Bewertung

Review: #7.01 Hallo, ich bin's

Mehr als ein Jahrzehnt ist es her, seitdem wir Carrie, Miranda, Charlotte und ihre Männer zuletzt in Aktion gesehen haben und noch länger sogar, dass "Sex and the City" im Serienfinale allen Ladies ein wunderbares Happy End schenkte. Bereits bei den beiden Fortsetzungen fragte man sich, inwieweit man nun am Glück der Ladies rütteln würde und ich war nach dem ersten und dem zweiten Kinofilm dann doch positiv überrascht davon, dass man es schaffte, die Geschichte weiterzuerzählen, ohne irgendetwas zu zerstören. Daher war es genau die Frage danach, was eine weitere Fortsetzung für das Happy End der Figuren bedeuten würde, die mich ins Grübeln brachte, als ich zum ersten Mal von diesem Revival hörte.

You Got the Love

In den ersten Minuten erlebt man mit "And Just Like That…" pure Wiedersehensfreude. Carrie, Miranda und Charlotte sind genau so, wie wir sie aus "Sex and the City" kennen und es bereitet Sarah Jessica Parker, Cynthia Nixon und Kristin Davis überhaupt keine Probleme, wieder in ihre alten Rollen zu schlüpfen. Der Funke kann augenblicklich überspringen, was sich einfach wunderbar anfühlt. Getoppt wird dieses wohlige Gefühl, als wir auch Mr. Big, Harry und Steve sowie Stanford und Anthony zu sehen bekommen. Dass diese wichtigen Figuren zurückkehren, bedeutet einem als Fan von "Sex and the City" sehr viel.

Was jedoch stets präsent ist, ist die Abwesenheit von Samantha. Ja, man erklärt uns Zuschauern, dass es einen Bruch zwischen ihr und Carrie gab, weshalb sie nun in London lebt und keinen Kontakt mehr zu ihren früheren Freundinnen hat, dennoch erfüllt es mich mit Traurigkeit, dass diese eingeschworene Clique auseinandergerissen wurde. Dies ist der erste bedeutende Punkt, der klarmacht, dass es sich bei "And Just Like That…" um kein gewöhnliches Revival – wie wir es zum Beispiel vor einigen Jahren bei "Gilmore Girls" gesehen haben – von "Sex and the City" handelt. Denn es fehlt nicht nur ein bedeutendes Castmitglied, auch der Ton der Serie hat sich grundlegend gewandelt. Wo "Sex and the City" eine kurzweilige, freizügige Komödie mit leichten dramatischen Einschlägen war, ist "And Just Like That…" ein bodenständiges Drama, das Wert auf zeitgenössische Korrektheit legt und sich nur hier und da einen Scherz erlaubt. Wenn ich mich zu Beginn noch gefragt habe, weshalb das Revival denn einen neuen Titel benötigt, so ist dies nun mehr als deutlich. Denn "And Just Like That…" mag zwar im gleichen Serienuniversum wie "Sex and the City" spielen, doch abgesehen von den Figuren haben die beiden Serien nicht viel miteinander gemeinsam. Was besonders auffällig ist, ist die Abwesenheit von Sex, die in der Mutterserie ein zentrales Element darstellte. Den größten Bezug dazu mag vielleicht noch Miranda haben, als sie von Brady und dem Kondom berichtet – ein Moment, der tatsächlich wunderbar an alte Zeiten erinnert hat – aber dann war es das auch schon. Es fühlt sich seltsam fremd an, diese Neuauflage der Serie zu sehen, dabei gibt man sich sehr viel Mühe, mit kleinen Hinweisen auf die Vergangenheit nostalgische Gefühle zu wecken. Besonders befremdlich fühlt sich diese Distanz zum Sex bei Carrie an, die wir aus der Vergangenheit als eine Frau kennen, die problemlos schreibt, was sie denkt. Nun – als Teil eines Podcasts – fehlt ihr plötzlich die Wortgewandtheit die man sonst von ihr kennt. Möglicherweise ist der Podcast für sie das falsche Medium oder aber es liegt am fortgeschrittenen Alter der Ladies – das zum Glück locker leicht thematisiert wird – aber irgendwie erkennt man sie so peinlich berührt und wortkarg nur schwer wieder.

We Can't Just Stay Who We Were

Neben der Abwesenheit von Samantha und dem veränderten Grundton der Serie legt man zudem viel Gewicht auf die neuen Gesichter: Nicole Ari Parker als Lisa Todd Wexley, Sara Ramirez als Che Diaz und Karen Pittman als Nya Wallace. Jeder unserer Ladies wird eine neue Frau zur Seite gestellt, was mir für den Auftakt dann doch ein bisschen zu viel war. Zwar waren die Gespräche hier und da ganz erheiternd, alles in allem erschien mir die Bemühung, mit den neuen Gesichtern alle "Probleme" der modernen Gesellschaft mit einzubeziehen, etwas zu krampfhaft. Der Fakt, dass es sich bei Carrie, Miranda und Charlotte um weiße heterosexuelle Frauen handelt, scheint von den Produzenten nun plötzlich als Manko der Serie empfunden zu werden, weshalb man mit Nachdruck versucht, dem Cast mehr Diversität zu verleihen. Sowohl was sexuelle Orientierung als auch die Hautfarbe angeht, gibt man sich die größte Mühe auf politische Korrektheit, was ich als zu erzwungen empfunden habe.

Den größten Teil des Serienauftaktes verbringt man damit abzuwägen, ob man die Neuerungen nun gut oder schlecht finden soll. Man fragt sich, in welche Richtung "And Just Like That…" gehen wird und ob man sich als eingeschworener "Sex and the City"-Fan mit den ganzen Veränderungen anfreunden kann. Gleichzeitig hatte ich die ganze Zeit über das unterschwellige Gefühl, dass es noch ein alles veränderndes Ereignis geben wird. Denn jedes Mal, wenn man eine Szene mit Carrie und Big sah, war es schon fast merkwürdig, wie perfekt ihr Leben verlief. Im Gegensatz zu Miranda und Steve – die mit dem pubertierenden Brady zu tun haben – und Charlotte und Harry – die mit Rose und Lilly zwei vollkommen unterschiedliche Töchter großziehen – schien bei Carrie und Big alles zu schön um wahr zu sein. In der ersten Szene der beiden konnte man den Gedanken noch abtun, doch als Carrie sich dann bei Big verabschiedete, um zu Roses Auftritt zu gehen, drängte sich das Gefühl, dass eine Veränderung in der Luft liegt, dafür massiv auf. Ich wollte den Gedanken allerdings lieber wieder vergessen, weshalb es mir umso mulmiger wurde, als Roses Klavierspiel im Wechsel mit Big gezeigt wurde. Während die Musik immer mehr anschwoll, wurde die Ahnung, dass etwas geschehen würde, mit jedem Ton intensiver und schließlich endet die Episode in einem grauenvollen Verlust. Der Tod von Big kam überraschend und stellt den krassesten Gegensatz zu dem Gefühl dar, das einem früher von "Sex and the City" vermittelt wurde. Die beschwingte Leichtigkeit weicht mit einem Schlag und zurück bleibt eine bittere Bedrücktheit und die Frage, ob es wirklich nötig war, "And Just Like That…" ins Leben zu rufen, nur um Samantha und Big aus dem Happy End von "Sex and the City" zu streichen.

Fazit

"And Just Like That…" ist so ganz anders, als ich es mir vorgestellt habe. Das Revival – wenn man es denn überhaupt so nennen mag – hat nur oberflächlich mit "Sex and the City" zu tun. Man versucht, die Ursprungsidee der Serie abzuschütteln, die Figuren jedoch – weitestgehend – am Leben zu erhalten und ihnen in der heutigen Zeit neue Relevanz einzuhauchen. Ich weiß nicht recht, was ich davon halten soll und bleibe nach dieser Auftaktfolge recht skeptisch zurück. Es schmerzt, das Ende von "Sex and the City" auf diese Weise zerstört zu sehen und ich weiß nicht, ob es das wert ist, nur um Carrie, Miranda, Charlotte und Co. für ein paar weitere Stunden über den Bildschirm flimmern zu sehen.

Marie Müller - myFanbase

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