Bewertung

Review: #12.16 Seen and Unseen

Wenn bei Broadcast-Serien drei Wochen vor Ausstrahlung der Teaser veröffentlicht wird, dann springt bei mir immer das Kopfkino an, speziell dann, wenn ich eine Serie solange wie "Chicago P.D." begleite. Und was soll ich sagen? Meine im Kopf entwickelte Folge hatte wenig mit dem Endergebnis zu tun, was ich letztlich dargeboten bekommen habe, aber ist das gut oder schlecht?

Zunächst möchte ich mit einer kleinen Assoziation anfangen, die mir bereits beim Teaser in den Sinn kam. Kann sich noch jemand an #2.15 In der Falle erinnern? Dort begann und endete die Episode mit Kim Burgess in einem Diner. Das scheint also ihr Ding zu sein. Ich würde vermuten, dass es nicht dasselbe Diner wie damals war, der diesmal eine entscheidende Rolle gespielt hat, aber es war eine kleine spannende Gedankenbrücke, um sich nochmal vor Augen zu führen, wie weit Kim in den zehn Jahren gekommen ist. Damals ging es um ihre Erkenntnis, sich nicht im bequemen Trott zu verlieren, sondern auch mal etwas Neues zu wagen. Seitdem würde ich sagen hat Kim sich nie mehr auf die sichere Bank verlassen und deswegen auch ihren nächsten Karriereschritt gewählt. Nur nach oben zu streben, hat auch seine Nachteile und das ist die Perspektive, die diese Episoden anbietet.

Nachdem andere Burzek-Fans und ich zuletzt relativ viele Episoden mit den beiden im Fokus angeboten bekommen haben, war ich fast etwas überrascht, dass wir jetzt noch eine bekommen haben, zumal schon verraten wurde, dass die Hochzeit für das Staffelende angedacht ist. Dementsprechend wäre meine Intuition eher gewesen, die Folgen dazwischen jetzt den anderen zu überlassen. Nach dieser Episode bin ich aber froh, dass wir diesen Zwischenschritt nochmal hatten. Denn meine Kritik war doch zuletzt gewesen, dass wir Kim und Adam Ruzek wenig reden sehen. Es sind im persönlichen Bereich Dinge passiert, die für beide viel bewegt haben, aber es wirkte teilweise einseitig. Auch wenn es im Off so wirkte, dass die beiden einfach einen Rhythmus gefunden haben, der nicht ständig neu ausdiskutiert werden muss, so will man sie dennoch zusammen sehen. Ob nun witzig, innig, streitend oder sonst was, fast schon egal. Da haben wir eine echt schöne Endszene bekommen, die wieder genau den Funken ausgelöst hat, den man bei Burzek schon mal haben kann.

Aber wie hatte ich mir die Episode nun vorgestellt? Angesichts des Teasers klang es doch mehr so, als wäre Kim hautnah bei der Tat im Diner dabei. Das wiederum hat bei mir zunächst vermuten lassen, dass uns sehr spannende Anfangsminuten, vielleicht auch mit einiges an Überlebenskampf, erwarten. Da Kims schwere mentale Phase auch noch nicht lange vorbei ist, habe ich dann vermutet, dass diese Überfallsituation alte Wunden aufreißt und sie so möglicherweise Beobachtung ausblendet, weil sie zu belastend sind, aber an genau die muss sie kommen, um den Fall zu lösen. Das war meine vermutete Ausgangssituation. Dem gegenüber haben wir nun das Ergebnis eines recht gemächlichen Einstiegs. Es wird eine Mischung aus privatem und beruflichem Stress geboten, um zu erklären, warum Kim die Zuflucht in dem Diner sucht. Es hängt zwar kein Haussegen schief, aber Charlie Reid hat einen klaren Auftrag für sie (und sie steht wegen seiner Erpressung möglicherweise auch noch unter besonderem Druck) und den kann sie im Alltag mit baldigem Teenager nicht erledigen. Dazu ist Kim nicht persönlich anwesend, als dann das Massaker sich ereignet. Dem entsprechend nichts mit Augenzeugin. Dennoch ist Kims Wahrnehmung entscheidend, denn da sie tagelang abends im Diner war, hat sie andere Stammgäste wie sich kennengelernt, die aus ähnlichen oder ganz anderen Gründen die Regelmäßigkeit des Besuchs dort suchen. Es ging nicht groß darum, Kontakte zu knüpfen, weil es den Sinn von der intensiven Erarbeitung des Auftrags untergaben hätte. Aber auch wir haben durch die Sequenzen schon begriffen, wer immer wieder gekehrt ist, wer etwas suspekt ist und wer einfach fürs Herz ist. Da Kim aber letztlich alle Opfer 'kannte', war sie prädestiniert dafür, bei der Tätersuche beizutragen. Die angedeuteten Erinnerungsschwierigkeiten rühren dann wiederum daher, dass Kim die Konzentration vorgeschoben hat, aber sich dann doch eingestehen musste, wie viel sie wahrgenommen und einfach im Unterbewusstsein geparkt hat und das hat dann den Eindruck eines zu lösenden Puzzles entstehen lassen.

Man sieht also durchaus, Kopfkino und Realität, gewaltig auseinander. Aber schlecht fand ich es deswegen nicht. Ich würde zwar bekräftigen, dass angesichts der Brisanz der Tat etwas mehr Zug, mehr Dramatik durchaus möglich gewesen wäre, aber die Perspektive darauf, wie das menschliche Gehirn funktioniert, das war auf jeden Fall interessant dargestellt. Ich kenne es ja selbst, wie viel ich von meiner Außenwelt wahrnehme, wie viel ich sofort wegfiltere, aber deswegen ist es keinesfalls von der Festplatte gelöscht, stattdessen kann es in den Vordergrund geholt werden und dann bestätigen sich überraschend auch noch spezifische Details. Die Funktionalität des Gehirns war auch oft bei "Criminal Minds" ein Thema und da fand ich es auch immer sehr spannend gemacht, wenn die verschiedenen BAU-Agents Zeugen befragt haben, um über Gerüche, Geräusche etc. Erinnerungen zu reaktivieren. So ähnlich hat es auch bei Kim funktioniert, die immer durch kleine Anlässe sich dann noch an Details erinnert hat, die die Unit einen Schritt weitergebracht haben. Außerdem hat es natürlich zum Miträtseln eingeladen. Ich lag zwar schon früh richtig, weil der erste Auftritt des Täters zu früh offensichtlich platziert war, aber beispielsweise die Sequenzen mit Witwer Neal haben bei mir auch eine emotionale Note ausgelöst.

Während Kim zwischendurch doch etwas ernüchtert war, war es eine schöne Botschaft, wie Adam sie unterstützt und erinnert hat, wie ihr Gehirn geschult ist, ständig Details wahrzunehmen. Das Gespräch darüber, dass sie keine Gedanken lesen können, aber durch Beobachtungsgabe nah dran sind, fand ich auch sehr nachvollziehbar. Wenn jemand an einen glaubt, dann ist es leichter, auch an sich selbst zu glauben. Das war schon die erste positive Note, die nach dem anfänglichen Stresseindruck bei der Kleinfamilie sofort das Herz erwärmt hat. Das Episodenende hat es dann regelrecht erstrahlen lassen. Denn es war in der ganzen Erzählweise auch konsequent, dass sich Kim dann an die ganzen Momente der letzten Tage und Wochen erinnert hat, um zu begreifen, wie viel aktuell an ihr vorbeiläuft, weil sie das Gleichgewicht zwischen Berufs- und Privatleben nicht gestemmt bekommt. Auch wenn ich mich entschieden gegen feste Rollenbilder von Mann und Frau in der Familie stemme, aber rein charakterlich ist Kim für mich dennoch die, die alles auf dem Schirm hat, plant und Ruhe bewahrt. Adam ist eigentlich, der nur nach Gefühl geht und mal geht es auf, mal nicht. Aber die Rollen war da schon sehr vertauscht. Adam hat die Familie geschmissen und Kim hat den Anschluss verloren. Am Ende zieht sie die Reißleine. Auch wenn für Burzek der Job immer eine wichtige Rolle spielen wird, aber durch Makayla hat sich ihre Priorität zurecht verschoben und das klare Statement zu ihrer Kleinfamilie war echt schön. Aber es ging auch nicht nur um das Kind, sondern auch um sie als Paar, das mehr Zweisamkeit abseits des Jobs braucht. Eine Serie wie "Chicago P.D." verteilt definitiv nicht häufig Hoffnungsschimmer, aber das war so einer.

Fazit

Diese Episode hatte ich so nicht erwartet, aber die eigenen Erwartungen nicht erfüllt zu bekommen, muss nicht immer ein Nachteil sein. Die Folge hat es nämlich geschafft, ganz andere Schwerpunkte zu finden, die mich speziell am Ende auch emotional ergriffen haben. Es war zwar keine speziell herausstechende Episode, aber eine, die vor allem den treuen Fans etwas gibt.

Lena Donth – myFanbase

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