Bewertung

Review: #3.21 Der letzte Sam Weiss

Foto: Fringe - Grenzfälle des FBI - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Fringe - Grenzfälle des FBI
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Als ich in der Review zum Auftakt der dritten Staffel schrieb, dass man schon gespannt sein könne, wie "Fringe" seine Reise in der dritten Staffel weiterführen wird, war mir noch nicht klar, wie verdammt spannend und abwechslungsreich das Ganze geschieht und welch interessante Wege wir während der Staffel einschlagen werden. Nun sind wir schon fast am Ende der dritten Runde und kurz vor dem großen Staffelfinale biegt die Serie mit #3.21 The Last Sam Weiss noch einmal in einen Weg ein, der vollkommen überraschend kommt und bei dem es noch nicht wirklich absehbar ist, inwiefern er uns zum eigentlichen Ziel bringen wird oder ob am Ende des Weges ein Wendekreis wartet, der uns wieder dorthin zurückbringt, wo wir zu Beginn waren. Doch davor ging die Folge leider auch einen Pfad, der eigentlich toll ausfallen hätte müssen, aber letztendlich völlig daneben ging.

"Okay Sam, I'm going to make this easy for you. I am armed and I want you to take me to the key ... now!"

Bei diesem enttäuschenden Pfad handelt es sich um die Erläuterung der Hintergründe um Sam Weiss. In #2.02 Objekt der Begierde noch als etwas suspekter aber durchaus sympathischer Bowlingbahnbetreiber mit erstaunlichen psychologischen Kenntnissen eingeführt, kam mit der Zeit immer mehr die Vermutung auf, dass er mehr mit der "Fringe"-Mythologie zu tun, als es auf den ersten Blick scheint. Die Autoren köderten uns mit versteckten Botschaften, in denen es hieß, man solle Sam Weiss nicht trauen, brachten ihn in Verbindung mit den Büchern rund um die "Ersten Menschen" und stellten ihn durch Szenen wie in #3.20 6:02 am EST, wo er vor einem merkwürdigen Himmelsschauspiel besorgniserregend eine Nullgleichung auflöste, fast schon allwissend dar. Daher war es kein Wunder, dass wir Zuschauer in Sam Weiss eine Schlüsselfigur im Schicksal beider Universen sahen und gespannt darauf waren, zu sehen, was genau es mit dieser vermeidlichen Schlüsselfigur auf sich hat. Nun, jetzt wird das "Geheimnis" um Sam Weiss gelüftet, denn Olivia sieht in ihm die einzige Hoffnung, die Zerstörung unseres Universums zu stoppen. Und man darf ruhig zugeben, dass man sich nach dieser Auflösung schlicht und einfach verarscht fühlt.

Anfangs waren die Szenen mit Olivia und Sam noch von einer tollen Dynamik und Spannung geprägt, doch dann folgte Sam Weiss betreffend eine Enttäuschung nach der nächsten. Die Tatsache, dass Sam Weiss einfach nur der letzte Überlebende einer Familie ist, die es sich zum Hobby gemacht hat den Geheimnissen der Ersten Menschen auf die Schliche zu kommen, ist ebenso ernüchternd, wie die Offenbarung, dass nicht Sam Weiss das Buch über die Ersten Menschen verfasst hat, sondern einer seiner Urgroßväter mit dem gleichen Namen. Es ist nicht so, als wäre diese Auflösung komplett daneben - ärgerlich ist einfach nur, dass uns die Autoren die gesamte dritte Staffel lang praktisch falsche Hoffnungen gemacht haben. Dabei hätte es genügend Möglichkeiten gegeben, den Mythos um Sam Weiss ein wenig zu entschärfen. So hätte man beispielsweise am Ende von #3.12 Concentrate and Ask again, als Nina Sharp Sam auf die Bücher über die Ersten Menschen anspricht und ihn gar als Autor betitelt, schon erwähnen können, dass nicht er selbst die Bücher verfasst hat. Stattdessen behielt man die Zuschauer im Glauben, Sam habe die Bücher, die im 19. Jahrhundert geschrieben wurden, verfasst, was die Figur nur noch mysteriöser und interessanter machte. Nun ist also klar, dass Sam mit der eigentlichen Mythologie nichts zu tun hat, was einfach nur verdammt enttäuschend ist.

Ebenso der Umgang mit dem Charakter innerhalb der Folge: Schien er anfangs noch wichtig, so wird er am Ende der Episode einfach stehen gelassen, da er noch nicht einmal die Befugnis erteilt bekommt, mit Olivia und dem restlichen Team weiterzuarbeiten. Aus einem einst so geheimnisvoll dargestellten Charakter wurde innerhalb einer Folge ein bedauernswerter Hobbyforscher, der hilflos zurückgelassen wird und nicht wirklich etwas zur Rettung des Universums beitragen kann – zumindest nicht in dem Umfang, wie man es noch zu Beginn geglaubt hatte. Und irgendwie hatte Sam in dieser Folge ja unbewusst selbst deutlich gemacht, welch mehr oder weniger unwichtige Rolle er eigentlich spielt:

"I'm Olivia Dunham, FBI."

"I'm Dr. Christina Albright."

"And I'm Sam Weiss ... Patron Member since 1982!"

Anzumerken bleibt aber trotzdem, dass Sam keinesfalls ein schlechter Charakter war. Allein in dieser Folge lieferte er unbezahlbar gute Sprüche ab und das Zusammenspiel zwischen Sam und Olivia war doch eine ziemlich amüsante Angelegenheit.

"It's been a long time since a classic fruit cocktail."

Während alles rund um Sam Weiss eher enttäuschte und für die Katz’ war, war der Rest der Episode so, wie man es sich für eine Folge, die noch einmal auf das große Staffelfinale vorbereiten soll, wünscht. Die in #3.20 eingeleitete Zerstörung unseres Universums nimmt immer dramatischere Auswirkungen an und – trotz eher mittelmäßiger Effekte – haben die "Fringe"-Macher eine recht angespannte Atmosphäre inszenieren können. Das Aktiveren des Vakuums im Paralleluniversum hat zudem nicht nur Auswirkungen auf unser Universum, sondern auch erneut auf Walter, der mit ansehen muss, wie immer mehr Menschen darunter zu leiden haben, was er sich in der Vergangenheit zu Schulden gekommen lassen hat. Zwar wurden wir in dieser Folge nicht Zeugen von einer solch grandiosen Szene, wie Walters Monolog in der Kapelle aus der letzten Folge, aber dafür wurden wir mit schönen Szenen zwischen ihm und Astrid entschädigt, die sowohl emotional – die Szene an Peters Krankenbett – als auch witzig – Walter beim Drachensteigen lassen – ausgefallen sind.

Derweil erwacht auch Peter aus seinem Koma, was natürlich wenig überraschend ist. Verwirrend war daraufhin nur sein Benehmen, das vermittelte einem teilweise den Eindruck, als glaube Peter, er befände sich im Paralleluniversum. Diese Szenen waren dann für den weiteren Verlauf der Folge nicht wirklich relevant und hätten weggelassen werden können, da sie zunächst wirklich ein wenig ratlos machten. Letztendlich treffen Walter, Olivia und Peter auf Liberty Island wieder aufeinander: Walter hat in der Zwischenzeit herausgefunden, dass sich das Vakuum im Paralleluniversum auf Liberty Island befinden muss, weshalb er nun auch in unserem Universum die Maschine auf Liberty Island beschaffen lässt. Die Vermutung liegt Nahe, dass so die katastrophalen Auswirkungen ein wenig eingedämmt werden können.

Olivia hat währenddessen mit Sams Hilfe eine Zeichnung erhalten, die sie - ähnlich wie damals Peter - in Verbindung mit der Maschine zeigt. Es wäre vielleicht keine schlechte Idee gewesen, diese Zeichnung ein paar Episoden früher bereits ins Spiel zu bringen, denn so hätte man munter drauf losraten können, inwieweit Olivia mit der Maschine zu tun hat. Stattdessen wird das Ganze auch gleich in dieser Folge aufgelöst: Mit ihren telekinetischen Fähigkeiten soll Olivia die Waffe öffnen, sodass Peter sie unbeschadet betreten kann. Üben soll sie an der "Selector"-Schreibmaschine, denn wenn sie es schaffen sollte, die Schreibmaschine via Telekinese zu bedienen, schafft sie es auch, das Vakuum offen zu halten. Leider verfällt Olivia daraufhin in die gleiche trotzige Phase, wie bereits in #1.14 Das Manifest, wo sie mittels ihrer Gedankenkraft eine Bombe deaktivieren musste.

Ja, es ist natürlich keine leichte Aufgabe, mal eben die Kontrolle über eine riesige Weltzerstörungsmaschine zu gewinnen, wenn gleichzeitig die Last eines ganzen Universums auf den Schultern sitzt. Aber nach den tollen Entwicklung, die Olivia in der Episode #3.19 Lysergic Acid Diethylamide vollzogen hat, hatte ich mir erhofft, dass sie selbstbewusster und ehrgeiziger an die Sache rangeht, statt nach einigen missglückten Versuchen gleich frustriert den Kopf hängen zu lassen und ein bockiges "I can't do that" von sich zu geben. Toll dann aber der Moment, in dem Walter versucht, Olivia Mut zu machen: "I wish you could see yourself the way I see you. You have no idea how extraordinary you are. If you would embrace that, there's no end to what you can do."

"Are you ready?" "No, are you?" "No, but don't say I never took you anywhere."

Am Ende ist ein Faktor, der es Olivia gelingen lässt, ihre Fähigkeiten richtig einzusetzen: Peter. Es war schon eine denkwürdige Szene, als Olivia und Peter Hand in Hand der Maschine entgegenlaufen und bereit sind, unser Universum nun zu retten. Hier hatte man teilweise aber mal wieder versucht, das Ganze unnötig dramatisch zu inszenieren. Olivias Abschieds-"I love you" an Peter war natürlich noch schön anzusehen und das Herz einiger Peter/Olivia-Fans dürfte dabei sicherlich aufgegangen sein. Dann aber mit dramatischer Musik unterlegte Rückblenden zu zeigen, während sich Peter der Maschine nähert, war ein wenig zu viel des Guten, weshalb man gerne drauf hätte verzichten können.

Schlussendlich kommt es dann zu dem Moment, auf den wir Zuschauer schon gespannt sein dürften, seit die mysteriöse Zeichnung zeigte, wie Peter mit der Maschine interagiert. Denn Peter betritt die Maschine, die sofort auf ihn reagiert. Ja, mein Herz blieb zumindest für eine Sekunde lang stehen, und der Spannungsfaktor dürfte wohl irgendwo im sechsstelligen Bereich gelegen haben. Endlich würden wir erfahren, was passieren würde, wenn das eintrifft, was die Zeichnung bereits prophezeit hatte und Peter die Maschine betritt.

Die Antwort darauf und somit auch die letzte Szene dieser Folge hätte überraschender und unvorhersehbarer nicht ausfallen können und besaß Charakter eines Staffelfinalcliffhangers:

Peter erwacht plötzlich auf einer zerstörten New Yorker Straße ... im Jahr 2026!

Somit überrascht uns "Fringe" also kurz vor dem Staffelfinale mit einem gewaltigen Zeitsprung, was natürlich keine nagelneue Idee ist, in diesem Fall aber extrem unerwartet kam und so viele Fragen aufkommen lässt, dass man sich nur darauf freuen kann, dass uns noch eine Folge bevorsteht.

Allen voran steht natürlich die Frage, weshalb die Maschine Peter in die Zukunft geschickt hat. Und was wird er dort erleben? Inwiefern wird dieser Zeitsprung unser Universum vor der Zerstörung bewahren – oder war das etwa nie die Absicht der Maschine?

Das vorletzte Fazit

Es fällt schwer, #3.21 The Last Sam Weiss abschließend zu bewerten. Nach den durch und durch gelungenen Vorbereitungen, die in der Folge zuvor getroffen wurden, hatte diese Folge leider einige Schwächen, die den Erwartungen an eine Vorfinalfolge nicht gerecht werden. In #3.20 wurde die Geschichte um Sam Weiss mehr oder weniger als spektakuläres Hauptgericht angekündigt, doch letztendlich bekamen wir Zuschauer nur Currywurst und Pommes. Außerdem war es doch ein klein wenig enttäuschend, und bisher hatte ich es noch gar nicht angesprochen, dass wir fast gar keine Szenen geboten bekommen haben, die im Paralleluniversum spielen. Und das, obwohl uns #3.20 mit Bolivias Gefangenschaft mit einem spannenden Ende zurückließ. Dem Ganzen gegenüber stehen die von extrem hoher Spannung geprägten letzten Minuten der Folge, samt anschließendem absolut überraschenden Ende, das hoffentlich im Finale auch sinnvoll genutzt wird.

Manuel H. - myFanbase

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