Review: #1.23 Last Man Standing
Manchmal, da greifen die Serienmacher in die Trickkiste und konzipieren eine Episode, die aus dem Rahmen fällt. #1.23 Last Man Standing ist so eine Folge. Völlig zurecht in den Status einer Kultepisode erhoben bietet sie 20 Minuten Unterhaltung der absoluten Extraklasse und ist in ihrer Konzeption und Umsetzung einfach phänomenal. Wieder einmal zeigen die Macher von "Community", dass ihrer Kreativität keine Grenzen gesetzt zu sein scheinen und sie genau wissen, wie Metahumor und intermediale Anspielungen aussehen müssen, um beim Zuschauer die entsprechende Wirkung zu erzielen: nämlich schallendes Gelächter.
Das fängt schon mal an mit der herrlichen Eingangsszene, in der "Community" sein Vorzeigepärchen Jeff und Britta direkt auf die Schippe nimmt (Abed: "Jeff and Britta is no Ross and Rachel.") und sich die Lerngruppe quasi als fiktiver Spiegel der Zuschauerschaft über das ewige Hin und Her der beiden beschwert. Wie "Community" mit seiner Selbstreferentialität spielt, ist nicht nur sehr smart, sondern vor allem immer wieder unglaublich witzig. Und dann tauchen wir auch gleich ein in die eigentliche Story, in das postapokalyptische Szenario à la "28 Days Later" ("1 Hour Later"), das Regisseur Justin Lin wirklich ganz hervorragend einfängt und damit das Publikum direkt in die neue Situation – den Paintballkrieg am Greendale Community College – platziert.
Dass sich "Community" hierbei zu keiner Zeit ernst nimmt, sieht man allein schon daran, dass es herrlicherweise der gebrechliche Leonard ist, der mit seiner Paintballpistole hinter Jeff herhinkt und dann von Abed in bester "Matrix"-Manier ausgeschaltet wird, gefolgt von einer wunderbaren Anspielung an "Terminator" ("Come with me if you don't want paint on your clothes."). Wir erfahren: In der vergangenen Stunde ist ein Paintballkrieg ausgebrochen im Kampf um die begehrte priority registration, die dem Gewinner fürs nächste Semester quasi freie Kurswahl ermöglicht. Und der Glee-Club wickelt alle mit seinen glamourösen Sing- und Tanzeinlagen um den Finger. Dass man diese "Glee"-Anspielung so deutlich bringt, ist einfach nur GENIAL, vor allem, da man sich selbst dann auch direkt wieder aufs Korn nimmt, als Jeff nach diesem Dialog...
Troy: "They say the glee club has lured stragglers into sniper traps with cheery renditions of hit songs."
Jeff: "Really? And people fall for that?"
Troy: "Yeah."
Jeff: "I mean, I’m all for winning, but let's not resort to cheap ploys!"
... direkt seinen Pulli auszieht. Wie war das mit billigen Tricks? Getoppt wird diese "Glee"-Referenz nur noch von der offenen Schießerei im Pausenhof, nach der Jeff ein "Write some original songs!" hinterher ruft.
Überhaupt liefert die Episode einen großartigen One-Liner nach dem anderen und auch eine großartige Szene nach der anderen. Wie sich auf der Toilette alle die Paintballpistolen an den Kopf halten und damit rumfuchteln. Wie sie am Lagerfeuer sitzen und über die Gründe für ihre Beteiligung am Paintballkrieg philosophieren. Wie Shirley ganz heroisch "stirbt". Wie Abed sich fürs Allgemeinwohl opfert. Wie Direktor Pelton und Señor Chang sich verschwören und dann ganz fiiieees lachen. Wie Britta und Jeff sich in dem obligatorischen Frau-verarztet-Mann-Moment näher kommen – und dann tatsächlich ein Stelldichein haben (wer hätte das kommen sehen?). Wie Britta sich gegen Jeff wendet, nur um dann festzustellen, dass Jeff ihre Munition geklaut hat. Einfach fantastisch.
Und dann natürlich der große Showdown. Der Auftritt von Chang aka El Tigre (aka Chow Yun-Fat aus "Hardboiled") mit seiner Monster-Paintballgun (im Tigermuster!) entzieht sich jeder Beschreibung. Der Moment ist so dermaßen witzig, dass man vor lauter Lachen den überragenden Kommentar von Chang ("Critical media literacy and politics of gender, biatch!") fast schon gar nicht mehr mitbekommt. Die Slowmotion-Schießerei zwischen Britta und Chang, Changs Niederlage und schließlich die Farbbombe sind wiederum ein reinstes Paradies für Filmkenner, und wegen ihrer selbstironischen Lächerlichkeit (ich meine, wir reden von Paintball!) umso besser. In "Stirb langsam"-ähnlicher Manier erledigt Jeff schließlich Direktor Pelton und holt sich die priority registration, ein manisches Lachen auf den Lippen, im zerfetzten und dreckigen Unterhemd – ein Bild für die Götter.
Und so kehren wir am nächsten Morgen wieder zurück in den Alltag. Alles ist wie immer, die letzten Spuren des Paintballkriegs werden vom Boden gewischt, nichts hat sich verändert – bis auf die Beziehung zwischen Jeff und Britta. Dass #1.23 Modern Warfare sich traut, trotz der klaren Ausrichtung auf Metahumor und Filmreferenzen die Weiterentwicklung der zwei Protagonisten voranzutreiben (und die Episode im Nachhinein nicht etwa als Jeffs Traum abzustempeln), setzt der ohnehin schon meisterhaften Folge die Krone auf. Die Episode ist nicht nur ein Heidenspaß, sondern erfüllt im Storyarc auch noch einen wichtigen Zweck, nämlich die Jeff/Britta-Beziehung aufs nächste Level zu heben. Deshalb, gäbe es zehn oder gar hundert Punkte zu verteilen, ich würde sie alle #1.23 Modern Warfare geben. Die bisher beste "Community"-Episode hat ihren Kultstatus völlig zurecht erhalten und ist einfach rundum perfekt.
Maria Gruber - myFanbase
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Modern WarfareErstausstrahlung (US): 06.05.2010
Erstausstrahlung (DE): 14.07.2012
Regie: Justin Lin
Drehbuch: Emily Cutler
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