Bewertung

Review: #3.06 Schwulsein für Fortgeschrittene

Nach zwei mehr oder weniger Gimmick-Episoden, die sehr für sich standen und fast keinerlei Interaktion der Gruppe mit der Außenwelt hatten, sind wir diese Woche zurück zu normalen Geschichten, oder was auch immer normal in der Welt von "Community" bedeutet. Und es wird immer deutlicher, dass Dan Harmon es ernst meint damit, diese 3. Staffel inhaltlich mehr durchzuplanen und mit fortlaufenden Elementen auszustatten. So fühlt sich auch diese Folge wieder mehr wie die Grundlage einer späteren Geschichte an, als dass sie innerhalb dieser 20 Minuten wirklich aufgelöst wird. Das ist natürlich per se nichts Schlechtes, aber führt dazu, dass das Ende hier doch in beiden Handlungssträngen etwas abgehackt und plötzlich wirkt. Und viel hängt nun davon ab, was man in Zukunft aus den Grundlagen bezüglich Jeffs Vaterproblemen und Troys Bestimmung macht.

Besonders Troys Entscheidungsfindung zwischen der ordinären Klempnerei und der elitären Klimaanlagen-Wartungsarbeit hat mir ausgesprochen gut gefallen. Einerseits ist die Grundlage der Geschichte so typisch albern, wie es eigentlich nur "Community" als ernsthafte Lebensentscheidung aufbauen kann. Zumal man mal wieder die Liebe zur eigenen Kontinuität bewundern muss. Dan Harmon mag zwar behaupten, er habe erst jetzt in Staffel 3 damit begonnen, längerfristige inhaltliche Pläne für seine Serie zu schmieden, aber er und seine Autoren haben schon bis dato immer wieder bewiesen, dass sie wissen, welche Figuren und Geschichten sie noch in petto haben. So war Jerry sicher in #1.24 Die Sache Chang als einmaliger Hausmeisterauftritt geplant, nichtsdestotrotz tritt er nun wieder ins Leben von Troy und dessen handwerkliche Hochbegabung. Diese Geschichte bietet außerdem Vizedekan Laybourne einen faszinierenden Auftritt als Chef der geheimen Organisation der Klimaanlagenbauer. Diese Parodie der üblichen Geheimbrüderschaften an amerikanischen Universitäten ist wie geschaffen für John Goodman und der glänzt auch in jeder seiner Szenen, in denen er einen hanebüchenen Monolog nach dem anderen abliefern darf. Und all die kleinen Details, um den Panini machenden Astronaut, die Vorgeschichte der Klimaanlagenbauer bis hin zum schwarzen Hitler waren einfach nur klasse. Ich mochte diesen Teil der Handlung jedenfalls unheimlich gerne und bin auch ganz angetan davon, dass er eben die allgemeine Lebenssituation der Studiengruppe repräsentiert, die für sie in ihrem College-Leben gerade entscheidend ist. Britta hat ihre Wahl fürs Hauptfach schon getätigt und auch für die anderen steht dies bald an, wie Troy uns eben hier demonstriert. Er mag sich momentan noch mehr für Fernsehen mit Abed interessieren, aber der Ernst des Lebens lauert auf ihn, und ich habe das Gefühl, dass "Community" das auch nicht unter den Tisch kehren wird.

Der andere Teil der Episode hat sich intensiv mit Pierce, seinem Vater Cornelius und mit Jeffs Daddy Issues auseinandergesetzt. Zwar bin ich einer der wenigen bedingungslosen Pierce-Fans, auch weil ich größten Respekt für Chevy Chase' Talente habe und die Bereicherung, die diese für "Community" darstellen. Aus diesem Grund bin ich einerseits sehr zufrieden damit, dass man ihn und die Beziehung zu seinem Vater und damit die Ursachen, warum er so ist wie er ist, thematisiert hat. Aber dieser Teil der Geschichte hatte für mich leider zwei große, besorgniserregende Probleme, die ich einfach nicht übersehen konnte und die mir den Spaß daran leider massiv genommen haben. Zum einen wäre da die Figur des Cornelius Hawthorne, der nicht nur von einem bedeutend jüngeren Darsteller als Chevy Chase gespielt wird, so dass Unmengen an Alters-Make-Up für ihn notwendig waren. Dazu kommt dann noch dieses Monstrum von einem Haarteil, welches die Glaubwürdigkeit für mich doch um einiges überschritten hat. Und das will etwas heißen, schließlich hatte ich bisher keine Probleme damit, Knetfiguren, Zombie-Attacken und Action-Szenarien zu glauben. Aber dieses abstruse Haarteil hat mich einfach in jeder Szene völlig aus dem Moment gerissen und so war ich für die ganze Geschichte leider zu distanziert.

Das zweite große Problem mit diesem Teil der Handlung hat auch Dan Harmon mittlerweile wahrgenommen, denn die Repräsentation der Homosexuellen innerhalb dieser Folge ist gerade für "Community"-Verhältnisse viel zu einseitig und abwertend. Und dabei geht es mir jetzt nicht darum, dass man nur politisch korrekte Witze machen darf, die niemandem auf die Füße treten. Man braucht nur zum Thema Rasse und eben Rassismus in "Community" schauen und sehen, wie man sich einerseits über ethnische Gruppen, Vorurteile darüber und Rassismus, der diesen entgegen gebracht wird, lustig macht. Dafür gibt es selbst in dieser Folge ein perfektes Beispiel, als Cornelius die Gruppe auseinandernimmt und Shirley so passend anmerkt, er sei der Abed des Rassismus.

Aber gerade Shirley präsentiert sich immer wieder als homophob und der Serie fehlen leider die normalen homosexuellen Charaktere, um dies vernünftig auszugleichen. Hier hätte man dazu die perfekte Gelegenheit gehabt, in dem man den auftretenden Vertretern dieser Gruppe Eigenschaften übers bloße Schwulsein hinaus verliehen hätte, aber diese Gelegenheit hat man leider verpasst und so macht man sich mit jedem einzelnen Schwulenwitz offensiv über diese lustig und lacht nicht mit ihnen. Es ist ein feiner Grad zwischen schwarzem Humor und diskriminierenden Witzen, den "Community" oftmals perfekt meistert, aber hier hat man das Ziel klar verfehlt. Dan Harmons Einsicht und Entschuldigung zu diesem Thema lässt hoffen, dass dieses Thema in Zukunft etwas vielseitiger angegangen wird, zumal der Meister selbst auch immer wieder bereit zum Dialog über seine Arbeit ist.

Viele Aspekte von #3.06 Advanced Gay haben mir sehr gefallen, die bereits erwähnte Geschichte rund um Troy, der Auftritt von Vizedekan Laybourne und auch Brittas permanente Falschbetonung des Wortes ödipal, plus der Tatsache dass sie mit ihren Diagnosen alles andere als falsch lag, waren schöne Elemente. Auch die offensichtliche Fixierung von Jeffs Problemen bezüglich seines Vaters wirkt vielversprechend (und wer glaubt mittlerweile nicht mehr daran, dass wir Jeffs Erzeuger bald irgendwann einmal kennen lernen werden), aber es gab eben auch einige Problempunkte, so dass die Folge insgesamt nicht über eine mittelmäßige Bewertung hinauskommt.

Cindy Scholz - myFanbase

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