Review: #1.18 Volltreffer
Als im vergangenen September "This Is Us" seine Premiere feierte, war ich von der Pilotfolge absolut begeistert. Ich hatte mich im Vorfeld nicht besonders intensiv mit der Geschichte befasst, kannte lediglich eine vage Beschreibung und war auch aufgrund des Casts rund um Milo Ventimiglia neugierig. Ich war sofort in den Bann gezogen und habe nun 18 Folgen mit der Familie Pearson gelacht, gelitten und geweint. Ja, die Serie setzt durchaus bewusst auf die emotionalen Momente und weiß über weite Strecken hinweg, diese gekonnt einzusetzen und dabei eine Familiengeschichte auf vielschichtige Art und Weise zu erzählen. Das Finale der ersten Staffel konnte jedoch mit der großen Erwartungshaltung nicht mithalten und ließ mich enttäuscht oder besser gesagt ernüchtert zurück.
Dafür gibt es insbesondere zwei Gründe bzw. zwei in meinen Augen begangene Fehler: Die Konzentration der Folge auf die Vergangenheitshandlung um Rebecca und Jack, sowie die weitere Verzögerung bei der Aufklärung von Jacks Todesursache. Beginnen will ich gerne mit Letzterem. Ich fand es doch sehr enttäuschend, dass wir darüber weiter im Dunklen gelassen wurden. Dabei ist es gar nicht so sehr die fehlende Auflösung an sich, als vielmehr der Ärger darüber, dass in den vergangenen Folgen mit Williams Tod und Kates Zögern mit der Wahrheit gegenüber Toby ein derart großes Mysterium aufgebaut wurde, das schließlich das Ende der letzten Folge schon suggerierte, dass Jack wahrscheinlich auf dem Weg zu oder zurück von Rebeccas Auftritt ums Leben gekommen sein könnte. Da Kate ihrem Vater dazu geraten hatte, Rebecca nachzufahren, wäre dies auch eine logische Erklärung gewesen, warum sie sich für Jacks Tod verantwortlich fühlt und dies auch Toby gegenüber äußerte. Mit dieser naheliegenden Erwartungshaltung, und ich war gewiss nicht der Einzige, der dies für möglich hielt, spielte dann auch die gesamte Folge und ließ uns Zuschauer aufgrund der ausbleibenden Erklärung in gewisser Weise auch ratlos zurück.
Warum spielen die Autoren diesbezüglich mit uns? Weil sie womöglich selbst noch nicht genau wissen, was für eine Geschichte sie erzählen wollen? Ehrlich gesagt ist mir der Grund für Jacks Tod überhaupt nicht wichtig. Die Tatsache allein, dass die zu Serienbeginn so glückliche Familie mit dem liebenden Vater und Ehemann durch diesen tragischen Vorfall aus ihrer bislang vermeintlich heilen Welt gerissen wird, ist schlimm genug. Und dass es hinter der zunächst so heil erscheinenden Fassade längst nicht immer so harmonisch zuging, wie sich zuletzt immer wieder insbesondere bei Rebecca und Jack zeigte, ist für mich wesentlich interessanter und lässt den Tod für mich eher zur Nebensache werden. Nun aber spielt die gesamte Folge damit, dass man als Zuschauer quasi hinter jeder gezeigten Szene den tragischen Vorfall lauern sieht, der sich am Ende jedoch lediglich als Trennung auf Zeit der Eheleute entpuppt, Jack auch in der Vergangenheitshandlung noch quicklebendig ist und somit die "Nach-Jack-Zeit" noch unerzählt bleibt. Noch einmal muss ich die Frage stellen, was genau diese Hinhaltetaktik eigentlich soll und warum gerade in einem Staffelfinale, von dem man doch so häufig eine große Enthüllung, den großen Knall erwartet, eine solch unspektakuläre Situation geschaffen wird, mit der sich die Serie nun in eine elendig lange, sechsmonatige Pause verabschiedet.
Und wo wir gerade bei unspektakulär sind: mir will sich auch nicht so recht erschließen, warum man das Kennenlernen von Rebecca und Jack so kompliziert erzählen musste. Zumindest hätte man sich den Part um die arrangierten Blind Dates auch schenken können und die dafür investierte Zeit lieber für die anderen Familienmitglieder genutzt, die im Finale bis auf winzige Szenen in der Gegenwart überhaupt keine Rolle spielten. Wenigstens in der Vergangenheitshandlung hätten die Kinder auch eine Rolle spielen können. So ließ mich also auch der Rückblick im Rückblick irgendwie ratlos und unbeeindruckt zurück. Wirklich neue Erkenntnisse brachten diese Szenen nicht. Während wir von Jacks Vater schon früher einen Eindruck bekommen hatten, wäre zum Beispiel ein Auftritt von Rebeccas Mutter interessant gewesen. Stattdessen bekamen wir nur gut gemeinte Zukunftsratschläge von ihren Freundinnen zu hören, die der Zeit geschuldet entsprechend konservativ ausfielen. Die Handlung um Jacks Pokergewinn war auch etwas befremdlich, weil in meinen Augen sein "Racheplan" nicht so recht zu seinem bisher bekannten Charakterprofil passen will. Immerhin fiel der Plan durch Rebeccas Auftritt dann doch noch ins Wasser, was wiederum dem uns bekannten Jack entsprach. Im Grunde genommen, waren das alles Geschichten, die man durchaus im Rahmen einer normalen Folge hätte erzählen können, die jedoch eines mit Spannung erwarteten Staffelfinales nicht gerecht wurden.
Schade war meines Erachtens auch, dass Jacks etwas übertriebene und auch eher unbegründete Eifersucht auf Ben, die überhaupt erst Auslöser für seinen Streit mit Rebecca war, sich doch noch bestätigen sollte. Bens Versuch, Rebecca zu küssen, hätte nun wirklich nicht sein müssen. Die Eifersucht alleine, hätte für mich völlig ausgereicht, zumal es an der Situation von Jack und Rebecca auch nichts ändert. Auch wenn sie sich eingestehen musste, dass er recht behalten hatte, so ist die Kluft zwischen den beiden nicht kleiner geworden. Stattdessen ist das Gegenteil der Fall, was nach einer intensiven und für mein Empfinden auch besten Szene des Staffelfinales in der vorübergehenden Trennung gipfelte. In der Streitszene prallten ungefiltert die unterschiedlichen Meinungen und Sichtweisen der beiden aufeinander und wurden dabei von Milo Ventimiglia und Mandy Moore so überzeugend dargestellt, dass ihre jeweils angestauten Gedanken förmlich greifbar wurden. Diese Szene ließ wohl keinen Zuschauer kalt.
Es ist auch schmerzvoll, wenn man diesem bisherigen Traumpaar bei deren Auseinanderdriften zusehen muss. Und ich muss leider auch zugeben, dass Rebecca durch diesen Streit auch weiter an Sympathien einbüßen muss. Schon die Vorenthaltung von William gegenüber Randall in der Vergangenheit ließ sie nicht makellos zurück. In dieser Situation jedoch, ist sie in meinen Augen auch nicht ganz gerecht, was ihre Vorwürfe an Jack angeht. Ich finde nämlich sehr wohl, dass er sehr viel von seinem Leben für die Familie geopfert hat und so ist es auch unfair von Rebecca, dass sie nun Freiheiten für sich beansprucht, ohne dabei auch an Jacks Bedürfnisse zu denken. Und so ist es am Ende erneut Jack, der mit seinem Liebesgeständnis für einen weiteren emotionalen Höhepunkt sorgen darf und damit bei mir punkten kann. Das war wirklich sehr anrührend und von Herzen kommend. Dass er danach das Haus und damit Rebecca zumindest einmal vorübergehend verlässt, macht die Szene nur noch tragischer und intensiver. Eine weitere starke Szene von Milo.
Etwas deplatziert und erzwungen wirkten in der Folge die bereits angesprochenen kurzen Gegenwartsszenen mit Randall, Kevin und Kate. Anscheinend wollte man ihnen unbedingt noch einen Auftritt im Staffelfinale verschaffen. Die Einbindung war mir persönlich aber zu zusammenhanglos mit dem Rest der Episode. Und auch inhaltlich konnten mich die kurzen Teaser-Szenen, die damit einen Ausblick auf die kommende zweite Staffel werfen sollen, nicht überzeugen. Kates Szene stellte noch am ehesten eine Verbindung zur Vergangenheit her, indem sie nun also den Wunsch äußerte, in Sachen Gesang in die Fußstapfen ihrer Mutter treten zu wollen. Wir haben Kates Talent bereits bei ihrem Auftritt im Altenpflegeheim erleben können, bis dato aber keine weiteren Ambitionen in diese Richtung gesehen, so dass dies sowohl überraschend als auch gezwungen erschien. Dass Kevin das Angebot zum Vorsprechen für die Filmrolle annehmen würde, war abzusehen. In diesem Zusammenhang freut es mich jedoch schon, dass Sophie in die Sache eingeweiht ist und dies nicht hinter ihrem Rücken stattfindet. Es wird abzusehen sein, inwiefern dies noch Auswirkungen auf ihren derzeitigen Wohnort New York haben wird. Was ich von Randalls Wunsch einer Adoption halten soll, kann ich noch nicht so recht einordnen. Derzeit ist mir das noch zu sehr aus der Luft gegriffen und ich bin mir auch nicht sicher, ob dies in Beth' Sinne ist. Es wäre wirklich sehr schade, wenn diese Ehe nun auch Risse bekommen würde. Alles in allem, sind diese Teaser aber nun auch keine wahnsinnig spannenden Cliffhanger, die mich nun sehnsüchtig darauf warten lassen, dass die nächsten sechs Monate bis zur Premiere von Staffel zwei im Flug vorbeigehen werden. Auch wenn das Staffelfinale das bisher gewohnte Niveau nicht halten konnte, bin ich aber natürlich auch im Herbst wieder dabei, wenn die Geschichten um die Familie Pearson ihre Fortsetzung finden werden. Bis dahin ist ja auch noch genügend Zeit, um aus den nun aufgezeigten Erzählsträngen auch spannende Handlungen zu stricken.
Fazit
Als Staffelfinale wirkte diese Folge von "This Is Us" ein wenig deplatziert und unglücklich gewählt. Die ganz großen Aha-Momente blieben weitgehend aus und ebenso blieb man die nun schon so lange angeteaserte Auflösung von Jacks Tod schuldig. Es ist schade, dass ausgerechnet die erfolgreichste neue Serie des US-Network-Fernsehens sich mit einem derart schwachen Finale in die sechsmonatige Pause verabschiedet. Ein Trend, der sich hoffentlich im Herbst nicht weiter fortsetzen wird.
Jan H. – myFanbase
Die Serie "This Is Us" ansehen:
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Diskussion zu dieser Episode
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: MoonshadowErstausstrahlung (US): 14.03.2017
Erstausstrahlung (DE): 23.08.2017
Regie: Ken Olin
Drehbuch: Dan Fogelman, Isaac Aptaker & Elizabeth Berger
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