Bewertung

Review: #8.11 Spuren von Gewalt

Hailey Upton und ihre Vergangenheit mit häuslicher Gewalt – Klappe (mindestens) die vierte. Das klingt angesichts der Thematik leider etwas höhnisch, aber anders wusste ich nicht zum Ausdruck zu bringen, dass wir Hailey schon oft genug in die Enge getrieben erlebt haben und dennoch sind wir nie tief eingedrungen und nie haben wir einen Schritt nach vorne gemacht. Ob das diesmal anders aussieht?

Die Frage ist beruhigend schnell mit 'ja' zu beantworten. Zwar ist es zunehmend lästig, dass Hailey und ihre Kollegin Kim Burgess offenbar nur bei Frauen und Kindern emotional richtig involviert werden können, aber obwohl die Fallkonstruktion bei beiden schon oft zu sehen war, nehme ich es wieder hin, weil tatsächlich bei Hailey sogar riesige Schritte zu beobachten sind. Zudem ergibt die Musterhaftigkeit in der Endkonsequenz sogar Sinn. Aber eins nach dem anderen. Die Episode setzt an, dass wir Hailey und Jay Halstead nach einigen Episoden Pause wieder als Paar erleben dürfen. Zuletzt hatten wir die beiden erlebt, als sie ihm verheimlicht, dass sie mit ihrem Vater vor einer lebensbedrohlichen Operation nicht selbst gesprochen hat. Erneut wird deutlich, dass Hailey der Schwachpunkt der Beziehung ist, obwohl sie im Grunde viel früher als Jay Feuer und Flamme bei dem Gedanken war, die berufliche Beziehung auf das Private auszubauen. Aber es wird sehr schön deutlich, dass Hailey in einem ständigen Zwiespalt lebt. Sie würde gerne jeden glücklichen Moment einfrieren, weil sie es vermutlich selbst kaum glauben kann, aber auf der anderen Seite ist sie es auch selbst, die die Beziehung torpediert. Ausgangspunkt ist hier eine Liebeserklärung von Jay an sie, die unerwartet zu einem großen Problem wird. Zunächst fragt man sich, warum sie die Worte nicht erwidern kann, weil doch mehr als offensichtlich ist, wie sehr Hailey ihn liebt, aber so wie sie sofort dichtmacht, ist klar, hier liegt etwas begraben.

Für den Fall der Woche wird diese Frage nach dem 'warum' zunächst hintenan gestellt, aber doch auch nicht so, dass man als Zuschauer die Sorge haben musste, dass die Beantwortung untergehen wird. Denn wir schon erwähnt sind die polizeilichen Ermittlungen und die persönlichen Entwicklungen eng miteinander verquickt. Den Fall fand ich etwas absurd inszeniert. Ich hätte mir vieles vorstellen können, aber gewiss nicht das. Andererseits war das Dargebotene stellenweise schon echt heftig, was definitiv dazu beigetragen hat, dass eine gewisse Anspannung entstand. Von Belanglosigkeit konnte also definitiv nicht die Rede sein. Zudem war die Episode schon zwischendurch immer wieder von kleinen Highlights gepickt. Sei es das Gespräch zwischen Hailey und Kim, die wahrlich nicht oft miteinander kommunizieren dürfen. Warum eigentlich? Als Hailey Kim im Umgang mit Informanten schulen sollte, ist eine wirklich gute Episode entstanden. Sei es Hank Voight, der schon wie bei Adam Ruzek in der vergangenen Woche ein entschiedenes 'Nein' äußert, obwohl ihm das nicht unbedingt ähnlich sieht und auch ein weiteres Gespräch zwischen Hailey und Jay, das offenbart, dass sie ihre eigenen Ängste auf ihn projiziert. Warum er sie hiernach stehen lässt, bleibt offen, aber es ist davon auszugehen, dass er wohl gemerkt hat, dass gerade nicht mit ihr zu reden ist, weil sie neben sich steht.

Mit diesen vielen kleinen Momenten war stets ein Spannungsbogen geboten und dennoch hätte ich am Ende nicht damit gerechnet, dass die Episode so endet. Als der Unit nämlich die Zeit davonläuft, das Mädchen Becca noch leben zu finden, will Hailey auf ihr altbekanntes Muster zurückgreifen und zu illegalen Mitteln greifen, um zu helfen. Ich war felsenfest überzeugt, dass sie das wieder durchzieht, auch durchkommt, aber anschließend von ihrem schlechten Gewissen geplagt wird. Aber falsch gedacht. Hailey kann ihr instinktgesteuertes Handeln abschalten, stattdessen übernimmt die Logik und diese hilft ihr, Zusammenhänge zu erkennen und somit Becca mit hervorragender – und vor allem legaler – Polizeiarbeit zu retten. Hiernach kommt es zu einem sehr intensiven Gespräch mit Hank, was eigentlich wieder ein typisches Muster ist, da die beiden im Grunde meine Lieblingspaarung bei nachdenklichem Austausch sind, aber auch hier wird wieder viel Überraschendes bereit gehalten. Denn Hailey hat selbst gemerkt, dass spezielle Fälle ihre eigenen Erfahrungen als Kind eines gewalttätigen Vaters triggern. Das ist wahrlich schon öfters passiert und Hank war das stets bewusst, weswegen er sie schließlich auch nach New York zum FBI geschickt hat, um ihr eine Lektion zu erteilen. Doch Hailey braucht keine Lektion, sie braucht Hilfe. Das ist die zentrale Botschaft, bei der sich endlich beide Parteien einig sind. Sich selbst eingestehen zu können, dass man es nicht mehr alleine schafft, ist der erste Schritt zur Besserung, weswegen ich froh bin, dass es Hailey dorthin nun geschafft hat. Ich gehe zwar davon aus, dass wir ihre Auseinandersetzung mit ihrem Problem off-screen erleben werden, aber dennoch fände ich es schön, wenn bei ihr diese Musterhaftigkeit tatsächlich durchbrochen werden kann, denn es war definitiv ermüdend.

Aber dieses Öffnen gegenüber Hank bleibt nicht das einzige, da auch Jay seine Antworten noch bekommt. Erstmals öffnet sich Hailey wirklich und dabei wird deutlich, dass es eine sehr nachvollziehbare Erklärung gibt, warum sie auf sein Liebesgeständnis empfindlich reagiert hat. Denn Liebe haben ihr auch ihre Eltern stets geschworen, aber das war nur immer eine Zwischenstation, bis sie die nächste Tracht Prügel bekommen hat. Somit ist ein Muster entstanden, das tief in ihr begraben ist und dem auch nicht mit Rationalität beizukommen ist. Aber sie hat es ausgesprochen und sich Jay somit auf einem Silbertablett dargelegt. Jay wäre aber nicht Jay, wenn er darauf nicht ideal reagieren würde und ihr versichert, dass sie gemeinsam nach Lösungen suchen wurde. Und so schnell schafft man einen Moment, wo ich das erste Mal seit ihrem Beziehungsbeginn sagen kann, dass mich das berührt hat und dass ich ihnen wirklich wünsche, dass sie miteinander aneinander arbeiten können. Ich kann es nicht oft genug sagen, dass "Chicago P.D." eine konstante Beziehung mal gebrauchen könnte, weswegen die beiden auf dem eingeschlagenen Weg sicherlich die idealen Kandidaten sind.

Fazit

"Chicago P.D." widmet sich in dieser Woche Hailey Upton und lässt es zunächst so aussehen, als würden wir eine Episode dargeboten bekommen, die wir mit ihr schon so ähnlich erlebt haben. Aber diese Befürchtung wird widerlegt, denn stattdessen ist Hailey an einen Punkt getrieben wurde, wo sie schon viel früher hätte landen müssen. Das bedeutet einen großen Entwicklungsschritt bei ihr, der intensiv mitanzusehen war und hoffnungsvoll in die Zukunft blicken lässt.

Lena Donth – myFanbase

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