Bewertung

Review: #11.04 Schlimmer als der Tod

Nachdem Benjamin Levy Aguilar bislang noch gar nicht in der elften Staffel von "Chicago P.D." zu sehen war, ist er in seiner Rolle des Dante Torres zurück. Er bekommt gleich eine Episode auf sich zugeschnitten, die ein weiteres Kapitel seiner Charakterergründung einleitet, aber geht es auch in die richtige Richtung?

Zunächst finde ich es gut, dass Torres' bisheriges Fehlen nachvollziehbar dargelegt wurde. Schon in den anderen beiden Episoden, in denen Catalina Torres zu sehen war, ist deutlich geworden, dass sie eine besondere Mutter-Sohn-Beziehung haben. Dementsprechend war es logisch absolut fein, dass Torres alles an Urlaubstagen zusammenkratzt, um ihr beizustehen. Vor allem war es eben auch eine Herzgeschichte, die oft mit der Lebensweise zu tun hat, wo man also Umstellungen vornehmen kann, wenn es auch sicherlich nicht einfach ist. Aber Torres liebt seine Mutter, für ihn war es sicherlich ein großer Schock, so an ihre Sterblichkeit erinnert zu werden, weswegen er sie genau überwacht hat und auch Ernährungsumstellung etc. durchsetzen will, was ihr nachvollziehbar viel zu viel ist, weil sie selbst die Überzeugung entwickeln muss, etwas zu ändern. Insgesamt war das aber eine sehr gute Ausgangslage, weil wir auf den Punkt wissen, was bei Familie Torres in den letzten Wochen los war.

Dann geht der Fall los und ich war doch sehr überrascht, wie anders sich die Episode anfühlte. Auch wenn ich mich jetzt mal nicht aus dem Fenster lehnen will, dass es so eine bislang noch nie gab, so bleibe ich aber bei der Behauptung, dass es eine eindeutig seltene Struktur war. Undercover-Tätigkeit haben wir schon mehr als genug zu sehen bekommen, aber diese ganze Folge war so auf Torres beschränkt, dass es sich eher wie eine One-Man-Mission anfühlte statt wie Teamleistung. Die anderen waren eigentlich nur Statisten, die mal ein paar Infos angereicht haben, aber es gab auch nicht groß Konflikte untereinander, dass irgendjemand mal Zweifel ausformuliert hätte, nein, Torres wurde freie Hand gelassen, weswegen ich angesichts des Endes der Episode den Eindruck hatte, dass die anderen gerade ganz gewaltig verpassen, was da eigentlich abgeht und was das vielleicht in der Konsequenz irgendwann für sie bedeutet. Auch wenn Unwägbarkeiten für Geschichten oft ein Geschenk sind, aber hier ärgert es mich etwas, weil auch Kevin Atwater, der Torres zu seinem ersten Arbeitstag zurück abholt, signalisiert hat, wie weit er doch inzwischen integriert ist. Dementsprechend fand ich diesen Eindruck, niemand bekommt etwas mit, etwas bedenklich und auch merkwürdig.

Wenn wir bislang Episoden zu Torres hatten, dann war stets das Thema, dass er seine Vergangenheit noch so in sich hat, dass es oft schwer fällt, den Cop in ihm zu sehen und dass es ihm auch selbst oft nicht gelingt, weswegen er dann auch Grenzen überschreitet. Nun startet er energiegeladen wieder zurück in den Joballtag und prompt landet ein Fall auf dem Tisch der Unit, der nicht nach vorne führt, sondern zurück, denn es spielt in einem Latinx-Milieu, wo er sich bestens auskennt. Der Fall war also Heimat. Torres hat sich auch schon in genug Episoden beweisen dürfen, wo es gar nicht in der Hauptsache um ihn ging, es gibt also keine Zweifel, dass er auch andere Muster gibt, aber für eine Torres-Zukunft wünsche ich mir persönlich, dass wir mal einen anderen Schwerpunkt finden. Die Problematik ist jetzt nicht exklusiv bei ihm, auch Kevin schlägt sich oft mit einem Muster herum, genauso wie Kim Burgess oft eingebunden ist, wenn es um Kinder geht und Hailey Upton schlägt auf, wenn es um häusliche Gewalt geht. Aber die haben eben auch schon ein paar Staffeln auf dem Buckel, so dass sie längst ganz anders ergründet werden konnten. Deswegen bin ich auch in Bezug auf Torres optimistisch, dass wir mal was anderes sehen werden. Hier speziell finde ich es aber auch schade, weil ich immer den Eindruck habe, am Ende haben wir eine Szene, die alles zu Torres auf den Kopf stellt und dann geht es ewig lange nicht mehr um ihn und wir können uns solange dann auch fragen, was das soll. Beispielsweise eben die Episode, wo er am Ende den Prügelknaben auspackt, um sich Respekt zu verschaffen und so zu signalisieren, ich bin zwar Cop, aber wenn ihr mir falsch kommt, ich nehme keine Rücksicht und ich halte mich an keine Gesetze. Das passt immer so wenig zu dem empathischen Kerl, den ich sehe, der sich so gut in Situationen eindenken kann, weil er eben immer schon 100 Schritte voraus sein kann. Andererseits, es können natürlich auch zwei Herzen in einer Brust schlagen.

Torres bekommt es mit Gloria Perez zu tun, mit der er sich schnell verbunden fühlt, weil sie ihn an seine Mutter erinnert. Sie steckt in einer lieblosen Ehe fest und spätestens mit dem geklauten Geld wurde ihm klar, die will raus und er will ihr das geben, was er schon seiner Mutter geschenkt hat, einen Ausweg. Im Grunde haben Torres und Gloria dann in jeder Szene ineinander geklebt und ich hatte leider auch öfters den Eindruck, dass sich die Gesprächsinhalte zu sehr wiederholen. Es kam tatsächlich etwas Langweile auf. Auch wenn natürlich eine Beziehung aufgebaut wurde, eine intensive. Jedoch habe ich vorrangig eben diese Mutterschiene gesehen, auch wenn Gloria natürlich deutlich jünger ist. Es mag viele innige Szenen gegeben haben, aber warum soll es die nicht mit einer Frau geben, die einen an die eigene Mutter erinnert? Nun muss man auch sagen und das habe ich in zwei Reviews schon mindestens erwähnt, Aguilar hat ein echtes Talent, die Frauenrollen an seiner Seite strahlen zu lassen. Es entsteht ein natürliches Flirtgeschehen, wo man sofort glaubt, dass er ihnen den Teppich ausrollt. Das war gleich zweimal mit seiner Jugendfreundin Mia der Fall und ich habe diese Chemie wirklich geliebt, aber hier habe ich den sexuellen Zug wohl irgendwie verpasst, denn die Endszene, ich habe die jetzt noch nicht wirklich verarbeitet. Für mich kam es aus dem Nichts und ich weiß noch absolut nichts, damit anzufangen, was aus meiner Erfahrung heraus kein gutes Zeichen ist.

Positiv finde ich aber, dass hier eine langfristigere Geschichte offenbar aufgebaut wird. Das empfand ich schon in Staffel 10 oftmals als Trumpf, also habe ich hier nichts dagegen. Aber was wird das wohl bewirken, dass Torres etwas Einmaliges (oder doch eine Affäre?) mit Gloria hat. Wird er dadurch letztlich manipuliert? Soll es nur unterstreichen, dass er eben immer der sein wird, der immer schon war: der Latino, der für die, die er liebt, über alles geht? Alles in allem: Für mich hat diese Episode in Bezug auf Torres nichts vorangebracht. Für einen roten Faden fehlte mir am Ende auch eine neue Szene mit seiner Mutter, das hätte viel besser gepasst. So wirkte die Sexszene am Ende eher so, als sei spontan das Drehbuch nochmal abgeändert worden, weil man sich dachte, ach, wir haben doch noch neun Episoden, da machen wir mal mehr draus.

Ansprechend fand ich auf jeden Fall, dass am Ende Carl Weathers gedacht wurde, der Anfang Februar 2024 gestorben ist. Er war im leider sehr kurzlebigen "Chicago Justice" in der Hauptrolle Mark Jeffries zu sehen, hatte aber auch weitere Gastauftritte im OneChicago-Universum, dabei die meisten eben bei "Chicago P.D.", so dass hier das Gedenken sehr passend war, weil so das Herz erwärmend unterstrichen wird, dass hier niemand vergessen ist.

Fazit

"Chicago P.D." enttäuscht mich leider diesmal, was mich auch insofern besonders ärgert, als dass es um Dante Torres pur ging, also eben die neuste Figur, zu der es auch noch Frisches zu erzählen gibt. Frisch war es aber keinesfalls. Es war gut und intensiv gespielt, ja, aber es war mir inhaltlich zu einseitig in sich gesehen, aber auch zu einseitig auf die bisherige Darstellung von Torres.

Lena Donth – myFanbase

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