Bewertung

Review: #4.08 Blutbad

Foto: Frances Conroy, American Horror Story: Freak Show - Copyright: Frank Ockenfels/FX
Frances Conroy, American Horror Story: Freak Show
© Frank Ockenfels/FX

Mit öder Reizlosigkeit knüpft #4.08 Blood Bath an die Probleme an, die der Staffel schon seit mehreren Episoden, ganz besonders aber seit der letzten, immer mehr an die Substanz gehen. Auch das Ableben zweier Hauptcharaktere kann nicht darüber hinwegtäuschen, ja macht es eigentlich sogar noch deutlicher, dass "Freak Show" keinerlei storytechnisches Momentum hat, keine Spannungskurve, keinen wirklichen Erzählaufbau und vor allem keine Ahnung, wohin es eigentlich gehen soll. Hinzu kommt die fehlende Bindung des Publikums an die Protagonisten, die diesmal besonders eklatant zum Vorschein kommt, wenn einem als Zuschauer bewusst wird, dass man für Ethel Darling und Gloria Mott nicht einmal Krokodilstränen à la Elsa vergießt.

"I love all of you, Dandy. Even the madness."

Dabei beginnt die Episode recht vielversprechend: Gloria Mott klagt einem Psychiater ihr Leid und schwelgt dabei in Erinnerungen an den kleinen Dandy, der schon als Junge anders war als die meisten Kinder. Glorias überfürsorgliche Erziehung und vor allem der Fehler, ihrem kleinen Sohn jeglichen Wunsch zu erfüllen, schürten Dandys Narzissmus nur noch und führten letztlich dazu, dass Gloria einen waschechten Soziopathen heranzog. Die Szenen mit dem – wohlgemerkt nie sichtbaren – Psychiater haben durchaus ihren Reiz, ermöglichen sie es doch nicht nur, einen Rückblick in Dandys Kindheit zu liefern, sondern vor allem auch einen Einblick in Glorias desolate Situation, ihre nahezu ödipale Beziehung zu ihrem Sohn, und Dandys mittlerweile voll ausgereiften Irrsinn. Dass man den Therapeuten nie zu sehen bekommt, gibt der ganzen Situation zusätzlich noch etwas subtil unheimliches, etwas, das "American Horror Story" sonst leider zu selten bringt.

Doch Glorias kurzer Versuch eines Aufbegehrens gegen ihren Sohn muss sie letztlich mit dem Tod bezahlen. Bereits optisch deutet sich das titelgebende Blutbad an, als Gloria vor dem Weihnachtsbaum steht und in rotes Licht getaucht wird. Dass Dandy seine eigene Mutter umbringen würde, war im Endeffekt nur eine Frage der Zeit und nun bleibt zu hoffen, dass Dandy damit endgültig entfesselt ist und wir für die verbleibenden Episoden noch so etwas wie einen richtigen Antagonisten erleben dürfen, der ein bisschen Wind in die Bude bringt.

"One last Schnapps for the road."

Denn die Ereignisse bei der Freak Show sind, gelinde ausgedrückt, größtenteils uninteressant. Der Tod von Ma Petite wird erwartungsgemäß groß lamentiert, doch der eigentliche Sinn und Zweck ihres Todes ist natürlich die große Konfrontation zwischen Elsa und Ethel. Wie gewohnt spielen Jessica Lange und Kathy Bates hier toll auf, doch all die Worte um Loyalität und Freundschaft und Familie klingen am Ende relativ leer. Zu wenig haben wir von dieser angeblichen Verbindung zwischen Elsa und Ethel gesehen, zu wenig wissen wir von Ethels Rettung durch Elsa. Und vor allem: Zu stoisch reagiert Elsa auf ihre eigene Mordtat, die sie später, als sie mit Stanley den Selbstmord präpariert, nur mit einem kurzen reuigen "What have I done?" bedauert. Die Moral von der Geschichte: Elsa ist gnadenlos (wussten wir schon) und hat die nächste Konkurrenz/Gefahr ausgeschaltet (hatten wir auch schon, siehe Bette, Dot, Paul, Dell). Ethel ist tot (schade um Kathy Bates). Und Jimmy darf wieder groß trauern und sich dem Alkohol hingeben (hatten wir auch schon, siehe Mr. Meep).

Jimmy ist ein weiteres Beispiel dafür, dass in Sachen Charakterentwicklung (ich befürchte langsam, das Wort darf bei der Serie gar nicht mehr gebraucht werden) wirklich gar nichts passiert. Seit beginnt der Staffel hat Evan Peters nicht viel mehr zu tun, als sämtliche Tragödien ganz besonders zu bedauern, sich zu betrinken und ein bisschen mit Maggie zu flirten. Dieser stößt er diesmal in seiner alkoholisierten Trauer vor den Kopf und macht damit den seit vielen Episoden zwar besprochenen, aber nicht auch nur annähernd bedeutsamen Plan, die Freak Show zu verlassen, zunichte. Doch all das ist nicht viel mehr als sehr, sehr seichtes Drama, eingebettet in das Umfeld eines Zirkus, der anscheinend selten bis nie eine Vorstellung auf die Beine stellen muss, und das reicht einfach nicht.

Wirklich viel retten kann da auch nicht der stets gern gesehene Danny Huston, der in einem kurzen Flashback als Elsas Retter Massimo Dolcefino auftreten darf, der ihr ihre Beinprothesen anfertigte. Eine nette Geschichte, die zumindest zu diesem Zeitpunkt aber doch im Nichts verpufft.

"I am the astounding lizard girl. You get to live only because I say so, but you come near me or mine ever again and I will kill you."

Eine ganz andere Reaktion löst Ma Petites Tod wiederum bei Desiree aus: Sie will Pennys Vater dafür bezahlen lassen, dass er seine Tochter entstellt hat. Kommen wir an dieser Stelle nochmal kurz auf Ma Petites Tod zu sprechen: Es schreit geradezu zum Himmel, dass niemand, aber auch wirklich niemand Dell in Verdacht zieht, der sich die Nacht zuvor an Amazon Eve vergriffen hatte und generell durch sein aggressives Verhalten auffällig wird. Mal wieder begräbt die Serie sämtliche Logik oder Storylines, sobald diese für den weiteren Erzählverlauf unbequem werden – und das ist nicht nur schlechtes Storytelling, sondern für den Zuschauer auch einfach nur frustrierend. Und was die radikale Racheaktion der Frauen angeht, so wird man das Gefühl nicht los, dass dies nicht viel mehr als ein Vorwand ist, um der bislang skandalös unterbeschäftigten Angela Bassett irgendetwas zu tun zu geben. Nicht zu vergessen die geradezu lächerliche Tatsache, dass ausgerechnet Maggie nun auf einmal der Moralapostel ist und die Frauen davon abhält, Pennys Vater zu töten.

"American Horror Story" kann leider auch mit dieser Episode das Blatt nicht wenden. Die Geschichten werden genauso hanebüchen und spannungsarm weitergeführt wie bisher, und dass daran nicht einmal das gewaltvolle Ableben zweier (!) Hauptcharaktere etwas ändert, spricht Bände. An dieser Stelle sei das unbarmherzige, aber doch sehr akkurate Fazit eines Autors des US-Onlinemagazins Slant zitiert: "By this point, I'd rather read a stack of Garbage Pail Kids trading cards in quick looped succession than watch another episode of this cynical, programmatic ticker-tape of convoluted atrociousness." Wie wahr.

Maria Gruber - myFanbase

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