Review: #8.24 Es waren doch nur Küsse
Wenn man an Staffelfinale denkt, dann denkt man auch immer an zugespitzte Situationen und einen großen Cliffhanger, der einen die Staffelpause mit Spekulationen und der Suche nach Spoilern beschäftigen soll. Das ist auch einer der Gründe, warum wir Serien so lieben. Die Wartezeit zwischen den Episoden und zwischen den Staffeln ist prägend. In diesem Jahr hat man bei "The Big Bang Theory" aber ganz schön dick aufgetragen, weil jede zwischenmenschliche Beziehung in einem Dilemma endete.
"Starting to watch a television show, that might run for years, isn't a decision to take wildly. I'm wrestling with a big commitment issue here." - "Really, that's the commitment issue your wrestling with?"
Nach fünf Jahren Beziehung und überwiegenden Enttäuschungen ist bei Amy das Fass zum Überlaufen gekommen. Die Fortschritte waren einfach zu langsam, auch wenn man, rückblickend vom ersten Kuss vor einem guten Jahr fast sagen kann, dass es sich im Vergleich zur Zeit davor schon leicht beschleunigte. Aber es ist durchaus verständlich, dass zum fünften Jahrestag der beiden mehr als ein Vergleich mit der Serie "Flash" herausspringen sollte. Nun kann man sagen, dass es aus Sheldons Sicht schon viele große Schritte gab, man ihm in seinem Wesen also keinen Vorwurf machen kann, doch aus Amys Sicht ist es nur frustrierend und eigentlich fragte man sich schon lange, wieso sie sich das antut. Der Schlussstrich war also eigentlich überfällig und daher absolut nachvollziehbar. Dass man dies nun unbedingt ins Staffelfinale legen musste, nachdem Sheldon schon letztes Jahr durch viele Veränderungen zur Flucht und zum Nachdenken gezwungen war, kann man hinterfragen. Man hätte einen solchen Konflikt aber auch an einer anderen Stelle der Staffel bringen können, weil jede beliebige Kleinigkeit das Fass zum Überlaufen bringen konnte. Amy trennt sich also nach reiflicher Überlegung im Videochat vom Sheldon. Das hätte als Cliffhanger vollkommen ausgereicht, doch man setzt noch ein dramatisches Element oben drauf und lässt Sheldon recht sprunghaft noch einen riesigen Entwicklungssatz machen. Aus dem Unverständnis für Amys Ärger entwuchs der Entschluss ihr einen Heiratsantrag zu machen, was natürlich nur er weiß. Das ging mir dann doch zu flott, zumal Sheldon den Kauf eines Ringes auch nicht mal so eben zutraue. Insgesamt war mir dieser Part, der den Beginn und das Ende der Episode ausmachte, also zu dick aufgetragen, zu kalkuliert, als dass es mich wirklich fasziniert hätte. Ich freue mich aber trotzdem darauf, welche Dynamik das in der nächsten Staffel zur Folge haben könnte.
"No surprises and no regrets"
Sheldon spricht in der Diskussion Leonard und Penny auf ihre Hochzeitspläne an bzw. stellt diese gar in Frage, weil es noch keinen Termin gibt. Neben allen logischen Argumenten wird man das Gefühl nicht los, dass hier offenbar ein großes Problem vorliegt. Ich dachte, dass man im Staffelfinale noch mal Pennys Beruf in den Fokus rückt und ihr erneut eine Schauspielkarriere offeriert. Dass es noch nichts weiter zu den Hochzeitsplanungen gab, empfand ich eher als Versäumnis der Autoren, hier die notwendige Kontinuität an den Tag zu legen. So wartete ich auf einen Episode, die sich nur um die Planung dreht, fand es aber auch nicht bedenklich, dass diese Episode in der Staffel nicht gekommen war. Nun wird es aber so hingestellt, dass beide sich dem Thema verwehrten, nie wieder über das Thema gesprochen haben und sich nach dem Antragshickhack lieber gar nicht damit beschäftigen wollen. Daraus wird schließlich ein schneller Entschluss, in Vegas zu heiraten, um es hinter sich zu bringen. Ich dachte zunächst, dass es zu dem Paar passen würde, habe vor meinem geistigen Auge aber auch schon immer eine richtige Hochzeit mit Sheldon als Ringträger vor Augen gehabt.
Doch man ließ das Paar erst gar nicht bis Vegas kommen, sondern involvierte noch einen weiteren Disput. Die Autoren wollten offenbar unbedingt noch ein emotionales Argument gegen die Hochzeit haben, weil die sonstige Zufriedenheit und das Glück der beiden gegen die Angst vor diesem Schritt offenbar zu viel gewesen wären. Also baut man Leonard noch eine lange vergangenes Techtelmechtel (Küssen unter Alkohol) ein, um die Unsicherheit wieder zu steigern. Auch das ist mir definitiv zu dick aufgetragen, weil es zu inszeniert (oder abgehoben) für das Finale dieser Staffel erkennbar ist. Es ist mir zu plump. Leonard ist sonst immer so kopflastig, verheimlicht das aber über einen langen Zeitraum, um dann in der Spontanaktion diesen unbedeutenden Kuss zu beichten. Aber Penny darf mit Raj schlafen? Wann hat sie das eigentlich Leonard gebeichtet? Wieso hat Leonard da nicht die Gelegenheit ergriffen? Ich mag es nicht, wenn man nur des Effektes wegen Geschichten aus dem Ärmel schüttelt, die eigentlich nur bedingt ins Korsett passen. Und ist es wirklich so interessant, ob sie nun heiraten oder nicht? Ich denke, dass man jetzt eher überlegen sollte, ob das Paar zum Staffelauftakt überhaupt noch zusammen ist, finde aber, dass dieses On-Off nicht mehr zu ihnen passt.
"Maybe this realtionship isn't for me, i should break up with her."
Wenn man schon mal dabei ist, die Dynamik in den Beziehungen zu ändern, dann kann man auch bei Raj und Emily nachlegen, damit das Staffelfinale wirklich voll von offenen Enden ist. Schon aus Prinzip. Dabei macht hier die Entwicklung am meisten Sinn, denn Raj ist von Emily ja seit Beginn der Beziehung unentschlossen, ob ihr Typ und ihre Vorlieben mit seinen zusammen passen. Und die Frage, ob man mit jemanden zusammen ist, weil man nicht alleine sein will, und dafür lieber Unannehmlichkeiten erträgt, hat ja viel Potenzial und hätte in dieser Episode anhand von Sheldon und Amy sowie Raj und Emily vollkommen als Staffelfinalgeschichte ausgereicht. So wirkt die Geschichte um den Sex auf dem Friedhof wie immer. Ach ja, wir haben ja auch noch Raj. Dann schreiben wir ihm auch noch schnell was. Im Mittelpunkt wird er wohl nie stehen. Da machen sich Howard und Bernadette trotz des ernsten Problems nur lustig und dann kann Raj seinen Trennungswunsch doch nicht übers Herz bringen und weicht ins Gegenteil, in ein Liebesgeständnis, aus. So weit, so gut. Nur wird das gar nicht mehr reflektiert. Emily hat Raj bisher immer durchschaut. Kauft sie ihm das ab? Wie fühlt sich Raj? Da man ihm wieder recht wenig Zeit widmet, ist der Teil nicht ausgegoren genug. Und erst nach der Pause wieder darauf einzugehen, wirkt komisch, weil der Konflikt eher kurzfristig ist. Die Optionen sind ja jetzt, dass Emily entweder gar nicht mehr dabei ist und man die Trennung einfach feststellt, oder aber man kann die gleiche Storyline im Auftakt noch mal machen. Naja, hier ist noch Potenzial vorhanden, aber in der Form war sie im Staffelfinale eher fehl am Platz, weil sie nach den letzten Episoden unzureichend finalisiert wurde.
"I may sell comic books at work, but the real superheroes are sitting right in front of me."
Ebenso offen ist auch der Ausgang der letzten Geschichte, die zu Rajs ja fast parallel verlief. Bernadette und Howard wollen Stuart endlich mal zum Auszug bewegen, haben sich einen Schlachtplan überlegt, und werden dann durch ihr Mitleid und den offensichtlichen Vorzügen doch wieder weich. Auch das ist alles nachvollziehbar, aber kein neues Problem, es bleibt ungelöst und man fragt sich, warum man auch das noch in diese Episode hereinquetschen musste.
Fazit
Das Staffelfinale setzte alle Beziehungen in den Fokus und deckt diverse Unzufriedenheiten, Dispute, Wünsche oder auch Neuigkeiten auf, die in ihrer Fülle die Episode zu konstruiert und überdramatisch machte. Das war zu viel. Da reicht dann auch der gewohnte Humor nicht mehr aus. Wenn eine Episode so dermaßen inhaltlich angelegt ist, darf nicht nur der Cliffhanger das Ziel sein.
Emil Groth - myFanbase
Die Serie "The Big Bang Theory" ansehen:
Vorherige Review: #8.23 Mütter in Aufruhr | Alle Reviews | Nächste Review: #9.01 Hochzeitsnacht mit Sheldon |
Diskussion zu dieser Episode
Du kannst hier mit anderen Fans von "The Big Bang Theory" über die Folge #8.24 Es waren doch nur Küsse diskutieren.
Informationen zur Episode
Englischer Titel: The Commitment DeterminationErstausstrahlung (US): 07.05.2015
Erstausstrahlung (DE): 30.11.2015
Regie: Mark Cendrowski
Drehbuch: Steven Molaro, Steve Holland, Eric Kaplan
Links
Jetzt ansehen/bestellen
Episode jetzt bei Apple TV+
ansehen
Episode jetzt bei Amazon.de
ansehen
DVD jetzt bei Amazon.de
bestellen
Blu-ray jetzt bei Amazon.de
bestellen
Meistgelesen
Aktuelle Kommentare
22.11.2024 21:56 von Chili_vanilli
Cruel Intentions: Cruel Intentions
Hat schon jemand reingeschaut? Bin akutell bei Folge 1... mehr
20.11.2024 15:18 von Catherine
Liebeskolumnen: Rory & Dean, Teil 3
Ich glaube, es wurde während des "Gilmore... mehr