Unprisoned - Review Staffel 1
Das Schöne bei Serien ist für mich, dass sich manches Mal wahre Perlen hinter den Titeln und Genre verstecken. So erging es mir bei Hulus "Unprisoned". Ich habe mit dem Schauen angefangen, weil ich Delroy Lindo in "The Good Fight" erlebt habe und ich ehrlich gesagt wissen wollte, ob sein Ausstieg es wert war für das neue Format. Die Antwort darauf kann ich euch schon jetzt verraten: Absolut! Lindo war für mich in diesen acht Episoden der Star und ich würde mir wünschen, dass Hulu entweder eine zweite Staffel bestellt (wann immer die auch gedreht wird) oder man verpflichtet Lindo für ähnliche Rollen. Warum es mir so gut gefiel, verrate ich euch jetzt.
"Unprisoned" hat sich irgendwie als Comedy getarnt, da die Episodenlänge nur rund 27 Minuten beträgt, was eben für das Genre absolut zutrifft und dann nur acht Episoden. Ich kannte zwar den Plot, der mich auch angesprochen hat, jedoch war ich dann beim Schauen doch überrascht, welche Thematiken da aufgetaucht sind, die mich dann doch sehr nachdenklich gemacht haben. Lindo spielt Edwin Alexander, einen (damaligen) Drogendealer, der schon mehrmals wegen diesen Deliktes in Haft kam und nach 17 Jahren entlassen worden ist. Kerry Washington hat mit Paige Alexander die zweite zentrale Hauptrolle inne und spielt seine Tochter. Ehrlicherweise muss ich hier auch sagen, dass mich beim Plot auch diese Vater-Tochter-Beziehung angezogen hat. Diese steht unter keinem allzu guten Stern, auch wenn Paige ihren Vater erst einmal bei sich und ihrem Sohn Finneas, genannt Finn (Faly Rakotohavana), in ihrem neuen Haus wohnen lässt. Diese Vater-Tochter-Beziehung ist quasi auch der Dreh- und Angelpunkt dieser ersten Staffel und man arbeitet hier eine Beziehung auf, die durch die Taten von Edwin und dessen Verhalten massive Auswirkungen hat. Aber der Reihe nach.
Mit Paige haben wir eine alleinerziehende Mutter, die Therapeutin ist und die in einer Wohnung lebt, die viel zu klein ist und ihr Teenagersohn hat nicht mal ein eigenes Zimmer. Das regelt sich zum Glück aber schnell. Viel wichtiger oder eher erschreckender ist Paiges Beziehung zum verheirateten Bill (Tim Daly). Ihr Verhalten zu Bill spricht eigentlich schon dafür, dass sie vieles mit sich machen lässt, um ihn nicht zu verlieren und sein Verhalten oder auch Fernbleiben immer wieder zu seinen Gunsten zu entschuldigen, wobei ihr Umfeld da schon ganz was anderes erkennen konnte – nur Paige nicht und Bill weiß das. Interessant fand ich hier auch, dass es Edwin war, der seiner Tochter gesagt hat, was sie tatsächlich für Bill ist und sie das auch irgendwann angenommen hat. Man hat also immer wieder kleine Funken gestreut, in denen Paige versucht hat, ihrem Vater zu vertrauen und zu erkennen, dass er seine vielen, vielen Fehler aus der Vergangenheit wieder gut machen will. Leider ist kaputtes Vertrauen nicht leicht wiederherzustellen, schon gar nicht, wenn es – wie bei Paige – schon in Kindeszeiten zerstört worden ist, indem ihre Mutter abgehauen ist und eben ihr Vater immer wieder verknackt wurde, während Paige in Pflegefamilien kam und noch immer Kontakt zu ihren Pflegeeltern und ihrer Pflegeschwester Esti (Jee Young Han) hat. Aber sie ist auch zehn Jahre lang in der Obhut von Edwins on/off-Freundin Nadine (Brenda Strong) gewesen, auf die ich später noch genauer eingehen werde.
Ich fand es aber auch bei Paige interessant, dass sie selbst Therapeutin ist, wobei ich mich auch alleine aufgrund ihrer eigentlichen Arbeitsauffassung frage, inwiefern diese Berufsbezeichnung eigentlich angebracht ist. In erster Linie finde ich es sogar vollkommen sinnig, dass sie diesen Beruf ergriffen hat, denn sie wollte anderen damit helfen. Bei Paige hat man aber im Staffelverlauf mehr als deutlich gemerkt, dass sie nicht mal selbst dafür bereit war, sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen und das zieht sich auch wie ein roter Faden durch die gesamte Staffel, wodurch auch ihre Beziehung zu Mal (Marque Richardson) in die Brüche geht. Mir taten dabei beide Seiten leid. Durch Edwins damaligen Verhalten hat Paige natürlich nie eine richtige, ehrliche und stabile Beziehung zu einer männlichen Bezugsperson kennengelernt. Das zieht sich – wie gesagt – wie ein roter Faden durch die Staffel. Ihre Beziehung zu Bill, also, falls man das Beziehung nennen kann, ist eigentlich ein Abklatsch zu der Beziehung ihres Vaters, eben weil sie es nicht anders kennt. Die Beziehung zu Mal ist das, was sie nicht kennt, aber eigentlich verdient hat. Das Ganze ist insofern traurig, da Mal seine eigene Regel gebrochen hat, da er der Betreuer von Edwin ist und sich eigentlich mit ihm oder in seinem Umfeld einlässt. Es ist wirklich schade, da Mal von Anfang an ehrlich zu ihr war und sie das Gute einfach nicht erkannt hat, weil sie noch nie eine gute und aufrichtige Männerbeziehung hatte.
Dass sie ihrem Vater auch misstraut und nur allzu oft nur das Schlechte in ihrem Vater sieht, hat Paige für mich in vielen Szenen und praktisch die Hälfte der Staffel ziemlich nervig erscheinen lassen und ich war tatsächlich froh, dass ihr Sohn ein Kontrastbild dargestellt hat. Er kannte seinen Großvater nur aus Erzählungen seiner Mutter, hatte aber selbst keine Erfahrungen mit ihm. Damit hatte Finn also schon einen anderen Blickwinkel und konnte die Dinge und Edwin ganz anders betrachten, so entwickelte sich dieser nämlich zu seiner männlichen Bezugsperson und mir hat die Beziehung wahrsinnig gut gefallen, die leider immer wieder von Paige beinahe zerredet wurde und es war nicht die einzige Beziehung, die sie schlimmer dargestellt hat und alles mit in die Gegenwart mitgenommen wurde. Allerdings hat nicht nur die Beziehung zu ihrem Vater gelitten, sondern auch die zu Nadine. Bei Nadine handelt es sich wie gesagt um die on/off-Freundin von Edwin und die 'Pflegemutter' von Paige, die sie als solche aber weder damals noch heute anerkannt hat. Zugegeben wirkte Nadine in den ersten Episoden wie eine Komplizin, die das ein oder andere Ding gedreht hat, aber dennoch auch Einfühlungsvermögen und Bodenständigkeit hat. Ich fand Brenda Strong unheimlich genial in dieser Rolle, da sie eben nicht nur nett gewesen ist wie beispielsweise bei "Desperate Housewives" oder "Dallas", aber eben auch nicht so böse wie in "Supergirl". Man hat ihr auch stets angemerkt, dass sie eine bessere Beziehung zu Paige wollte, aber eben auch eine Anerkennung dafür, was sie damals für sie getan hat oder zumindest versucht hat zu tun. Leider ist das in der finalen Episode wieder gekippt, obwohl Nadine einfach nur für Finn da sein wollte. Interessant fand ich aber auch Nadines Beziehung zu Edwin selbst. Man hat schon irgendwo gemerkt, dass sie ihn auf den rechten Weg bringen wollte und trotzdem fand ich die letzte Szene von ihr bzw. vielmehr ihre Reaktion recht seltsam und trotzdem sehr deutlich.
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Aber kommen wir jetzt noch zu Edwin und den Themen, die sich da so versteckt haben. Edwin ist trotz seiner Vergangenheit ein gestandener Mann, der schon einiges erlebt und einige Menschentypen kennengelernt hat. Interessant und auch aufschlussreich fand ich es vor allem, wo man dies eingebaut hat – nicht nur in Ratschlägen für Paige oder Finn, sondern wie man mit entlassenden Häftlingen, die wieder ins normale Leben eingegliedert werden sollen, umgeht und das fand ich schon erschreckend, da die Bezeichnung 'Menschen zweiter Klasse' voll einschlägt, man sie aber in der Kommunikation ziemlich verschleiert und sich Edwin nicht nur für sich, sondern auch für andere einsetzt und damit alles riskiert hat. Und gerade weil er für sich einstehen und sich auch nicht von seiner Vergangenheit bestimmen lassen will, war die Reise in die Vergangenheit für ihn und Paige wichtig. Er konnte sich von der Vergangenheit lösen und Paige konnte einiges ihres Vaters betreffend verstehen, weshalb dann auch das Ende der Staffel emotional gewesen ist. Spannend war aber auch, dass sich Paige viel davon abhängig hat machen lassen, was ihre Follower betrifft, auch wenn wir jetzt in einer Zeit leben, wo Social Media immer wichtiger wird, fand ich es erschreckend, dass die Rollen dazu bei Paige und Finn vertauscht sind. Wenn man aber nochmals Paiges Vergangenheit betrachtet, bekommt sie durch Social Media und ihre Follower den Halt, den sie schon immer gebraucht hätte und durch ihren TED-Talk hat sie nochmals genug Zuspruch bekommen, wodurch sie anderen und auch sich selbst helfen konnte.
Fazit
"Unprisoned" entpuppte sich für mich als wahre Perle und ich bin froh, dass sie von Disney+ Star ins Angebot aufgenommen wurde, weil sie zeigt, dass man mit wenigen Episoden und kurzer Laufzeit ebenfalls wichtige Themen ansprechen kann, die weder zu aufgesetzt noch zu kurz thematisiert wirken. Der Cast tut dann noch sein Übriges und ich hoffe, Hulu bestellt eine zweite, meinetwegen auch finale Staffel, da man jetzt einen wunderbaren Grundstein gelegt hat, der aber auch noch ausbaufähig ist.
Die Serie "Unprisoned" ansehen:
Daniela S. - myFanbase
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