Bewertung

Review: #4.09 Das Tupper-Party-Massaker

Foto: Denis O'Hare, American Horror Story: Freak Show - Copyright: Frank Ockenfels/FX
Denis O'Hare, American Horror Story: Freak Show
© Frank Ockenfels/FX

Nein, "American Horror Story: Freak Show" und ich werden in diesem Leben keine Freunde mehr. Nach einem recht anständigen ersten Staffeldrittel und einem immer haarsträubender werdenden zweiten Staffeldrittel läutet #4.09 Tupperware Party Massacre die finale Staffelphase mit einer unsäglich nichtssagenden und langatmigen Episode ein, die keinerlei Vorfreude auf die verbleibenden Episoden aufkommen lässt. Stattdessen kann man stellenweise nur den Kopf schütteln ob der forcierten Storyentwicklung, bei der Logik und Sinnhaftigkeit teilweise völlig außen vor gelassen werden.

"I am a god."

Denn mal ehrlich, der einzige Grund, wieso man "American Horror Story" zu diesem Zeitpunkt noch anschauen kann, lässt sich in einem Wort zusammenfassen: Dandy. Seine grauenhafte, morbide, wahnsinnige Vision von sich und der Welt ist purer Horror, der in seiner Perversität gleichzeitig auch wieder faszinierend ist. Finn Wittrock glänzt weiterhin in dieser perfiden Rolle und spielt Dandy mit genau der richtigen Mischung aus Charme, Kindlichkeit, Irrsinn und Größenwahn. Wenn Dandy sich eine tote siamesische Zwillingsmutterpuppe zusammennäht oder ein grauenhaftes Blutbad bei einer Tupperparty anrichtet, und dabei mit schicken Klamotten und einem makellosen Lächeln durch die Welt spaziert, läuft einem ein Schauer über den Rücken. Und dennoch: Dandy ist mittlerweile der einzige Charakter bei "Freak Show", für dessen Geschichte man noch wirkliches Interesse aufbringen kann.

So bietet die Szene zwischen Dandy und Regina im Spielzimmer den einzigen wirklichen Höhepunkt der Folge. Dandys mittlerweile ausgeprägter Größenwahn, seine absolute Gewissheit, dass er über dem Gesetz steht, ja ein Gott unter Menschen ist, zeigt sich in seinem ganzen Tun. Daneben wirken seine kindlichen Ausbrüche, wenn er zum Beispiel mit Regina ein blutiges Plantschbad nehmen will, völlig bizarr. Doch lange hält die Sympathie für seine Spielgefährtin nicht an. Geschickt besticht Dandy den Polizisten, den Regina um Hilfe gebeten hat, mit der Aussicht auf eine Gage von einer Million Dollar – und der Cop erschießt Regina ohne mit der Wimper zu zucken. Nun hat Dandy einen nützlichen Handlanger, den er auch gleich dazu nutzt, um Jimmy an die Polizei auszuliefern und ihm seine Morde anzuhängen.

"I would rather one of us truly live than both of us withering away together."

Womit wir zum restlichen Geplänkel der Episode kommen. Das Drama um den betrunkenen Jimmy bleibt sehr oberflächlich und unsäglich banal, denn mit seinem widerlichen Verhalten schießt sich Everybody's Darling diesmal selbst glorreich ins Aus. Da hilft es wirklich nicht, wenn nebenbei noch mit einem Fetisch für fettleibige Frauen gespielt wird (und das nicht gerade sehr niveauvoll). Wenn man zu diesem Zeitpunkt noch Sympathie für Jimmy übrig hatte, dürfte es damit spätestens jetzt vorbei sein und genau hier setzt das Problem an: Die Drehbuchautoren schreiben einen Charakter in Grund und Boden, lassen ihn dann verhaften und erwarten nun vom Publikum, dass sich dieses für das Schicksal des Charakters erwärmt. Doch so funktioniert das nicht. Tatsächlich ist es einem zu diesem Zeitpunkt völlig egal, was mit Jimmy passiert. Daran ändert auch die sehr intime Szene zwischen Jimmy und den Tattler-Zwillingen nichts, in der Jimmy wenigstens etwas Sensibilität beweisen darf.

Die Tattler-Schwestern also. Nachdem sie in der letzten Episode quasi vergessen wurden, spielen Bette und Dot diesmal wieder eine prominentere Rolle, doch wer kann sich wirklich dafür begeistern? Zum einen ist es nahezu eklatant, mit welcher Naivität Bette und Dot dem völlig hanebüchenen Lügenkonstrukt von Stanley und Elsa glauben (Ein Stardoktor, der seine Untersuchungen in einem alten Schuppen mitten im Sumpf von Florida durchführt? Ernsthaft?) – und das, nachdem sie doch zu Genüge gesehen haben, wie hinterlistig Elsa ist. Zum anderen ist es schwer für den Zuschauer, für Charaktere Mitgefühl aufzubringen, die so stiefmütterlich behandelt werden und immer nur dann auf der Bildfläche erscheinen, wenn es gerade passt. Bei Bette und Dot gab es keine wirklich kontinuierliche Entwicklung, stattdessen wurden bestimmte Dinge einfach erzwungen, um die zwei irgendwie in die allgemeine Story zu integrieren (man erinnere sich beispielsweise an ihren kurzen Aufenthalt in der Mott-Villa). Diesmal erkennen die Zwillinge zwar, dass sie doch nicht getrennt werden wollen und kehren zurück zur Freak Show. Doch damit sind sie wieder zurück am Ausgangspunkt, irgendwie in der Story drin, aber keinen Deut weiter.

"We wear our shame on the outside. There's no hiding it. It's just who we are. But you? You carry your shame on the inside."

Ein ähnliches Problem haben wir bei Dell. Auch hier ist die Charakterzeichnung so unglaublich sprunghaft, dass man diesen Charakter nicht mehr ernst nehmen kann. Sahen wir ihn zuerst noch als einen starken Mann, der mit Stolz über seine hermaphroditische Ehefrau Desiree sprach, hat sich seine insgeheime Homosexualität nun zu einer derartigen Scham entwickelt, dass er sich deswegen umbringen will. Woher kommt das auf einmal? Oder ist es doch sein schlechtes Gewissen bezüglich Ma Petite? Man weiß es nicht – zu inkonsequent, zu widersinnig handelt Dell, wie überhaupt die meisten Charaktere in dieser Serie. Tatsächlich ist zu diesem Zeitpunkt Stanley, trotz seiner Eindimensionalität, noch der einzige Charakter, der einigermaßen konsequent und nachvollziehbar handelt – und das will was heißen.

So bleibt am Ende leider nur ein ernüchterndes Fazit: Die Staffel macht immer weniger Spaß und vor allem immer weniger Sinn. Ryan Murphy und sein Team wirken ziellos, bauen mal hier einen großen Twist ein, erzwingen da mal wieder eine neue "Charakterentwicklung" und betreiben letztlich unwahrscheinlich inkonsequentes Storytelling ohne jeglichem Reiz. Die Freak Show ist ein Sammelsurium von Charakteren, deren Schicksale immer nichtssagender werden und als Zuschauer ist es zu diesem Zeitpunkt schwierig, sich hier noch für irgendetwas zu begeistern.

Maria Gruber - myFanbase

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