Bewertung

Review: #1.01 Agent mit Spitzbube

Es gibt diese kleinen Momente, die für einen Serienfreak wie mich wie Weihnachten und Ostern an einem Tag sind. Und zwar, wenn ein geliebter Schauspieler, der schon viel zu lange sein Dasein in den hinteren Reihen des TV-Geschäftes fristet, endlich eine Möglichkeit bekommt, sein ganzes Talent zu entfalten. Und dann auch noch in einem Projekt, dass das volle Potential hat, nicht gleich nach wenigen Episoden wieder vom Bildschirm verbannt zu werden. In solchen Momenten hüpft mein kleines, manchmal doch arg leidgeplagtes Serienherz, vor Freude in meiner Brust auf und nieder. Denn es ist endlich soweit, nachdem schon in der letzten Season Nathan Fillion mit "Castle" die Show bekommen hat, die er seit Jahren verdient, was nur leider bis dato nur einem eher überschaubaren Kreis von Science-Fiction-Nerds und Joss Whedon-Anbetern bekannt war, haben gleich zwei meiner Lieblingsschauspieler der sträflich unterforderten Kategorie die Möglichkeit erhalten, aus ihrem Nebendarsteller-Schattendasein auszubrechen.

In "White Collar" spielen Matthew Bomer, den viele wahrscheinlich als Bryce Larkin aus "Chuck" kennen und Tim DeKay die Hauptrollen. Zweiteren habe ich in seiner Rolle als Jonesy in der leider viel zu kurzen HBO-Serie "Carnivàle" kennen und lieben gelernt, aber abgesehen von diesem zweijährigen Engagement und einem noch kürzeren Part in "Tell Me You Love Me" gehörte Tim schon seit Jahren zu denen, die in unzähligen nichtssagenden Nebenrollen ihr Dasein fristeten. Matthew Bomer erging es da schon etwas besser, war er doch neben "Chuck" auch schon in Hauptrollen in "Tru Calling" und "Traveller" zu sehen, aber auch ihm blieb der große Durchbruch verwehrt. Dementsprechend groß war meine Vorfreude auf ihr gemeinsames Projekt "White Collar".

"White Collar" ist eine Serie, in der der FBI-Agent Peter Burke zusammen mit seinem eigentlich größten Feind, dem Betrüger und Kunstdieb Neal Caffrey, sogenannte White Collar-Verbrechen aufklärt. Dabei handelt es sich eben um genau diese Coups, die Neal in seiner aktiven Zeit verübt hat, also zum Beispiel Wirtschaftsdelikte, Fälscherei und Kunstdiebstahl. Im Piloten erfahren wir, wie es zur Partnerschaft der beiden unterschiedlichen Männer kommt. Neal bietet Peter seine Mitarbeit an, um im Gegenzug seine restliche Haftstrafe in Freiheit unter Peters Aufsicht zu verbringen. Peter, der Neal nicht wirklich traut, lässt sich auf diesen Handel ein, da Neal über Talent und Insiderwissen verfügt. Der Plot ist also schnell erzählt, und auch der Fall des "Dutchman", der im Piloten dazu dient, um Neal und Peter zusammenzubringen, ist nicht der einfallsreichste, aber nichtsdestotrotz weiß die Serie zu überzeugen.

In erster Linie ist das Bomer und DeKay zu verdanken, die vom ersten gemeinsamen Moment an wunderbar harmonieren. Aber auch die Autoren, in diesem Fall speziell Serienerfinder Jeff Eastin haben ihre Sache gut gemacht. Die Dialoge sind charmant, klug und witzig, ohne dabei lächerlich zu wirken. Besonders ist es aber gelungen, den beiden Hauptfiguren Leben einzuhauchen, sie schon nach nur einer Episode für den Zuschauer greifbar zu machen.

Neal ist der eloquente Lebemann, dem vieles durch seinen Charme und sein Auftreten zufällt, aber er ist keine Karikatur, denn durch seine Vergangenheit und seine offensichtlich tiefe Liebe zu seiner Ex-Freundin Kate wirkt er sehr glaubhaft. Peter ist zwar im ersten Moment genau der biedere FBI-Agent, wie man ihn im Vorfeld erwartet hat, der immer die gleichen langweiligen Anzüge trägt und sich darüber ärgert, dass er mit seiner ehrlichen Lebensweise nicht annähernd den Lebensstandard erreicht hat, den Caffrey sich mit einem Lächeln ergaunert, aber durch seine Art, mit Neal umzugehen, wirkt er sympathisch und facettenreich. Überhaupt ist die Beziehung der beiden Männer zueinander wirklich sehr gelungen dargestellt. Sie kennen sich schon seit Jahren, und trotz der Tatsache, dass sie bisher auf verschiedenen Seiten des Gesetzes standen, respektieren sie einander. So hat ihre Zusammenarbeit schon von Beginn an sehr vertraute Züge. Ich bin gespannt, wie es mit ihnen weitergeht, denn sicher kann Peter Neal nicht komplett vertrauen, und es warten noch einige Konflikte auf sie und den Zuschauer. Aber genau das sollte man ja auch mit einer Pilotepisode erreichen, die Charaktere dem Publikum nahebringen und das Interesse an ihrem weiteren Schicksal wecken. Auch für die Zukunft scheint die Serie Potential zu haben, neben den Fällen der Woche auch charakterbezogene Handlungsstränge zu bieten, wie die Andeutungen, die bezüglich Neals Ex-Freundin Kate gemacht wurden, zeigen.

Auch in zweiter Reihe haben die Castingleute bei "White Collar" gute Arbeit geleistet, neben Tiffani Thiessen (das Biest Valerie Malone aus dem Original "Beverly Hills, 90210") als Peters Frau Elizabeth und Willie Garson (Carries schwuler Freund Stanford aus "Sex and the City") als Neals Kumpel Mozzie sind auch noch Marsha Thomason ("Lost") und Diahann Carroll ("Grey's Anatomy") in der Serie dabei und vervollständigen so einen exquisiten Cast.

Sicher war diese Folge auch noch nicht perfekt, denn Peters Ehefrau Elizabeth wirkt noch etwas oberflächlich, und einige Details des Falles der Woche und auch die Tatsache, dass Peter nach zehn Ehejahren nicht einmal weiß, welche Musik seine Frau mag, sind doch arg unglaubwürdig, aber das sind alles nur Kleinigkeiten, die das Gesamtbild nicht trüben. "White Collar" hat einen tollen Einstand geliefert, der hoffentlich der Auftakt zu einer genauso wunderbaren Serie ist. Bisher bietet sie jedenfalls locker leichte Unterhaltung, die einfach Spaß macht.

Cindy Scholz - myFanbase

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