Bewertung

Review: #3.12 Gesichter der Toten

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Nachdem Glen Mazzara vor einigen Wochen regelrecht aus der Show geworfen wurde und bekannt wurde, dass Scott Gimple seinen Posten in der längst beschlossenen vierten Staffel übernehmen würde, kam selbstverständlich die Frage, wie dieser erneute Showrunnerwechsel die Serie verändern würde. Sieht man sich die erste Staffel an, die unter Frank Darabont konzipiert wurde und vergleicht sie mit der aktuellen Version von Mazzara so liegen fast schon Welten zwischen den Inszenierungen. Mazzara hat mehr Tempo in "The Walking Dead" gebracht und vor allem in der ersten Hälfte der dritten Staffel das Gaspedal durchgetreten.

Scott Gimple deutete in verschiedenen Interviews an, in der vierten Staffel etwas mehr Augenmerk auf die Entwicklung der Charaktere zu legen und das Tempo wieder etwas zu drosseln. Dass das eine durchaus lohnenswerte Entscheidung sein könnte, beweist gerade diese Episode, in der Gimple als Autor die Verantwortung übernommen hat und eine der besten Episoden der laufenden Staffel, wenn nicht der gesamten Serie auf die Beine gestellt hat.

Die Episode konzentriert sich ganz auf den kleinen Roadtrip, den Rick gemeinsam mit Carl und Michonne unternommen hat. Sie sind in Ricks Heimatstadt aufgebrochen, um dort nach Waffen und Munition zu suchen. Bislang war mir nicht wirklich klar, dass das Gefängnis in unmittelbarer Nähe zu Ricks Heimatstadt lag, denn dann hätte Rick eigentlich über das Gefängnis als Sheriff Bescheid wissen müssen. Gut, wir wissen nicht, wie lange die drei gefahren sind, aber ein klein wenig komisch wirkt es schon.

Aber es lohnt sich nicht, sich an diesem einen kleinen Detail aufzuhängen, denn letztendlich kommt es auf etwas ganz anderes an als auf eine logische geographische Schauplatzwahl. Die Rückkehr der Grimes' Männer an den Ort, an dem sie zuletzt eine glückliche Familie waren, birgt für sie beide einen kleinen Wendepunkt.

"See, 'cause people like you, the good people, they always die. And the bad people do, too. But the weak people, the people like me... we have inherited the earth."

Rick trifft unverhofft auf Morgan Jones, den Mann, der ihn damals nach seinem Erwachen aus dem Koma gerettet hat, der sofort das Feuer auf ihn und seine Begleiter eröffnet. Wie sich bald schon herausstellt, hat Morgan sich unglaublich verändert. Die Fallen, die Schmierereien an der Wand - Morgan ist dem Wahnsinn nahe. Er hat seinen Sohn Duane verloren und die Tatsache, dass Rick sich über das Walkie-Talkie nie gemeldet hatte, haben dazu geführt, dass er aufgegeben hat. Er sieht keine Hoffnung mehr. Nicht für sich. Nicht für die Menschheit. Das einzige, was ihn am Laufen hält, ist seine Aufgabe – er muss die Straßen von den Walkern befreien. Und so verharrt er am Ende lieber in seiner selbst errichteten kleinen Festung, in der es nur ihn, seine Fallen und die Beißer gibt und er sich mit anderen Menschen und den Verlust, den sie mit sich bringen, nicht mehr auseinandersetzten muss.

Das Aufeinandertreffen von Rick und Morgan ist unglaublich intensiv und emotional inszeniert, denn es zeigt den fundamentalen Unterschied zwischen den beiden, jedoch auch die Gemeinsamkeit, die beide nach solch langer Zeit der Trennung haben. Beide sind noch nicht bereit zu sterben, auch wenn es hin und wieder den Anschein hat, dass es besser wäre, ihrem Leben ein Ende zu setzen, eben weil es keine Hoffnung auf Besserung gibt. Das Leben hat für beide eine komplett andere Gewichtung, was nicht zuletzt darin zu liegen scheint, das Morgan mitansehen musste, wie seine zum Zombie mutierte Frau über seinen Sohn hergefallen ist und auch ihn verwandelt hat. Rick hat seinen Jungen noch an seiner Seite und muss zwar den Tod seiner Frau verkraften, ihm blieb aber erspart, mitansehen zu müssen, wie sie "mutiert" und zu etwas Abscheulichem wird. Und auch wenn Rick sich mit der Zeit verändert hat, kälter und distanzierter geworden ist, so treibt ihn dennoch etwas an, das Morgan längst verloren hat – der Glaube daran, dass es einen Ort gibt, an dem sie überleben können. Gemeinsam. Sicher. Vor allem aber am Leben.

"You came out here for common interests. We have the same enemy and same the problem. And that's why you're here."

An anderer Stelle begibt sich Carl auf eine Mission, vorgeblich um seiner Schwester eine Wiege zu besorgen, in der sie schlafen kann. Michonne folgt ihm auf Anraten von Rick, der mitansehen muss, wie sein Sohn sich immer weiter von dem kleinen Jungen hin zu einem ruchlosen jungen Mann entwickelt, der nicht zögert, seine Waffe zu erheben und einen Schuss abzugeben. Leider haben wir einen Großteil davon gar nicht mitbekommen, sondern sehen nur, was aus Carl in den vergangenen Monaten geworden ist, nicht jedoch wie er so geworden ist. Nur hin und wieder blitzt das Kind in ihm durch, wie in dieser Episode, als er unbedingt in einen Pub gehen will, um dort ein Bild zu holen, das ihn und seine Familie in glücklicheren Zeiten zeigt.

Michonne bekommt in dieser Episode endlich einmal Zeit, sich als Charakter zu etablieren. Während dieser 45 Minuten Sendezeit hat sie wahrscheinlich mehr Dialog als in sämtlichen Episoden der dritten Staffel zuvor und das war auch bitter nötig. Bislang konnte der Zuschauer mit ihr nicht so recht warm werden und es war fast schon frustrierend zu sehen, wie sie beobachtend neben den anderen Charakteren stand und eigentlich nichts weiter zu tun hatte, als zuzuhören und hin und wieder mal einen kurzen Kommentar zu murmeln.

Ihr kleiner Ausflug mit Carl in die Bar, bringt nicht nur die beiden näher, sondern lässt vor allem auch Michonne ein ganzes Stück menschlicher erscheinen. Am Ende lächelt sogar für einen Moment. Ich würde nicht soweit gehen und sagen, dass die drei Protagonisten als Feinde losgezogen sind und als Freunde wieder zurückkehren, aber sie haben einige Vorurteile abbauen können und sehen können, dass sie mehr gemeinsam haben, als sie dachten. So gibt Michonne Rick zu verstehen, dass sie weiß, dass er tote Menschen sieht und gesteht darüber, dass auch sie eine Zeit lang mit ihrem verstorbenen Freund gestorben hat. Dass das alles andere als normal ist, wissen beide, aber Michonne gibt Rick so Mut, dass diese Phase vorübergehen wird. Alles was es dazu braucht, ist Zeit.

Fazit

Die Episode bietet unglaublich eindringliche Momente und wird vor allem für Rick und Michonne zu einem kleinen Wendepunkt. Sie geben am Ende ihre Reserviertheit gegeneinander ein Stück weit auf, erkennen ihre Schwächen an und sehen, dass sie voneinander durchaus profitieren können. Und selbst Carl gewinnt einiges an Tiefe. Die Tatsache, dass dann auch noch Morgan auftaucht, seine Geschichte ein Stück weit zu Ende gebracht wird oder wenigstens weiter gesponnen wird, macht diese Episode zu einer besonderen. Wenn Staffel vier auch nur annähernd das weiterspinnt, was Gimple hier hat aufblitzen lassen, mache ich mir um die Zukunft der Serie keine Sorgen, denn der Showrunnerwechsel wird zu verkraften sein.

Melanie Wolff - myFanbase

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