The Girl from Plainville - Review des Piloten

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Bei "The Girl From Plainville", das in den USA bei Hulu zu streamen war und hierzulande bei Starzplay nun neu angeboten wird, habe ich es ähnlich gehandhabt wie schon bei "Inventing Anna" auf Netflix. Bei beiden Miniserien kannte ich die Grundstory, die ich spannend fand, die ich aber nicht akribisch weiterverfolgt habe. Deswegen war mir also die Grundlage von "The Girl from Plainville" bekannt, aber Details oder sonstiges habe ich nicht (mehr) mitbekommen und speziell für diese Serie auch nicht angelesen, um mich möglichst unvoreingenommen auf die Serie einlassen zu können. Nach Abschluss der Gesamtstaffel werde ich definitiv tiefer in das Thema eintauchen. Klar ist aber auch hier und das stellt der kleine Hinweis in der Pilotfolge auch klar, überwiegend lassen sich fiktionalisierte Elemente finden, die auf einer wahren Geschichte beruhen und das ist wichtig, sich immer wieder vor Augen zu führen.

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Der Pilot ist in meinen Augen wirklich gut gelungen, um sich von den einzelnen Teilelementen bereits einen guten Überblick zu verschaffen. Nach einer Abfolge von Textnachrichten erleben wir, dass sich Conrad (Colton Ryan) in seinem Auto selbst getötet hat. Das ist die Ausgangslage, von der aus wir in drei Ebenen auf die Situation blicken. Zum einen haben wir die Roys, die in der Kleinstadt eine recht bekannte Familie sind. Es mutet teilweise etwas seltsam an, wie gefasst alle zu wirken scheinen, wenn man bedenkt, dass sie gerade ihr ältestes Kind verloren haben. Doch nach und nach werden vor allem durch den besten Freund Rob (Jeff Wahlberg) die Hinweise gestreut, dass Conrad schon lange selbstmordgefährdet war und bereits einen Versuch unternommen hat, der er aber überlebt hat. Das erklärt vieles über die Roys, die sich mit dieser dunklen Wolke, die schon lange über ihrem Leben schwebt, schon längst in der Akzeptanz-Phase der fünf Trauerphasen befinden. Sie alle hätten es ihrem Sohn und Bruder niemals gewünscht, aber vielleicht sind dennoch auch Gedanken da, dass Conrad vielleicht endlich seinen Frieden gefunden hat. Dennoch merkt man auch, dass bei der Familie auch noch andere Probleme unter der Oberfläche kochen, weswegen es auch schwer ist, den Zustand der Beziehung zwischen Mutter Lynn (Chloë Sevigny) und Vater Co (Norbert Leo Butz) wirklich einzuschätzen. Hier wird sicherlich spannend werden, was wir über die Familie noch mehr erfahren, ob sie vielleicht auch aktiv an Conrads Zustand beteiligt waren und wie sie dann reagieren, wenn die Ermittlungen rund um den Fall öffentlich werden.

Damit wären wir auch schon bei der zweiten Ebene des Piloten, denn Scott Gordon (Kelly AuCoin) entwickelt Interesse an dem Fall, was sicherlich schon per se erstmal interessant ist, denn schließlich wäre ein Selbstmord eigentlich eine wunderbar einfache Ausrede, um eine Akte vom Tisch zu bekommen. Aber es ist eine Kleinstadt, wie gesagt man kennt sich, ohne sich vielleicht wirklich zu kennen, aber doch so sehr, dass man es inhaltlich nicht einfach wegwischen kann. Zumal ich mir aber auch noch unsicher bin, ob Gordon zu den Roys noch eine privatere Verbindung hat, als er zunächst zugeben will. Spätestens als er aber Conrads Handy bekommt und entdeckt, dass nur noch wenige Nachrichten überhaupt gespeichert sind und die auch ausschließlich im Austausch mit Michelle Carter (Elle Fanning) sind, ist sein Spürsinn erst recht geweckt. Deswegen arbeitet er daran, auch alle anderen Nachrichten zur Verfügung gestellt zu bekommen und wenn man sich diese vor Augen führt, dann wird durchaus ein morbider Eindruck offensichtlich, denn gerade bei Conrads bekannten depressiven Gedanken merkt man schnell, dass Michelle diese eher befeuert als abgeschwächt hat. Das ist deswegen so wichtig, weil wir parallel eben noch die letzte Ebene haben, die sich voll und ganz auf Michelle fokussiert.

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Diese Rolle – und das ist jetzt schon klar – wurde wirklich großartig mit Elle Fanning besetzt, die schon in "The Great" oder Filmen wie "Maleficent" oder "Jahrhundertfrauen" ihr schauspielerisches Talent unter Beweis stellen konnte. Sie schlüpft wirklich auf eine unheimliche Art und Weise in diese Rolle, dass man einfach merkt, sie spielt eine Michelle, die aber wiederum etwas spielt, denn es wird schnell deutlich, dass die Jugendliche offenbar ein Drehbuch des Lebens hat und verbissen daran arbeitet, dieses aufrecht zu halten. Nachdem Michelle nach einer längeren Funkstille die Bestätigung erhält, dass Conrad tot ist, ist ihr erster Gedanke, ihre Freundinnen Natalie (Ella Rubin) und Cassie (Kylie Liya Page) zu alarmieren, um sich tränenwirksam von ihnen trösten zu lassen. Ihre jüngere Schwester Hayden (Callie Brook McClincy) wird dafür auf wenig nette Art und Weise aus dem Zimmer geworfen. Später verstehen ihre Eltern Gail (Cara Buono) und David (Kai Lennox) die Welt nicht mehr, denn während für Michelle eine Welt zusammenzubrechen scheint, so haben sie noch nicht einmal den Namen Conrad gehört. Das sind nur wenige Szenen, die aber in ihrer Gesamtheit schnell eine ungeheure Skepsis gegenüber Michelle erzeugen. Damit war es dann auch mit meiner Unbefangenheit schnell vorbei, denn Michelle ist so deutlich auf eine Art und Weise inszeniert, dass man erstmal nicht nach sympathischen Aspekten sucht. Tränen gibt es von Michelle genug in dieser ersten Episode, aber es ist stets deutlich, dass sie diese nur spielt, um das Bild einer trauernden Freundin überzeugend nach außen zu tragen.

Dieser Eindruck gipfelt schließlich in der finalen Szene dieser Episode, als Michelle eine Trauerrede zu üben scheint. Doch es ist nicht ihre eigene, sondern die Spuren führen zu einer "Glee"-Episode. Konkret: #5.03 Der Quarterback. Michelle spricht nämlich genau Rachel Berrys Worte nach, die diesem ihrem verstorbenen Freund Finn Hudson gewidmet hat. Zudem singt sie schließlich auch das von Adele veröffentlichte "Make You Feel My Love". Zunächst war es erschreckend, diese Parallele zu sehen, aber gleichzeitig hätte es natürlich keine passendere Szene geben können, zumal bei "Glee" auch eine doppelte Ebene geboten ist, da auch Darstellerin Lea Michele ihren Freund Cory Monteith verloren hat. Identifiziert sich Michelle nun also mehr mit der Rolle oder der Darstellerin? Das ist sicher eine spannende Frage für die gesamte Serie, denn auf die eine Weise wäre sie einfach zu tief in einer Fiktion gefangen und auf die andere Weise wäre sie deutlich berechnender, da sie genau die Person offenbar sein will, die so einen Trauerfall spielen kann. Es war aber definitiv eine Szene mit Gänsehautpotenzial, denn all die Eindrücke, dass Natalie und Cassie eigentlich nicht wirklich mit ihr befreundet sein wollen und eher nicht ehrlich sind, aber auch die Eltern, die sich scheinbar ihrer Tochter beugen, all das ruft eine gehörige Portion Skepsis hervor. Wird dieses Bild zu Michelle bestehen bleiben oder werden wir noch andere Seiten, andere Theorien kennenlernen?

Fazit

Der Auftakt zu "The Girl from Plainville" hat mich überzeugt, denn mit den drei konkreten Handlungsbögen ist die Orientierung in der Handlung schnell geboten und es sind auch zunächst völlig unterschiedliche Schwerpunkte, die ein inhaltlich breites Bild versprechen, was wirklich schätzenswert ist, wenn man bedenkt, dass die Miniserie auf einer wahren Begebenheit beruht. Meine anfänglich auferlegte Neutralität gegenüber Michelle konnte ich aber nicht lange aufrecht erhalten, denn sie lässt definitiv die Nackenhaare hochstehen. Ich bin gespannt, wie sich der Eindruck über die sieben weiteren Episoden verändern wird und wie ich das abschließend bewerte, aber Lust auf die weiteren Folgen ist definitiv vorhanden.

Die Serie "The Girl from Plainville" ansehen:

Lena Donth - myFanbase

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