Bewertung

Review: #3.02 Marvin Gerard (Nr. 80)

Nach dem spannenden Staffelauftakt geht es nicht weniger actiongeladen weiter und ich muss gestehen, das neue "The Blacklist" gefällt mir bislang recht gut. Dass die Serie unvermeidlich einen stärkeren Fokus auf die folgenübergreifende Handlung setzen muss, das war eigentlich klar, nachdem Elizabeth Keen sich entschieden hat, Tom Connolly auszuschalten. Und diese unerwartete Aktion bringt neuen Schwung in die Serie, die vor allem in der Mitte der zweiten Staffel enorm an Qualität eingebüßt hatte.

"I can't let her go."

Niemand glaubt Elizabeth Keen, dass sie eine russische Agentin ist und es wird relativ schnell klar, dass die Flucht ins russische Asyl nicht die erwünschte Rettung bringen würde. Immerhin habe auch die Russen die Finger im Spiel, wenn es um die globale Verschwörung des Kabal geht, ruft man sich nur einmal den russischen Spion Karakurt in Erinnerung, der in der letzten Staffel eine nicht unwesentliche Rolle spielte. Keen begibt sich mit ihrer Flucht auf russisches Territorium also geradewegs in die Hände von Menschen, die sei bereitwillig an den Kabal aushändigen und sich ihrer entledigen wollen. Dank des überstürzten (und manchmal auch recht kurzsichtig und unbesonnen erscheinenden) Einsatzes von Donald Ressler jedoch, kommt es nicht soweit und Elizabeth kann dem sicheren Tod gerade noch entkommen.

Ressler wirkt in der Episode wie schon im Staffelauftakt unglaublich zornig, so dass er zwischenzeitlich sogar vergisst, dass man eben nicht mal kurz eine ausländische Botschaft stürmt und einen internationalen Konflikt vom Zaun bricht. Hier ist es einmal mehr Samar Navabi, die ihn erfolgreich zurückhalten kann, auch wenn sie versteht, dass Ressler die Flucht von Keen noch immer persönlich nimmt.

Am Ende greift Ressler ein unter diplomatischer Immunität stehendes, russisches Auto an und riskiert tatsächlich einen neuen Krieg zwischen den USA und Russland, doch inwiefern sein Einsatz tatsächlich mit einer Suspendierung enden wird, nachdem der Kabal den letzten Menschen ausschaltet, der bestätigen könnte, dass der Konvoi mit Agent Keen auf dem Weg zu einem Flugzeug war, in dem der Kabal den Tod von Keen geplant hatte, bleibt abzuwarten. Ich denke nicht, dass man ihm aus dem forcierten Unfall einen Strick drehen wird.

"You can't do every silly thing you want to in life. You have to make choices and be happy with them."

Elizabeth schafft es, sich mit Reddington in einem Diner zu treffen und hofft darauf, dass er einen Plan hat, wie er sie aus der ganzen Scheiße, in die sie sich geritten hat, wieder herausführen soll. Und Reddington hat in der Tat einen Plan. Es macht Spaß, wenn man in einer Geschichte so gefesselt wird, dass man gar nicht mitbekommt, wenn man hinters Licht geführt wird und so wirkt die Geiselnahme in dem kleinen Restaurant tatsächlich so, als gerieten Keen und Reddington erneut in eine scheinbar ausweglose Situation, aus der sie sich am Ende gerade so befreien können. In Wahrheit unterschätzt man als Zuschauer wohl einmal mehr den Weitblick, den Reddington hat.

Die Geiselnahme entpuppt sich in den letzten Minuten der Episode nämlich als clever konstruierter Gefängnisausbruch eines Mannes namens Marvin Gerard. Was zunächst als vollkommen willkürliche Forderung nach einem Anwalt aussieht, ist in Wirklichkeit eine clever ausgeklügelte Masche von Reddington, einem Mann die Freiheit zu verschaffen, der ihm im Kampf gegen den Kabal eine wichtige Stürze sein könnte. Binnen einer Stunde findet er im Fulcrum nämlich eine Passage, die noch wichtig werden könnte. Was sich darin befindet, wird natürlich an dieser Stelle noch nicht verraten, immerhin warten noch zwanzig Episoden auf die Zuschauer vor dem Fernseher. Aber sie ist so wichtig, dass Reddington am Ende ihm nicht nur die Flucht nach Tahiti ermöglicht, sondern arrangiert sogar, dass Gerards Verlobte sich mit ihm in das Flugzeug setzen kann.

Reddington selbst gelingt mit Keen am Ende die Flucht aus dem vom FBI umstellten Diner durch einen geheimen Tunnel. Und als sie wieder auftauchen, da befinden sie sich auf einem Containerschiff und fahren in eine ungewisse Zukunft – ungewiss für Keen und den Zuschauer, doch ich bin mir sicher, dass Red einen Plan hat. Er hat immer einen Plan.

Randnotizen

  • Mir gefällt, wie man die Blacklister in die Episoden einarbeitet, jetzt da die Prämisse der Serie eigentlich ad acta gelegt wurde und im Moment keinerlei Bedeutung mehr hat.
  • Die Frage nach der Beziehung zwischen Red und Liz wurde etwas hinten angestellt und doch merkt man immer wieder, dass Red etwas an ihr liegt und dies weit über Hochachtung oder Freundschaft hinaus geht. Es mag nicht mehr die Frage im Mittelpunkt stehen, ob Red Liz' Vater ist, doch die kleinen Momente, in denen er sich auf sie einlässt und sie in ihrer Unsicherheit aufzufangen versucht, sind intensiv und lassen die Zuschauer weiterhin spekulieren, warum er – nach Marvin Gerards Aussage – sogar wegen ihr bereit war, seine Freiheit aufzugeben.
  • Harold Cooper wird degradiert und sitzt von nun an hinter dem Schreibtisch, wo er als kleine Leuchte sein Dasein fristet, bis man ihn pensioniert. Er hätte auch die bequeme Variante wählen können, hätte er sich aus sämtlichen Ermittlungen zurückgezogen und den Deal angenommen, den Reven Wright ihm ausgehandelt hat. Aber Cooper ist nicht bereit, die Segel zu streichen.
  • Von Dembe sehen wir in dieser Episode nicht viel. Er ist immer noch in der Gewalt von Solomon, der aus ihm herauszuprügeln versucht, wo sich Reddington versteckt hält. Wie lange wird Dembe die Misshandlungen aushalten können, ehe er Red in den Rücken fällt. Immerhin erfahren wir, dass seine kleine Enkelin das Gegenmittel bekommen hat und anscheinend außer Gefahr ist.
  • Das beste zum Schluss: In der Schlussminute, als Donald Ressler desillusioniert nach Hause kommt, taucht doch glatt Tom Keen auf. Ich hätte fast vergessen, dass er existiert und ich frage ihn wirklich, inwiefern er dem FBI dabei helfen kann, Elizabeth aufzufinden. Immerhin ist er in einer interessanten Situation jetzt – er, ein ehemals gesuchter Verbrecher, könnte zum Zünglein an der Waage sein um die diskreditierte FBI-Agentin zu finden, die früher seine Frau war.

Fazit

Auch wenn nicht alle Szenen wirklich punkten können und vor allem Resslers ungestüme Art, mit der er sogar einen internationalen Konflikt in Kauf nimmt, naiv und wenig weitsichtig wirkt, so kann die Episode doch vor allem wieder mit einem toll aufgelegten James Spader aufwarten. Das neue "Blacklist" macht Spaß und die Abwendung vom typischen Fall der Woche hin zu einer Folgen-, wenn nicht sogar Staffelübergreifenden Handlung tut der Serie richtig gut. So kann es gerne weitergehen.

Melanie Wolff - myFanbase

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