Review: #3.01 Geburtstag
"Vampire Diaries" ist aus der Sommerpause zurück und legt wie gewohnt ein atemberaubendes Tempo vor, diesmal sogar in doppelter Hinsicht: es reicht nicht, dass die Storylines, Charakterentwicklungen und Beziehungen ohne unnötige Ausschmückungen und Nebenschauplätze konsequent durchgezogen werden, sondern die Geschwindigkeit der Serie wird noch dadurch forciert, dass die Handlung anders als nach der ersten Staffel nicht sofort an das Finale anschließt, sondern ein Großteil des Sommers dazwischen lag. Das bewirkt natürlich, dass einige Entwicklungen nicht lange erzählt, sondern dem Zuschauer einfach mal vorgesetzt werden – wie Stefans plötzliches Ripper-Dasein.
Stefan is gone and he's not coming back. Not in your lifetime.
Gleich mal vorneweg: so gern ich den sensiblen, fürsorglichen Stefan auch habe, als Bad Boy ist er zweifellos noch mal ein ganz anderes Kaliber und einfach nur unglaublich spannend und interessant. Das war schon während seiner ersten "Blutphase" in der ersten Staffel so – kaum einer kann so herrlich an seinem eigenen Zustand leiden und diese Zerrissenheit zwischen blinder Gier und Schuldgefühlen so perfekt verkörpern wie Paul Wesley aka Stefan Salvatore. Gerade wegen der ähnlichen Storyline in der ersten Staffel fand ich es gut, dass man gleich damit eingestiegen ist, Stefan als skrupellosen Ripper zu zeigen und sich nicht unnötig damit aufhält, die Entwicklung bis zu diesem Punkt ein zweites Mal zu zeigen. Komplex genug ist dieser Charakter allemal, wie sich allerspätestens am Ende der Folge zeigt, als Stefan Elena anruft. Für viele mag dies etwas enttäuschend gewesen sein, weil so früh schon klar ist, dass Stefan seinem vampirischen Blutdurst doch noch etwas Menschliches entgegen zu setzen hat. Aber das entscheidende Wort für mich ist dabei "noch": ich denke nämlich nicht, dass Stefan mit dem Auftakt zur dritten Folge seinen Zenit als Ripper schon überschritten hat. Vielmehr scheint Klaus mit seiner Vermutung ganz richtig zu liegen und Stefan ist immer noch dabei, sich mit jedem Tropfen Blut, den er trinkt, emotional mehr von den Menschen zu entfernen, die ihm so wichtig sind.
Das zeigt sich allein schon in der Szene, in der er Andie ohne die geringste Gefühlsregung tötet – nicht ganz grundlos, schließlich will er seinem Bruder gegenüber ein klares und ganz deutliches Zeichen setzen, damit dieser ihn aufgibt. Aber trotzdem ist es so untypisch für Stefan, denn angesichts von Andies totaler Erleichterung, als sie Stefan erkennt, scheinen die beiden zuvor doch eine sehr freundschaftliche Beziehung gehabt zu haben, auch wenn man als Zuschauer nicht allzu viel davon gesehen hat. Erschreckend ist hier vor allem die Skrupellosigkeit von Stefan: er ist nicht im völligen Blutrausch wie in der ersten Staffel, sondern ist auf unheimliche Weise extrem kontrolliert und berechnend. Deshalb war ich ehrlich gesagt ziemlich froh, dass am Ende doch noch eine Szene kam, in der der alte Stefan zum Vorschein kam – der Stefan, den dieses Dasein innerlich zerreißt und der sich verzweifelt an das einzige klammert, das ihn noch mit seiner menschlichen Seite verbindet: Elena. Eine absolut tolle Parallele zu #1.03 Monster, ich musste sofort an das Zitat denken, das Stefan damals zu Damon sagte: "Deep down inside there is a part of you that feels for her. And that, my brother, is your humanity."
Wunderbar dargestellt wurde in dieser Folge natürlich auch der innere Kampf von Damon, der schließlich genau weiß, dass Stefan nur seinetwegen wieder in seine schlimmsten Verhaltensmuster zurückfällt. Nachdem die beiden Brüder in der zweiten Hälfte der zweiten Staffel doch zunehmend in den Schatten von Elijah und Klaus gedrängt wurden, konnten sie sich in dieser Folge für mich wieder absolut ins Zentrum der Serie stellen. Und auch wenn Elena dabei eine größere Rolle spielt, als ich (als erklärter Feind von Dreiecksbeziehungen) mir wünschen würde, so macht mir diese Storyline alleine aufgrund der Bruderbeziehung viel mehr Spaß, als ich am Ende der zweiten Staffel noch gedacht hätte. Es kommt zwar zwangsläufig zu mehr Szenen zwischen Damon und Elena, doch zumindest in dieser Auftaktfolge der dritten Staffel gelingt es den Autoren beeindruckend gut, den schmalen Grat zwischen einer reinen Freundschaft und einer zu offensichtlich angestrebten, romantischen Beziehung zu halten.
I want to create more of me
Auch wenn man von Klaus in dieser Folge nicht allzu viel gesehen hat: bei jeder einzelnen Kameraeinstellung habe ich innerlich dem genialen Casting Director gedankt, der für das Engagement von Joseph Morgan verantwortlich ist. Diese grenzenlose Coolness gepaart mit seinem ständig bedrohlich wirkenden Charisma, die zuckersüße Freundlichkeit und die ständigen Stimmungsumschwünge – das ist einfach grandios! Und die Tatsache, dass man mit seinem Drang, eine eigene Hybriden-Zucht zu begründen, eine potenziell wichtige und längere Storyline für ihn anlegt, stimmt mich für die dritte Staffel äußerst positiv. Auch die Interaktion mit Stefan gefällt mir sehr gut: viel Schein, viel Spiel, viel Vorsicht – und alles lässt mich vermuten, dass es zwischen diesen beiden früher oder später zum großen Knall kommt.
David Gallagher, den ich übrigens mal so gar nicht erkannt habe, konnte in dieser Folge nicht sehr viel mehr beweisen, als dass er ganz nett unter "truth or wolfsbane" leiden kann und ich hoffe, dass man ihn auch noch unter anderen Umständen zu sehen bekommt. Schließlich ist Ray allem Anschein nach der erste Hybrid, den Klaus erschaffen hat und da er verraten hat, wo sein Werwolf-Rudel zu finden ist, sehe ich hier doch noch einiges an potenziellem Drama.
Ever since I came back I've been seeing things… things I shouldn't be seeing
Und noch zwei Vertreter des männlichen Geschlechts reihen sich ein in die Riege der Leidenden – das ist sowohl bei Matt (Schwester tot, Ex-Freundin ist ein Vampir, ex-bester Freund ein Werwolf) als auch bei Jeremy (tote Eltern, tote Tante, tote Ex-Freundinnen, die er plötzlich sieht) absolut verständlich und ich finde es, um es gleich vorneweg zu sagen, wirklich toll, dass die beiden nun aufgrund ihrer gemeinsamen Arbeit im Grill mehr miteinander zu tun haben. Die wenigen verbliebenen Menschen, die nichts Mystisches oder Übernatürliches an sich haben, müssen schließlich zusammen halten! Und dabei ist es großartig, wie normal Sätze wie "You know i died, right? And Bonnie used magic to bring me back to life." hier einfach in die Unterhaltung einfließen und vom anderen ohne das geringste Wimpernzucken aufgenommen werden.
Obwohl ich die beiden zusammen mag und mir einige ihrer gemeinsamen Szene wirklich gut gefallen haben, muss ich doch sagen, dass die ganze "Ich sehe tote Menschen"-Story momentan noch nicht so wirklich zündet, da hilft nicht einmal Vickys kryptisches "Help me!" etwas. Ein bisschen Pseudo-Grusel durch das plötzliche Auftauchen der Mädels und Annas Schweigen, gepaart mit ihrem anklagend-verzweifelten Blick – das ist für "Vampire Diaries" ehrlich gesagt zu wenig. Denn bislang konnte die Serie trotz ihres Mystery-Anteils auch immer durch konsequente und nicht allzu abwegige Storys überzeugen. Klar, wir haben gerade mal eine Folge der Staffel hinter uns, aber im Gegensatz zu den starken anderen Handlungssträngen ist mir diese Storyline momentan doch noch zu sehr ein schwacher Abklatsch von "The Sixth Sense" – und die Kifferei der beiden samt albernem Getue und dann wieder ganz plötzlicher Nüchternheit, wenn das Thema, über das sie sprechen, ernst wird, hat dann ihr Übriges dazu beigetragen. Gut möglich, dass sich meine Meinung zu dem Ganzen noch ändert, sobald Vicky und Anna mal mehr machen, als Jeremy zu erschrecken, aber bislang reißt es mich definitiv nicht vom Hocker.
If I shouldn't be dating, all you gotta do is say something
Und dann wären da noch Tyler und Caroline, die ich die ganze Folge über absolut klasse fand! Supersüß, wie die beiden umeinander herumtanzen, während alle anderen schon längst sehen, dass hier mehr als nur freundschaftliche Gefühle im Spiel sind – Jeremys wissendes Lächeln, als die beiden darüber reden, wie abwegig Carols Gedanke ist, dass sie ein Paar wären, war einfach Gold wert! Natürlich war spätestens ab dem Moment, als Tyler und Caroline sich gegenseitig von ihrer ständigen Lüsternheit erzählen, klar, dass sie in dieser Folge früher oder später gemeinsam im Bett landen werden, und genauso vorhersehbar war Carolines Eifersucht, als sie Tyler mit einer anderen sieht. Alles irgendwie Klischee pur, aber trotzdem ist es geglückt, der Storyline ihren ganz eigenen Charme zu geben, was natürlich vor allem an der tollen Chemie zwischen Candice Accola und Michael Trevino liegt.
Für einen winzigen Moment war ich dann doch ein bisschen unzufrieden mit der Entwicklung und zwar als Caroline sich nachts aus Tylers Zimmer schleicht. Da sah ich sofort die drohende Gefahr einer "friends with benefits"-Beziehung und auf dieses Spielchen von wegen "wir haben überhaupt keine Gefühle füreinander, das sind alles nur die animalischen Triebe von Werwolf und Vampir" hätte ich nach diesem langen und schönen Build-up des Paares absolut keine Lust gehabt. Doch nur ein paar Sekunden später war ich dann schon wieder völlig in der Story drin, denn Carols Attacke auf Caroline ändert natürlich alles! Ihre seltsamen Blicke, mit denen sie Caroline den ganzen Sommer bedacht hat, hatten also weniger mit einer möglichen Beziehung zu Tyler zu tun, sondern vielmehr mit ihrer Vermutung, dass Caroline ein Vampir ist. Sie hat also ihre Drohung gegenüber Liz im Finale der zweiten Staffel wahr gemacht und will sich selbst um das Vampir-Problem in Mystic Falls kümmern. Mich würde ja schon interessieren, wie sie überhaupt auf Caroline gekommen ist: hat Caroline selbst sich durch ihr mittlerweile etwas unvorsichtiges Verhalten verraten? Ich glaube nicht, dass jemand anderes ihr Geheimnis enthüllt hat, denn dann hätte Carol nicht durch das Eisenkraut auf Carolines Handtasche überprüfen müssen, ob sie wirklich ein Vampir ist. Jetzt bin ich wirklich gespannt, was Carol mit der überwältigten Caroline anstellt, wie schnell Tyler dahinter kommt und wie er sich dann verhält. Und nebenbei bemerkt: was haben sich die Autoren eigentlich dabei gedacht, zwei Charaktere Carol und Caroline zu nennen??
Fazit
Der Auftakt zur dritten Staffel hat mir richtig gut gefallen: man wird sofort wieder mitten in die Story geworfen und trotz der Fülle an Erzählstoff kommen die charakterlichen Entwicklungen nicht zu kurz, ganz im Gegenteil. Ausnahmslos alle Figuren haben so herrliche, innerliche Konflikte auszutragen, dass sie den Zuschauer auch emotional in die Geschichte ziehen und man mit jedem Charakter mitleiden kann. Einzig die Story um Jeremy, Vicky und Anna ist mir momentan noch etwas zu flach, deshalb der minimale Punktabzug.
Lena Stadelmann - myFanbase
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: The BirthdayErstausstrahlung (US): 15.09.2011
Erstausstrahlung (DE): 15.03.2012
Regie: John Behring
Drehbuch: Kevin Williamson & Julie Plec
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