Bewertung

Review: #5.15 Die Rolle seines Lebens

Während die letzte Episode von "Chicago Med" ein wenig unter dem Motto "Love is in the Air" gestanden hat, hat diese Folge definitiv auch ein Motto, nämlich das der seltsamen Patientenfälle. Aber auch seltsam kann ja unterhaltsam sein...

In dieser Woche muss man wirklich unterstreichen, dass der Fokus ganz eindeutig auf den medizinischen Aspekten lag, da kaum eine Teilhandlung auf private Nebenschauplätze Einfluss genommen haben. Die Ausnahme ist hier Dr. Will Halstead, den ich daher auch gleich als erstes abarbeiten möchte. Das naive Dummchen landet mit seiner Insta-Liebe zu Dr. Hannah Asher ganz schön gewaltig auf dem Hosenboden. Was für eine Überraschung, dass auf eine Süchtige kein Verlass ist! Zwar erfahren wir nicht, was Hannah tatsächlich getrieben hat, als sie angeblich ihre Patienten an andere Kollegen übergeben wollte. Dennoch reagiert Will auf ihre Unzuverlässigkeit völlig übertrieben. Natürlich kann er sie nicht in Handschellen legen und persönlich in der Entzugsklinik vorbeibringen, aber eine wirkliche Chance hat er ihr eben auch nicht gegeben, da er ihr stattdessen gleich einen Drogenspürhund auf den Hals hetzt. Wie es nun an dieser Front weitergehen soll? Schwierig. Es ist nicht abzusehen, ob die Produzenten Hannah länger dabei behalten wollen oder ob sich ihre Geschichte schon wieder dem Ende entgegen neigt. Bis jetzt steht auf jeden Fall fest, dass die Handlung Will in seiner persönlichen Entwicklung nichts gebracht hat. Weder sein unsinniger Kampf für Drogenabhängige, noch seine unglaubwürdige Blitzliebe zu Hannah haben überzeugen können. Mit seiner Figur hat man sich wirklich festgefahren.

Nun aber zu den seltsamen Patientenfällen, bei dem der gemeinsame von Dr. Natalie Manning und Dr. Daniel Charles definitiv den Vogel abgeschossen hat. Von Anfang bis Ende waren meine Augen nur riesige Bauklötze, da sich der Fall eines Schauspielers, der einen Vater mimen soll und sich dabei so in die Rolle hineinsteigert, dass er sich sogar vergiftet, um den tatsächlichen Tod zu sterben, absurd entwickelt hat. Immer wenn ich dachte, verrückter kann es nicht mehr werden, haben sich die Produzenten gedacht: Doch, geht noch! Das war sicherlich nicht langweilig anzusehen, aber es war dennoch kein Patientenfall, den ich bei "Chicago Med" sehen will. Klassisch notfallmedizinisch wurde nichts erreicht und die psychische Ebene war nicht durch konkrete Krankheitsbilder unterstützt, weil sich stattdessen bei mehreren Figuren Vernachlässigungen summierten, so dass es insgesamt ein wirrer Haufen war, in dem es tatsächlich nur ein Opfer gab: Harper, die von allen belogen wurde. Um ihr tat es mir wirklich leid, aber der Rest hat mich leider nicht packen können.

Der gemeinsame Fall von April Sexton und ihrem Bruder Dr. Noah Sexton war in Ansätzen deutlich besser, aber meiner Meinung nach zeitlich falsch gesetzt. Diesmal sollen die Selbstzweifel von Noah ergründet werden, was im Prinzip sehr realistisch ist, weil jeder einmal an den Punkt kommt, wo er mit sich selbst hadert, aber spätestens ab dem Moment, wo er unter Dr. Crockett Marcels Fittiche gekommen ist, wurde die Tür hierzu zugeschlagen. Marcel ist ein rücksichtsloser und riskanter Mediziner, der sich stets selbst herausfordert, um das Maximale aus sich herauszuholen. In genau diese Schule geht nun Noah, der sich vom Notfallmediziner zum Traumachirurgen entwickeln will und da soll er sich ausgerechnet von einem Mann mit einer Überdosis an Herzmedikamenten aus dem Tritt bringen lassen? Zumal die Verunsicherung bei Noah schon an den Punkt anfing, wo er mit April das Krankenhaus verlassen hat, also als seine medizinischen Fähigkeiten noch nicht einmal getestet worden sind. Das hat in meinen Augen nicht mehr zu der Figur gepasst, die zuletzt aus ihm gemacht worden ist. Zu dem Noah aus den ersten Staffeln definitiv, aber nicht zu Noah aus Staffel 5. April war ihm nervlich, fachlich und gesellschaftlich dermaßen überlegen, dass es leider lächerlich wurde. Der Vollständigkeit halber muss ich hier noch erwähnen, dass die Reihe der seltsamen Fälle durch einen Mann, der ständig laufen muss, um seinen Blutdruck hochzuhalten, definitiv auch hier bedient worden ist.

Marcel und Dr. Ethan Chois gemeinsamer Fall wäre in jeder anderen Episode wohl nicht seltsam dahergekommen, da es um ein ethisch wirklich wichtiges Thema ging, aber in der Kombination aller Teilhandlungen wirkte es wie das kleine Sahnehäubchen. Die beiden haben es mit einem Strafgefangenen zu tun, bei dem die tödliche Dosis gewaltig schiefgelaufen ist, da ihm ein falscher Inhaltsstoff das Gewebe absterben lässt. Diese Entwicklung wurde bildlich eindrucksvoll unterstützt, was ebenfalls für "Chicago Med" unüblich ist, da von zu expliziten Darstellungen von medizinischen Fällen und Operationen doch oft abgesehen wird. Aber trotz allem war es doch der interessanteste Fall. Für Europäer ist das Thema Todesstrafe ohnehin sehr brisant, daher war es gut, dass sich hier ebenfalls dagegen ausgesprochen wurde. Es hat mir auch gefallen, dass es weniger um Hobbs' konkretes Schicksal ging. Er hätte noch 1000 Leute mehr umbringen können, es ging hauptsächlich darum, dass man in einem intakten Ethikverständnis jedem das Recht einräumt, in Würde zu sterben, denn ansonsten ist man auch nicht besser als der Verurteilte selbst. Dass Ethan sich zunächst dagegen ausgesprochen hat, den Häftling eines deutlich angenehmeren Todes sterben zu lassen, passte optimal zu ihm. Er ist eben der folgsame Soldat und er ist ein Arzt, der jede Regel zur Absicherung befolgt. Wenn ausgerechnet er sich dann letztlich auf Marcels Seite schlägt, dann sind wir weit gekommen.

Wir sind damit auch weit gekommen in einer möglichen Freundschaft der beiden Männer. Ethan will gerne mit Marcel etwas trinken gehen, um das gemeinsame Erlebnis zu verarbeiten, was April natürlich wieder die Angst um ihr Geheimnis vor Augen bringt. Es wird deutlich, dass wir vom Hochgehen der Bombe nicht mehr weit entfernt sind, denn Ethan und April sind aktuell wieder sehr glücklich und auch die beiden Männer haben es an einen Punkt voller Respekt geschafft, so dass die Fallhöhe gerade am höchsten ist, denn so wird sich Ethan von gleich zwei Seiten betrogen fühlen. Das will ich möglichst bald hinter mir haben, aber freuen tue ich mich dennoch nicht drauf. Ich bin ja keine Masochistin und will Leute leiden sehen.

Fazit

"Chicago Med" kommt in dieser Woche mit einigen seltsamen Patientenfällen daher, die den gesamten Eindruck der Episode wesentlich bestimmt haben. Leider war jedoch nicht viel Interessantes dabei, stattdessen schien es mehr um Effekthascherei und falsch platzierte Charakterentwicklungen zu gehen. Diese Episode muss sich qualitativ im mittleren Teil der Bewertungsskala einordnen lassen.

Lena Donth – myFanbase

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