Connichi 2016 in Kassel

Foto: Connichi 2016 in Kassel - Copyright: Simone Bauer
Connichi 2016 in Kassel
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Nicht nur das Showprogramm lockte dieses Jahr insgesamt 26.000 Gäste trotz durchwachsenen Temperaturen heran: Die unzähligen Händler wurden wie immer mit außergewöhnlichen Künstlern ergänzt. Strömender Regen am Samstagnachmittag zog zum Beispiel die Besucher von der Cosplaywiese in den Kasseler Kongresspalais. In der Beliebtheit flachten im Vergleich zum Vorjahr die "Frozen"-Prinzessinnen ab, Rey aus "Star Wars: Das Erwachen der Macht" war hoch im Kurs – und eine gefallene Kriegerprinzessin, Lexa aus "The 100", wurde gar mit einem Cosplay geehrt.

Bereits am Freitag stand kein steifer Cosplayball mit strikten Regeln auf dem Plan, sondern DJ Kei und DJane TOM in der Weinkirche mit JPop, Shibuya Kei, Anime Music über J-Rock bis hin zu K-Pop. Sowohl freitags als auch samstags wurden nicht nur Wunderkerzen, sondern ein richtiges Feuerwerk ausgepackt. Das japanische Matsuri, also eine sommerliche Feierlichkeit, wurde im letzten Jahr eingeführt. Ganztägig und 2016 erstmals zu erhalten: endlich kulinarische Spezialitäten aus Japan, wie die speziellen und leckeren Crepes.

Foto: Pikachu, Connichi 2016 in Kassel - Copyright: Simone Bauer
Pikachu, Connichi 2016 in Kassel
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Neben den Vorträgen "How To Japan" für die perfekte Japanreise und "Bewerben beim Verlag" mit der Leitung des Fireangels Verlags, Myriam Engelbrecht, standen auch am Freitag schon einige Workshops auf dem Programm. Bereits 2008 fing Artflower Cosplay (Artflower Cosplay bei Facebook) mit verschiedensten Kostümen an, von den Sailorkriegerinnen Mercury und Pluto bis hin zu Videospielfiguren und natürlich Prinzessinnen zu cosplayen. Glinda aus "Der Zauberer von Oz" und Cinderella gehören ebenso zu ihrem Repertoire wie die Animefigur Gwendolin aus "Odin Sphere". Geübt konnte sie daher im Workshop "Prinzessinnenkleider nähen" anleiten. Wir lernen: "Als erstes einen guten Reifrock besorgen, der die richtige Form hat für das Kleid. Nur so kann man den Stoff und die Rocklängen richtig kalkulieren. Je breiter der Reifrock, desto länger muss nämlich der Rock sein, woran viele nicht denken. Es muss Platz um die Nähmaschine herum sein! Ein total zugemüllter Tisch macht alles nur unnötig schwierig, weil man sich mit den Stoffmassen alles vom Tisch zieht. Vor dem Stoffkauf darüber nachdenken, welche Rockform man seinem Kleid zu Grunde legt, weil das den Verbrauch doch heben oder senken kann. Meine persönliche Präferenz: Prinzessinnenkleider aus Animes sehen in der Serie oft sehr groß und pompös aus, wenn man sie eins zu eins umsetzt, wirken sie aber oft etwas langweilig. Im Anime ist die Umwelt eben auch nur Zweidimensional und wenig detailliert. Deshalb kann man auch mal Details dazu erfinden oder verzieren, die das Kleid lebendiger aussehen lassen."

Aufwändiger sei der Nähprozess dennoch nicht im Vergleich zu Jacken, Mäntel oder ganzen Anzügen. "Oft bestehen sie aus vielen langen, mehr oder minder geraden Nähten. Durch ihre schiere Größe wirken sie aber viel imposanter und sind auch einfach ungewöhnlicher als Kleidungsstücke, die man auch im Alltag trägt. Möchte man seine Garderobe historisch korrekt gestalten, ist das allerdings eine andere Nummer, da werden die Kleider schon komplizierter."

Am Samstag standen die All Stars (All Stars bei Facebook) auf der Bühne des Festsaals und machten sich damit auf in ihr letztes Halbjahr in Hogwarts. Und dieses hat es in sich – immer mehr Muggelgeborene verschwinden und eine große Anzahl von Todessern möchte ein neues Zeitalter einläuten. Seit 2014 bringen die 22 Mitglieder, die ihre Showgruppe in Braunschweig gründeten, ihre Stücke auf Cons, wie zuletzt auf die AnimagiC. Zur Connichi hatten sie die Erstbesetzung von Sirius im Gepäck, sonst gab es nicht viele Änderungen. "Als große Fans war es natürlich sehr verlockend, eine Geschichte im ‚Harry Potter’-Universum auf die Bühne zu bringen." Die Entscheidung wäre sehr schnell auf die Generation von Harrys Eltern gefallen. "Rowling selbst hat nur Bruchstücke über diese Generation geschrieben, was uns viele gute Anhaltspunkte gab, aber auch viel Spielraum für Selbstinterpretationen. Die Thematik, welche sich vom typischen Erwachsenwerden bis hin zum Rassismus ausbreitet, ist auch in unserer Zeit noch sehr aktuell. Und dies hat es für uns besonders spannend gemacht, die Geschichte umzusetzen."

Magisch war übrigens auch ein Ehrengast der Connichi 2016: Die deutsche Stimme von Harry Potter höchstpersönlich, Tim Schwarzmaier. Dieser trat am Samstag und Sonntag mit Lea Kalbhenn in Erscheinung. Spricht er in "Sailor Moon Crystal" den General Jadeite, ist sein brünetter Konterpart nicht nur als Sailor Jupiter zu hören, sondern auch als Carter Wilson in "Finding Carter". Eingeladen von SailorMoonGerman und Kazé standen sie den Fans Rede und Antwort. "Auf der Frankfurter Buchmesse hat es mich sehr gefreut, mit den Fans zu interagieren - überrascht und beeindruckt hat mich, wie gut die Fans die Serie kennen, inhaltlich, sprachlich, vom Zeichenstil. Da waren wirklich wandelnde Lexika dabei", lacht die Moderatorin, die seit 2007 synchronisiert. Mit vor Ort war damals auch Sabine Bohlmann, die Kalbhenn die Connichi wärmstens empfahl: "Sie meinte, dass es damals einen Wahnsinnsempfang durch die Fans gab und die Stimmung einfach großartig war." So auch 2016.

Foto: Yume, Connichi 2016 in Kassel - Copyright: Simone Bauer
Yume, Connichi 2016 in Kassel
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Der Workshopraum 2 stand am Samstag zum großen Teil unter den Motto 2Kimono", welche dann von Comic-Cosplays und Petticoats schließlich abgelöst wurden. Am Abend gab außerdem der Sänger, Songwriter und Musikproduzent Fubito Endo zusammen mit der Pianistin Fujioka Kurumi ein "Final Fantasy"-Konzert.

Am Sonntag trat Yume (Yume bei Facebook) ein letztes Mal mit dem "Sailor Moon"-Stück "Chaos No Tan Pure - Revisted" auf und somit auch ein vorerst letztes Mal überhaupt auf eine Conventionbühne. Die Mitglieder bleiben natürlich umtriebig – Hauptdarstellerin Désirée Richter hat zum Beispiel 2016 einen Plattenvertrag mit dem japanischen Label HAF Records abgeschlossen und neben verschiedenen Download-Compilations von Animesongs ihre erste physische CD "Ganisong Desi #1" am 3. August veröffentlicht. Sie kämpfte als Sailor Moon so emotional wie noch nie. Beim vierten und letzten Auftritt mit dem originalen Stück zu Usagi Tsukinos zwanzigsten Geburtstag gab es einige Überraschungen: So traten gleich zwei Darstellerinnen der Sailor Mars auf und auch die Figur des Helios alternierte. Das Stück wurde um einige humoristische Kniffe ergänzt, wie das Product Placement einer Cola oder besondere Werbung für den Tonmann der Gruppe. Spätestens beim Abschiedssong vor dem großen Finalsong, "La Soldier", von Chefin Yaten, blieb bei den langjährigen Yume-Fans und den Mitgliedern selbst, die zuvor ihrer Orga ein Ständchen gegeben hatte, kein Auge trocken. Eine Lücke im nächstjährigen Showprogramm der großen Conventions ist damit sicher.

Simone Bauer - myFanbase