Bewertung

Review: #1.04 Das Boot

Joan baut ein Boot. Im ersten Moment klingt das etwas profan, doch diese Folge überrascht mit spannenden Geschichten, gehaltvollen Dialogen und feinsinniger Situationskomik.

Ja, Joan hat die Begabung Boote zu bauen. Wer hätte das gedacht. Ein verborgenes Talent, welches Joan selbst, aber wohl vor allem ihre Mutter am meisten überrascht. Urkomisch anzusehen ist, wie Helen angesichts des neu entdeckten Talents ihrer Tochter immer wieder Parallelen zu ihrer "verrückt gewordenen" Cousine zieht und in Joan die ersten psychopathischen Züge erkannt haben will.

Talent ist nichts, was man beeinflussen kann. Eine Begabung hat man oder eben nicht. Dies lernt auch Joan in dieser Folge. Viel wichtiger aber, sie lernt auch ihre Talente und damit sich selbst so zu akzeptieren wie sie ist. Als sie Gott fragt, ob sie ihr vermeintlich überflüssiges Talent 'Bootbauen' nicht gegen ein anderes eintauschen könnte, verneint dieser das natürlich und macht ihr noch einmal deutlich, dass man sich selbst so annehmen muss, wie man eben ist.

So lustig die Geschichte um Joan und ihr Boot dargestellt wird, um so ernsthafter wird sich der Thematik von Kevins Behinderung gewidmet. Will bemüht sich, seinen Sohn wieder an der Sport heranzuführen. Er nimmt Kevin zu einem Rollstuhl-Basketballtraining mit. Dort macht er ihn mit dem ebenfalls im Rollstuhl sitzenden Spiel-Kapitän Beer bekannt. Im Gegensatz zu Kevin hat dieser jedoch eine beinahe positive und gelassene Einstellung zu seiner Behinderung. Etwas das Kevin in der jetzigen Situation völlig fremd ist. Dankenswerter Weise wird die Geschichte um Kevins Behinderung in dieser Folge mit mehr Substanz und vor allem mehr Tiefgang als in der letzten Folge erzählt. Die ernsthafte und nachvollziehbare Auseinandersetzung mit Kevins Behinderung hatte man in der letzten Folge vergeblich gesucht. Jetzt aber werden Fakten präsentiert und Informationen aus der Vergangenheit gegeben. Wir erfahren, dass Kevin zu Schulzeiten ein sportlicher Überflieger war, bei Mitschülern und v.a. den Mädchen hoch im Kurs. Alles, was ihn früher ausgemacht hat, scheint ihm nun abhanden gekommen zu sein. Kevin hadert mit sich und seinem Schicksal. Auch ihm gelingt es nicht, sich so zu akzeptieren wie er ist. Die Umsetzung der Thematik "Akzeptanz sich selbst gegenüber" ist absolut gelungen. Die Dialoge zwischen Will und Kevin sind überzeugend und sinnig. Das Verhalten und die Motive von Vater und Sohn sind authentisch und durchweg nachvollziehbar. Hinzu kommt, wie ich finde, die besondere schauspielerische Leistung der Akteure. Nie theatralisch oder überzogen, ziehen beide den Zuschauer mit ihrer eher zurückhaltenden, aber dennoch wirkungsvollen Darstellung in ihren Bann. Und man muss eines immer wieder feststellen: In dieser Serie stimmt einfach die Chemie zwischen den Schauspielern! Man würde sich niemand anderen in den Rollen wünschen.

Genial ist auch die Auflösung der Bootsbauaktion. Will und Kevin scheinen sich beide für Boote zu interessieren und entdecken hierdurch eine neue Gemeinsamkeit, die sie beide wieder näher zusammenrücken lässt. Denn nun haben sie wieder eine gemeinsame Kommunikationsbasis.

Die größte Überraschung in dieser Folge war für mich jedoch, dass es gelungen ist, Wills Ermittlungsarbeit einmal wirklich spannend zu erzählen. Beeindruckend auch zu sehen, wie analytisch und logisch Will seine Ermittlungsarbeit angeht. Zudem zeigt er Vehemenz und Durchsetzungskraft, als er seine Kollegen wegen Ermittlungspannen zu Recht weist. "Will in Action" - mehr davon!

Und zu Guter letzt, die langsame Annäherung zwischen Joan und Adam. Zwar gibt es nicht viele gemeinsamen Szenen von beiden in dieser Folge, aber die wenigen reichen, um mehr davon sehen zu wollen: Adam besucht Joan in der Garage und sagt ihr, dass das Boot wirklich schön sei und Joan ist in der Buchhandlung kurz davor Adam ihr Geheimnis zu offenbaren und er meint, er verstehe mehr als die meisten Leute. Ach, einfach schön! Allerdings mutet Adams Geschichte von seiner ersten Begegnung mit dem stellvertretenden Schuldirektor Mr. Price etwas seltsam an. Er habe diesem zeigen wollen wie gut er Klavier spielen kann und habe ihm buchstäblich mit Händen und Füßen vorgespielt. Die Vorstellung, die sich hier bei mir auftut, ist irgendwie absurd und fast schon lächerlich. Warum die Autoren ihm diese Geschichte angedichtet haben, verstehe ich nicht wirklich. Aber, nichts desto trotz schafft es Christopher Marquette diesen "Stoff" trotz aller unfreiwilligen Komik überzeugend zu "verkaufen".

Ebenso unnötig erscheinen mir die Anspielungen auf Mr. Price als das personifizierte Böse. Der Schuldirektor, der Träume zerstört und Illusionen raubt. Naja! Es gibt immer Menschen, die einen verunsichern oder negativ beeinflussen, aber gleich das Böse und den Teufel dahinter zu vermuten…

Weiterer kleiner Kritikpunkt in dieser Folge ist meines Erachtens, dass die Szenen zwischen Luke und Joan etwas zu kurz kommen. Ich finde es einfach zu lustig wie sich beide gegenseitig ärgern und bissige Kommentare an den Kopf werfen. Dabei wissen wir doch insgeheim, dass sich beide schon ganz gern mögen.

Fazit

Insgesamt eine wirklich schöne Folge. Gehaltvolle Dialoge, spannend erzählte Geschichten und absolut überzeugende Darstellung!

Anne L. - myFanbase

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