Review: #3.23 Alleingang
Staffel 3 findet mit einem großen Knall ihr Ende. Es war schon zu erahnen, dass Justin Voights Besuch in Chicago, ohne dass sein Vater Hank Bescheid wusste, Nachwirkungen haben wird, aber das Ausmaß dessen, das war ein echtes Ausrufezeichen. Ein rein vom Papier her emotionales Finale, aber kam es auch so bei uns als Zuschauerschaft an?
Gerade zum Ende der dritten Staffel ist mir nochmal bewusst geworden, wie sehr die Charakterentwicklung von Hank im Fokus stand. Auch wenn er und seine Einheit immer einen wenig zimperlichen Umgang mit Verdächtigen pflegen werden, aber in erster Linie hat er sich der Aufgabe verschrieben, Chicago mit seiner Arbeit sicherer zu machen. Auch wenn ihm immer Skepsis begegnen wird, weil er selbst schon auf der anderen Seite stand, aber das lässt Hank regelmäßig kalt, der lieber einfach seinen Job macht. Die Aufklärungsquote der Intelligence Unit spricht für sich. Zudem kann man keinesfalls behaupten, dass das für sein Ego macht, weil er bei den Fällen immer auch sein Herz mitgibt. Dementsprechend stellt das Ende der Staffel die Entwicklung auf den Kopf, wenn ich es auch gleichzeitig nicht als völligen Rückschritt bewerten würde. Vielmehr ist es ein tragischer Verlust zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Eben weil die Liebe der Voight-Familie untereinander so oft betont wurde, war klar, wer Hank nochmal so an den Rand der Vernunft treiben wird, das wird nur Justin können und so ist es gekommen. Auch wenn Hank nicht per se eine Figur ist, die man zu seinen Lieblingen zählt, aber es war für ihn ganz alleine eine brillant geschrieben Episode. Zu Beginn die Familieneintracht zu Baby Daniels erstem Geburtstag, die quasi schon eine Prophezeiung war, dann das Auffinden vom halbtoten Justin und dann die einzelnen Schritten. Es war in Jason Beghes Gesicht unfassbar viel Mimik und es ist auch gut, dass in der Inszenierung den Szenen, in denen die Worte fehlen mussten, die Ruhe geschenkt wurde. Wenn man Hank so in der ganzen Episode erlebt, dann wundert man sich am Ende nicht, dass er zur Waffe greift, um den Mörder seines Sohnes zu töten.
Auf dem Weg dorthin hat Hank aber einiges an Gegenwind bekommen. Zunächst haben wir noch vor Justins Auffinden ein Gespräch mit ihm, Emma Crowley und anderen hohen Tieren des CPDs, die eine Reform der Behörde anstreben und Hank ist gleich klar. Sie schätzen seine Arbeitsergebnisse, aber sie wollen ihn besser einbetten, um ihn im Schach zu halten. Eleganter als Hank hätte man den Vorschlag kaum an sich abprallen lassen können. Dann haben wir Adam Ruzek, der als Erster ausspricht, dass möglicherweise Justin nicht einfach nur etwas passiert ist, sondern er selbst aktiv etwas getan hat. Oh, war in dem Moment eine Stimmung im Großraumbüro. Respekt an Adam, dass er es sich überhaupt getraut hat, aber ich finde es auch wichtig, weil es zeigt, dass Hank auch in seiner kleinen Intelligence Unit nicht einfach machen kann. Das hat dann wohl auch Antonio Dawson animiert, der mit ein paar Entscheidungen dann auch nicht glücklich war und gleich mal ins Büro verbannt wurde. Letztlich haben wir auch noch Erin Lindsay, die als Erste erkennt, dass Hank den Rest des Teams auf eine falsche Fährte geschickt hat, um Kevin Bingham alleine zu konfrontieren. Sie hat ihn gefunden und versucht, es ihm auszureden, aber es hat nicht geholfen. Hank hat abgedrückt. Die Endszene mit der zu gegrabenen Erde hat doch alles gesagt. Und dennoch: am Ende ist es eine Rolle rückwärts, aber dennoch keine, die Hanks Entwicklung auf den Kopf stellt. Er ist nicht mehr der, der einst im Gefängnis gesessen hat, dementsprechend ist so ein emotionales Hindernis nun für Staffel 4 die große Reifeprüfung. Es mag dann in die Hose gehen, klar, aber für so ein Staffelfinale ist das ein spannender Endpunkt.
In dem Zusammenhang fand ich persönlich schade, dass Justin als Mensch nicht auch noch etwas mehr Raum bekommen hat. Wir haben am Anfang die Familienszenen und dann gleich die gewisse Spannung, weil Hank ihn wegen des Aufenthalts ausfragt. Durch die Ermittlung bekommen wir natürlich menschlich nochmal Hinweise, weil er alles riskiert hat, um der Frau eines ehemaligen Kameraden zu helfen. Das zeigt durchaus, dass Justin auch seinen Weg gegangen ist. Zwischendurch hatte ich auch den Gedanken, dass der frühere Justin vielleicht nicht gerne an einen frühen Tod gedacht hätte, dass er aber angesichts seiner Taten sich auch gedacht hätte, es wäre cool, als Held zu sterben. Und er ist als Held gestorben, ich hätte dafür aber gerne noch Josh Segarra konkret auf meinem Bildschirm agieren sehen wollen, weil es mit seinem Charaktertod nun leider vorbei ist.
Überraschend schnell war dann auch der Abgang von Sean Roman gelöst. Nachdem in der letzten Episode sein Wegzug aus dem Hut gezaubert wurde und Kim Burgess das Angebot bekam, ihn zu begleiten, wird früh abgehandelt, dass er wirklich geht, Kim aber in Chicago bleibt. Das ist das einzig Logische und Richtige, aber dennoch war es dramaturgisch gesehen riesig aufgebaut und flach aufgelöst. Aber die Abschiedsszene zwischen Sean und Kim war überraschend süß und sanft und ich fand es auch toll, wie er sich bei der Intelligence Unit verabschiedet und auch mit Adam noch Frieden geschlossen hat. Das war dann zum restlichen Gefühlschaos der Episode das Schöne fürs Herz.
Ansonsten haben wir bereits oben angedeutet weitere Prognosen für Staffel 4. Crowley hat sich zwischendurch Antonio geschnappt, weil es ihr nicht gefallen hat, dass Hank mit der Unit weiter ermittelt hat, obwohl sie alle abgezogen hatte. Damit ist sie dann zu Antonio gegangen, um ihm die Leitung anzubieten. Das passte natürlich super, da er gerade erst wieder eine gewisse Unzufriedenheit mit Hank gezeigt hat. Gleichzeitig hat man aber auch seine Loyalität gemerkt. Crowley hat sich dabei auch selbst ein Ei gelegt, indem sie die Entführung von Diego angesprochen hat. Hank hat ihm damals bedingungslos den Rücken freigehalten und das hat Antonio auch nochmal daran erinnert, dass er zwar vieles nicht wie Hank tun würde, aber dass sie gerade in familiären Ausnahmesituationen immer auf einer Wellenlänge sind. Da nicht klar ist, wie es nach Hanks Tat nun weitergeht, bleibt Antonios berufliches Thema sicherlich ein heißes Thema und man wird abwarten müssen, was sich entwickelt. Kim steht ja jetzt auch ohne Partner da, dementsprechend gibt es entweder eine Neubesetzung oder es wird versucht werden, sie nun endgültig zur Intelligence Unit hochzuziehen. In jedem Fall könnte Bewegung entstehen, wie auch immer das Produktionsteam sich entscheidet.
Abschließend haben wir noch Erin. Ihre Loyalität zu Hank ist ohne Frage die größte, ich würde tatsächlich auch behaupten, größer als die von Alvin Olinsky, gerade weil sie sich auch richtig fetzen und streiten, was für mich die Frage der Loyalität nochmal aufwertet. Gleichzeitig war diesmal ein Bruch zu spüren. Es ist schwer, das jetzt abzuschätzen, aber Erins tränenüberströmtes Gesicht hat alles gesagt. Sie wollte das nicht und es hat sie verletzt, dass bei Hank auch nicht gezogen hat, dass Justin das nicht wollen würde. Aber bislang gab es immer ein Zurück, auch jetzt? Jedenfalls fand ich auch nochmal schön, dass die begonnene Freundschaft zwischen Erin und Kim ebenfalls eine Szene erhalten hat, auch weil Kim den Gefallen endlich erwidern konnte und sie nun die war, die einfach da war.
Fazit
Das war ein vollgepacktes Staffelfinale von "Chicago P.D.". Voll von Entwicklungen, voll von Fragezeichen, voll von Emotionalität und voll von Spannung. Es war nicht perfekt, weil kleinere Aspekte etwas vernachlässigt wurden, aber nachdem der dritten Staffel etwas die Luft ausgegangen war, zeigt sich jetzt, dass für Staffel 4 ordentlich freigeräumt wurde, um wieder richtig Gas zu geben.
Lena Donth – myFanbase
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Start DiggingErstausstrahlung (US): 25.05.2016
Erstausstrahlung (DE): 23.06.2018
Regie: Mark Tinker
Drehbuch: Craig Gore & Tim Walsh
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