Bewertung

Review: #1.08 Kapitel 8: Die andere Seite

Foto: Charlie Heaton & Natalia Dyer, Stranger Things - Copyright: Courtesy of Netflix
Charlie Heaton & Natalia Dyer, Stranger Things
© Courtesy of Netflix

Nachdem in der vorangegangen Episode Hopper und Joyce bei ihrem Versuch, sich ins Hawkins Laboratory einzuschleichen, aufgeflogen sind, werden sie nun von Dr. Brenner und dessen Agenten befragt. Sehr schön, dass sich weder Joyce noch Hopper einschüchtern lassen bzw. auf die Spielchen Dr. Brenners eingehen. Hopper kann hier wieder die coole Sau raushängen lassen und beweist einmal mehr, dass er von sich selbst denkt, nichts zu verlieren zu haben - wenn man sich die Hintergrundstory um seine Tochter Sara in dieser Episode ansieht, wird einem auch nochmal vor Auge geführt, warum dem so ist. Auch wenn er letzten Endes einen Deal mit Brenner macht, der die Rolle des Labors bzw. Brenner und Co. an Wills Verschwinden negiert und dafür augenscheinlich Eleven verrät, bleibt dennoch der Eindruck, dass er in der Situation das Beste herausholte, was möglich war; nämlich, dass Joyce und er in das "Upside Down" bzw. die Schattenwelt nach Will suchen dürfen.

Die angesprochene Hintergrundstory um Hoppers Tochter Sara wird geschickt eingeflochten in das aktuelle Geschehen, angefangen bei Joyces Schwierigkeiten zu atmen, über den Stofftiger bis hin zur Herz-Lungen-Wiederbelegung, die Joyce bei Will durchführt. Wurde die Storyline um Sara und ihren viel zu frühen Tod zu Beginn der Staffel immer wieder angedeutet, spielte sie im späteren Verlauf kaum eine Rolle. Dass dies wiederum wirklich bedauerlich ist, zeigt die emotionale Komplexität, die ein Hopper als einer der elementaren Charaktere der Serie damit erhält. Vielleicht hätte man damit im Verlauf der Staffel mehr machen können, vielleicht war es aber auch so genau richtig, weil es einen gebündelt trifft. So oder so waren das einfach sehr starke Szenen, die einen mitnehmen.

In jedem Fall kann da schon fast untergehen, dass Will von seiner Mutter und Hopper aus der Schattenwelt lebend befreit wird und damit der eigentliche Fall der Staffel gelöst ist. Nach einer sehr schönen Referenz einen Monat später auf eine der ersten Szenen der Pilotfolge, als die vier Jungs wieder "Dungeons & Dragons" spielen, ist die Idylle perfekt. Wenn da nur nicht die schwarze Schnecke wäre, die Will später daheim aushustet und vor allem der kurze Moment, in dem Will sich wieder in der Schattenwelt wiederfindet.

Nancy und Jonathan wollen unterdessen - wir sind wieder bei den Geschehnissen einen Monat zuvor - dem Monster endgültig den Garaus machen und präparieren das Byers-Haus u. a. mit einer mächtigen Bärenfalle und bewaffnen sich darüber hinaus selbst mit Pistole und Baseballschläger. Dieses "sich-im-Haus-verschanzen-und-vorbereitet-auf-die-Bedrohung-warten" ist zuhauf in anderen Filmen zuvor portraitiert worden, funktioniert aber dennoch immer wieder sehr gut. Nachdem Jonathan und Nancy nun sich also in die Hand schneiden, um das Monster mit ihrem Blut anzulocken, taucht Steve auf, um sich mit Nancy wieder zu versöhnen. Nach all der Kritik, die Steve als Charakter in dieser Staffel erleiden musste, war seine Rolle diesmal halbwegs okay, gerade wenn man bedenkt, dass er nach der ersten Begegnung mit dem Monster fortgeschickt wird, nur um zurückzukehren und Jonathan vor dessen sicherem Tod zu bewahren. In der Vorschau einen Monat später ist Steve wieder mit Nancy zusammen, scheint aber einen Wandel durchgemacht zu haben (zum Glück!) und auch die Beziehung zwischen Nancy und Jonathan berücksichtigt die spezielle Verbindung, die die beiden seit der Suche und späteren Jagd nach dem Monster haben. Die Kamera als Geschenk war da die Kirsche auf der Torte. Schön.

Bleiben noch die drei Jungs (Mike, Dustin und Lucas) und Eleven. Auch hier kann man sich ein "schön" nicht verkneifen, als Mike Eleven auf eine naiv-unschuldige Art seine Gefühle für sie zeigt und sie schließlich sogar kurz küsst. Man hätte als Zuschauer Verdacht hegen sollen, dass die Beziehung der beiden auf eine harte Probe gestellt wird in den kommenden Minuten, wenn man diese zunächst auf eine so schöne Art weiterführt. Und so kommt es, wie es kommen muss und Eleven verschwindet, als sie das Monster mit ihrer Macht besiegt. Zwischendrin gab es dann noch eine Jagd von Brenner und Co. nach Eleven, aber wirklich erwähnenswert war das bis auf ein kurzes Wiedersehen Elevens mit ihrem "Papa" nicht. Das Monster gibt es also nicht mehr, aber Eleven ist weg. Einen Monat später sieht man, wie Hopper in eine Kiste im verschneiten Wald unter anderem Kekse und Eggo-Waffeln hinterlegt - ein deutlicher Hinweis darauf, dass Eleven nicht nur noch in der Nähe ist, sondern auch regelmäßig mit Hopper in Kontakt ist (und sei es nur indirekt). Wäre auch nur allzu schade gewesen, mit Eleven eine derart wichtige Figur der Serie zu verlieren. Dass gerade Hopper, den man nun auch als liebevollen Vater kennenlernte, sich um Eleven kümmert, stimmt einen für Staffel 2 sehr positiv, ist das doch eine ganz wunderbare Paarung.

Fazit

Mit #1.08 Kapitel 8: Die andere Seite endet die erste Staffel von "Stranger Things", das sich schnell zu einem Überraschungshit und Publikumsmagneten für Netflix entwickelte. Der Demogorgon ist tot, Eleven vorerst verschwunden, Will wieder da. Was bleibt, ist eine Handlung, die zu sauber beendet wurde, um wahr zu sein, und ein paar offene Fragen, die Interesse für Staffel 2 aufkommen lassen, aber nicht unbedingt dazu führen müssen, dass man direkt weitersieht. Das liegt jedoch weniger an der Qualität der Serie, sondern an der Abgeschlossenheit der Staffel und daran, bewusst eine Pause zwischen die beiden Staffeln einzulegen, um nicht Gefahr zu laufen, sie allzu stark miteinander zu vergleichen.

Staffelfazit

Das war sie also, die erste Staffel von "Stranger Things". Wenn man sich mit jeder Episode einzeln und oft mit mindestens einer Woche Abstand zur nächsten beschäftigt, ist der Blick evtl. auch mal etwas kritischer, als wenn man die Staffel als Ganzes in möglichst wenig Etappen ansieht. Nach einem starken und atmosphärisch dichten Beginn, in dem die zahlreichen 80er Referenzen noch hervor stachen, stellte sich verstärkt Routine ein. Atmosphäre, Optik, Score und Sounddesign waren konsequent extrem stark, aber es trat schnell eine gewisse Gewöhnung für dieses sehr hohe Niveau ein, während das Teenie-Drama um Nancy und Steve extrem nervte, ebenso wie so manche sehr eindimensionale Zeichnung von Neben-/Randfiguren. "Stranger Things", bei dem man anfangs noch die Hoffnung auf Charakterdrama hatte, war letzten Endes stärker getrieben von der eigenen Story, als einem eventuell lieb war, gerade wenn diese hier und da bewusst ausgebremst wurde. Am Ende bleibt aber der Eindruck, dass hier sehr viele talentierte Menschen etwas ganz Eigenes geschaffen haben, das eben auch mal nicht so gut funktionierte, gerade wenn man zu sehr auf bekannten Pfaden wanderte und damit Gefahr lief, vorhersehbar zu werden. Aber all das ändert nichts daran, dass "Stranger Things" eine der interessantesten Serien der letzten Jahre ist und mit immensem Potential gesegnet ist. In den Momenten, in denen man diesem Potential gerecht wurde, war Staffel eins geradezu magisch. Gerne mehr davon.

Andreas K. - myFanbase

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