Bewertung

Review: #5.19 Verleugnung

Wenn diese Staffel einen Preis für die Handlung bekommen würde, die am meisten in die Länge gezogen worden ist, dann müssen wir hier wohl Dr. Ethan Choi und April Sexton nennen. Ihr Kuss mit Dr. Crockett Marcel ist weit in der ersten Staffelhälfte passiert, doch ans Licht gekommen ist es erst vor wenigen Wochen. Wie ein Damoklesschwert hing die Wahrheit über jeder Episode, daher war ich erleichtert, als es endlich in den Boden gerammt worden ist. In dieser Episode wurde es nun noch tiefer gedrückt, denn es wird ein entscheidender Schritt getan, der den beiden Figuren einzeln oder möglicherweise weiterhin zusammen eine neue Richtung geben kann.

April hat in der letzten Episode bei Ethan den schlafenden Löwen geweckt. Wo er zunächst alles in sich hineingestopft hat, um sich dem Schmerz nicht stellen zu müssen, liegt nun alles auf dem Serviertablett. Statt sich aber um den Kern des Betrugs zu kümmern, kanalisiert er seine Gefühle in Wut gegen Marcel. Ich glaube aber nicht, dass er damit den einfachen Weg gewählt hat. Zum Betrug gehören immer zwei Personen und in der Regel wiegt der des eigenen Partners immer schlimmer, da es die Person ist, der man am meisten vertraut hat. In diesem speziellen Fall kann man eben auch Marcels Betrug nicht kleinreden, denn er war nicht irgendein Kollege, sondern einer, der über die vergangenen Wochen und Monate hinweg eine Beziehung zu Ethan aufgebaut hat, die man entfernt als Freundschaft bezeichnen könnte. Marcel wusste, was er getan hat und hat dennoch nicht nach Abstand gesucht, weil er vermutlich selbst einen Freund brauchte. Im Rückblick wird er sich seines Fehlers aber bewusst geworden sein, denn er hat sich nicht umsonst als Boxsack für Ethans Wut zur Verfügung gestellt. Daher war diese Auseinandersetzung unvermeidlich und vielleicht sogar hilfreich. Ich finde es schwer einzuschätzen, ob man die Beziehung der beiden noch kitten kann, aber es wäre zumindest hilfreich, dass wieder Professionalität einkehrt, um nicht fahrlässig Patientenleben zu gefährden.

Ohne Frage hat sich Ethan diesmal wenig professionell verhalten. Er hat damit arg an einen Dr. Will Halstead 2.0 erinnert, den diese Episode wohl brauchte, da der echte Will diesmal handzahm war. Er hat ungefähr jeden Fehler mitgenommen, den man als Arzt so machen kann. Ich würde ihm gerne edle Motive unterstellen, weil er einen Jugendlichen vom Selbstmord abhalten wollte, doch letztlich hat er sich scheinbar auch dort verrannt, was unterstreicht, dass alles von seiner Wut bestimmt war. Wenigstens hat er sich eine Lektion von Dr. Daniel Charles erteilen lassen, der ohnehin immer ganz genau weiß, wenn die Ärzte ihr Privatleben mit in die Fälle nehmen. Ethan stellt sich daraufhin endlich dem zweiten Betrug, dem durch April. Seine Entscheidung, die Beziehung zu beenden mit der Begründung, dass April ihn gar nicht liebe, mag etwas überzogen sein, da ich ihr niemals fehlende Gefühle für ihn unterstellen würde, aber so ein harter Schritt war nötig. Die beiden lieben sich, aber ihre Beziehung war noch nie von absoluter Ehrlichkeit geprägt, sonst würden nicht immer äußere Umstände zu Störfaktoren werden. Entweder die beiden gehen nun endgültig auseinander, was vielleicht sinnvoll wäre, da es wie bei Dr. Natalie Manning und Will zu viel verbrannte Erde gibt oder aber sie raufen sich noch einmal neu zusammen.

Natalie ist aber ein gutes Stichwort in Bezug auf Marcel. Hier steuern wir für alle sichtbar auf die nächste Liebesgeschichte hin. Das wird diesmal wieder mit simplen Mitteln unterstrichen. Natalie hat nämlich längst erkannt, dass Marcel nach außen eine Fassade aufrechterhält, die aber wenig mit dem gemeinsam hat, was tatsächlich in ihm vorgeht. Sie spricht zwar immer wieder an, dass er sich nur etwas vormacht, doch Marcel beharrt auf ihre oberflächliche Bekanntschaft, was Natalie noch akzeptiert. Als alleinerziehende Mutter steht es sicherlich nicht auf ihrer To-Do-Liste, den Playboy der Stadt zu knacken, aber ich denke, schon bald wird ein Punkt erreicht sein, an dem es kein zurück mehr gibt und ich bin sehr gespannt, wer von beiden dann die treibende Kraft sein wird. Es wäre doch spannend, wenn es mal die Frau ist, die sich nimmt, was sie will.

Erfreulicherweise wurde ein Wunsch von mir erfüllt, mit dem zweiten Gastauftritt von Michael Goodwin zeigt sich, dass er nicht so schnell wieder im Erdboden versinken soll. Einst kam auch Dr. Robin Charles ans Chicago Med, um als Epidemiologin ein ganz anderes medizinisches Feld ins Auge zu nehmen. Michael ist nun kein Doktor, er ist Vertreter von medizinischen Gerätschaften, die er natürlich gewinnbringend an Mann und Frau bringen will. Damit gehört er zu den eher finanziell angetriebenen Figuren der Serie, wie es auch Gwen Garrett oder Dr. James Lanik sind. Das ist Sharon Goodwin natürlich ein Dorn im Auge, denn sie befindet sich immer im Spagat zwischen menschlichen und finanziellen Interessen, mit einer starken Tendenz zu Ersterem. Nun hat sie eins ihrer Kinder endlich bei sich, aber sie muss feststellen, dass sie ihr "Baby" darin nicht mehr wiedererkennt. Hier wird nur leicht etwas angestoßen, aber ich bin gespannt, in welche Richtung es uns führt.

Will hatte ich vorhin schon angesprochen, doch dieser hat diesmal gar keine eigenständige Handlung, da es im Prinzip um Elsa Curry ging. Und diese Handlung muss man knapp als absolut schwachsinnig abhaken. Bereits zum Zeitpunkt, als sie noch gar nicht von der intimeren Beziehung von Will und Dr. Hannah Asher wusste, hat sie sich mit ihren haltlosen Ideen, dass die Gynäkologin aufgrund ihrer überstandenen Abhängigkeit keine gute Ärztin mehr sein, schon disqualifiziert. Später war ihr Handeln dann ganz klar von Eifersucht bestimmt, immerhin wissen wir, dass sie für Will schwärmt. Zwar wurde gut unterstrichen, dass Elsa nicht mehr nur auf die medizinische Seite guckt, sondern auch ihre Gefühle und Instinkte einwirken lässt, aber dennoch hat sie sich vorwitzig und respektlos verhalten. Ich verstehe auch nicht, warum man in Bezug auf Hannah ihre Abhängigkeit immer wieder vorbringt, um dann aber nicht in die Tiefe zu gehen. Zu keinem Zeitpunkt des Falls bestanden wirklich Bedenken gegenüber ihrer ärztlichen Qualität, von daher sind diese Zweifel einfach abzuhaken, da sie zu nichts führen. Ich würde mir wünschen, dass man bei Hannah wirklich hinter die Fassade schauen sollte, wenn man sie als Figur behalten will, denn bisher ist sie austauschbar ohne Ende.

Abschließend kommen wir noch zu meiner Lieblingshandlung dieser Episode. In meiner letzten Review habe ich es schon vermutet, nun auch miterleben zu dürfen, wie Maggie Lockwood und Ben Campbell Pflegeeltern vom süßen Auggie werden, war ein echtes Highlight. In der gesamten Episode wurde deutlich, dass Maggie schon längst die professionelle Ebene zum Patienten hinter sich gelassen hat und nahtlos in die Rolle der Löwenmutter gewechselt ist. Es hat sie schon tief getroffen, als für Auggie Pflegeeltern gefunden worden sind, aber das Schicksal war auf ihrer Seite. Sie musste zwar auch noch mal dafür kämpfen, indem sie Auggie die medizinische Behandlung verschafft, die er braucht, aber all das hat ihre Liebe für den Jungen nur noch verstärkt. Ich finde es großartig, wenn solche besonderen Beziehungen mit geringen Mitteln aufgebaut werden und sofort zu überzeugen wissen. Aber auch Ben und Maggie sind für mich weiterhin so ein Pärchen, die ich mir für die Serie generell viel mehr erhoffen würde. Wie sich nun schon zum zweiten Mal blind verstehen, weil sie sich kennen, respektieren und vertrauen, das ist wunderbar mitanzusehen. Und ich kann immer nur wieder betonen, dass dieses Glück Maggie mehr als verdient hat!

Fazit

Da die Episode in vielen Aspekten auf der von der Vorwoche aufbaut und ich diese schon positiv bewertet habe, gehe ich hier denselben Weg. Maggies Kleinfamilie ist endlich vollständig, der letzte notwendige Schritt zwischen Ethan und April ist erfolgt und Michael bleibt uns vorerst erhalten. Das sind alles wichtige Entwicklungen, die die üblichen Schwächen gut ausbalancieren können und das ergibt im Endergebnis einen zufriedenstellenden Eindruck.

Lena Donth – myFanbase

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