Squid Game - Review, Staffel 1
Da ist er also, der neue Netflix-Hit, der es innerhalb kürzester Zeit an die Spitze der meistgesehenen Serien des Streaming-Portals geschafft hat. Die südkoreanische Serie "Squid Game" handelt von einer Gruppe aus 456 Menschen, die alle unsagbar verschuldet sind, weshalb sie an einer Reihe von Spielen teilnehmen, um das enorme Preisgeld zu ergattern. Das klingt erst einmal nicht sonderlich außergewöhnlich, doch bereits am Ende der Pilotfolge stellt man fest, wo der Haken bei der Geschichte ist. Denn wenn man in einem Spiel verliert, wird man augenblicklich hingerichtet.
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Diese Prämisse wird von Beginn an auf blutigste Art und Weise dargestellt, weshalb die Pilotfolge, die recht ruhig und eher unspektakulär beginnt, einen zum Schluss erschüttert und angewidert zurücklässt. Die unmenschliche Gleichgültigkeit, mit der hier die Figuren niedergemetzelt werden, ist erschreckend, dennoch bleibt eine Faszination zurück. Im Anschluss an das erste Spiel, bei dem mehr als die Hälfte der Teilnehmer ihr Leben gelassen hat, wird den Spielern die Möglichkeit eröffnet, das Ganze zu beenden, falls bei einer Abstimmung mehr als die Hälfte der Teilnehmer dafür ist. Genau so scheußlich, wie ich die erste Spielrunde empfunden habe, erlebte ich die Darstellung der Abstimmung, bei der es zum Schluss tatsächlich auf die letzte Stimme ankam. Man hält daran fest, ein Menschenleben als relativ wertlos darzustellen, indem die Hälfte der Teilnehmer bereitwillig dafür stimmt, die grausigen Spiele fortzusetzen. Dieses Thema erstreckt sich durch die gesamte Serie. Es ist stets präsent, wobei nie wirklich klar wird, ob man nun Kritik an der heutigen Gesellschaft übt, oder das Abschlachten und die Bereitwilligkeit, seine Mitmenschen für das eigene Vorankommen zu opfern, einfach nur als Stilmittel verwendet, um eine möglichst brutale Geschichte zu erzählen.
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Hauptakteure im Geschehen sind eine Gruppe von Spielern, die sich zu Beginn des zweiten Spiels zusammentun. Im Mittelpunkt steht Gi-hun Seong mit der Nummer 456, der einen eher dümmlichen und unzuverlässigen ersten Eindruck hinterlässt. Ihm zur Seite stellt man Sang-woo Cho mit der Nummer 218, seinen Freund aus Kindheitstagen, den alten Mann Il-nam Oh mit der Nummer 001, den pakistanischen Migranten Ali Abdul mit der Nummer 199 sowie die aus Nordkorea stammende Sae-byeok Kang mit der Nummer 067. Gegenspieler der Gruppe sind der Gangster Deok-su Jang, Nummer 101, und die aufsässige Mi-nyeo Han, Nummer 212. Man nutzt die zweite Episode der Serie, um die Hintergrundgeschichte der einzelnen Charaktere anzureißen und uns deutlich zu machen, was sie antreibt an den makabren Spielen teilzunehmen. Während man bei Deok-su und Mi-nyeo gar nicht erst versuchen will, eine gute Seite an ihnen zu finden, beginnt man langsam, sich mit den anderen anzufreunden. Dabei fällt es allerdings schwer, darüber hinwegzusehen, wie wenig ihnen der Tod, der sie bei jedem Spiel umgibt, auszumachen scheint. Auch bleiben die Figuren recht lange anonym und man nennt sie bei ihren Spielernummer, da sie sich erst in der vierten Episode miteinander bekannt machen. Dadurch verhindert man, dass der Zuschauer in der ohnehin schon eisigen Atmosphäre mit den Figuren warm werden kann. Was sich ebenfalls eigenartig anfühlt, ist die fröhliche Musik, mit der die Spiele unterstrichen werden und die immer wieder von einem Schuss unterbrochen wird, wenn ein weiterer Teilnehmer hingerichtet wird. Umso ironischer ist es, als Gi-hun sich nach der zweiten Runde darüber echauffiert, als einer der Mitspieler von Deok-su umgebracht wird. Mit jeder Episode fragt man sich erneut, warum man sich diese gewaltverherrlichende Serie überhaupt anschaut.
Neben den Spielen füllt man die Episoden mit ein paar Nebenhandlungen, die leider am Schluss größtenteils im Sand verlaufen, sie dienen lediglich dazu, den Wert eines Menschenlebens weiter hinabzuschrauben. Die größte Enttäuschung stellt dabei Jun-ho Hwang dar. Der Polizist zählt nicht zu den Teilnehmern, schleicht sich aber in der zweiten Runde mit auf die Insel, da er seinen Bruder In-ho dort vermutet. Während Jun-hos Suche nach In-ho getarnt als eine der Wachen zunächst noch ganz spannend ist, dient die Geschichte dazu, einen weiteren Schauplatz für eine Nebenhandlung aufzudecken, denn von den im Sterben liegenden Spielern werden Organe entnommen, um beim Organhandel noch ein wenig Geld zu scheffeln. Auch dieser Handlungsbogen stellt wieder die Unmenschlichkeit in den Vordergrund und man fragt sich, ob auch nur eine einzige der Figuren ein Gewissen besitzt. Die Frage möchte man am liebsten mit einem fetten NEIN beantworten, als Jun-ho schließlich seinen Bruder findet und der stellt sich als niemand geringeres als der Frontmann heraus. Ohne ein schlechtes Gewissen tötet jener Jun-ho und man erreicht in Sachen Herzlosigkeit einen neuen Tiefpunkt. Weitergeführt wird diese Handlungsstrang nicht, was ärgerlich ist, da man so viel Zeit in diese Geschichte investiert hat, am Schluss dann aber nichts über In-hos Motive oder seinen Weg zur Ernennung zum Fortmann erfährt.
Mit jeder Episode verliert man etwas mehr den Glauben an die Menschheit, denn während die Teilnehmer sich gegenseitig abschlachten, freudig andere in den Tod rennen lassen und einander verraten, sucht man beinahe vergeblich nach einem Funken Menschlichkeit. Man entdeckt ihn schlussendlich doch, als Ji-yeong sich bereitwillig für Sae-byeok opfert. Anders sieht es dagegen bei Sang-woo und Gi-hun aus, die ihre Partner im Murmelspiel ohne zu zögern hintergehen. Das ist sehr traurig mit anzusehen, weil man in "Squid Game" verzweifelt und erfolglos nach einer Figur sucht, an die man sein Herz hängen kann.
Im letzten Spiel stehen sich nur noch zwei Spieler gegenüber. Erst an diesem Punkt angekommen, beginnt "Squid Game" etwas Charakterarbeit zu leisten und zeigt, dass man eben doch über sich hinauswachsen kann. Aus einer zu Beginn selbstzententrierten Figur kann ein mitfühlendes Wesen werden und es ist eine große Erleichterung, dass man diesen Bogen geschlagen hat, da man nach dem ganzen Blutvergießen dringend etwas braucht, an das man sich klammern kann. Es macht den Gewinner der Spiele umso authentischer, dass er nicht als strahlender Sieger aus dem Blutbad hinausgeht und in sein Leben zurückkehrt, als wäre nichts gewesen. Stattdessen wirkt er gebrochen und findet nicht wieder in den Alltag zurück. Er scheint seine Lektion gelernt zu haben. Umso erschreckender ist der finale Plottwist, in dem man uns den Architekten der Spiele zeigt. Diese Wendung ist gut gelungen, da man mit einer Offenbarung dieser Art nicht gerechnet hätte. Was genau ins Bild passt, ist das Motiv hinter den Spielen. Denn während uns in den sechs Runden bewiesen wurde, wie wenig ein Menschenleben wert sein kann, schlägt man nun erneut in diese Kerbe, indem uns erklärt wird, dass die Spiele aus Langerweile erschaffen wurden. Es ging allein um Zeitvertreib und einen Nervenkitzel beim Wetten, der über den alltäglichen hinausgeht. Diese Erklärung ist unheimlich erschütternd und unterstreicht gekonnt die Sinnlosigkeit des gigantischen Mordens, dennoch fügt sie sich meisterhaft in das Bild aus Unmenschlichkeit ein, das in jeder einzelnen Erzählung dargestellt wurde. Sei es der Organhandel, die Brutalität der Spieler untereinander, die Skrupellosigkeit der Investoren, die Tat des Frontmannes oder die Idee hinter den Spielen an sich, überall wird uns bewiesen, wie egoistisch die Ellenbogengesellschaft um uns herum sein kann. Abschließend stellt sich die Frage, ob man mit "Squid Game" nun Kritik üben möchte, oder ob man einfach einen Kassenschlager erschaffen wollte, indem man auf den Zug der Gewaltverherrlichung aufgesprungen ist. Durch die finale Wendung mit Aussicht auf eine zweite Staffel hoffe ich, dass es hier tatsächlich ein wenig darum geht zu kritisieren. Dennoch lässt sich nicht bestreiten, dass "Squid Game" davon lebt, Blut zu vergießen und genau deshalb so erfolgreich ist.
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Fazit
"Squid Game" beweist in seiner ersten Staffel, dass der Mensch zu unsagbar grausamen Taten in der Lage ist und dabei unendlich gewissenlos sein kann. Es ist eine blutige Serie, die mit jeder Facette zeigt, zu was für barbarischen Taten die Menschheit in der Lage ist. Diese werden farbenfroh verpackt und dann von der breiten Masse gefeiert. Ich bin mir nicht sicher, was ich von dieser Serie halten soll und finde es einfach nur erschreckend, welchen Hype so eine Barbarei auslösen kann.
Marie Müller - myFanbase
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