Review: #8.10 Saat des Zweifels
Jack Coleman alias Bob Ruzek hat mit dieser Episode nun schon zum dritten Mal bei "Chicago P.D." vorbeigeschaut und man kann wahrlich nicht behaupten, dass er sich dabei zu einem Liebling aufgeschwungen hätte, weil er dafür als Persönlichkeit viel zu sehr ein Fähnchen im Wind ist. Aber es sind auch die Episoden, die immer ganz viel über Adam Ruzek und den Kern seines Seins verraten. Deswegen nehme ich sie gerne mit, auch diesmal, selbst wenn ich am Ende mit gebrochenem Herzen zurückgelassen wurde.
Bereits in der vorletzten Episode war im Disput zwischen Adam und Kevin Atwater deutlich geworden, wie sehr Ersterer durch seine Erziehung geprägt ist, denn sein Vater hat ihn mit seiner jahrelangen Tätigkeit als Streifenpolizist maßgeblich sozialisiert. Das hat Bob noch lange nicht zum idealen Vater gemacht, denn er hat seinen Job und die entstandene Spielsucht immer höher geschätzt, aber es hat Adam Ideale vermittelt und eine zweite Familie geschenkt; nämlich die Herren und Damen in blau. Der Name Ruzek hat beim CPD Aussagekraft, doch schon lange ist Adam dafür selbst verantwortlich, aber gewiss nicht mehr sein Vater Bob. Das wurde in dieser Episode nahezu nebenbei betont, sei es, wenn es Trudy Platt noch nicht einmal einfällt, die Rentenfeier von Bob aufzusuchen oder wenn Hank Voight lieber sein Abschiedsgeschenk dem Sohn statt dem Vater selbst überlässt. All diese Anzeichen sind Adam sicherlich nicht entgangen und obwohl er sicherlich selbst die meisten Enttäuschungen durch seinen Vater erlebt hat, so hat er auch nie mit ihm gebrochen. Das ist eben die Krux von Familienbanden. Andere streicht man einfach aus dem eigenen Leben, doch mit der Familie ist das keine Selbstverständlichkeit.
Adam ist neben Hank sicherlich die Figur, bei der ich am meisten Kritik am charakterlichen Verhalten geübt habe, aber nach solchen Folgen würde ich ihn am liebsten immer ganz fest in den Arm nehmen und ihm versichern, dass alles wieder gut wird. Das steht im Endeffekt für eine sehr gute Charakterarbeit, denn der Mensch ist im Kern so komplex, dass Wut und Freude oft ganz dicht beieinander liegen. Und bei Adam bestehen keine Zweifel, warum er ist, wie er ist. Man muss nicht alle seine Seiten mögen, aber man kann sie wenigstens nachvollziehen.
Nach diesem ausführlichen Vorgeplänkel kommen wir aber zu dieser konkreten Episode, die ich schon alleine deswegen loben will, weil sie anteilig sehr viel Platz für privates Drama eingeräumt hat. Das ist bei "Chicago P.D." keine Selbstverständlichkeit, was immer wieder schade ist, denn solche Episoden beweisen, wie sprunghaft die Qualität steigt, wenn man sich etwas vom Fall der Woche löst und das Geschehen einfach laufen lässt. Deswegen hat es auch überraschend lange gedauert, bis der letztliche Fall der Woche in seinen Grundzügen überhaupt ersichtlich wurde. Aber die Zeit wurde für viele kleinere private Momente genutzt, die im Verlauf der Episode alle noch wichtig wurden. Sei es eben die Dynamik zwischen Adam und seinem Vater, die voller Respekt ist, weswegen auch erste Zweifel sofort abgehakt werden, als Bob eine Anzahlung für seine Feier nicht leisten kann. Oder seien es Adam und Kim Burgess, die trotz Makayla wieder in einen privaten Rhythmus gefunden haben und obwohl wir es nicht direkt vor die Linse bekommen, vermutlich eine kleine Familie sind, ohne dass das konkret definiert werden muss.
Bobs Entführung und die Hintergründe davon sind sicherlich nicht das Highlight dieser Episode, was hauptsächlich an ihm selbst liegt, denn er ist eben kein Sympathieträger, bei dem man leidenschaftlich mitfiebern könnte. Aber ich hatte auch den Eindruck, dass die Serie selbst das gar nicht wollte, dieser ging es mehr um das Drumherum. Da haben wir zum einen den Konflikt, dass Adam sich mit fortgeschrittener Ermittlungsdauer zwischen seiner Loyalität seinem Vater und seinem Boss gegenüber hin- und hergerissen fühlt. Während es anfangs für alle keine Frage war, dass es um die Rettung eines Mitglieds des CPDs und speziell Adams Vater geht, kommt dann nach und nach raus, mit welchen Verbrechern Bob zuletzt zu tun hatte und wie sehr er selbst gegen den Kodex seiner zweiten Familie verstoßen hat. Es ist zwar immer noch selbstverständlich, dass niemand Bob absichtlich zurücklassen wird, aber auch der Widerstand für eine absolute Kompromissbereitschaft ist zu erkennen. Adam kann seinen Vater nicht einfach im Regen stehen lassen und es ist eben auch sein Name, der bei der Entlarvung der Taten seines Vaters in den Dreck gezogen würde. Aber wir haben Hank, der ihm auf den Punkt klarmacht, dass Adam seinen Kreis von Vertrauten hat, sein Sicherheitsnetz, ihm kann keiner was. Letztlich hat Adam den Mittelweg bekommen, aber nicht absichtlich herbeigeführt, sondern vom Schicksal geschenkt. Vielleicht wäre es noch spannender geworden, wenn er sich tatsächlich hätte entscheiden müssen, aber ich fand es trotzdem wenigstens passend, dass Hank sich erst ganz am Ende entschließt, Bobs kriminelle Tätigkeit zu verheimlichen.
Vermutlich musste sich Adam auch nicht entscheiden, weil es stattdessen den abschließenden Konflikt mit Kim gab, der mir jetzt noch in den Knochen steckt. Natürlich waren die Sätze von Adam, als sie auf dem Weg zum Entführer seines Vaters sind, arg konstruiert, aber im Kern waren sie auch nicht abwegig. Denn er spricht es richtigerweise an, wenn es Hank vor allem um sich selbst geht, dann waren seine Taten immer meilenweit weg von Recht und Ordnung, aber ausgerechnet jetzt verlangt er das für Adam ein. Bei diesem konnte man zwar über mehr als sieben Staffeln hinweg einige fragwürdige Entscheidungen mitverfolgen, ein Mörder war er aber tatsächlich nie. Warum Kim es also diesmal für möglich gehalten hat? Schwierig abzuschätzen… Aber ich fand es gut, dass einmal Kim verdattert zurückbleibt und nicht immer nur Adam den schwarzen Peter zugeschoben bekommt. Klar, ich hätte sie am liebsten gar nicht streiten sehen, weil sie schon zu lange von einem verdienten Happy End entfernt sind, aber wenn man das eben nicht bekommt, dann war es ein Streitgespräch, das ich so nie hätte kommen sehen und das mich bis in alle Poren mitgerissen hat. Adam hat gerade vorgeführt bekommen, wie weit Bob vom einem Idealbild von Vater entfernt ist und sehnt sich nach der Person, die immer an ihn geglaubt hat. Doch Kim hat ihn quasi zum Bob gemacht. Dass das ein herber Schlag ist, ist mehr als nur gut nachzuvollziehen. Nun bin ich jedenfalls gespannt, ob dieser Streit in den nächsten Episoden unter den Tisch fallen wird, oder ob wir noch weitere Konsequenzen für ihre Freundschaft präsentiert bekommen. Ich fände es jedenfalls mal interessant, Kim für ihre Beziehung zu Adam kämpfen zu sehen.
Fazit
"Chicago P.D." hat in dieser Woche so viel Zeit für Adams Privatleben, dass es schon fast unheimlich ist. Aber genau solche Episoden sind in der bislang leider nicht durchgängig überzeugenden Staffel das Ausrufezeichen, das mich glauben lässt, dass diese Serie noch lange nicht übersäuert ist. Aber auch abgesehen vom Abwechslungscharakter ist es handwerklich eine sehr intensive Episode, die innerhalb von Staffel 8 in Erinnerung bleiben wird.
Lena Donth - myFanbase
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: The Radical TruthErstausstrahlung (US): 31.03.2021
Erstausstrahlung (DE): kein Termin
Erstausstrahlung (Pay-TV): 29.09.2021
Regie: Lisa Demaine
Drehbuch: Scott Gold
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