Bewertung

Review: #3.04 Das Ende der Demokratie

Wie meine Kollegin schon in der Review zur letzten Folge anmerkte, ist es in dieser Staffel anscheinend gang und gäbe, in den letzten Minuten noch einmal für große Schockmomente zu sorgen. Auch die vierte Episode der 3. Staffel endet wieder mit einem Bild, das den Zuschauer aufrüttelt und all die kurz zuvor noch gespürte leichte Zuversicht über Bord wirft. Nachdem in der letzten Folge T in Taras Körper durch die Bedrängnis, die sie auf Charmaine ausübt, für die vorzeitige Geburt von Charmaines Baby verantwortlich war und Tara nun die Konsequenzen daraus auslöffeln muss, endet #4.04 Wheels mit der deprimierenden Erkenntnis: "I'm fucking crazy."

Die Szene zuvor, mit Tara und all ihren Persönlichkeiten an einem Konferenztisch und Taras Erklärung, sich selbst zur "Königin" der "Vereinigten Staaten von Tara" zu machen, einen Vertrag mit allen Alter Egos auszuhandeln, deren Bedürfnisse aufzunehmen aber die letzte Entscheidungsgewalt auszuüben, war zweifelsohne das Kernstück der Episode. Und die direkt darauf folgende Erkenntnis, dass all dies nicht im wohlbehüteten Wohnzimmer der Gregsons stattfand, sondern mitten im Hörsaal während der Prüfung zu Dr. Hatteras' Kurs, vor dessen und wahrscheinlich auch den Augen aller Kommilitonen, mitsamt all der wirren Kritzeleien auf Taras Körper, dem Hörsaalpult und was sich sonst noch anbot. Direkt nachdem man glaubte, Tara gewinne an Kontrolle, bekommt man vor Augen geführt, dass sie dies noch so sehr versuchen kann, sie kann dieses Ziel aus purer Willenskraft allein nicht erreichen, wenn überhaupt.

Der einzig positive Aspekt daran ist, dass nun anscheinend Hatteras auch an Taras Krankheit glaubt, zumindest interpretiere ich dessen Reaktion und sein ehrlich besorgt wirkender Blick am Ende so. Und das, wo ich noch im Laufe dieser Episode immer wieder an dessen Aussage erinnert wurde, dass Tara ihre Alter Egos nur vorschiebt, um sich nicht mit ihren wahren Problemen auseinandersetzen zu müssen. Gewisse Andeutungen in dieser Richtung gab es und ich hoffe darauf, dass sich aus einer eventuellen Zusammenarbeit zwischen Hatteras und Tara neue Erkenntnisse über die Mechanismen von Taras Störungen gewinnen lassen. Denn was Tara definitiv bisher fehlt, ist wirklich professionelle Hilfe, die sich konkret mit ihrer Situation auseinandersetzt.

Ausgelöst wurde diese letzte große Krise in Taras Leben durch Charmaines Zurückweisung nach dem Vorfall mit T. Es ist natürlich unheimlich hart von Charmaine, ihre Schwester so aus dem Leben der kleinen Cassandra "Wheels" Kowalski (mit den Anführungszeichen auf der Geburtsurkunde übrigens) auszuschließen, andererseits ist es auch wieder nachvollziehbar. Sie weiß, dass Tara noch so innig versprechen kann, dass sie sich nicht in Anwesenheit des Babys verwandeln wird, halten kann sie das Versprechen nicht. Und auch wenn Tara selbst zwei Kinder recht erfolgreich großgezogen hat, bleibt es dennoch letzten Endes die Entscheidung der Mutter, was sie ihrem Kind zumuten möchte oder nicht. So sehr es Tara und auch den Zuschauer schmerzt, kann ich Charmaine verstehen und muss vor allem ihre Entscheidung respektieren. Diese ist vielleicht aus einem Zustand der unmittelbaren Wut, gepaart mit einer hohen Dosis an postnatalen Hormonen entstanden, dennoch ist dies ihr gutes Recht. Ich glaube zwar nicht, dass sie dies wirklich auf lange Sicht durchhält, dafür ist ihr selbst ihre Schwester doch zu wichtig, aber vorerst ist dies ein weiterer schmerzhafter Rückschlag für Tara.

Aber nicht nur in dieser Beziehung kommen die Dinge Schlag auf Schlag, Marshall konfrontiert Tara mit seinen Ängsten, die Familie könne auseinander brechen und Max gibt ihr unmissverständlich zu verstehen, dass er zwar nicht vorhat, sie zu verlassen, aber dennoch mit den Dingen, die er so tagtäglich einstecken muss, am Ende seiner Toleranz ist. Dabei wird dessen eigene berufliche Demütigung nur in Andeutungen thematisiert, mit dem lächerlichen Oger auf dem Auto und dem Fehler auf seinem Namensschild (Greg Maxson). Aber es bleibt das Gefühl, dass er stark damit zu kämpfen hat, immer der Fels in der Brandung zu sein, der Mann, der hinter seiner Frau bzw. deren Persönlichkeiten aufräumt, und es stört ihn offensichtlich sehr, dass Tara all ihre Energie in die Bewältigung des Studium steckt, wo es doch wesentlich dringendere Baustellen, wie Charmaine oder die Kontrolle über die Alter Egos, gibt. Zusätzlich dazu übt das Studium auf Tara einen enormen Druck aus, den sie selber aber der Reflexion ihres alltäglichen Lebens vorzieht. Und wahrscheinlich aus einer Kombination aus Angst vor den Folgen und der Frustration über Taras Ignoranz dem Familienalltag gegenüber, kanalisiert Max momentan all seine Wut auf Tara in diesen Bereich. Ob dies wirklich gesund und hilfreich ist, sei dahingestellt, aus meiner Perspektive nachvollziehbar ist es allemal.

Kate und Marshall sind auch wieder einmal am Rande mit eigenen kleinen Geschichten präsent und während ich Kates Nacht am Flughafen, ihre Unsicherheiten über sich selbst und ihre Zukunft, sowie die letztendlichen Erkenntnis, auf Stewardess umzusiedeln, durchaus charmant fand und diese vor allem zwei wunderbare Szenen mit ihren Eltern beinhaltet, bin ich aber noch nicht überzeugt, dass dies nun das endgültige Ziel der Reise der Kate Gregson zum Erwachsensein ist.

Marshalls Teil Geschichte, der unabhängig von seiner Interaktion mit den anderen Gregsons ist, bleibt mir weiterhin ein Rätsel. Ich weiß nicht, ob dies nur Ausdruck meiner heterosexuellen Ignoranz ist, aber ein angedeuteter Flotter Dreier zwischen drei High School Jungs ist nicht gerade das, was ich als interessante Storyline bezeichnen würde. Ist das jetzt nun so eine Art längerwehrende Demystifizierung von Lionel? Oder ist es normal, dass man als schwuler Jugendlicher gleich mal die erste sexuelle Erfahrungen im Dreierpack sammelt? Ich will diesbezüglich nun wirklich nicht als vorurteilsbelastet dastehen, aber es gibt für mich bisher einfach noch keinen Sinn und da diese Geschichten zwischen Lionel und Marshall auch immer so kommentarlos innerhalb einer Episode zu Ende gehen, sind sie bisher für mich doch jedes Mal wieder Schwachstellen.

Insgesamt war dieser wieder einmal eine bewegende Folge, die besonders in den letzten Momenten die Tragik der Tara Gregson noch einmal sehr anschaulich verdeutlicht hat. Ich mag die Serie in ihren ernsten Tönen viel mehr, als ihren komödiantischen und bin deshalb gespannt, wohin uns dieser Absturz der Situation rund um Taras Zustand hinführen wird. Gerade diese Mischung, aus wirklich tragischen Umständen, die durch die lustig-absurden Momente wie hier Neils Reaktion auf die Geburt seiner Tochter aufgelockert werden, findet man für mich das richtige Maß und die Balance der verschiedenen Ebenen von "Taras Welten". Aber wirklich hängen bleiben auf lange Sicht die schmerzhaften Wahrheiten auf emotionaler Ebene, von denen ich in den nächsten Folgen durchaus noch einige mehr erwarte.

Cindy Scholz - myFanbase

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