Young in den vergangenen Jahren merklich gereift ist. Er ist immer noch sympathisch durch und durch und zaubert ein Lächeln aufs Gesicht, aber das ganze Schauspiel ist unaufgeregter, bodenständiger und das hilft auch, dass Dion nicht so dominant wirkt. Aber auch charakterlich merkt man deutlich, dass er weiter weg vom Einzelkämpfer und Egoisten ist und vor allem mit seinem Dreieck der Gerechtigkeit – bestehend aus Esperanza (Sammi Haney) und Jonathan (Gavin Munn) – eine unwiderrufliche Einheit bildet. Er ist zwar der mit den Superkräften (die Weiterentwicklung seiner Kräftebeherrschung ist leider etwas unter den Tisch gefallen), aber er ist auch auf sie angewiesen und daran lässt er auch keine Zweifel. Auch im späteren Verlauf, wenn die private Belastung für ihn größer wird, merkt man eine Veränderung in seinem Verhalten, weil er vermehrt an das große Ganze denkt und speziell gegenüber Brayden (Griffin Robert Faulkner) zeigt er sich sehr empathisch. Er ist zwar kontrolliert vom Buckligen Mann, doch Dion entdeckt dahinter den verlassenen Jungen, der einfach wieder Geborgenheit und Loyalität verspüren will. Jonathan ist definitiv eher der Platzhalter, der halt dazu gehört, während ich es auch schön finde, dass Esperanza auch echt tolle Momente bekommt. Sei es, wenn sie als Einzige neben Dion nicht von Brayden befehligt werden kann oder wenn sie mit ihrer Superkraft, dem Singen, glänzen darf. Esperanza muss man einfach lieben, weil sie menschlich durch und durch ist.
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Während Kat (Jazmyn Simon) bei den Erwachsenen diesmal in einer Sinneskrise steckt und daher für mich in dieser Staffel nicht so glänzen konnte, bekommt die weiterhin überzeugende Nicole Unterstützung von Neuzugang Tevin Wakefield (Rome Flynn), der als Dions Trainer bei Biona fungiert. Schon die erste Begegnung von Nicole mit ihm war wirklich sehr prickelnd und die großartige Chemie zwischen Wainwright und Flynn konnte durchgängig aufrechterhalten werden. Gerade nach dem verstorbenen Mark (Michael B. Jordan), der ein wenig der Über-Vater und –Ehemann war und dann nach der Enttäuschung mit Pat (Jason Ritter) ist es geschickt, mit Tevin jemanden einzuführen, der ehrlich gut ist und der auch seine Geschichte erzählen darf und damit richtig greifbar wird. Die Rolle Tevin ist dabei auch die perfekte Mischung aus lässig-cool und verantwortungsvoll-liebevoll. Vor allem ist es erfrischend, dass keine Wirbelwind-Romanze erzählt wird, weil die beiden auch schnell emotional durch Nicoles Zustand herausgefordert werden und dass es deswegen um echtes Verständnis füreinander geht und ein wenig, dass die beiden schon wissen, was der oder die andere denkt, bevor er oder sie es überhaupt ausgesprochen hat. Mich würde es jedenfalls so nicht wundern, wenn Flynn als Tevin für eine mögliche Staffel 3 in den Hauptcast befördert würde.
Schließlich haben wir noch weitere drei Neuzugänge, wobei David Marsh (Josh Ventura) für mich schnell abgehakt ist, weil er eine der ekligen Insekten von Biona ist. Stattdessen ist vor allem die jugendliche Janelle (Aubriana Davis) interessant, weil sie im Gegensatz zu Tevins Kraftfelder sehr interessante Fähigkeiten mit sich bringt, die visuell richtig schön ästhetisch umgesetzt worden sind. Mit ihr und ihrer Mutter Simone (Tracey Bonner) wird auch ein guter Gegensatz zu Dion und Nicole erzeugt. Auch die Jüngere würde ihren Sohn gerne dauerhaft in Watte packen und er fühlt sich auch oft von den großen Abenteuern des Lebens abgehalten, aber dennoch hat sie auch Vertrauen in ihn und will ihn wachsen sehen, was er mit Vertrauen zurückzahlt. Janelle hat all das nicht. Sie hat mit Simone wahrlich keine Rabenmutter, aber auch sie ist eine alleinerziehende Mutter, die aber ihre Gegensätze zu ihrer Tochter nie überwinden wollte oder konnte. Damit hört sie nie zu, strahlt immer Unzufriedenheit aus und setzt Janelle vor vollendete Tatsachen, statt mit einer 15-Jährigen das Gespräch zu suchen. Insgesamt wird in dieser Staffel das Mütterliche von Nicole sehr betont, weil sie nicht nur für Dion bedingungslos da ist, sondern auch Brayden zurückholt und eben auch Janelle Halt gibt, als sie es am meisten braucht. Auch Nicole macht Fehler und hat ihre Launen nicht immer im Griff, aber sie ist durch den Verlust ihres Mannes gezwungen worden, sich wirklich mit der Frage auseinandersetzen, was es bedeutet, eine Mutter zu sein.
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Zuletzt haben wir auf der Figurenseite noch die beiden 'Bösewichte' Pat und Brayden. Beide werden von Darstellern gespielt, die eigentlich sofort Sympathien wecken, weswegen ihre Schauspielleistung definitiv gelobt werden sollte. Bei Pat war ich schon sehr überrascht, dass er sich in Staffel 1 als Wirt des Buckligen Mannes herausgestellt hat und bei Brayden haben wir es mitverfolgt, denn war es schon beeindruckend, wie weit er die Darstellung des gruseligen Kindes treiben konnte. Alles in allem ist Faulkner natürlich noch ein Kind, er wird noch viel lernen können, aber diesen Job hat er echt überzeugend erledigt. Bei Pat wiederum ist es so, dass es schwer ist, ihn wirklich einzuschätzen in dieser Staffel. Man erlebt wieder diesen sympathischen Schauspieler, dessen Art sich auch auf die Rolle überträgt und man will ihm wahrlich nichts Schlimmes unterstellen. Deswegen ist es mir auch schwer gefallen abzuschätzen, ob er wirklich eine Wendung durchgemacht hat oder nur weiterhin ein Spielchen gespielt hat. So schnell wie am Ende seine Wendung zum Schlechten wieder kam, kann die Läuterung eigentlich kaum möglich gewesen sein, aber es ist schwierig. Dennoch würde ich in einer Staffel 3 eigentlich ungerne wieder Pat als Buckligen Mann erleben. Dazu kann ich die Post-Credit-Scene nicht recht deuten, ob das eine Zukunftsvision, ein Traum oder Ähnliches war, aber da sieht alles nach einem Kampf in weiter Zukunft aus. Wird sich also vielleicht doch ein neues Mysterium ausgedacht? Ich fände es wahrlich nicht schlecht!
Abseits dieser neuen Figuren und Entwicklungen untereinander dürfte bei der Bewertung von Pats Rolle schon rauszulesen sein, dass ich den Buckligen Mann wirklich gerne ad acta legen würde. Hier hat er jetzt noch einen logischen Sinn gehabt, der auch mit den Armeebemühungen eine neue Dimension erreicht hat, aber irgendwann braucht es auch neue Bösewichte. Zumal man an einigen Stellen schon deutlich logische Schwächen erkennen konnten. Hier bin ich mir nicht sicher, ob wegen der Zielgruppe doch einige Schritte nicht gegangen werden sollten, damit es 'einfacher' bleibt, aber ich hoffe es eigentlich nicht, denn wenn man den Kindern schon Biona zutraut, dann sollte der Rest dann auch möglich sein. Aber hier kann ich gerne nochmal David aufgreifen, der immer mal da war, aber sich mehrere Standpauken und Zurechtweisungen abgeholt hat, aber dennoch immer wieder von Neuem mitspielte und Anweisungen verteilen durfte. Warum? Auch die angedeutete gemeinsame Vergangenheit mit Simone hat nirgendwo hingeführt. Oder nehmen wir Kats Patient, der am Ende einer Episode unbemerkt munter Sporen verteilt hat und wenn wir dann an den R-Wert der Pandemie denken, der uns nun allen sehr vertraut sein dürfte, dann dürfte mit dieser visualisierten Sporenverteilung die Katastrophe vorprogrammiert sein, doch stattdessen kam eine recht mickrige Armee dabei heraus. Solche logischen Schwächen oder Andeutungen, die nirgendwo hinführen, die hat es schon in größerer Anzahl gegeben, aber dann kommt auch wieder ins Spiel, dass ich nicht die Hauptzielgruppe bin und damit im Hinterkopf fällt es mir zwar auf, ich kann es aber dennoch locker sehen.
Fazit
"Raising Dion" bietet eine gute zweite Staffel an, bei der mit einem Zeitsprung die Alterung der Kinderdarsteller*innen aufgefangen wird. Auch ansonsten sind bei den Figuren gute Entwicklungen auszumachen und Neuzugänge werden sinnig und überzeugend eingebaut. Inhaltlich wird es etwas zäher mit dem Buckligen Mann und auch die Themen rund um Biona bleiben zu komplex, aber da sich hiermit das Profil der Serie schärft, kann ich es nachvollziehen. Dennoch würde ich eine deutlich andere Ausrichtung für Staffel 3 durchaus begrüßen.
Die Serie "Raising Dion" ansehen:
Lena Donth - myFanbase
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