Bewertung

Review: #2.02 Gewinn und Verlust

Foto: Torrey DeVitto & Colin Donnell, Chicago Med - Copyright: Elizabeth Sisson/NBC
Torrey DeVitto & Colin Donnell, Chicago Med
© Elizabeth Sisson/NBC

Nach einem ordentlichen Start in die zweite Staffel von "Chicago Med", hält man das Niveau problemlos, legt den Fokus aber mit #2.02 Gewinn und Verlust mehr auf die Patientenfälle und bietet den Zuschauern damit eine sehr emotionale Episode.

Emotionale Distanz

Für einen Arzt ist es enorm wichtig, dass man seinen Patienten nicht nur hilft, sondern auch Einfühlungsvermögen zeigt. Das Ganze wird aber zunehmend schwieriger, wenn man von seinen Gefühlen und Emotionen so sehr vereinnahmt wird, dass die professionelle Distanz darunter leidet. Genau das ist aktuell bei Connor Rhodes der Fall. Mir gefällt diese Seite sehr an ihm, die wohl auch mit dem Tod von David Downey zusammenhängt und da es sich bei seinem Fall um ein Baby handelt, das er schon seit der Geburt betreut. Da ist es verständlich, dass er eine Beziehung zu dem Kind und den Eltern aufbaut. Das Schlimme daran ist aber, wenn man als Arzt helfen will, aber nicht selbst die Zügel in der Hand hält und mehr denn je auf andere angewiesen ist. In diesem Fall ist der kleine Tim auf eine Organspende angewiesen. Ich persönlich finde Organspende eine gute Sache. Allerdings hat sie auch den schlimmen Beigeschmack, dass dafür ein Mensch sterben muss. Gerade wenn es dabei um kleine Kinder geht, finde ich es besonders tragisch.

Obwohl ich mir von Anfang sicher gewesen bin, dass Natalie Manning der kleinen Alyssa helfen kann, hat mich ihr Fall ebenso emotional gepackt wie der von Connor. Es ist einfach unendlich traurig, wenn das Leben von Babys, die noch ihr ganzes Leben vor sich haben, am seidenen Faden hängt. Hier haben die Autoren eine sehr emotionale Storyline geschaffen. Ich konnte beide Eltern verstehen und habe bis zum Schluss gehofft, dass Sharon Goodwin etwas erreicht und der kleine Tim ein Spenderherz bekommt. Ebenso gut konnte ich Connor verstehen, der Natalie gebeten hat, die Eltern wegen einer möglichen Organspende ihrer Tochter zu befragen. Mir tat Natalie sehr leid. Zum einen eröffnet sie mit der Frage, dass die Kleine sterben könnte. Zum anderen ist sie aber auch selbst Mutter, die im schlimmsten Fall genauso handeln würde, wie die Eltern des kleinen Tim. Ich denke, genau dieser Zwiespalt hat die Storyline so emotional gemacht.

Ich bin sehr froh, dass es sich bei der kleinen Alyssa 'nur' um eine Allergie gehandelt hat und es nichts Dramatisches gewesen ist. Dennoch könnte ich mir gut vorstellen, dass sich die Mutter Vorwürfe macht, obwohl sie nichts dafür kann. Ich gehe einfach mal davon aus, dass der Fall nun abgeschlossen ist. Anders ist es bei dem kleinen Tim. Ich hoffe wirklich, dass wir in nächster Zeit noch erfahren werden, ob er ein neues Herz bekommt. Sehr gut hat mir auch die letzte Szene zwischen Connor und Natalie gefallen. Ich denke, für Connor war es wichtig, dass er mit Natalie über die emotionale Distanz spricht, da sie während ihrer Schwangerschaft des Öfteren auch mal keine wahren konnte und sich dadurch vielleicht am besten in ihren Kollegen hineinversetzen kann.

unter Kontrolle

Ich kann mich noch sehr gut an die erste Staffel erinnern, in der Ethan Choi immer wieder Probleme damit hatte, seine Emotionen und Geschehnisse aus der Kriegszeit bei der Arbeit außen vor zu lassen. Ebenso wenig war er von einer Therapie begeistert. Ich bin mir zwar nicht zu 100 Prozent sicher, was den ausschlaggebenden Punkt gegeben hat, an dem er erkannt hat, ohne fremde Hilfe damit nicht zurechtzukommen, doch ich freue mich über seine Entwicklung. Vielleicht lag es zum Teil mit an dem Einsatz bei dem Mann, der ihn gebeten hat, seinen Papagei bei sich aufzunehmen.

In der letzten Folge konnte man ja sehen, dass der Papagei noch immer ein wichtiger Teil in einem Leben ist und ihm anscheinend auch gut tut. Allerdings hat sich nicht nur das geändert, sondern auch seine Sichtweise über die Psychologie. Das zeigte sich nicht nur kürzlich durch seinen kurzen Wortwechsel mit Daniel Charles, sondern auch dadurch, dass er jetzt die besonders tragischen Todesfälle von Patienten in ein Buch einträgt. Ich könnte mir vorstellen, dass darin noch mehr Dinge stehen, bei denen es Ethan leichter fällt, sie einfach aufzuschreiben. Bisher gefällt mir seine Entwicklung sehr gut und ich finde es auch wichtig, dass er anderen vom Militär Mut macht und er auch hin und wieder mit solchen Fällen wie in dieser Folge konfrontiert wird.

Sichtweise auf das Leben

Eigentlich mag ich es in Serien nicht besonders, wenn die Patienten der Spiegel für die Ärzte sind, wenn diese gerade eigene private Probleme haben. Doch gerade bei jemanden wie Will Halstead, der manchmal den Anschein macht, als wenn er keinen Spaß und keine Freude im Leben hat, finde ich diese Verfahrensweise sehr gut.

Durch die hohen Kosten seiner Haftpflicht und die Studiengebühren, ist er auf der Suche nach einem Mitbewohner. Wieso eigentlich nicht? Könnte doch interessant werden, sollten wir es denn zu sehen bekommen. Wills Problem ist aber, dass er in allem das Negative sieht, zumindest kommt es mir so vor und das erschwert es natürlich, etwas Spaß und Freude im Leben zu haben. Da kam der obdachlose McGregor doch genau richtig. Dieser lebt auf der Straße, hat einen Tumor im Kopf, ist fast blind dadurch und findet dennoch noch Dinge, über die er sich freuen kann. Das ist doch wirklich gut und zeigt auch, dass es eben immer auch etwas auf die Einstellung zum Leben selbst drauf ankommt. Davon sollte sich Will mal eine Scheibe abschneiden und ich gebe Daniel vollkommen recht, dass die Ärzte immer die bekommen, die sie momentan brauchen.

Und Will hat so jemanden gebraucht, der ihm zeigt, wie wichtig es ist, sich auch über die kleinen Dinge zu freuen. Denn durch seinen Patienten hat er vielleicht erkannt, dass ihm Nina Shore ganz gut tut. Ich bin mir fast sicher, dass aus den beiden ein Paar wird, aber wahrscheinlich wird es dennoch nicht ewig halten. Die beiden passen meiner Meinung nach gut zusammen und diese Konstellation könnte auch dafür sorgen, dass Will von Natalie abgelenkt wird, die momentan ohnehin mehr Zeit mit Jeff Clarke verbringt.

Wohlfühl-Pol

Wie ich bereits vermutet habe, haben Natalie und Jeff die Nacht miteinander verbracht. Keine wirkliche Überraschung, wenn man bedenkt, wie gut sich die beiden verstehen und dennoch haben es die Autoren geschafft, mich zu überraschen. Ich dachte nämlich, dass es eher kompliziert zwischen den beiden wird. Doch dem war nicht so bzw. in einer sehr abgeschwächten Form, die mir aber sehr gut gefallen hat.

Wenn ich mich richtig erinnere, bekamen wir Natalies verstorbenen Mann noch nie zu Gesicht. Umso schöner fand ich es daher, dass Jeff ein Foto in seiner Wohnung hat und an ihn gedenkt. Für mich war es vorhersehbar, dass Natalie in irgendeiner Form an ihren Mann erinnert wird und es ihr etwas unangenehm ist. Umso überraschter war ich, dass Natalie erneut zu Jeff geht und ihn wiederholt küsst. Das zeigt aber auch, dass sie ihren Mann losgelassen hat und nach vorne blicken kann. Ich gehe aber erst einmal nicht davon aus, dass aus den beiden langfristig ein Paar wird, aber mich freut es besonders für Natalie, dass sie sich wieder öffnen und Gefühle zulassen kann, auch wenn diese vielleicht auch nur darauf beruhen, weil sie Jeff schon solange kennt, sich von ihm verstanden fühlt und sie in ihm jemanden hat, mit dem sie über ihren Verlust sprechen kann.

Das Psychologie-Monster

Seit der letzten Folge wissen wir, dass Sarah Reese wieder im Krankenhaus arbeiten wird. Ein bisschen schade finde ich es immer noch, dass sie so schnell zurückgekehrt ist. Etwas mehr Bedenkzeit bzw. Zweifel hätten ihr sicherlich gut gestanden, aber vielleicht kommen die ja noch. Zumindest wäre das in der aktuellen Lage denkbar. Irgendwie ist es nämlich ganz amüsant, dass Sarah in jedem jemanden sieht, der ein Fall für die Psychologie ist und sie sich mittlerweile selbst als Monster sieht.

Auch wenn ich Sarahs psychischen Zustand recht amüsant finde, denke ich, dass sie bei Joey Thomas nicht völlig falsch liegt. Auf mich wirkt er einfach wie ein Typ, auf den so etwas zutrifft. Es ist schon irgendwie seltsam, dass er jede Einladung von seinem Kollegen abblockt, der eigentlich einen ganz sympathischen Eindruck auf mich gemacht hat. Und erinnern wir uns an seine ablehnende Haltung in der Vergangenheit: Als Sarah das erste Mal Zweifel hatte, ob sie in der Pathologie richtig wäre, da sie sich dort nicht mit Menschen auseinandersetzen müsste, hat er dieses Problem gar nicht gesehen. Also vielleicht steckt doch mehr dahinter und sie ist auf der richtigen Spur. Ich bin auf jeden Fall gespannt.

Randnotiz

  • Wie gut, dass Maggie Lockwood nochmal an Tate Jenkins' Heiratsantrag an April Sexton erinnert hat. Mir ist dieser doch glatt entfallen und dabei war er fast ein Streitpunkt zwischen den beiden! Ich kann April gut verstehen, dass sie noch immer Bedenkzeit benötigt. April ist einfach nicht der Typ, um Hausmütterchen zu sein. Es wird sicher nicht mehr lange dauern, bis der Heiratsantrag zwischen den beiden nochmals thematisiert wird und ich bin schon jetzt auf ihre Antwort gespannt.

Fazit

Diesmal hat "Chicago Med" den Fokus mehr auf die Patientenfälle gelegt und hat die Gefühle der Charaktere drumherum gebaut, was ihnen sehr gut gelungen ist. Besonders die Fälle von Connor und Natalie werden einem noch lange in Erinnerung bleiben. Dennoch hat man dabei nicht versäumt, die angefangenen Geschichten des Personals weiterzuerzählen. Es darf gerne weiterhin so gut laufen.

Daniela S. - myFanbase

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