Bewertung

Review: #15.18 Verzweiflung

Hin und wieder überraschen einen Serien. Wo wäre auch der Spaß an einer Serie, die absolut vorhersehbar ist. Letztlich sind es eben diese Momente, die einen aus dem Trott des Geschehens reißen. Die Szenen, die so aus dem Nichts kommen, dass man komplett überrumpelt wird. Genau so ging es mir mit #15.18 Despair. Eigentlich wusste ich vorher schon, was passiert, hat man doch immer wieder deutliche Hinweise erhalten. Nur das Wie – das Wie hat mich dann doch sprachlos zurückgelassen.

Bevor es um den Inhalt der Folge geht, muss ich erneut meine Liebe für den Erzählstil von Richard Speight Jr. teilen, der hier bei seiner letzten Folge Regie geführt hat. Es war wieder eine geniale Mischung aus musikalischen Elementen und clever in Szene gesetzten Kameraeinstellungen, die die Geschichte wunderbar betont hat.

"I’m scared, Cas." – "I know. Me, too."

Beginnen wir chronologisch mit dem Großteil der Episode, der sich leichter auseinanderlegen lässt. Zunächst einmal überlebt Jack. Das war irgendwie eh abzusehen, schließlich ist und bleibt er die letzte große Waffe und sein Tod in dieser Situation wäre sonst sehr unspektakulär gewesen. Stattdessen wirft Billie ihn kurzerhand in die Leere, in der Hoffnung, dass die seine Explosion auffangen kann. Recht lustig eigentlich, wenn man bedenkt, wie wenig sich Tod und Leere ausstehen können. Trotzdem ist es merkwürdig, dass es der Leere gelingt, die Explosion halbwegs in Ordnung zu überstehen, während sie gleichzeitig Chuck besiegen sollte. Interessant ist auf jeden Fall die Berührung der Leere und Jack. Nachdem der später Pflanzen eingehen lässt, frage ich mich, ob vielleicht ein Teil der Leere, oder aber auch deren Macht, auf Jack übergegangen ist. Fest steht, dass etwas anders an Jack ist, seit der von Billie wieder zurück zur Erde gebracht wurde. Was genau, werden wir wohl erst zum großen Finale erfahren. An dieser Stelle fand ich es aber auch sehr wichtig und schön, dass Jack und Castiel nochmal Zeit hatten, miteinander zu sprechen. Jack ist jetzt so lange davon angetrieben, Wiedergutmachung zu leisten und sich fürs größere Wohl zu opfern, dass er darin seinen ganzen Lebenszweck sieht. Cas kann ihm hier deutlich machen, dass Jack eben mehr ist als nur eine Waffe gegen Gott. Dass er ihnen persönlich wichtig ist. Jack musste das hören und es ist gut, dass es von Castiel kam, mit dem er doch die engste Bindung hat.

Die Storyline rund um die Bewohner aus der Apokalypsenwelt kam dann etwas unerwartet. Sie spielten ihre Rolle im großen Ganzen und haben den Grundstein für die Welle des Verschwindens gelegt, die wir am Ende der Episode gesehen haben. Richtig mitfühlen kann ich mit den Charakteren nach wie vor nicht. Insofern hat mich das Verschwinden der Parallelweltbewohner nicht so sehr bewegt. Hier hat mir vor allem Sam gefallen, der nochmal die Rolle des Anführers dieser Jäger einnehmen konnte. Viel beunruhigender war es da, als zuerst Eileen und dann vor allem auch Donna verschwanden. Parallel erfahren wir nämlich durch Billie, dass es nicht ihr Tun ist, sondern Chucks. Die Menschen verschwinden durch ihn wie Staub im Wind von der Erde – wer hat da noch Parallelen zu den „Avengers“-Filmen gesehen? Ist das nun also sein Plan? Alle Menschen verschwinden lassen, damit die Winchesters allein zurückbleiben?

"Let’s reap a reaper!"

Währenddessen machen sich Dean und Castiel auf den Weg, um Billie aufzuhalten. Es wäre nicht das erste Mal, dass Dean den Tod umbringt. Nachdem ihr Angriff auf Chuck danebengegangen ist, dürstet es ihn nach irgendetwas, was er tun kann. In diesem Fall Billie hinterherjagen. Nur blöd, dass bereits der Kratzer, den Dean ihr zuvor verpasst hat, ausgereicht hätte. Stattdessen bringt er nun sich und Castiel in die Schusslinie von Billie, die nichts mehr zu verlieren hat und dementsprechend versessen darauf ist, Dean endlich sein gerechtes Ende zu bereiten. Die anschließende Verfolgungsjagd durch den Bunker hat in ihrer Inszenierung schon fast an Horrorfilme erinnert. Die verletzten Helden vorweg, der Bösewicht selbstbewusst hinter seiner Beute her. Passend abgerundet durch die Sense, die Billie über die Wände kratzen lässt. Es ist eine mächtige Darstellung des Todes, mit der sich Lisa Berry hier verabschieden kann (falls wir den Tod tatsächlich nicht nochmal wiedersehen sollten).

"Ever since we met, ever since I pulled you out of hell, knowing you has changed me. Because you cared, I cared. I cared about you. I cared about Sam, I cared about Jack. I cared about the whole world because of you."

Jetzt kommt der Teil der Folge, der mir nach wie vor sehr surreal vorkommt. Ich bin schon längere Zeit davon ausgegangen, dass Castiel die Serie wohl nicht überleben wird. Basierend auf den letzten Folgen dachte ich, dass er sich wohl in irgendeiner Art und Weise für Jack opfern wird. Womit ich definitiv nicht gerechnet habe, war diese Ansprache.

Zwar shippe ich Destiel jetzt auch schon seit gut zehn Jahren, allerdings eben in der normalen Fan-Weise, die sich auf das Fandom beschränkt, ohne damit zu rechnen, dass es tatsächlich Canon wird. Ganz sicher nicht, nachdem Mal für Mal deutlich eine Grenze gezogen wurde. Und jetzt das. Misha Collins hat hier wirklich eine grandiose Leistung gebracht und hat in diese Minuten mehr Emotion gelegt als man in all den Jahren von Cas erleben konnte. Castiel weiß, dass ihre Lage aussichtslos ist. Billie hämmert an die Tür und wird jeden Moment hereinkommen. Nur die Leere und sein geheimer Deal können noch helfen. Schon damals, als es zu dem Deal kam, war klar, dass er auf irgendeine Art eingelöst werden wird, zu monumental und dramatisch war das Ganze inszeniert. Nur wann genau sollte Cas in all dem Chaos und dem generellen Leid der Serie genug Glück empfinden, als dass dieser Deal greifen könnte? Vielleicht ganz am Schluss, wenn das letzte Böse besiegt ist?

Die tatsächliche Antwort ist eine Erkenntnis von Castiel. Eine Erkenntnis, die wohl schon länger in ihm heranreift und in diesem Moment ihren Höhepunkt findet. So legt Cas in seiner letzten Ansprache die Wahrheit auf den Tisch, alles, was sich seit jenem schicksalshaften Tag, als er Dean aus der Hölle gezogen hat, angesammelt hat. Dean war in dieser Zeit immer Castiels Konstante, gemeinsam sind sie durch Himmel, Hölle und Fegefeuer gegangen. Dabei hat er Dean gut kennengelernt, besser wohl als irgendjemand sonst außer Sam. Das immer wiederkehrende Element der Wut und des Hasses, das Dean zu verfolgen scheint, gewissermaßen als seine Antriebskraft, wurde in den letzten Folgen von verschiedenen Charakteren aufgegriffen, zuletzt ein paar Minuten zuvor von Dean selbst, der sich Vorwürfe macht, sich und Cas in diese aussichtslose Lage gebracht zu haben. Doch Castiel macht Dean klar, dass das nicht die Gefühle sind, die ihn wirklich bestimmen. Es ist die Liebe. Allen voran die Liebe für Sam, was ja auch in der letzten Folge wieder deutlich bewiesen wurde. Dean ist niemand, der seine Gefühle gerne offen zeigt und doch sprechen sie aus jeder seiner Aktionen.

Goodbye Castiel

In #4.01 Lazarus Rising traf ein typischer Befehle befolgender, emotionsloser Engel auf diesen einen Menschen. Die Begegnung veränderte ihn. Brachte ihn dazu, eigene Entscheidungen zu treffen, seinen freien Willen zu entdecken und Gefühle zu empfinden. Was ist nun also das Glück für Castiel? Es ist Dean. Es war schon immer Dean, der ihm all das ermöglicht hat. Nach dieser herzergreifenden Ansprache, die letztlich nichts anderes war, als ein letztes Danke für alles, ein letzter Abschied, ist es (zumindest bis jetzt) die Aufgabe der Zuschauer, das „I love you“ zu interpretieren, mit dem Cas schließlich endet. Nachdem „Supernatural“ sich all die Jahre die größte Mühe gegeben hat, emotionale Szenen zwischen den beiden immer irgendwie platonisch enden zu lassen, fehlt dies hier auffallend. Gemeinsam mit Cas‘ anfänglicher Aussage, dass er das Einzige, was er wirklich will, niemals haben können wird, es aber letztlich nicht ums Haben, sondern ums Sein geht, ist dieses Ende für mich eine Liebeserklärung. Aber hier wird jeder wohl seine eigene Interpretation finden.

Im Kern geht es aber sowieso nicht nur um diese Sache. Es geht um Castiels Charakterentwicklung, um seinen Weg in der Serie, der hier wohl höchstwahrscheinlich sein Ende gefunden hat. Wenn man diesen Castiel mit dem der ersten Folge vergleicht, sieht man, was für eine Charakterentwicklung er durchgemacht hat. Nicht immer hat er die dankbarsten Storylines bekommen, ist oft phasenweise eher am Rand der Geschichte entlanggedümpelt und hat nicht nur einmal mit seinen gutgemeinten Entscheidungen die Welt ins Chaos gestürzt. Trotzdem ist Castiel neben Sam und Dean als Teil von Team Free Will einer der zentralsten Charaktere der Serie gewesen. Der Abschied fällt mir dementsprechend schwer. Allerdings kann ich mit der Art und Weise seines Endes meinen Frieden finden, denn im Gegensatz zu vielen anderen Toden, die wir im Laufe der Staffeln mitbekommen haben, war dieser bedeutungsvoll und hat seine Entwicklung zu einem runden Ende gebracht. Ebenso fand man einige Symbole und Themen der ersten Begegnung von Dean und Castiel in dieser Szene: Der Handabdruck am Oberarm, die Rettung Deans durch Cas, das „Hello“, bzw. „Goodbye, Dean.“

Fazit

Für mich ist es der Abschied von Castiel, der mir in dieser Episode im Gedächtnis bleiben wird. Es ist ein trauriges, aber auch ein würdiges Ende für den Charakter gewesen, der in diesem letzten Akt nochmal seinen freien Willen und seine Loyalität Dean gegenüber unter Beweis stellen konnte. Gleichzeitig sollte man aber auch die anderen Ereignisse der Folge nicht vernachlässigen. Das plötzliche Verschwinden der Menschen auf der Erde läutet so deutlich wie kaum etwas anderes das Ende ein. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Denise D. - myFanbase

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