Bewertung

Review: #1.09 Der Trip

Foto: Susan Kelechi Watson & Sterling K. Brown, This is Us - Das ist Leben - Copyright: 2017 Twentieth Century Fox Home Entertainment
Susan Kelechi Watson & Sterling K. Brown, This is Us - Das ist Leben
© 2017 Twentieth Century Fox Home Entertainment

Nach dem Big Bang in der vergangenen Thanksgiving-Episode bot die neueste Ausgabe von "This Is Us" einen Trip in doppelter Hinsicht. Nie zuvor war ich beim Anschauen einer Folge der Serie so hin- und hergerissen und schwankte ob der bevorstehenden Review mehrfach bereits innerlich zwischen Enttäuschung und Begeisterung.

Ich hatte nicht damit gerechnet, dass die Handlung unmittelbar an die letzte Folge anknüpfen würde und war vielmehr positiv überrascht, dass zwischen dem Eklat beim Thanksgiving-Dinner und dem Einsetzen der Episode nur wenige Stunden vergangen waren. Noch mehr freute ich mich jedoch, dass mit dem Besuch der Blockhütte endlich eine Ausgangssituation geschaffen wurde, die die drei Geschwister erstmals als Erwachsene an einem Ort aufeinandertreffen ließ. Zuletzt waren Kate und ihr Handlungsfaden leider doch stets sehr separiert von den Geschichten um Kevin und Randall an der Ostküste. Ich war daher unheimlich gespannt, welche Dynamik nun zwischen den Dreien entstehen würde und hoffte, gemeinsam mit ihnen auf eine interessante Reise in die Vergangenheit gehen zu können. So war ich beispielsweise interessiert daran, wie die Familie bzw. Rebecca in den Besitz der Hütte gelangte, schließlich schien mir Geld bislang ein knappes Gut in der Vergangenheit gewesen zu sein. Doch zwei, nein eigentlich drei Dinge trübten mir meine Vorfreude auf den weiteren Folgenverlauf schnell. So sehr ich Randall in seiner Wut und seinem Unverständnis in Bezug auf seine Mutter verstehen kann, war ich doch schnell davon genervt, dass er Kate und Kevins Erinnerungen an frühere Aufenthalte durch seine Kommentare über Rebecca stets ins Negative verkehrte. Musste das denn wirklich sein? Doch viel schlimmer und eigentlich bis zuletzt kaum nachvollziehbar wog für mich die Entscheidung der Autoren, die erstmalige Geschwisterkonstellation durch das Auftauchen von Olivia & Co so schnell wieder zu torpedieren. Gedanklich bastelte ich schon an ersten Formulierungen für einen Verriss der Folge, was schließlich noch dadurch getoppt wurde, Randall auf einen Pilz-Drogen-Trip zu schicken. Erst neulich durften wir Beth und William beim Hasch-Rauchen erleben und jetzt bereits der nächste Drogenkonsum? Randalls erste Halluzination seines toten Vaters Jack war für mich schließlich der Punkt, an dem ich die Episode endgültig abgeschrieben hatte. Die Interaktion mit einem Toten, wenn auch unter Drogeneinfluss, war mir für das bislang so bodenständige "This Is Us" zu diesem Zeitpunkt einfach zu viel des Guten.

Hoffnung hatte ich immerhin noch bei der Vergangenheitshandlung, da ich durchaus gespannt war, wie Rebecca mit dem Wissen von William und der gleichzeitigen Identitätssuche von Randall, die von Jack gefördert wurde, umgehen würde. Und so war es tatsächlich interessant mit anzusehen, wie Rebecca ihr Geheimnis vor ihrem Mann bewahrte und welche Beweggründe sie dazu trieben, William zunächst erneut aufzusuchen, dann aber doch zu schweigen. In diesem Zusammenhang hat mich besonders ihr Aufeinandertreffen mit William emotional berührt. Ich hatte den Eindruck, sie hoffte bei ihrem Besuch, er wäre noch immer der von Drogenkonsum gekennzeichnete Mann, der nicht nur sich selbst, sondern auch von ihr als nicht in der Lage betrachtet werden könnte, sich um ein Kind zu kümmern. Doch ihre Erwartungshaltung wurde widerlegt. William hat aus dem Fehler seiner Vergangenheit gelernt und sein Leben von Grund auf geändert. Clean und mit festem Job zeigt er sich gefestigt und hocherfreut bei der Aussicht, vielleicht doch noch seinen Sohn kennenlernen zu dürfen. Für Rebecca war sein unerwarteter Enthusiasmus jedoch zu viel. Ihre Mutterliebe zu Randall und die Angst, ihn an William verlieren zu können, waren so groß, dass sie sich dafür entschied, Jack und damit auch ihrem Sohn die Wahrheit ein Leben lang zu verschweigen. Ein Gewissenskonflikt, in den ich persönlich nicht geraten will. Ich kann Rebeccas Schritt zwar durchaus nachvollziehen, will damit aber auch nicht sagen, dass ich ihn gutheiße. Zumindest hätte sie Jack einweihen und eine mögliche Integration von William in Randalls Leben mit ihm diskutieren können oder Randall zu einem späteren Zeitpunkt von seinem leiblichen Vater unterrichten können. Aber der "point of no return" war bereits überschritten und hätte an der Tatsache nichts geändert, dass sie ihrem Mann und Sohn die Wahrheit so lange verschwiegen hat. Während parallel dazu Randalls und Jacks Bemühungen, Anknüpfungspunkte an die schwarze Community zu finden für mich zunächst wenig spannend vor sich hin plätscherten, fanden sie jedoch einen überraschend zutiefst emotionalen Abschluss in der Initiation von Randall in der Karateklasse mit Jacks Unterstützung, die mir unerwartet die Tränen in die Augen trieb. Eine ganz starke Szene, die sowohl die Liebe von Jack zu seinem Sohn, als auch das gefundene Zugehörigkeitsgefühl von Randall zu der Gruppe großartig demonstrierte. Gepaart mit Rebeccas Worten in ihrem Brief an William und dem Blick auf die von ihm für seinen Sohn geschriebenen Gedichte war das ein toller und einzigartiger Moment, dem kurz darauf ein weiterer folgen sollte.

Zunächst aber der Blick zurück auf die Gegenwartshandlung: Die vergebene Chance, das Geschwistertrio mehr in den Fokus zu rücken, wurde durch die Handlung um Kevin, Kate und Olivia nämlich weiter schmerzhaft vor Augen geführt. Ich war schnell genervt davon, dass Kate offenbar dafür herhalten sollte, Olivia negativ gegenüber zu stehen. Ihre doch recht pauschalisierte Aussage, Frauen wie Olivia zu kennen und Kevin vor ihr schützen zu wollen, schien mir nicht so richtig zu Kate zu passen. Olivias uncharmante Antwort traf zwar ins Schwarze, ließ sie mir aber nicht nur hier, sondern in der Folge auch im Umgang mit ihrem Ex-Lover, nur noch unsympathisch erscheinen, obwohl ich ihre unterkühlte und ironisch-sarkastische Art bislang eigentlich für sehr erfrischend gehalten hatte. Sie hatte es bislang nämlich tatsächlich geschafft, dem oft so oberflächlich und naiv auftretenden Kevin ganz neue Facetten zu entlocken und damit mehr Charaktertiefe zu verleihen. Das hat sie auch hier geschafft, mit der Folge, dass Kevins sensible aber auch selbstbewusste Seite zum Vorschein kam und dadurch Olivia selbst die Leidtragende wurde. Ihr Abgang kam überraschend, dennoch ist ihre Figur keine, die ich besonders vermissen würde. Da sie jedoch mit Kevin gemeinsam auf der Bühne steht, werden wir sie wohl nicht zum letzten Mal gesehen haben. In Sachen Kate will ich mich dagegen kurz halten. Ihre Trennung von Toby versteht wahrscheinlich nur sie selbst und ihn mit Nachrichten und Anrufen ganz selbstverständlich zu kontaktieren erzeugt nicht nur bei Toby Unverständnis, solange sie die Beziehung weiterhin für beendet erklärt. Ich hoffe dennoch auf eine baldige Wiedervereinigung der beiden, ist Toby im Gegensatz zu Olivia doch eine Rolle, die ich nur ungern missen möchte. Alles in allem war diese Figurenkonstellation für mich hier überhaupt nicht von Nöten und bestärkt mich noch einmal mehr in meiner Meinung, dass hier großes Potential im Aufeinandertreffen der Geschwister verschenkt wurde.

"I was a replacement for your dead baby. That's all I've ever been."

Mit Randall auf dem Pilz-Drogen-Trip hatte ich also zu Beginn der Episode zugegebenermaßen bereits eine vorgefasste Meinung. Die Folge war für mich quasi schon gelaufen und ich hatte nur noch die Hoffnung, die Vergangenheitshandlung würde diese noch für mich retten können. Ich lag wohl selten mit meiner Einschätzung so daneben. Widerwillig ließ ich mich anfangs auf die Interaktion von Vater und Sohn ein. Das plätscherte eine Weile recht belanglos vor sich hin und gipfelte schließlich aber in einem Monolog Randalls, in dem sich plötzlich offenbarte, welche Gedanken ihn in und seit seiner Kindheit beschäftigten. Es schnürte mir förmlich die Kehle zu, als er sich schließlich selbst darauf reduzierte, nur der Ersatz für das tote Baby seiner (Zieh-)Eltern gewesen zu sein. Das war wirklich hart, das so aus seinem Mund zu hören. Und plötzlich nahm der Vater-Sohn-Dialog für mich eine ganz andere Dynamik an. Zu wissen, wie sehr Randall darum bemüht war, es seinen Eltern recht zu machen und gleichzeitig zu sehen, wie sehr Jack seinen Sohn wirklich liebte war erneut ein emotionaler Höhepunkt, der einmal mehr gekonnt mit der Vergangenheitshandlung verknüpft wurde. Doch damit nicht genug, denn die letzte Szene setzte dem Ganzen noch die Krone auf. Randall hat es geschafft, seine Sicht auf die Dinge zu ordnen und dreht den Spies um, indem er Rebecca vor Augen führt, dass sie all die Jahre mit einer Lüge bzw. dem Wissen um William allein leben musste und nicht er. Das hat gesessen und bei Rebecca Spuren hinterlassen. Doch er hält sie zunächst auf Distanz, macht jedoch zugleich einen Schritt auf sie zu, als er sie mit den Worten stehen lässt, sie an Weihnachten zu sehen.

Fazit

Was zunächst enttäuschend begann, entwickelte sich im weiteren Verlauf zu einer hochemotionalen Episode, in der Sterling K. Brown als Randall einmal mehr eine tolle Performance ablieferte. Gegenwart und Vergangenheit ergänzten sich ideal und gipfelten in einem herzzereißenden und zu Tränen rührenden Höhepunkt in Form von Randalls Initiation in Kombination mit Rebeccas Brief an William. Die Handlungen von Kate und Kevin konnten da bei weitem nicht mithalten. Es bleibt der Wermutstropfen der verpassten Chance für eine richtige Geschwister-Reunion. Aber wer sagt, dass diese nicht schon bald nachgeholt werden kann? "This Is Us" ist weiter auf dem Höhenflug und darf es auch gerne bleiben.

Jan H. – myFanbase

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