Bewertung

Review: #5.02 Madrigal

Foto: Jonathan Banks, Breaking Bad - Copyright: 2013 Sony Pictures Television Inc. All Rights Reserved.
Jonathan Banks, Breaking Bad
© 2013 Sony Pictures Television Inc. All Rights Reserved.

Nach der intensiven und emotional aufwühlenden Auftaktfolge zur finalen Staffel "Breaking Bad", folgt mit der kurz "Madrigal" betitelten zweiten Folge eine Episode, bei der die zentralen Hauptfiguren Jesse und Walter eher im Hintergrund agieren und der sich stetig weiter in den Vordergrund arbeitende Mann fürs Grobe Mike im Mittelpunkt steht. Allein schon für diese Entscheidung muss den Machern gratuliert werden, aber auch sonst bietet "Breaking Bad" gewohnt hochklassige Unterhaltung, auch wenn die Folge nicht ganz die Qualität des Staffelauftakts erreicht.

"Das letzte ist eigentlich nur Ketchup"

Die Folge beginnt mit einer Szene aus der Madrigal Elektromotoren GmbH in Hannover und so kommt es, dass in einer amerikanischen Serie wieder einmal deutsch gesprochen wird. Es ist schon unfreiwillig komisch, wenn amerikanische Darsteller versuchen deutsch zu sprechen. In Serien, wie "Alias - Die Agentin" kam dies öfters vor und selten wurde es überzeugend gelöst. In dieser Folge versteht man zumindest den Inhalt der gesprochen deutschen Worte, trotzdem wirkt die ganze Szenerie ziemlich laienhaft und dilettantisch. Einen Vorwurf, den man den Machern von "Breaking Bad" nicht oft machen kann. Hier hingegen ist er angebracht. Storytechnisch bekommt man nun einen kurzen Einblick in den weit verzweigten Hintergrund von Gus' Geschäften und sieht dabei zu, wie das mühsam aufgebaute Imperium langsam in sich zusammenfällt.

"You want me to kill every man on this list?"

Die tragende Figur der zweiten Folge ist, wie bereits erwähnt, Mike, der wieder mal damit beschäftigt ist, den ganzen angehäuften Dreck wegzuräumen und dies macht er mit seiner altbekannten stoischen-leicht genervten Art, die dazu führt, dass trotz all der Düsternis die über diese Serie hinein bricht doch noch ab und zu mal gelacht werden darf. Witzig sind die Ereignisse, mit denen sich Mike nun konfrontiert sieht, aber keineswegs. Zentral ist sein Konflikt mit der ersten neu eingeführten Figur dieser Staffel, bei der es sich um eine Frau namens Lydia handelt, die wohl auch einen nicht unbedeutenden Part im Gesamtkonzept von Gustavo Fring darstellt und es nun mit der blanken Angst zu tun bekommt und Mike deshalb darum bittet alle zentralen Handlager von Gus umzubringen. Es ist zunächst einmal schön zu sehen, dass diese größtenteils von Männern dominierte Serie nun durch einen neuen Frauencharakter aufgewertet wird. Wirklich einschätzen kann man Lydia aber noch nicht, dafür bleibt es auch noch zu unklar, welche Stellung sie in der Vergangenheit bekleidete und was ihre zentralen Aufgaben sind. Fest steht nur, dass sie eine liebende Mutter ist und Zugang zu nützlichen Chemikalien hat, was sie in Zukunft wohl noch sehr wertvoll werden lässt.

"Forget your handcuffs?"

Mike verschließt sich der Bitte Lydias und gibt ihr zu verstehen, dass man seinen Männern trauen kann und eine Komplettauslöschung deshalb keinesfalls in Frage kommt. Doch an die getroffene Abmachung hält sich Lydia keinesfalls und so engagiert sie selbst einen Auftragskiller, der Mike gleich mit umlegen soll. Die Szene, in der Mike in die Falle gelockt werden soll, den Plan aber sofort durchschaut und den Auftragskiller selbst umlegt, ist wieder ein denkwürdiger Mike-Moment, bei dem auch die ganze Inszenierung wieder äußerst gelungen ist. Das Spannende an dieser Figur ist seine ungeheure Ambivalenz: Einerseits der liebende Großvater und väterlich-sympathische Typ, andererseits ein gnadenloser Killer, der im Grunde überhaupt keine Lust auf seinen Job hat, von diesem aber auch nicht mehr los kommt, da er einfach zu tief drin steckt, als dass es für ihn noch irgendeine Form von Erlösung geben könnte. Neben dem geplanten Attentat auf seine Person, muss sich Mike in einem Verhör auch noch mit einem ihm gnadenlos ausquetschenden Hank auseinandersetzten. Im Verhör verhält sich Mike aber gewohnt ruhig und geht auf die Provokationen seitens Hanks nicht weiter ein. Das Aufeinandertreffen dieser beiden so starken Persönlichkeiten zählt wohl zu den besten Szenen dieser Folge und bietet auch humoristisch einige genial-witzige Momente. Handfeste Beweise hat Hank gegen den ehemaligen Polizisten Mike aber noch nicht und so kann Mike (vorerst) die Befragung als freier Mann verlassen.

"You are a time bomb"

Der dritte Krisenherd mit dem sich Mike in dieser Folge auseinandersetzten muss, ist Walter White höchstpersönlich, der versucht Mike mit in den Wiederaufbau des Drogenimperiums einzubeziehen. Anders als Jesse hat Mike Walter aber längst durchschaut und vergleicht ihn mit einer tickenden Zeitbombe, die jederzeit alles in Stücke reißen könnte. Ein durchaus passender Vergleich für den immer gnadenloser agierenden Walt, dem es schließlich ohne großes zutun gelingt Mike für sein Team zu gewinnen. Nach all den Ereignissen in dieser Folge, zu denen auch die Einfrierung seiner Geldmittel gehörte, fällt Mike schließlich den Entschluss, dass er aus der ganzen Sache nicht mehr rauskommt und Walter schließlich seine letzte wirkliche Alternative darstellt. Dass Mike aber Walter wirklich als seinen neuen Chef akzeptiert und duldet ist unwahrscheinlich und man kann davon ausgehen, dass Mike Walt von innen heraus zerstören will, um Jesse und auch sich selbst zu retten.

"There is gold in the streets"

Die eigentliche Hauptfigur der Serie, Walter White, war zwar nicht die alles dominierende Figur dieser Folge, trotzdem war er in einigen Szenen zu sehen, die weiter Einblick in dessen finstere Seele gewähren. Ob er nun gleich zu Anfang Jesse weiter gnadenlos manipuliert und diesen so weit bringt, dass er sich schluchzend bei ihm entschuldigt; er seine kleine Tochter in den Armen hält oder er im Bett mit seiner Frau liegt: In jedem dieser Momente fröstelt es einen und man beginnt diesen Menschen nicht nur zu hassen, sondern regelrecht zu verabscheuen. Die Gnadenlosigkeit mit der er in jede seiner genau durchkalkulierten Aktionen durchplant und die Art und Weise, wie er die Menschen um sich herum manipuliert, sind schon erschreckend und von einer durchtriebenen Kälte geprägt. Durch den Tod von Gus hat er ungeheures Selbstvertrauen getankt und fühlt sich momentan wie der König der Welt, dem niemand etwas anhaben kann. Ganz stark war unter anderem die Szene mit Saul, in der dieser die Lage Walts mit einem Lotteriegewinn vergleicht: Walt hat im Lotto gewonnen, er ist trotz aller Unwahrscheinlichkeit am Leben und er könnte sich nun zurückziehen, wieder ein normales Leben zusammen mit seiner Familie führen, doch Walt will mehr: Er will Macht und er will, dass die Leute um ihn herum nach seiner Pfeife tanzen. Es geht gar nicht mehr primär ums große Geld machen: Für diesen Menschen sind schon längst andere Dinge viel wichtiger geworden.

"When we do what we do for good reasons, then we've got nothing to worry about"

Wie auch schon die letzte Folge, endet diese mit einer grausamen Walter/Skyler-Szene, die in ihrer Ekelhaftigkeit neue Maßstäbe setzt. Wie Walt seine eigene Frau emotional zu Boden drückt, sie vollständig bricht und dabei noch ein Hohelied auf die Familie singt, ist schlichtweg widerwertig. Dieser Mann ist gefährliches Monster, welches dabei ist, alle in seinem Umfeld mit in den Abgrund zu reißen.

Fazit

Wie bei "Breaking Bad" üblich, sind die zweiten Folgen immer äußerst ruhig erzählt und es brodelt vielmehr unter der Oberfläche. Die Ergebnisse aus den Geschehnissen sind, dass Mike nun mit Walt und Jesse zusammenarbeitet, eine neue Frauenfigur eingeführt wurde, die wohl noch eine tragende Rolle einnehmen wird und dass Hank immer weiter in die dunklen Machenschaften des Gustavo Fring und seiner noch lebenden Hintermänner eintaucht. Dazu bekommen wir eine Skyler präsentiert, die sich emotional und seelisch am Abgrund befindet und mit einem Mann das Bett teilen muss, der dabei ist jede Art von Menschlichkeit vollständig über Bord zu werfen. Insgesamt eine gute Folge, die in Sachen Intensität aber nicht ganz an die Pilotfolge heranreicht und deshalb gute sieben Punkte erhält.

Moritz Stock - myFanbase

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