Alex Vlahos Interview
Abschied von Versailles. Ein Epilog.

Alexander Vlahos über seinen Einsatz für Philippe, einen dauerhaften Zustand der Verletzlichkeit bei der Arbeit, die Fischglas-Technik und den Abschluss einer Reise

Foto: Alexander Vlahos, Versailles - Copyright: Leila Moghtader
Alexander Vlahos, Versailles
© Leila Moghtader

6. Dezember 2018 von Nicole Oebel @philomina_
Übersetzt von Denise D.

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York. Ein herrlicher Sommertag. Der prächtige Museumsgarten. Die York Mauer spendet Schatten. Alex Vlahos hatte gerade die Bühne des Shakespeare's Rose Theater verlassen, wo er bis zum 2. September den Romeo in "Romeo und Julia" spielte.

Nachdem wir uns mit Brownies und Erfrischungen niedergelassen haben, werfen wir einen näheren Blick auf die dritte Staffel von "Versailles", die Höhen und Tiefen der gesamten Geschichte und den strahlenden Charakter Philippe d'Orleans. Für mich als Zuschauer ist der Charakter der Anker der Serie - war er für Alex als Schauspieler die Herausforderung seines Lebens?

Anmerkung: Das Interview enthält Spoiler zur dritten Staffel von Versailles einschließlich des Serienfinales #3.10.

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Philippe und Alex

Mit den Worten von Joni Mitchell: "I looked at love from both sides now, from give and take" - Was hat Philippe dir gegeben und genommen, und was hast du ihm gegeben und von ihm mitgenommen?

Zu viel! Man kann sagen, er hat mich sowohl in einem besseren als auch schlechteren Zustand zurückgelassen, seit wir einander getroffen haben. Es ist gut, dass ich jetzt darüber reden kann, weil es zu Ende ist. Was das angeht, was er mit als Schauspieler gegeben hat, das jetzt in den Rest meiner Karriere einfließt - alles! Er hat mir ermöglicht, Dinge in mir sehr schnell abzurufen, Emotionen, Gefühle und eine Art Selbsterkenntnis, die ich in einem Alter, als ich noch gar nicht wirklich bereit dazu war, nicht so schnell hätte haben sollen. Er gab mir Depressionen. Tiefliegende. Außerhalb der Arbeit. Er gab mir eine Lust auf völlig unnütze Dinge wie zum Beispiel einen glitzernderen Lebensstils. Er gab mir Dinge, die nicht echt waren. Ich gab ihm – hoffentlich – Herz. Ich versuche immer auf seiner Seite zu stehen. Es ist sehr schwer, nach drei Staffeln und vier Jahren Grenzen zu ziehen. Wann haben meine Depressionen angefangen? War es schon bevor ich Philippe kennengelernt habe? War ich schon immer depressiv? Hat Philippe dies nur in mir hervorgebracht? Ich denke, ich war eine sehr sorglose Person. Ich glaube nicht, dass ich ein Pessimist war, bevor ich Philippe gespielt habe. Indem ich mich einem Charakter so richtig hingegeben habe, um ihn glaubhaft und unvergesslich zu machen, habe ich zu viel von mir gegeben und da fehlte es einfach an Reife. Stell dir vor, da sind vier Türen, und du kannst eine Tür öffnen und bist ein guter Schauspieler, es dabei belassen, oder alle vier öffnen und alles auf dich hereinbrechen lassen. Das ist in der ersten Staffel passiert, also habe ich in der zweiten und dritten Staffel versucht, die Türen zu schließen, die ich geöffnet hatte. Ich kann damit jetzt besser umgehen.

Ich habe diese Person gespielt, die so brillant und außergewöhnlich war und auch an PTSD gelitten hat. Das bedeutete, dass ich jeden Morgen um fünf Uhr zum Set gekommen bin und dann erst eine Szene mit Evan gedreht habe, dann mit George, dann mit Tygh und dann eine Szene im großen Ballsaal mit Jessica. Und für mich als Schauspieler ist er in jeder dieser vier Szenen eine andere Person. Es gab im Laufe der Jahre viele Menschen, die meinten, dass ich Worte wie Depression oder bipolar nicht leichtfertig verwenden sollte - ich verwende sie nie leichtfertig, denn ich empfinde es so. Jeder, der die Serie verfolgt, sieht den Verlauf linear, man sieht hoffentlich Kontinuität und Logik. Aber wir drehen die Szenen in anderer Reihenfolge, für mich ist Philippe pures Chaos. Er spricht mit jedem anders, er benimmt sich anders, er leidet mehr als alle anderen, sein Herz und seine Nerven liegen auf dem Präsentierteller - ich konnte einfach nicht anders, als das mit nach Hause zu nehmen.

Veränderung

Wir bekommen Philippe in einer großen Palette an Szenen mit verschiedenen und neuen Charakteren zu sehen, die alle unterschiedliche und neue Facetten in Philippe hervorbringen. Wie haben Philippe und du davon profitiert?

Veränderung war gut für Philippe, denn es bedeutete, dass er nicht eintönig wurde. Man will nie langweilig werden. Man sieht eine andere Seite von ihm und das ist immer eine gute Sache. Er hat einen Freund, der nicht der Chevalier ist, nämlich Guillaume. Er kann eine kameradschaftliche Beziehung zu Fabien aufbauen. Er ist neugierig und ein Kämpfer, nur eben nicht im Krieg. Als Schauspieler will man mit verschiedenen Leuten arbeiten. Die zweite Staffel war für mich todlangweilig in dem Sinne, dass ich mich gefühlt habe, als würden Evan und ich ein und dieselbe Szene immer wieder spielen. Wir haben mehr oder weniger alle Szenen in Philippes Räumen in zwei Tagen gedreht. Also stellt euch vor, in der zweiten Staffel alle Chevalier-Szenen in einem Tag zu drehen, obwohl sie eigentlich in fünf Folgen stattfanden. Evan und ich, als Paar beim Streiten und Streiten und Streiten, er kommt mit Blut rein, Streiten. Das ist langweilig - nicht Evan, sondern das, was als Schauspieler von dir erwartet wird. Von daher war es toll, in der dritten Staffel tatsächlich mit anderen Leuten zu arbeiten, an verschiedenen Locations, nicht in Versailles, nicht im Studio. Man braucht Abwechslung, damit es nicht so langatmig wird. Einfach mal was anderes machen, damit man motiviert ist, in aller Frühe aufzustehen. Ich hatte schrecklich viel Spaß in der dritten Staffel und ich glaube, das merkt man. Es gab Sachen, die haben den Charakter wirklich vorangebracht, entwicklungstechnisch.

Wenn man die verschiedenen Handlungsstränge betrachtet, die eine Veränderung für Philippe mitgebracht haben, sticht die Geschichte mit dem Mann in der Eisernen Maske deutlich heraus. Philippe kann rundum professionell sein, er hat da eine neue "kein Bullshit"-Einstellung...

Ich stimme dir da nur teilweise zu, teilweise nicht. Als er in der ersten Staffel in den Krieg zieht, war er – von meiner Perspektive aus – auch schon in seinem Element. Dieses "kein Bullshit" war eindeutig ein Charakterzug, den er schon immer hatte. Wenn es um seine Verantwortung geht, wie bei der Handlung mit dem Mann mit der Eisernen Maske mit Fabien, nimmt er die Sache ernst. Für mich bedeutete das Freiheit! Ich konnte Verantwortung für einen Erzählstrang übernehmen, der völlig mir gehörte. Nichts hat sich überkreuzt und ich habe das echt gemocht. Es hat sich wie eine Belohnung der Autoren angefühlt, dass sie mir das anvertraut haben.

Tygh und ich haben immer darüber gesprochen, dass Philippe und Fabien eine gewisse Art von Umgang haben, abseits der Hierarchie sind sie Freunde und verstehen sich miteinander. Sie waren eigentlich immer schon Freunde, aber sie durften es nie sein. Deshalb war die Szene am Ende der neunten Folge so toll, als Fabien sagt, dass Louis nicht der ist, der er behauptet zu sein, und Philippe besteigt das Pferd und kann nicht antworten. In diesem Moment stürzt Fabiens ganze Welt zusammen. Wir wussten, diese Wirkung hat volle Wucht, wenn wir ihre Beziehung so aufbauen, dass sie Freunde sind. Guter Cop, böser Cop. Sherlock und Batman. Damit es für Tyghs Charakter nur noch herzzerreißender wird, wenn Philippe die Grenze wieder klar zieht. Es war eine tolle visuelle Metapher, Philippe steigt auf das Pferd und Fabien ist niedriger als er.

Foto: Alexander Vlahos, Evan Williams, Versailles - Copyright: Leila Moghtader
Alexander Vlahos, Evan Williams, Versailles
© Leila Moghtader

Eine weitere essentielle Veränderung ist die Tatsache, dass MonChevy getrennte Wege gehen. Was meinst du, warum sich Philippe von der einen Person abwendet hat, die er am meisten liebt?

Chevalier bedeutet zu viel Drama für den Gemütszustand, mit dem Philippe aus dem Krieg heimgekehrt ist. Er hat ihn mit den Worten verlassen "Ich werde dich immer lieben, aber ich muss mich erst selbst finden, bevor ich dich wieder lieben kann." Ich denke, dass er im Krieg herausgefunden hat, dass er ihn nicht braucht. Philippe hat den Chevalier nie gebraucht, der Chevalier braucht Philippe! Das ist das verrückte Ungleichgewicht in ihrer Beziehung. Als er also nach Hause kommt und sieht, dass der Chevalier einen Job und einen Platz bei Hofe hat, findet er, dass es einfacher ist, mit ihm Schluss zu machen. Ihn nicht so nahe bei sich zu haben, ist eine gute Sache. Er kommt aus dem Krieg zurück, er kennt die Tücken seines Nachkriegs-Selbsts und denk sich, lass mich erst einmal herausfinden, wer ich bin, lass ihn herausfinden, wer er ist. Das sorgt dafür, dass Philippe völlig isoliert dasteht. Er muss seine eigenen Entscheidungen treffen.

Ich liebe Evan, er ist mein Partner in Crime, mein bester Freund und ich habe es jeden Tag vermisst, mit ihm zu arbeiten. Heißt das, dass es den Charakteren gut getan hat, voneinander getrennt zu sein? Absolut. Hätte ich gerne mehr MonChevy Szenen gehabt? Absolut. Hätte das der Serie gut getan? Definitiv nicht. In der zweiten Staffel hat es mir mit der MonChevy-Beziehung in dem Sinne gereicht, als dass es nichts mehr gab, was man hätte erzählen können. Eifersucht, Herzschmerz, Weinen, Schreien – wir haben euch alles gegeben, die ganze Bandbreite der Beziehung. Vom Schauspielerischen her kann man nicht mehr geben, die Autoren konnten uns auch nicht mehr geben, als uns zu trennen und uns auseinander zu halten.

Ich habe die Idee völlig unterstützt, als sie mir unterbreitet wurde. Es bedeutete, dass Evan und ich auf diesem Wege einen schönen kleinen Einblick in einen anderen Teil der Serie erhalten werden, und da wir wussten, dass es unsere letzte Staffel sein könnte, mussten wir diese Chance einfach ergreifen. Als Richard Clark (Regisseur) dazukam, haben wir die Szene durchgelesen, Evan und ich haben eine Probe der Trennungsszene gemacht und wir beide haben zu Richard gesagt, dass wir es nicht zu oft proben wollen. Es muss sich an dem Tag einfach selbst finden. Jeder von uns hat einen Take gemacht, es war, wie es sein sollte. Die Tränen waren echt, denn in diesem Moment haben wir uns auch voneinander verabschiedet, da wir uns in diesen sechs Monaten nicht mehr sehen würden.

Findest du, dass es realistisch ist, wie sie schnell sie wieder zusammengekommen sind?

Der Grund dafür, dass es vielleicht sehr schnell wirkt, ist, dass Philippe und der Chevalier diese Dämonen losgeworden sind, die sie im Griff gehalten hatten. In Episode 10 sieht Philippe, dass Chevalier sich verändert hat. Das bedeutet, dass er Philippe nun mit all seinen Schwächen akzeptieren kann. Philippe hat Chevaliers Schwächen schon immer akzeptiert, es war der Chevalier, der nie mit den Philippes Schwächen zurecht kam. Das war das Problem. Deswegen glaube ich, dass Philippe Chevalier ansieht und sich denkt, dass er nun dafür bereit ist, mit ihm klarzukommen und umgekehrt. Also ja, beim Zuschauen war es vielleicht schnell, aber es geht im Grunde darauf zurück, dass er mir in der ersten Staffel die Traube in den Mund gesteckt hat und meinte, dass ich König sein könnte. Für mich persönlich ist das der größte Handlungsstrang, den ich hatte, gemeinsam mit "Bist du auf meiner Seite?" mit Louis. Der kleine Samen wurde in der ersten Folge der ersten Staffel gepflanzt und das Ergebnis sieht man nach 30 Stunden voller Drama. Das ist die Reise, auf der MonChevy vom ersten Moment an waren. Sie haben erstaunliche Fortschritte gemacht.

Und das macht die ganze Sache in Folge 10 nur noch schöner, als der Chevalier endlich "Ich liebe dich" zu ihm sagt. Wir verlassen die beiden in einer viel besseren Situation, als sie am Anfang der ersten Staffel waren. Ich garantiere dir, wenn es eine vierte Staffel gegeben hätte – zum Glück ist dem nicht so - aber wenn es dazu kommen wäre, es wäre langweilig geworden, denn sie wären einfach nur schrecklich ineinander verliebt.

Joe Sheridan sagte etwas Interessantes zur Zusammenarbeit zwischen dir und Evan: "Von Alex konnten wir lernn, durch und durch im Hier und Jetzt zu sein, total im Einsatz zu sein... ich meine, Alex hat die ganze Zeit mit Evan gearbeitet und Evan ist eine Naturgewalt. Die beiden sind total Macbeth-mäßig."

Es gibt da dieses geniale Zitat von All About Eve: "Die allgemeine Atmosphäre ist sehr Macbeth-mäßig. Was ist passiert, oder wird passieren?" Es bedeutet, dass etwas Tragisches, Großartiges und Blutdurstiges in der Luft liegt. In Macbeth ist alles vorhergesagt, die Hexen sehen in die Zukunft. Was Joe hier meint, es ist ein echtes Unterfangen, mit Evan und mir zu arbeiten, Tag für Tag, Minute für Minute. Aber ein verdammt gutes Unterfangen! Was passiert? Wie bringen wir die Szene rüber? Bin ich heute gut drauf, bist du heute gut drauf?

Was die Zusammenarbeit zwischen Evan und mir betrifft - wir haben nie am Set über Charakterprobleme gestritten, wir haben Kompromisse gefunden. Ich habe herausgefunden, dass ich am besten mit Evan arbeiten kann, wenn ich mir eine Mitte suche und er der Tischtennisball sein kann. Als wir die ersten beiden Folgen gedreht haben, haben wir beide versucht, der Tischtennisball zu sein. Es war besser, innzuhalten - ich mache das, du machst das. Krass, diese Szenen funktionieren!

Joe, Steve und Stuart haben mich in meinen schlimmsten Momenten gesehen. Zum Beispiel, als ich nicht mal aus meinem Trailer rauskommen wollte. Aber sie haben mich auch gesehen, als ich alle Möglichkeiten ausgelotet habe und hoffentlich meine besten Momente als Philippe hatte. Sie haben mich meine Eigenschaften als Schauspieler sehr unterstützt. Ich glaube, es ist tatsächlich Respekt, und umgekehrt das Gleiche, ich habe riesigen Respekt vor ihnen allen.

Eine weitere neue und interessante Sache, die wir in dieser Staffel zu sehen bekommen, ist Philippe als Vater. Glaubst du, dass der Moment, in dem er Marie Louise ohrfeigt, als überraschende Wendung für den Charakter gemeint war?

Nein! Philippe wird herbeigeholt und muss damit umgehen, dass seine Tochter den Arzt mit einem Messer bedroht - gib ihr einfach eine Ohrfeige und sag ihr, dass sie sich aufs Bett legen soll, fertig, sie hat es gemacht. Es ist recht archaisch anzusehen, aber wenn man es auf den Punkt bringt, kommt man wieder darauf zurück, was du über "kein Bullshit" gesagt hast. Man kann nicht "kein Bullshit" in einer Szene haben und dafür dann in der nächsten eine ganze Menge davon. Ich verteidige sein Handeln nicht, aber ich kritisiere es auch nicht, ich stehe neutral dazu. Als ich als Schauspieler das Skript bekommen habe, habe ich an der Stelle definitiv nicht gedacht, dass ich das nicht machen würde, oder dass Philippe das nicht tun sollte. Philippe als Vater zu sehen, war eine tolle Sache. Und Frances Pooley sah aus wie eine junge Noémie Schmidt, sie war zart, sie war stark, sie war alles dazwischen - perfektes Casting.

Philippes Aussehen reflektiert normalerweise seine Stimmung, weshalb das Folgende interessant ist: Warum hast du dich entschieden, die ganze Staffel über die Action-Perücke zu tragen?

Miguel Santos ist in der Welt von Versailles ein unbesungener Held. Er ist von Anfang an dabei gewesen, genau wie Mathilde, die Makeup-Designerin. Sie haben jeden Look für die Serie erschaffen. Miguels Herz ist der wundervollste Ort, er kennt die Charaktere so gut wie man selbst, durch ihn wird Phillipe miterschaffen. Wir haben immer darüber gesprochen, welche Entscheidungen wir treffen wollen und ich meinte, dass wir einfach die ganze Staffel lang die Kriegsperücke verwenden sollten. Es ist eine klare Entscheidung - die Perücke vom Hof war die pompöse, die L'Oréal-Werbung, und ich denke nicht, dass Philippe Teil vom Hof sein will. Ich habe die Kriegsperücke immer geliebt. Ich glaube, ich verbinde sie mit den vier Tagen, die ich mit Christophe Schrewe die Kriegs-Kampfszenen gedreht habe und was für einen Wahnsinnsspaß ich dabei hatte. Dieser Look zusammen mit dem Brustpanzer, dem weißen Pferd - der Wendepunkt von Philippe in Staffel 1. Aus egoistischer Sicht waren es zudem 15 Minuten weniger im Makeup-Stuhl. Die Perücke war schon fertig, je wilder desto besser.

Foto: Versailles season 3 souvenir photo - Copyright: Leila Moghtader
Versailles season 3 souvenir photo
© Leila Moghtader

Humor

Glaubst du, dass Versailles etwas mehr Humor gut getan hätte?

Ich denke, das ist eine Stolperfalle, denn man schreibt für das Gelingen der Serie und wenn Humor natürlich zu Stande kommt, dann ist das super. Aber ich denke, wenn man eine Szene schreibt, nur damit sie das Ganze auflockert, dann nimmt man der Serie etwas von ihrer Essenz. Wie gesagt, bei Versailles waren die Drehbücher die Bibel. Ja, man verhandelt und kämpft für seinen Charakter, aber die grundsätzliche Basis ist, dass eine Szene schon aufgelockert wird, wenn die Macher denken, dass das nötig ist. Wenn das nicht der Fall ist, finden sie es nicht notwendig. Eine Serie sollte reifen, eine Serie sollte fundamental besser werden. Persönlich finde ich, dass die dritte Staffel unsere beste ist - sie hat das genau richtige Maß an Humor und Schatten und Licht und Dunkelheit. Solange es echt ist. Man wird immer lustige Momente finden, wenn man Charaktere wie den Chevalier oder Palatine hat... Louis hat seine amüsanten Momente, Philippe hat sehr viele davon.

Repräsentation

Die Serie schiebt psychische Erkrankungen nicht zur Seite. Schaut man auf Philippes psychische Probleme, denkst du, dass die Serie darstellt, dass er keine schwache, sondern eine sehr starke Person ist?

Das hoffe ich! Haben wir von Anfang an geplant, einen Charakter mit PTSD und Depression zu zeigen? Nein. Aber wie könnte er nicht damit zu kämpfen haben? Das ist der Moment, in dem das Skript zur Bibel wird. Man will, dass ich einen MEnschen Person zeige, der sich nach dem Krieg verändert hat. Man setzt ihn in diese Szenen, in denen man rüberbringen muss, dass er sich geändert hat - er kommt nach Hause und will nicht mehr bei seinem Liebhaber sein - das sind alles Zeichen, die wir jetzt im Jahr 2018 als Anzeichen für psychische Probleme erkennen können. Es ist unsere Aufgabe als Schauspieler und Autoren, der Gesellschaft einen Spiegel vorzuhalten. Wir verwenden den Ausdruck Depression nicht, aber wir zeigen, was der Charakter durchmacht. Die Autoren bieten die Gelegenheit, aus den Zeilen alles herauszuholen.

Die Szene in Frauenkleidern, als Philippe reinkommt, und seine Schuhe rumschmeißt - diese Szene ist auf dem Papier gut geschrieben, aber langweilig. Es sind Jalil, George und ich, die diese Szene erinnerungswürdig gemacht haben. Es stand nicht im Skript, meine Schuhe wegzuwerfen. Es stand nicht im Skript, dass George mein Makeup abwischt. Es ist nicht im Skript, dass ich vom Krieg heimkehre und Chevalier aufs Bett werfe. Die nächste Zeile ist "Er hat sich verändert" - wie wäre es, wenn wir das verdammt nochmal zeigen! Man nimmt das, was die Autoren einem geben, und es liegt an uns Künstlern, da einfach alles herauszuholen.

Es ist immer die Aufgabe eines Schauspielers, bei einzelnen Zeilen so richtig ins Detail zu gehen. Jeder gute Schauspieler kann sprechen, was da steht. Aber kann man auch fühlen, was da steht und es in einer noch besseren Art und Weise rüberbringen, als die Autoren es sich überhaupt vorgestellt hatten? Das ist der nächste Schritt, oder?

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