Review: #6.20 Entstehung eines Monsters
Es gibt einfach Folgen, die die Fangemeinde spalten und die man entweder liebt, oder hasst. #6.20 Epiphany gehört zu diesen Folgen. Und bevor ich hier meine Meinung zur Episode kundgebe, möchte ich noch drei Dinge loswerden.
1. Mich haben Flashback-Episoden von "Desperate Housewives" noch nie vom Hocker gehauen. Bis auf #2.23 Erinnerungen und #5.05 Ein Blick in den Spiegel waren diese Folgen nämlich meist Lückenfüller und haben die Handlungen zum Stillstand gebracht.
2. Wo wir auch schon bei Punkt zwei wären: Ich mag keine Lückenfüller-Episoden. Und nachdem die Hausfrauen in dieser Staffel gerade in der zweiten Hälfte genug solche uns Zuschauer präsentiert hatten (bestes Beispiel ist #6.15 Lovely, die oberflächlich gesehen überzeugen konnte, jedoch auch Lückenfüller-Charakter besaß), hatte ich gehofft, kurz vorm Staffelfinale würde man von solchen Folgen Abstand nehmen.
3. Daraus resultiert auch schon der dritte Punkt, nämlich, dass ich Lückenfüller-Episoden erst recht dann hasse, wenn sie kurz vorm Finale eingesetzt werden.
Aufgrund der Tatsache, dass diese Episode es also schon im vornherein nicht einfach bei mir hatte, hatte ich gehofft, dass mich wenigsten der Inhalt interessieren bzw. gefallen wird. Und da war alles vertreten: von relativ überzeugend gelungen bis hin zu schrecklich miserabel.
"It’s not your fault that you ruined my life."
Nachdem in der letzten Folge Eddie mehr oder weniger überraschend als der Würger enttarnt wurde (wovon nur wir Zuschauer wissen), widmete sich die ganze Folge der Vergangenheit und den Motiven Eddies. Und dabei könnte man meinen, die Autoren haben sich strikt nach dem Handbuch für klischeehafte Motive klischeehafter Serienkiller gehalten. Man nehme einfach einen unschuldig wirkenden Jungen, der offenbar keiner Fliege etwas zu leide tun kann, lässt diesen unter lieblosen Bedingungen groß werden, fügt eine alkoholabhängige Mutter hinzu, mixt das ganze mit ein paar Komplexen und schon hat man einen Jungen, der eine Frau erwürgt, wenn diese mal nicht seine Liebe erwidert.
An Klischees kaum noch zu überbieten, gab es außerdem Szenen, die mehr an eine schlechte 70er/80er-Jahre-Soap erinnerten, als an eine Dramedy, die bereits einige "Golden Globes" abstauben konnte. Die Szene, in der Eddie die Prostituierte Ramona umgebracht hat, gehört für mich zu eine der schlechtesten Szenen, die ich in der Vergangenheit gesehen habe. Zumal die Darstellerin der Ramona den Anschein erweckte, als hätte Marc Cherry sie wirklich auf der Straße aufgegabelt. Auch der Part, in dem Klein-Eddie mit einem Luftgewehr eine Taube abschießt, war im wahrsten Sinne des Wortes der Abschuss – im negativen Sinne.
Bevor ich auf die Rückblenden der einzelnen Hausfrauen eingehe, muss ich natürlich auch sagen, dass die ganzen Eddie-Szenen ohne unsere Hausfrauen auch positive Seiten hatten. So konnte mich der Darsteller Eddies, Josh Zuckerman, relativ überzeugen und vor allem die Szenen mit seiner Mutter waren, dank Diane Farr, gelungen. Es war natürlich überaus vorhersehbar, dass seine Mutter Barbra Opfer ihres Sohnes wird. Aber nichtsdestotrotz hatte die Schlussszene zwischen den beiden einen starken Eindruck hinterlassen, was die Folge zumindest zu keinem Totalausfall machte.
"There is a house in a town of Fairview. Inside this house live a monster. The kind who kills women. You may wonder how a monster like that came to be? The answer is simple: monsters are created by other monsters."
Kommen wir nun zu den einzelnen Rückblicke der Hausfrauen, wobei es eine gute Idee war, nach und nach Eddies Entwicklung von einem süßen kleinen Jungen zu einem kranken Monster zu zeigen.
Der erste Rückblick gebührte Mary-Alice, wobei auch schon das beste daran vorweggenommen wird: Mary-Alice. Es ist immer wieder schön, Brenda Strong nicht nur zu Ohren, sondern auch zu Gesicht zu bekommen. Ihre Storyline war natürlich der Anfang des ganzen Klischee-Sumpfes, nachdem sie Zeuge wurde, wie Barbra von ihrem Mann verlassen wird – natürlich vor den Augen ihres kleinen Sohnes, wie sollte es auch anders sein. Dass Barbra ihren Sohn vernachlässigt und Mary-Alice ihr daraufhin eine Standpauke erteilt, zeugte ebenfalls nicht von enormer Innovativität, zeigte aber wieder, dass Mary-Alice die gute Seele der Wisteria Lane war und es immer noch kaum vorstellbar ist, dass sie in ihrer Vergangenheit eine Frau ermordet haben soll.
"I thought maybe for a second that Susan Mayer lady and I might be friends, but then she started talking."
Schritt zwei des Eddie-Wahnsinns ist auf Gaby zurückzuführen. Diese hatte mal wieder den witzigsten Part der Folge, weshalb ich ihre Szenen als gelungen abstempeln würde. Die Tatsache, dass Gaby und Klein-Eddie auf Grund ihrer Einsamkeit eine Art Freundschaft pflegten war irgendwie rührend, andererseits auch ein wenig abwegig. Erst vertreibt sie sich wegen ihrer Einsamkeit die Zeit mit einem Kind, wenig später mit einem minderjährigen Gärtner – muss man Angst um Gaby haben? Außerdem ist es immer wieder verwunderlich, dass so gut wie jede Rückblick-Folge eine Gaby zeigt, die gerade erst in die Wisteria Lane gezogen ist. Ein Highlight war der Moment, in dem Gaby über die einzelnen Hausfrauen der Wisteria Lane herzieht, wobei ich mir gewünscht hätte, dass auch irgendwie mal wieder Edie erwähnt wird. Aber nach den jüngsten Ereignissen wird Marc Cherry, der übrigens das Drehbuch zu dieser Folge verfasst hat, besseres zu tun haben. Weniger überzeugend fand ich den Moment, in dem Gaby Eddie eine Art Korb erteilt. Denn auch diese Szene befand sich auf einem schmalen Grat zwischen lächerlich und akzeptabel.
"You can never go wrong with a genuine compliment."
Brees Szenen mit Eddie waren nicht wirklich herausragend und auch ein wenig langweilig, obwohl es natürlich rührend war, wie sich Bree um Eddie gesorgt hat. In dieser Rückblende konnte man dann endgültig das klischeehafte Motiv Eddies erkennen, denn es war deutlich, wie sehr er darunter leidet, dass kein Mädchen mit ihm ausgehen möchte. In diesem Fall frage ich mich, wieso er nicht Danielle umgebracht hat, nachdem diese ihm eine Abfuhr erteilt hat. Das hätte uns Zuschauer viele nervige Szenen aus der Vergangenheit erspart. Des weiteren wurde die Klischeekiste auf die Spitze getrieben, als seine Mutter ihn Danielle bezüglich auslacht und sich dadurch ein Hass auf Frauen entwickelt, die über ihn lachen. Daraus resultierte dann auch sein erster, oben bereits erwähnter Mord an der Prostituierten Ramona, was eine Fremdschämszene ohne Gleichens war.
"I have an expensive, worthless art degree that says I know what I'm talking about."
Weitaus besser gefiel mir die Geschichte um Susan, die Eddies Zeichentalent unterstützen wollte. Natürlich war es lächerlich, dass sich Eddie ihn sie verliebt hatte und es war auch schon nahe an einer erneuten Fremdschämszene, als Eddie Susan einen Heiratsantrag gemacht hatte. Interessant war dann jedoch, dass endlich der Angriff auf Julie aus dem Staffelauftakt aufgeklärt wurde. Tatsächlich war es nämlich Susan, die eigentlich erwürgt hätte sollen, sodass Julie lediglich das Opfer einer Verwechslung wurde. Und das natürlich auch, damit wir Zuschauer schön die Bolens verdächtigen. Rückblickend gesehen ist diese Storyline dann eine Enttäuschung, aber in der ersten Staffelhälfte hatte die Geschichte um Julies Angriff definitiv seinen Reiz. Ich hätte es allerdings besser gefunden, wenn es einen Art Überraschungs-Effekt gegeben hätte. So hätte der Angriff auf Julie zum Beispiel in dieser Folge gar nicht aufgeklärt werden müssen. Wir hätten Eddie als Mörder der anderen Mädchen abgestempelt, sodass wir alle im Glauben wären, Eddie habe auch Julie angegriffen. Im Staffelfinale hätte dann der interessante Clou aufwarten können, dass Eddie gar nichts mit dem Angriff auf Julie zu tun hatte, sondern tatsächlich Nick als Racheakt dahinter steckte. Solche überraschenden Wendungen, wie sie zum Beispiel noch im Finale der zweiten Staffel vorhanden waren, fehlen mir seit langer Zeit leider.
Bring the monster in your house!
Mit Lynette gab es die einzig relevante Entwicklung dieser Folge, die auch für die restlichen Episoden von Bedeutung sein werden. Grund dafür ist auch, dass Lynette als einzige keinen Flashback erhielt und ihre Szenen mit Eddie in der jetzigen Zeit spielten. Die eben angesprochene Entwicklung verspricht Spannung, womit auch meine Sorgen verschwunden sind, dass Lynette erneut bis zum Staffelfinale nur Stand-Alones bekommt. Doch auch Lynettes Part wird von Schwachsinnigkeiten überschattet. Erst mal ist es ein wenig glaubwürdig, dass eine sowieso schon gestresste, hochschwangere Frau, die bereits vier Kinder zu Hause hat, einen weiteren Jugendlichen bei sich aufnimmt. Doch das ist nichts im Vergleich zu der Szene, in der Lynette plötzlich vor Eddies Tür steht, nachdem dieser gerade seine Mutter ermordet hat. Ich muss gestehen, dass ich in diesem Moment vor Spannung die Luft angehalten hatte. Als Lynette dann plötzlich auch noch den regungslosen Körper Barbras im Haus liegen sieht, war mein Puls ordentlich nach oben geschellt. Doch was macht Lynette, als sie den Körper sieht?
NICHTS.
Okay, es ist zwar irgendwo glaubwürdig, dass Lynette in der Annahme war, Barbra hätte wieder zu viel getrunken. Aber dann einfach nichts, rein gar nichts zu unternehmen, Eddie vorzuschlagen, die Koffer zu packen und dann, ohne sich um die am Boden liegende Barbra zu kümmern, ja ohne überhaupt mal nachzuschauen, wieder nach Hause zu gehen, hat mich sprachlos gemacht. Zumindest fast, denn ein Wort habe ich noch rausbekommen: UNGLAUBLICH.
Fazit
Manch einer sieht in #6.20 Epiphany vielleicht eine gelungene Folge, welche die Hintergründe des Würgers interessant erläutert. Ich kann mich da leider nicht anschließen, denn dafür wurde Eddies Figur zu klischeehaft präsentiert, die Umsetzung zu plump und die Flashbacks meist zu einfallslos. Gepaart mit einigen Szenen, die nahe an der Grenze des Erträglichen waren und der Tatsache, dass die meisten Storylines auf Eis gelegt wurden, ist diese Folge so kurz vorm Finale nicht nur vollkommen deplaziert, sondern auch relativ enttäuschend. Nur einige wenige gelungene Szenen und gute schauspielerische Leistungen verhelfen dieser Folge noch zu fünf Punkten.
Manuel H. - myFanbase
Die Serie "Desperate Housewives" ansehen:
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Diskussion zu dieser Episode
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: EpiphanyErstausstrahlung (US): 25.04.2010
Erstausstrahlung (DE): 01.12.2010
Regie: David Grossman
Drehbuch: Marc Cherry
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