Bewertung

Review: #10.21 Gleichgewicht gefährdet

Nachdem Dante Torres in der zweiten Staffelhälfte schon mal ominös verschwunden ist (konnte Benjamin Levy Aguilar kein Vertrag über 22 Episoden angeboten werden?), ist es gut, dass er kurz vor dem Staffelfinale, das sich den Becks widmen wird, noch eine Solo-Episode gewidmet bekommt. Gerade in einem so eingeschworenen Team wie der Intelligence Unit, die in der Besetzung sehr beständig ist, ist es wichtig, neue(re) Figuren immer wieder zu positionieren, damit sie in diese Einheit vordringen können. Dazu trägt diese Episode definitiv bei, aber auch auf eine sinnvolle Art und Weise?

Ich bin immer noch etwas unentschlossen, was das Geschehen dieser "Chicago P.D."-Episode angeht, obwohl ich es mir nun mehrere Tage durch den Kopf habe gehen lassen. Ich fand sie in jedem Fall unterhaltsam und sie ist auch sehr schnell vorbeigegangen. Ein Plus war auch, dass Mia Ramos wieder aufgetaucht ist, denn ich fand ihre Chemie mit Torres durch die Decke gehend stark und hatte ein wenig die Befürchtung, dass wir sie nach der Verhaftung ihres Bruders Quico gar nicht mehr sehen. Zwar ist diese Chemie nicht so extrem bedient worden, aber Mia hat ohne Frage geholfen, ein kontinuierliches Bild rund um Torres zu entwerfen und das ist eben wichtig bei einer Figur, von der man vielleicht zehn Prozent bislang nur kennengelernt hat. Was mich nun aber hadern lässt, das ist dieses sehr ambivalente Bild zu Torres, das auch dadurch verstärkt wird, dass er in dieser Episode so stark in Richtung Hailey Upton und Hank Voight positioniert wird. Hank ist ohnehin die streitbarste Figur dieser Serie und das wird sich wohl auch nie mehr ändern (auch wenn er inzwischen eine Seniorenversion dieses Verhaltens ist), aber die Figuren, die sich zu sehr an ihm orientiert haben, sind immer in diesen Sog mitgezogen worden. Hailey und Jay Halstead sind dazu die prominentesten Beispiele. Letzteren gibt es nicht mehr und sie hat jetzt eigentlich eine Staffel hinter sich, wo wir das Thema vielleicht begraben können, weil sie sich als Figur deutlich unabhängiger präsentieren durfte. Wird es also nun Torres?

Torres hat über die Staffel verteilt 2,5 Episoden bekommen, denn die eine war im engen Zusammenspiel mit Adam Ruzek, weswegen ich sie mal nur halb werte. Dennoch ist er in den restlichen Episoden ja nicht einfach weg gewesen, sondern er hat sich speziell als Undercover-Polizist sehr zu bewähren gewusst. Dabei ist immer eine Fähigkeit besonders deutlich ins Auge gefallen: Anpassungsfähigkeit, weil er sehr ausgeprägt empathisch ist. Aber das macht ihn nicht nur für unberechenbare Situationen sehr wertvoll, weil er alles bedienen kann, sondern das macht ihn auch mit Opfern sehr wertvoll, weil er mitleidet und für die vielleicht letzten Momente ein intensiver Begleiter sein kann. Man merkt aus meinen Worten heraus vermutlich deutlich, dass ich diese Seite an ihm großartig finde. Deswegen sehe ich es auch so skeptisch, wenn Torres in eine andere Richtung gedrängt wird. Dass er eine kriminelle Vergangenheit hat, das können wir nicht wegdenken und ich finde diese Seite tatsächlich auch wichtig. Denn Torres ist damit nur ein Beweis dafür, dass tolle Menschen in völlig falsche Umstände hinein geboren werden und sich nicht treu bleiben können, weil sie überleben müssen. So gesehen war es wichtig, dass wir diesmal auch viel mehr erfahren, was damals so abgegangen ist, denn auch dort ist im Schlechten gezeigt worden, dass Torres immer noch das Herz am rechten Fleck hat. Umgekehrt ist es aber schade, dass er nicht das Vertrauen in die Gruppe hat, um zumindest einem gegenüber ehrlich zu sein. Zumal die Geschichten über die Intelligence Unit sicherlich berühmt-berüchtigt sind. Da hat niemand eine saubere Weste, also warum war Torres so ängstlich wegen dieses Geheimnisses? Da er es auch war, der in der letzten Episode als Erster wegen Hailey Alarm geschlagen hat, weil sie eben eine Verbindung aufgebaut haben, warum hat er nicht mit ihr geredet, obwohl sie es gleich mehrfach angeboten hat?

Hier fehlt mir einfach noch die Entwicklung, weil Torres so unnötig im Klammergriff seiner Vergangenheit bleibt. Auch, dass er diese Seite hat, wo er mal eben die Brutalität in sich anknipsen kann (wie in #10.04 Dónde Vives bereits gesehen), ist nicht verkehrt, denn das passt ja zu seiner Adaptionsfähigkeiten, aber diesmal gerät er diesmal in die Schuld von Hank, der dafür sorgen muss, dass das erzwungene Geständnis durch einen anonymen Tipp in die Akten kommt. Und wenn man eins einer Figur in "Chicago P.D." nicht gönnt, dann ist es eben, so von Hank und seinen Methoden abhängig zu sein. Denn das stapelt sich. Das macht auch die Figuren leichtsinniger, denn Hank wird dort alles regeln, oder? Eben nein, irgendwann beißt sich der Hund in den eigenen Schwanz. Dementsprechend sehe ich Torres so nah an Hank überhaupt nicht positiv. Natürlich muss ich auch zugeben, dass bislang nichts in Stein gemeißelt ist. Torres hat mit Jay angefangen, wurde dann von Kevin Atwater und Adam übernommen. Zuletzt eben Hailey und nun Hank. Offensichtlich wurde einiges ausprobiert, aber kombiniert mit der Richtung, die nun schon mehrfach angedeutet wurde, bleibe ich sehr misstrauisch. Auch wenn in der Situation mit Vega deutlich war, dass Torres ihn nicht waterboarden würde, ist eben umgekehrt die Frage, warum er diesen Schritt überhaupt für nötig hielt. Denn zu dem Zeitpunkt hat er schon um seinen Job gefürchtet, aber klar war noch gar nichts, aber dadurch hat er es eben richtig provoziert. Demnach wurde dies erzwungen, um so einen Hank-Moment zu erzeugen und da kann ich meine Alarmglocken nicht ausstellen.

Ansonsten bleibe ich dabei, dass es eine gute Episode war. Zwar könnte die Beziehung von Torres zu seiner Mutter Catalina noch mehr in den Fokus gerückt werden, aber diesmal war es auch der Glaube, der eine größere Rolle spielt. Er definiert die Gemeinschaft, aus der Torres kommt. Es ist natürlich mit einer gewissen Skepsis zu sehen, weil es eben auch eine Gemeinschaft ist, wo das Verbrechen Zuhause ist, aber der Glaube ist dennoch ein wichtiger Kleber für alle. Bei Torres merkt man aber auch, dass es nicht nur das ist, womit er aufgewachsen ist, sondern dass er seinen Glauben ganz individuell aufgebaut hat. Das wurde durch die Szene alleine in der Kirche unterstrichen. Es ist fast der innigste Moment, den man mit seinem Glauben haben kann, weswegen fernab von beobachteten Augen sich das mitzunehmend, viel über Torres aussagt. Es sagt aber auch aus, wie sehr er um Mia bemüht war. Zwar war es wahrlich nicht mehr flirtend, dafür steht zu viel zwischen ihnen, aber es war dennoch voller Nähe. In dem Sinne war Mia auch so wichtig, Torres daran zu erinnern, dass er nicht der Mann ist, den man angesichts der existierenden Geschichten über ihn vermuten könnte. Denn wenn sie es sagt, die wegen ihm ihren Bruder im Gefängnis weiß, dann ist das gewichtig. Ich würde mich sehr freuen, wenn Mia auch in Zukunft Torres' Geschichte begleitet. Zwar ist sie nun erstmal weg aus Chicago (und wie herzzerreißend war die Erkenntnis für ihn!), aber schon andere sind verschwunden, um wiederzukehren. Aber auch ansonsten hat Torres uns sicherlich noch viel zu erzählen, wenn es denn nur nicht einseitig bleibt.

Fazit

"Chicago P.D." kümmert sich kurz vorm Ende der Jubiläumsstaffel noch einmal um Dante Torres. Es war wirklich keine schlechte Episode, dafür sind meine Sympathien für den Charakter auch zu groß, aber diese Positionierung in Richtung Hank Voight gefällt mir nicht. Hoffentlich war es nur einmalig, denn ich will Torres in dessen Sog nicht sehen.

Lena Donth – myFanbase

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