Bewertung

Review: #9.03 Der Scharfschütze

In der vergangenen Staffel habe ich erstmals auf die Namen bei den Drehbuchautor*innen geachtet und dabei ist mir doch aufgefallen, dass mir von Scott Gold geschriebene Folgen offenbar besonders zusagen. In meiner Review zu #8.13 Trouble Dolls habe ich mich über diese Beobachtung ausführlich ausgelassen, verbunden mit der Erkenntnis, dass Gold oft da drauf steht, wo Adam Ruzek und Kim Burgess besonders involviert sind. Nun ist es aber eine Jay-Halstead-Episode, aber das ist beruhigenderweise überhaupt kein Problem, weil Scott Gold auch das hervorragend meistert und hier erfahrt hier warum!

Punkt 1: Es ist eine Episode, die wunderbar die Entwicklung von Jay unterstreicht. Denn durch die Augen von seinem ehemaligen Army-Kameraden Elliot Knox bekommen wir das Bild von einem Jay gezeichnet, den wir persönlich in "Chicago P.D." niemals kennengelernt haben. Wir haben in den ersten Staffeln höchstens noch die Nachwirkungen mitbekommen, weil Jay dort noch mit seinem kaum zu zügelnden Temperament mit den Erfahrungen seiner Afghanistan-Einsätze zu kämpfen hatte. Aber wenig bis gar nicht ist das Thema in der Serie aufgegriffen worden, höchstens eben als Nebenschauplätze, weil andere Veteranen in Fälle verwickelt waren, wo Jay mit einer ähnlichen Erfahrung den besten Ansatzpunkt hat. Aber in dieser Episode erfahren wir doch recht viel über den Jay von damals und ich habe verstanden, dass sich Hailey Upton und die anderen oftmals ungläubig angeschaut haben, als sie einzelne Aspekte über ihn gehört haben. Aber wir kennen den Jay, der sich den Spitznamen Ricky als kontrollsüchtiger Sniper verdient hat, zum Glück schon lange nicht mehr. Es gibt sicherlich immer noch Fälle, wo er auch unberechenbar agieren kann, aber Jay hat beim CPD seinen Platz im Leben gefunden und ist verdammt gut in seinem Job. Zwar war er diesmal in seiner Einschätzung etwas von seinen Erfahrungen mit Knox beeinflusst, aber wer kann es ihm bei dem vorwerfen, wenn er am Ende Hailey die Geschichte offenbart, die das Verhältnis zwischen den beiden Männern zerstört hat?

Punkt 2: Nachdem letzte Woche der Fall doch sehr grausig war, weil die Auflösung viel zu früh ersichtlich war, stimmt diesmal nahezu alles, denn es gab genug Wendungen, die diesen Fall nicht planbar gemacht haben. Angefangen von dem Mädchen, das durch einen herumfliegenden Sprengsatz tödlich verletzt wird, weiter mit Knox, der zunächst als Hauptverdächtiger vermutet wird, dann aber doch eine untergeordnete Rolle spielt. Dann der Tod eines Räubers und eben der finale Showdown. Es war eine von vorne bis hinten stimmige Episode, die mich zu keinem Zeitpunkt gelangweilt hat.

Punkt 3: Minimal kritisch sehe ich vielleicht noch, dass die Darstellung von Knox an einigen Stellen etwas zu blass geraten ist, aber dennoch fand ich die Wahl seiner Figur für diese Episode spannend. Es ist schon oft in Serien angesprochen worden, was aus Soldat*innen im Krieg gemacht wird, weil sie dort oft einen Kodex von 'richtig' vermittelt bekommen, der aber in der realen Welt, in der es möglich friedlich zugehen soll, nicht mehr funktioniert. Denn ich finde, man hat bei Knox deutlich gemerkt, dass er nicht per se ein schlechter Kerl ist. Er ist nicht von einem Kaliber wie McBride, der Anführer der Räubercrew, der scheinbar wahllos zur Waffe greift, wenn es ihm gerade passt. Aber er ist jemand, der ein falsch antrainiertes Gerechtigkeitsempfinden hat und daher schon in Afghanistan ein Blutbad angerichtet hat, weil einer der ihren getötet wurde. Und auch diesmal bringt er McBride eiskalt um und plant es auch bei seinem Komplizen, der letztlich aber gerettet werden kann. Ja, es waren böse Menschen, die Falsches getan haben, aber er hat die Bomben gebaut, um sie bei ihren Taten zu unterstützen, wo bleibt dort sein Gerechtigkeitsempfinden? Es ist damit, wie Jay an einer Stelle selbst sagt: man legt sich ein System im Kopf zurecht, nach dem gerichtet wird und von dort aus kann alles gerechtfertigt werden für den eigenen Seelenfrieden. Ich hätte von Knox wirklich gerne noch mehr erfahren, aber er hat seinen Zweck in der Episode definitiv erfüllt.

Punkt 4: Es war faszinierend, dass Hailey und Jay diesmal die Positionen getauscht haben, denn bislang baut Hailey ein Lügengerüst nach dem anderen auf, doch diesmal war sie in der Position, dass sie merkte, ihr Partner verheimlicht ihr einiges. Es war spürbar, dass sie damit nicht glücklich war, auch wenn sie ihm gegenüber Verständnis geäußert hat, aber gerade wegen ihrer eigenen Lage hat sie ihm den benötigten Raum gegeben. Doch am Ende der Episode braucht Jay den Raum nicht mehr und gesteht ihr alles, was ihn beschäftigt. Das schafft auf der einen Seite natürlich Nähe zwischen ihnen, aber auf der anderen Seite sorgt es auch für potenziell größere Distanz, denn während Jay alles auspackt, wird Haileys Berg an Lügen nur größer und größer. Jetzt bleibt das FBI im Fall Roy auch hartnäckig und sät Störfeuer. Das wird nicht mehr lange gutgehen und dann ist eben die Frage, wie stabil ist die Beziehung der beiden, wenn die gesamte Wahrheit ans Licht kommt?

Punkt 5: In der letzten Episode habe ich mir gewünscht, wann denn endlich die Verlobung von Jay und Hailey für alle thematisiert wird und ob es vielleicht eine kleine Feier geben könnte. Das wurde haargenau so nicht erfüllt (wäre ja unheimlich gewesen…), dafür gab es eine wirklich herrliche Szene gleich zu Anfang der Episode, die ich wirklich heiß und innig geliebt habe, weil sie von der Art und Weise her in der Serie fatalerweise viel zu wenig vorkommt. Aber Hailey zieht nun nach der Verlobung komplett bei Jay ein und auch wenn der Verlobung noch niemand etwas weiß, so ist es doch für alle ersichtlich, dass die beiden ein festes Paar sind, so dass es einiges an foppenden Kommentaren durch die Kollegen gab. Und wie Jay das Ganze dann abkanzelt, dass er sich von diesen sogenannten Beziehungsexperten gar nichts sagen lässt. Wohl wahr! Aber absolut herrlich, wirklich bitte mehr davon!

Fazit

"Chicago P.D." bietet die bislang beste Episode der Staffel an, weil Scott Gold mal wieder zugeschlagen hat und eine tolle Episode für Jay geschrieben hat, die nicht nur auf seine Person und seine Entwicklung ein tolles Licht geworfen hat, sondern die auch in sich sehr stimmig und spannend war. Zwar werden die Wolken für Jay und Haileys Glück immer düsterer, aber es ist nur ein logischer Spannungsaufbau, der sich irgendwann in einer Explosion entladen muss und DARAUF bin ich schon sehr gespannt!

Lena Donth – myFanbase

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