Review: #3.01 Valar Dohaeris
Zuletzt habe ich zu Zeiten von "Lost" einem Staffelauftakt so sehr entgegen gefiebert, wie es mir nun bei #3.01 Valar Dohaeris ergangen ist. Dennoch bin ich die letzten neun Monate standhaft geblieben und habe weder zur Buchvorlage gegriffen, noch auch nur ansatzweise irgendwelche Spoiler über den weiteren Verlauf gelesen. Entsprechend basiert diese Review ausschließlich auf den bisher ausgestrahlten Episoden und beinhaltet höchstens Spekulationen meinerseits, jedoch keinerlei Wissen über den weiteren Verlauf!
"I want to fight for the side that fights for the living."
Obwohl mich die Ereignisse nördlich der Mauer in der vergangen Staffel im Vergleich zu den anderen Handlungssträngen eher kalt gelassen haben, deutet der zweigeteilte Handlungsstrang in dieser Episode an, dass sich das in dieser Staffel durchaus ändern kann. Vor der Auflösung des Cliffhangers aus #2.10 Valar Morghulis haben sich die kreativen Köpfe im hiesigen Auftakt geschult gedrückt und versorgen uns Zuschauer lediglich mit schrillen Geräuschen, lautem Wind und springen dann ein paar Stunden später ins Geschehen. So sehen wir in einer (vor allem bildlich) beeindruckenden ersten Szene, wie sich der halb erfrorene Sam durch die eisige Kälte kämpft, einen seiner Nachtwachebrüder sieht, dessen Kopf abgeschlagen und in dessen Hände gelegt wurde, und sich schließlich versucht vor einem (weiteren) Weißen Wanderer zu verteidigen, um dann von Geist sowie Kommandant Mormont gerettet zu werden. Ein grandioser Start in die neue Staffel, der einem regelrecht eine Gänsehaut verpasst und den Cliffhanger aus der letzten Staffel – trotz fehlender Auflösung – sehr gut abrundet. Ebenso beeindruckend ist Mormonts Reaktion auf Sam, denn freudige Worte darüber, dass Sam überlebt hat, gibt es nicht. Vielmehr erntet Sam enttäuschte Blicke, da er die Raben nicht zur Warnung losgeschickt hat, obgleich dies "sein einziger Job" gewesen ist. Ganz Westeros ist entsprechend derzeit im Unwissenden darüber, was auf sie zukommt und die letzten Überlebenden der Nachtwache werden sicherlich nicht mehr rechtzeitig kommen, um das Schlimmste zu verhindern. Man darf also gespannt sein, welcher der anderen Charaktere zuerst auf die Weißen Wanderer treffen wird und ab wann diese Bedrohung im Königreich die derzeitigen Kriege ablösen wird.
Noch etwas weiter nördlich lernen wir schließlich den viel besprochenen "König nördlich der Mauer" kennen – Mance Rayder (bzw. zu Deutsch: Manke Rayder). Während Ygritte Jon zu ihrem König führt, darf man als Zuschauer ganz beiläufig ein weiteres beeindruckendes Set betrachten. Mit viel Liebe zum Detail wurde hier ein Camp erschaffen, welches uns aufzeigt, dass Baumaterial nördlich der Mauer kein weit verbreitetes Gut ist. Mit Stöckern, Tierfellen und Knochen wurden hier Unterkünfte geschaffen, die eher praktikabel als wohnlich sind, gleichermaßen jedoch aufzeigen, dass es sich hier wahrlich um eine eingefleischte Gemeinschaft handelt, in welcher sogar Kinder großgezogen werden. Genau dieser Aspekt macht Jons neue Position innerhalb der Wildlinge für mich besonders spannend. Zu diesem Zeitpunkt gehe ich (noch) davon aus, dass er sich weiterhin vollkommen der Nachtwache verschrieben fühlt und versucht die Wildlinge zu infiltrieren, auch wenn er seine Begründung gegenüber Mance Ryder sehr glaubhaft vermittelt hat. Doch so sehr sich Jon auch der Nachtwache zugehörig fühlen mag, ist sie zunächst erst einmal ein Weg gewesen seinem Schicksal als Bastard ohne Zukunftsperspektive zu entfliehen. Unter den Wildlingen könnte er also durchaus eine Gemeinschaft finden, die ihn für seine Taten akzeptiert und anerkennt. Die ihm ein Gefühl der Zugehörigkeit vermittelt, welches nicht nur auf der Ausübung von Pflichten beruht. Schlichtweg: Zum ersten Mal eine wirkliche Familie schenkt, für die er bereit ist seine tief verwurzelten moralischen Vorstellungen über Bord zu werfen und eigene moralische Ansichten zu entwickeln. Eine Schlüsselrolle wird dabei sicherlich Ygritte spielen, die mehr als offensichtlich als Love-Interest fungiert. Jedoch bin ich mir sicher, dass es darüber hinaus eben das gesamte Gefüge der Wildling-Gemeinschaft ist, welches Jons derzeitiges Weltbild erschüttern und vollkommen modifizieren wird.
Ob am Ende des Tages dann überhaupt noch wichtig ist, welcher Gruppe sich Jon zugehörig fühlen wird, oder ob alle eh gleichermaßen versuchen müssen sich gegen die Invasion der Weißen Wanderer zu stellen, und entsprechend aus derzeitigen Feinden Verbündete werden, wird sich irgendwann sicherlich zeigen...
"You might find a bit of armor quite useful once you become queen."
"Growing Strong" ist nicht nur das Hausmotto der Tyrells, sondern wahrlich auch die Kurzfassung von Margaerys Entwicklung. In #2.03 Was tot ist, kann niemals sterben durften wir erstmals Zeugen davon werden, dass Margaery sehr berechnend ist, wenn es darum geht an ihr Ziel zu gelangen. Im Zusammenhang mit Renly und dessen geheimer Liebschaft mit Loras wirkte diese kühle Berechnung natürlich eher wie eine liebevolle Geste, doch an und für sich unterscheidet sich Margaery kaum von ihrer baldigen Schwiegermutter Cersei Lannister. Beide Frauen streben nach Kontrolle und Macht. Der einzige Unterschied dabei ist, dass Margaery diese Macht durch Wohltaten erlangen will, während Cersei diese Macht durch Hartherzigkeit erlangt hat.
Natalie Dormer und Lena Headey verkörpern ihre beiden Charaktere mit einer unglaublichen Brillanz und ihre gemeinsame Szene am Esstisch gehört definitiv zu den Highlights in dieser Episode. Es steht fest, dass beide Frauen sich ihrer aufblühenden Konkurrenz mehr als gewiss sind und beide versuchen gleichermaßen die jeweils andere zu unterminieren. Dass Joffrey durch seine Unerfahrenheit dabei natürlich auf die weiblichen Geschicke seiner versprochenen Braut sofort anspringt und die Verbindung zu seiner Mutter inzwischen nur noch am seidenen Faden hängt, macht die Sache umso interessanter. Man darf gespannt sein, wie weit Cersei bereit ist zu gehen und welche Konsequenzen dies für sie haben könnte, um ihre derzeitige Stellung zu halten. Deutlich ist jedoch, dass ein Machtwechsel stattgefunden hat und Margaery zurzeit die einzige zu sein scheint, die den sadistischen König auch nur ansatzweise unter Kontrolle halten kann.
"Men's laws give you right to bear my name and display my colors since I cannot prove that you are not mine."
Doch Cersei bangt nicht nur um die Gunst ihres Sohnes, sondern gleichermaßen um die ihres Vaters Tywin, wobei ihre Befürchtungen sich letztlich als vollkommen unbegründet herausstellen. Denn alles deutet daraufhin, dass jegliche Anstrengung von Tyrion bei dessen Vater auf taube Ohren stößt. Egal ob er durch eine geschickte Taktik starke Krieger für die Lannisters akquiriert, selbst an vorderster Front kämpft oder durch sein Verhandlungsgeschick die gröbsten Aussetzer seiner Familienmitglieder kaschieren kann. Für Tywin bleibt Tyrion ein Bastard, der für den Tod seiner Frau verantwortlich ist und Schande über den Familiennamen bringt. Wenn man bedenkt, wie nahezu herzlich Tywin noch vor kurzer Zeit mit Arya umgegangen ist, erschreckt es einen umso mehr, wie starrsinnig er sich in Bezug auf Tyrion verhält. Zwar ist es nachzuvollziehen, dass ein Mann wie Tywin die Errungenschaften seiner Familie nicht an jemanden abtreten will, der von allem im Reich lediglich als Gnom ansehen wird und bisher vor allem durch Spitzzüngigkeit, Saufgelage und Rumhurerei von sich reden machte. Dennoch schmerzt es natürlich umso mehr, dass Tyrion erneut nicht die Anerkennung für seine wahrlich herausragenden Taten in der letzten Zeit bekommen hat.
Ich frage mich, was noch alles geschehen muss, damit Tyrion damit aufhört nach der Anerkennung oder gar Zuneigung seines Vaters zu streben, wenn er hier erneut mit Füßen getreten wird, obwohl er schon längst am Boden liegt. Theoretisch könnte ich mir gut vorstellen, dass Tyrion die Seiten wechselt und sich irgendwann gegen seine Familie stellt, da er eh nie wirklich Teil von ihr war, sondern lediglich von den Reichtümern der Lannisters profitiert. Derzeit ist jedoch niemand in Sicht bzw. in unmittelbarer Nähe, dem Tyrion sich anschließen könnte. Man kann fast nur hoffen, dass Jamie schnell seinen Weg zurück findet, da er der einzige in der Familie ist, der Tyrion so etwas wie geschwisterliche Liebe entgegen bringt. Dies erscheint mir derzeit jedoch mehr als unwahrscheinlich, sodass man gespannt sein kann, was Tyrion aus diesem herzlosen Gespräch mit seinem Vater mitnehmen wird. Zum Glück ist - der nun zum Ritter ernannte - Bronn noch an Tyrions Seite, der erfreulicher Weise den Angriff auf Königsmund ebenso wie Tyrions treuer Diener Podrick überlebt hat.
"Allow me to join your Queensguard and I will not fail you again."
Es sollte außer Frage stehen, dass Daenerys Handlungsstrang in der zweiten Staffel im Nachhinein betrachtet vollkommen überflüssig war, denn er führte uns letztlich zu nichts und die Quintessenz daraus hätte man auch innerhalb ein/zwei Szenen erzählen können. Der Einstieg in ihren Handlungsstrang in der dritten Staffel lässt jedoch auf Besserung hoffen. Mal ganz davon abgesehen, dass der Sklavenhändler und seine Übersetzerin einen wunderbaren Comic Relief in dieser Episode darstellten, ist die Armee der Unbefleckten natürlich ein enorm interessantes Element, welches Daenerys Handlungsstrang hinzugefügt wird. Die Grausamkeit mit welcher diese Armee ausgebildet wurde, kann einen nur sprachlos zurück lassen und die Vorstellung, dass jeder dieser 8000 Männer ein neugeborenes Kind vor den Augen von dessen Mutter ermordet hat, lastet schwerer als die kurze Vorführung, dass diese Soldaten noch nicht mal mit der Wimper zucken, wenn man ihnen eine Brustwarze bei lebendigem Leib herausschneidet.
Da Daenerys derzeit lediglich eine Handvoll Dothraki auf ihrer Seite hat, welche einen längeren Weg über das Meer nur unter schwerer Übelkeit überleben werden, da sie eben ihr Leben auf dem Rücken eines Pferdes und nicht auf einem Schiff verbracht haben, scheint es unumgänglich, dass sie die Armee der Unbefleckten kaufen und nutzen wird. Doch wie viel ist eine gekaufte Armee wert? Natürlich hat keiner dieser Männer ein Problem für Daenerys in den Tod zu gehen, doch wird dies auch so bleiben, wenn jemand anderes ihnen ein besseres Angebot unterbreitet? Zwar erscheint es so, als hätte man diesen Sklaven in ihrer Ausbildung auch ihren freien Willen abtrainiert, doch ob es dabei bleiben wird? Ganz von der Loyalität dieser Armee ab, ist es vor allem das moralische Dilemma, in welchem sich Daenerys nun befindet, das die Handlung für mich wirklich spannend gestaltet. Außerdem dürfte das Auftauchen von Barristan Selmy dafür Sorge tragen, dass das innige Verhältnis von Daenerys und Jorah ordentlich ins Wanken gerät. Zum einen könnte nun natürlich herauskommen, dass Jorah eigentlich als Spion zu Daenerys geschickt wurde, und es bleibt fragwürdig, wie viel Vertrauen sie dem verbannten Ritter inzwischen schenkt, damit eine solche Offenbarung sie nicht dazu veranlasst, sich von ihm abzuwenden. Zum anderen muss sich erst einmal zeigen, wie die beiden (in Ungnade gefallenen) Ritter miteinander auskommen und ob sie versuchen werden sich gegenseitig auszustechen. Selmys Ankunft bei Daenerys ist entsprechend vorerst eine wirklichere Bereicherung für ihren Handlungsstrang und ihren Bezug zum restlichen Geschehen in Westeros.
Persönliche Eindrücke und Randnotizen
Es existiert derzeit kein Intro einer Serie, welches so wunderbar inszeniert ist, wie das von "Game of Thrones" und uns gleichermaßen einen visuell ansprechenden Hinweis auf die Schauplätze der Handlung preis gibt. Das Highlight dieses Intros ist in dieser Episode definitiv die Rauchwolke, die in Winterfell aufsteigt.
Der König des Nordens, Robb Stark, handelt wahrlich königlich, indem er seine Mutter bei Ankunft im verlassenen und von Leichen übersäten Harrenhal erst einmal wegsperren lässt! Ein Hoch auf den König! Es ist immer noch unfassbar, dass sie ihrem Sohn stetig Moralpredigten hält, wie er sich zu verhalten hat und dann aus purem Egoismus das einzige Druckmittel gegen die Lannisters hat laufen lassen.
Ich bin dankbar, dass Davos die Schlacht von Blackwater überlebt hat und schockiert, dass Melisandre Stannis nun vollkommen in ihren Bann gezogen hat. An Davos' Loyalität zu seinem König ändert dies jedoch nichts, was gleichermaßen ehrenhaft wie auch dämlich ist. Ich befürchte Stannis hat sich dem Herrn des Lichts nun vollkommen verschrieben und man darf gespannt sein, wie sein nächster Eroberungsfeldzug nun aussehen wird.
In dem kurzen Zusammenspiel zwischen Sansa und Shae, in welchem Sansa sich gegen die Wahrheit sträubt und sich lieber ihren eigenen Vorstellungen hingibt, wird die aussichtslose Situation der älteren Stark-Tochter sehr deutlich. Dass sie sich weiterhin auf Baelish verlässt, weckt meine Befürchtung, dass ihr Schicksal noch längst nicht den Tiefpunkt erreicht hat.
Bei einem so großen Cast bleiben einige Charaktere natürlich immer auf der Strecke und so mussten wir in diesem Auftakt auf Arya und ihre Gefährten, Theon, Bran und seine Freunde, sowie Jamie und Brienne verzichten. Wie es diesen Charakteren ergangen ist, wo sie sich derzeit befinden und wie ihre Handlungsstränge mit den anderen verknüpft werden, zeigt sich sicherlich in den kommenden Episoden und man darf mehr als gespannt sein.
Diese Episode wurde dem Briten Martin Kenzie gewidmet, der am 16. Juli 2012 während der Dreharbeiten zur dritten Staffel durch Krebs verstarb. Für "Game of Thrones" war Kenzie für mehrere Episoden als Kameramann tätig.
Fazit
"Game of Thrones" ist endlich zurück und ich bin überzeugt, dass in den kommenden neun Episoden dieser dritten Staffel viele spannende, interessante und verzwickte Handlungsstränge auf uns warten. Der Auftakt diente vornehmlich dafür die Karten ein wenig neu zu mischen und die Verarbeitung der Ereignisse aus der zweiten Staffel voran zu treiben. Die Bewertung dieser Episode mag auf den ersten Blick ein wenig harsch anmuten. Im Vergleich zu dem, was "Game of Thrones" in der Vergangenheit abgeliefert hat, bleibt diese Episode allerdings ein wenig zurück. Aber das ist Jammern auf ganz hohem Niveau und es steht eigentlich außer Frage, dass die kommenden Episode eine deutliche positivere Bewertung nach sich ziehen werden - und man muss der Serie ja auch eine Chance geben sich zu steigern. In diesem Sinne: "It's not slander if it's true."
Annika Leichner - myFanbase
Die Serie "Game of Thrones" ansehen:
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Diskussion zu dieser Episode
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Valar DohaerisErstausstrahlung (US): 31.03.2013
Erstausstrahlung (DE): 28.02.2014
Regie: Daniel Minahan
Drehbuch: David Benioff & D.B. Weiss
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