Bewertung

Review: #9.20 Verschüttete Erinnerungen

Meinen Frust nach #9.17 Adrift konnte ich kaum verhehlen, denn es war definitiv kein Glanzpunkt von Kim Burgess und vor allem ein Tiefpunkt für unsere liebgewonnene Kleinfamilie. Deswegen habe ich etwas besorgt auf den Rest der Staffel geschaut, denn es würde schon wehtun, sich in die Sommerpause zu verabschieden und erstmal keine Hoffnung für Kim, Adam Ruzek und Makayla zu haben. Dementsprechend nimmt diese Episode definitiv viel von dieser Sorge ab, auch wenn das Happy End wahrlich noch nicht rosarot ist.

Wir bekommen also wieder einen intensiveren Einblick in das Miteinander der Kleinfamilie geboten. Adam lebt weiterhin nicht in einer Wohnung mit den beiden und dennoch ist er weiterhin ein Teil von vielen Prozessen, wenn auch weiterhin deutlich eine emotionale Barriere zu merken ist. Dadurch, dass diesmal Kims Perspektive wieder intensiver beleuchtet wurde, ist auch etwas besser verständlich geworden, was sie fühlt, auch wenn ich es immer noch nicht gut heißen kann. Aber man merkt, dass es für sie eigentlich Routine ist, Adam als Teil von allem zu sehen, eben weil sie schon vor Makayla eine Familie waren, weswegen sie auch von 'unserer' Wohnung spricht, womit sie ihm sicherlich unbeabsichtigt etwas wehtut, aber es gehört für sie eben dazu, auch wenn der Verstand eher einen anderen Weg eingeschlagen hat. Bei Adam wiederum hatte ich den Eindruck, dass er sich einfach den Plan zurechtgelegt hat, dass er sich passiv gibt, alles mit Makayla wahrnimmt, was ihm gewährt wird und die Zeit für sich spielen lässt und Kims kurze Aussetzer in ihrer Wortwahl geben ihm recht. Bei ihr wiederum wurde durch das Anfangsgespräch mit der Psychologin sehr deutlich, dass Kims Verstand gerade von Angst getrieben ist. Als die Dame nämlich aufzählt, was sich bei Makayla und ihren Erinnerungen noch alles ergeben kann, da will sie das eigentlich gar nicht hören; stattdessen sehnt sie sich nach der Botschaft 'alles ist gut', die es aber wohl nie geben wird. Das wirkt von Kim etwas naiv, aber ich denke, dass sie ihr kleines Mädchen einfach so sehr liebt, dass sie von diesem unrealistischen Wunsch nicht ablassen kann.

Unter diesen Voraussetzungen war es gut, dass der Fall der Woche etwas losgelöst scheint, denn Kim war nicht wegen ihrer privaten Sorgen getrieben, diesen Fall aufzuklären, sondern sie hat einfach sehr, sehr gute Polizeiarbeit abgeliefert, was eine Wohltat war. Denn wenn der Fall vielleicht anders gestrickt worden wäre, wäre möglicherweise so viel Emotionalität wieder drin gewesen, dass ich Kim hinterher wieder nicht in die Augen hätte sehen können. Dennoch 'schien' der Fall nur losgelöst zu sein, denn es gab definitiv eine thematische Verbindung, die schon der Episodentitel verraten hat, denn es geht eben um Erinnerungen. Ich fand es ganz persönlich sehr interessant, weil ich gerade erst ein ähnliches Thema in der Arztserie "New Amsterdam" hatte, wo betont wurde, wie flüchtig Erinnerungen sind und dass der Anker in der Gegenwart gesetzt sein muss und dementsprechend empfand ich diese "Chicago P.D."-Episode als willkommene Ergänzung, denn das Gespräch mit der Psychologin, aber auch der Fall dann selbst haben noch andere Aspekte aufgeführt. Daniel, der als Kind gefunden wurde und eine vermeintlich abenteuerliche Geschichte erzählt hat, die nie belegt werden konnte, ist ein gutes Beispiel für die Erinnerung. Natürlich sind kindliche Erinnerungen noch einmal anders als es die von Erwachsenen sind, aber prinzipiell läuft es bei beiden über Emotionen ab. Der kleine Daniel konnte die Konsequenzen seiner Erlebnisse nicht begreifen, aber dennoch war er ein Teil davon und er hat einzelne Gegenstände fantastisch ausgearbeitet, was in den Ohren der damals Ermittelnden absurd klang, aber dennoch fußte es auf etwas. Dazu ergänzend haben wir dann Makayla, die wahrlich schon schlimme Dinge in ihren jungen Jahren erlebt hat. Die Erinnerungen mögen gerade zum Schutz vergraben sein, aber dennoch sind sie da und selbst wenn sie verändert hervorkommen, sie werden kommen. In diesem Sinne war für Kim die Parallele zwischen Daniel und Makayla sicherlich ein Lehrstück, dass sie auch nicht alles verdrängen darf.

Der Fall selbst war einer der ungewöhnlichen für die Serie, denn Serientäter sind selten im Mittelpunkt. Dazu hatte ich das Gefühl, dass das Drehbuch auch sehr sensibel gestaltet wurde, denn mit dieser Thematik 'Erinnerung' war alles sehr psychologisch gestaltet und dadurch tiefgehend. Es war so insgesamt eine ruhig erzählte Episode, aber eine, die dadurch auch erst richtig ihre Wirkung entfalten konnte. Über einige unlogische Aspekte müssen wir einfach hinwegsehen, denn warum Daniels Familie zumindest nicht identifiziert werden konnte, hat sich mir überhaupt nicht erklärt, denn diese liebevollen Menschen, die wir am Ende in einem Video zu Gesicht bekommen, die werden doch in der Gesellschaft integriert gewesen sein und die muss jemand vermisst haben. Aber egal, das ist eine minimale Schmälerung, die auch an der Intensität des Falls gar nichts geändert hat. Das Muster des Serientäters war gruselig, Jim Wheaton, der letztliche Täter, hat eine wirklich schaurige Stimmung verbreitet mit seiner stoischen Art und dazu eben der inzwischen erwachsene Daniel, der selbst schon die Hoffnung verloren hat, dass seine Erinnerungen wirklich eine Basis haben und der am Ende wenigstens Gewissheit bekommt, auch wenn es keine schöne Gewissheit war. Aber der Moment, als ein Video aus seiner Kindheit abgespielt wurde, der war schon ergreifend, denn man hat auch gemerkt, wie es in all dem Schrecken doch auch eine Wohltat sein kann, dass die Erinnerungen kein Trug waren.

Aber nicht nur Kim hat etwas aus dem Fall mitgenommen, sondern auch Adam. Sein Vater Bob Ruzek wird Chicago für Florida verlassen und er will das Elternhaus übernehmen. Es ist der Ort, wo seine liebevollen Kindheitserinnerungen entstanden sind und während er Makaylas Erlebnisse nicht einfach als ad acta gelegt sich erhofft, sondern sich der Möglichkeit stellt, dass es noch einmal richtig schlimm werden kann, legt er sich den Plan zurecht, ihr als Ausgleich einfach zahlreiche neue Erinnerungen zu bescheren. Es ist eine schöne Idee, zumal sie eben beinhaltet, dass er selbst ein Teil davon ist, weil er weiß, wie Makayla auf ihn reagiert und dass sie ihn genauso wie Kim braucht. Dennoch lässt Adam Raum, als er Kim den Vorschlag unterbreitet, dass sie mit Makayla in Bobs Haus einziehen sollte. Wieder stellt er keine Forderungen, sondern überlässt ihr die Zügel. An diesem Punkt muss Kim nun also ihre Entscheidung treffen. Ich gehe schon davon aus, dass sie pro Familie ausfallen wird, weil sie eben auch die begeisterten Videos der beiden gesehen hat. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass hier noch eine Hürde aufgebaut wird und gehe nun einfach von einem hoffnungsvollen Ausgang aus.

Fazit

Das Erfolgsrezept dieser Episode ist relativ simpel: privat top, der Fall top und die Verbindung zwischen beiden ist auch noch clever gelungen, so dass wir definitiv mit eine der besten Episoden dieser Staffel präsentiert bekommen haben.

Lena Donth – myFanbase

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