Bewertung

Review: #5.16 Felina

"I did it for me. I liked it. I was good at it. And I was really... I was alive."

Es ist vollbracht. Nach fünf oft nervenzerreißenden, verstörenden und brutal intensiven Staffeln kommt das zum Fernsehphänomen avancierte Drama mit der Folge "Felina" zu einem finalen Schlusspunkt. Viel wurde spekuliert und diskutiert über die möglichen Ereignisse in dieser allerletzten Folge und die Erwartungshaltung war enorm. Finalen Folgen kommt dabei immer eine ganz besondere Stellung zu, ist dies doch die Folge auf die die vergangenen Jahre hingearbeitet wurde und die einer Serie in letzter Sekunde noch ziemlichen Schaden zufügen kann. Manche Serien werden sogar stellenweise nur noch auf die allerletzte Folge reduziert. Vince Gilligan wird dies wohl eher nicht passieren, verzichtet er doch größtenteils auf große kontroverse Momente, Zweideutigkeiten oder jegliche Form von offenem Ende. Gilligan nutzt das Finale vielmehr, um alle offenen Enden zusammenzuführen und die Reise des Walter White zu einem Schluss zu bringen. Dabei geht es tatsächlich vor allem um die Figur des Walter White, alle anderen Charaktere bekommen zwar auch einen mehr oder weniger zufrieden stellenden Schlusspunkt, sind insgesamt aber eher Randerscheinungen auf dem letzten Weg des ehemaligen Chemielehrers und Drogenkönigs.

Viele haben von dieser Folge wohl ein großes, laut krachendes Spektakel erwartet, was zu dieser Serie aber überhaupt nicht gepasst hätte, die doch stets aus der bedrohlichen Ruhe vor dem Sturm die größte Intensität und Spannung zog. Einen großen Knall gibt es zwar auch, doch größtenteils ist diese Folge eine sehr ruhig und konzentriert erzählte Angelegenheit. Man folgt Walter auf seinen letzten Stationen, anhand derer er versucht, schlussendlich doch noch irgendeine Form von Erlösung zu finden. Er schafft es mit Hilfe eines seiner klassischen Heisenberg-Tricks sich die Möglichkeit zu schaffen, das verbliebene Geld nach seinem Tod doch noch seiner Familie zukommen zu lassen, er kann sich in aller Offenheit bei seiner Frau entschuldigen, seine Tochter noch einmal sehen und ebnet dann schließlich auch noch Jesse den Weg in die Freiheit. In der allerletzten Einstellung legt er sich nach erfolgreich getaner Arbeit dann schließlich zum Sterben und findet endlich seine Ruhe.

Vince Gilligan hat sich also dazu entschlossen, der Hauptfigur Walter White, diesem Soziopathen, eine kleine Form von Erlösung zu gewähren, die einerseits im Tod liegt, andererseits aber auch darin, dass er mit dem Wissen sterben konnte, am Ende vieles ins Reine gebracht zu haben. Er stirbt sicherlich nicht als Held, sondern vielmehr als irgendwie geartete Form von Legende. Die einzige wirklich kontroverse Frage, die sich aus diesem Serienfiale ergibt, wäre die, ob diese Figur ein solches Ende wirklich verdient hat. Aber vielleicht ist dies auch die falsche Frage, denn es geht vielmehr darum, ob dieses Ende konsequent und passend für die Serie im Allgemeinen und die Entwicklung des Walter White im Speziellen ist, und hier muss deutlich attestiert werden, dass das von Vince Gilligan gewählte Ende genau dies ist. Es schließt einen Bogen um die ganze Serie und zeigt wieder eindrücklich, dass man es sich bei der Figur des Walter White nicht so leicht machen kann. Dass man hier mit einfachen moralischen Einstufungen nicht weit kommt. Dass diese Figur nicht anfangs nur ein unterbezahlter, leicht trottlig wirkender Verlierer war, der zum Monster transformierte. Dass es hier nicht einfach eine schlichte Entwicklung vom Netten und Guten, zum absoluten Bösen gab, sondern dass beides mit reinspielt, die Heisenberg-Seite und die Walter-White – Chemielehrer-Seite.

Die stärkste Szene dieses Finales war sicher die, in der Walter White, der Meister des Lügens und Manipulierens, endgültig ehrlich zu sich selbst ist und offen zugibt, dass es ihm vor allem um Gefühle der Macht und Akzeptanz ging: Dass er es geradezu genossen hat, ein gefürchteter Drogen-Kingpin zu sein. Er hört auf davon zu schwafeln, dass er all dies nur für seine Familie getan hat, und spricht seinen wahren Antrieb aus. Erst in dem Moment, als er alles verloren hatte, als er mit nichts mehr da stand, realisierte er, was aus ihn geworden war und es begann erneut eine Transformation. Der Walt im Serienfinale ist ein Geläuterter, einer der endlich begriffen hat, wie sehr er sein Umfeld verseucht und zerstört hat. Er wird wieder teilweise zum Chemielehrer Walter White, der aber handelt wie sein Alter-ego Heisenberg. Vieles verschwimmt hier und vieles kehrt wieder zum Anfang zurück, was aber nicht heißt, dass Walt wieder zum Sympathieträger wird, mit dem man Mitleid hat. So leicht hat es einem diese Serie nie gemacht und tut es auch auf den letzten Metern nicht.

Vince Gilligan erzählt die Reise des Walter White also konsequent und ohne übertriebene Härte zu Ende und kreiert damit ein passendes und zufriedenstellendes Finale für die Figur des Walter White. Doch was ist mit den weiteren zentralen Charakteren dieser Serie, zu denen vor allem Skyler und Jesse gezählt werden dürfen. Schafft es Gilligan auch hier einen passenden Schlusspunkt zu setzen? In dieser Hinsicht wird es schwierig und man kommt besonders als Freund der Figur des Jesse nicht darüber hinweg, dass dieser leider nur eine kleine Randerscheinung in diesem komplett auf Walter fokussierten Finale war. Jesse bekommt zwar auch seinen erlösenden Moment, in dem er laut schreiend in die Freiheit düst und niemandem gönnt man dies mehr, doch der ganz große Showdown zwischen ihm und Walt war dann doch ein kleiner, der zwar von hoher Intensität geprägt war, von dem man sich dann aber vielleicht doch ein wenig mehr versprochen hat. Jess als zweite große Hauptfigur der Serie darf leider in diesem Finale nicht mehr als drei Sätze von sich geben, vielleicht ist das konsequent, gab es zur Figur des Jesse wohl auch nicht mehr zu viel zu erzählen, was nicht in verschiedenen Variationen schon erzählt wurde, trotzdem war es schade, dass Gilligan im Finale den Fokus zu sehr von allen anderen Figuren wegzog und diese immer nur im Spiegel des Geistes Walter White darstellte, der einen nach dem anderen noch ein letztes Mal heimsuchte. Auch Skyler taucht im Finale nur kurz auf, ihre Zukunft ist ungewiss, aber sie hat eine Zukunft, ihr Leben wird weitergehen, ob sie sich je von dem Geist des Walter White befreien kann, ist aber ungewiss.

Inszenatorisch war diese Folge mal wieder eine Wucht: Das Spiel mit filmischen Einstellungen und musikalischer Raffinesse beherrscht diese Serie wie keine andere und zeigt dies auch in der allerletzten Folge noch einmal eindrücklich. Selbst auf den "Breaking Bad"-typischen Humor wurde schlussendlich nicht gänzlich verzichtet und dass man auch nochmal daran gedacht hat, mit Skinny Pete und Badger zwei "Breking Bad"-Kultfiguren der ersten Stunde auftauchen zu lassen, ist schlichtweg großartig.

Fazit

Es wird wohl noch eine ganze Weile über diese Folge und die Serie im Allgemeinen diskutiert und der Frage nachgegangen werden, ob das Finale einer solch prägenden und oft so stark erzählten Serie gerecht werden konnte. Hier soll dafür plädiert werden, dass eine ganze Serie als vollständiges Kunstprodukt betrachtet werden soll, bei dem diese eine Folge ein Baustein im Gesamtkonzept darstellt, und dieser Baustein fügt sich letztlich sehr gut in das Gesamtkonstrukt ein und lässt den Zuschauer mit dem Gefühl zurück, ein rundes und stets durchdachtes Gesamtkunstwerk gesehen zu haben. Makellos ist dieses Finale, wie auch die ganze Serie sicher nicht, beeindruckend und erinnerungswürdig aber ohne Frage. "Breaking Bad" wird eine Lücke im seriellen televisionären Erzählen hinterlassen, die wohl nicht so schnell wieder gefüllt werden kann.

Moritz Stock - myFanbase

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