Bewertung

Review: #3.22 Das Haus am See

Nachdem "Chicago P.D." zuletzt eigentlich wieder stark performt hat, haben wir ausgerechnet eine Episode vor dem großen Staffelfinale noch eine Delle. Es zeigen sich in den Kritikpunkten auch alte Kritikpunkte und dazu die Vermutung, dass das Staffelfinale scheinbar plötzlich vor der Tür stand, weil ein Aspekt völlig aus der Luft gegriffen wirkt.

Fangen wir doch gleich mal mit dem Teil an, der mich in dem ganzen Aufbau etwas erstaunt hat. Nachdem Sean Roman und seine Verletzung in der Episode, in der er sich das alles zugezogen hat, kaum ein Thema waren, wird das hier nachgeholt, löblich. Wir erfahren also, dass Sean noch eine Kugel im Körper stecken hat. Das macht seinen Genesungsweg natürlich deutlich komplexer. Dennoch zeigen sich er, Trudy Platt und Kim Burgess optimistisch, dass er den Weg zurück in den Dienst schon bald finden wird. Dabei gibt es aber mehrere Probleme. Zum einen haben Emma Crowley und die Befehlskette über ihr große Bedenken, dass Kim und Sean weiterhin Partner bleiben. Nachdem ihre persönliche Verwicklung durch das Gerichtsverfahren offen gelegt wurde, bestehen die Bedenken, ob sich das Privatleben nicht auf ihre berufliche Zusammenarbeit auswirken wird. Dieses Thema haben wir in "Chicago P.D." immer wieder, aber ich sehe schon auch einen Unterschied, ob man zu zweit in einem Streifenwagen sitzt oder ob man Teil einer größeren Einheit ist, so dass zumindest die direkte Partnerschaft ausgeschlossen werden kann, wenn es denn sein muss. Jay Halstead und Erin Lindsay arbeiten schließlich auch regelmäßig Hand in Hand. Aber Sean und Kim haben keinerlei Ausweichmöglichkeit und er weiß selbst bestens, was sich beruflich tut, wenn es mit der Partnerin privat auseinandergeht. Auch wenn ich also verstehen kann, dass Trudy und Kim dagegen so angekämpft haben, so hat sich das Thema doch genau dann erledigt, als wir erfahren, wie Seans gesundheitliche Situation tatsächlich aussieht.

Auch wenn er wegen der Kugel nochmal operiert werden könnte, aber der behandelnde Arzt sieht es als unwahrscheinlich an, dass er nochmal in den Job zurückkehrt. Für Sean natürlich ein herber Schlag, weil wir ihn auch immer leidenschaftlich in seiner Berufung erlebt haben. Danach kam es dann aber auf einmal dicke. Sean zaubert einen Umzug aus dem Hut und er bittet Kim, dass sie ihn begleitet. Häh? Das kam mir alles viel zu schnell und ich hatte doch schnell den Eindruck, dass hier künstliche Spannung erzeugt werden soll, ob und wie viele Hauptfiguren wir verlieren werden. Sean ist nach dieser Episode die wahrscheinlichste Antwort, außer wir zaubern die Wunderheilung aus dem Hut. Kim würde dagegen für mich überhaupt keinen Sinn ergeben. Und das aus mehreren Gründen. Auch wenn die beiden romantisch etwas entwickelt haben, was sicherlich auch keine Einbildung ist, so sind sie einfach noch in den Kinderschuhen. Sean sagte selbst: "Ich liebe dich, glaube ich zumindest." Klingt alleine vom Papier her etwas seltsam, aber ich verstehe die Aussage. Denn so am Anfang da kann sich so eine Beziehung in noch zu viele Richtungen entwickeln. Es fühlt sich alles rosig an, aber ist es auch wirklich Liebe? Dementsprechend war seine Entscheidung völlig aus dem Bauch heraus und kaum bis wenig durchdacht. Auch wenn Kim ebenso ein Bauchmensch ist, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass ihr ihr Bauch hier sagt, das mache ich jetzt mal. Denn wir haben auch den Job. Auch wenn sie und Trudy etwas Spezielles haben, aber in ihr hat sie eine Mentorin. Zudem hat sie mehrfach schon ihren Fuß in der Tür der Intelligence Unit gehabt und wir wissen, dass sie auch Blut geleckt hat. Dementsprechend wäre es sehr gefährlich, Kim aus Chicago zu entwurzeln.

Ansonsten haben wir wieder eine Episode gehabt, in der es gewisse Ansätze gab, die mal wieder zu keinem Ergebnis führen wollten. So gibt es dieses seltsame Gespräch zwischen Alvin Olinsky und Hank Voight, die auf dem Weg zu einem Zugriff auf einmal über Lexi sprechen. Völlig aus dem Nichts heraus und nirgendwo hinführend. Zumal es mich nur wieder erinnert hat, dass wir gar nicht wissen, wo er gerade lebt und wie es mit Michelle Sovana ist. Das sind doch eigentlich die Momente, wo im Writer's Room auffallen sollte, dass etwas im Nichts geendet ist. Ähnlich empfinde ich aber auch bei Erin und Jay, zumal ich überhaupt keinen Packan bekommen habe, was diese Episode mir in Bezug auf sie sagen soll. Jay ist mit Wohnungssuche beschäftigt und bindet Erin ein, was mir eigentlich sagt, im Idealfall hätte er gerne, dass sie gleich miteinzieht. Gleichzeitig wirkte Erin extrem lustlos und angespannt in dieser Episode. Sie hat Jay zwar nicht von sich gestoßen, sondern hat auch anerkannt, dass er sie angesichts des Falls ablenken wollte, aber herzlich wirkte das alles nicht.

Dieser Eindruck zu Erin hat sich für mich dann auch über den Fall gelegt. Denn wir hatten es alleine in dieser Staffel gleich mehrfach, dass sie sich bei Ermittlungen mit Kindern oder jungen Frauen sehr reingehangen hat und mitgefühlt hat, weil sie Teile des Leids selbst erlebt hat. Alles gut und schön, aber hier kam nichts davon überzeugend an. Wir alle waren wohl vom Schicksal Pollys entsetzt, die Zeuge werden musste, wie ihre gesamte Familie abgeschlachtet wurde und sich dann unter der eigenen Schwester tot gestellt hat. Aber die Art, wie sich Erin dann als ihr Bodyguard aufgespielt hat, ohne dass es für sie charakterlich etwas bedeutete, das war doch seltsam. Die Spitze war dann auch die Einbindung von Dr. Daniel Charles, der Polly als Patientin übernommen hat. Er musste zunächst als sehr strikt inszeniert werden, um nach Pollys Messerangriff das Feindbild von Erin zu werden, nur damit die beiden sich dann doch wieder versöhnen und zusammen darauf kommen, wie man Pollys Erinnerungen wachrütteln kann. Warum aber hat Daniel die beiden mitsamt Jay dann alleine losziehen lassen? Auch wenn er eine ungefähre Ahnung hatte, was bei Polly los ist, aber wäre es der medizinischen Verantwortung nicht entsprechend gewesen, wenn Daniel sie zum Haus begleitet hätte, um sie aufzufangen? Es wäre mir nämlich völlig neu, wenn Erin auf einmal eine psychiatrische Koryphäe wäre. Wenn man Daniel dann schon als Gastrolle hat, dann aber auch bitte bis zum Ende logisch verpacken.

Man wird wohl gemerkt haben, der Fall hatte eigentlich das große emotionale Potenzial, siehe Stichwort involviertes Kind, aber es kam nur wenige Mitfiebern auf, weil die ganze Struktur sehr schlampig war. Auch wenn dem letztlichen Täter nochmal viel Zeit eingeräumt wurde, seine Gefühlslage darzulegen, aber im Grunde habe ich da auch wieder gemerkt, da darf er erzählen und sich rechtfertigen, doch es ist einfach nicht mit dem Ausmaß der schrecklichen Tat in Zusammenhang zu bringen. Damit will ich gar nicht sagen, dass es nicht per se möglich ist. Aber der Täter wirkte für mich sehr rational, seine Tat war es aber nicht und die Diskrepanz blieb dann auch unaufgelöst.

Fazit

In dieser zweiten Staffelhälfte ist doch schon an einigen Episoden zu erkennen, dass die Luft einer so langen Staffel ausgeht. Auch diesmal zieht es sich wieder durch, dass Interessantes angedeutet wird, dann aber sich in sich selbst auflöst. Dazu ist Seans Entscheidung völlig aus dem Nichts gerissen, nur um etwas Aufregung aufzuwirbeln. Gutes Storytelling ist das so aber nicht, weswegen das Staffelfinale beim kommenden Mal wohl genau richtig kommt.

Lena Donth – myFanbase

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