Bewertung

Review: #4.09 Ehe vor Gericht

Foto: Dallas Roberts & Julianna Margulies, Good Wife - Copyright: Paramount Pictures
Dallas Roberts & Julianna Margulies, Good Wife
© Paramount Pictures

Auch wenn ich mit der vierten Staffel von "Good Wife" bis dato ziemlich hart umgesprungen bin, weil mich die Serie ziemlich enttäuscht hat, schafft man es auch immer wieder, eine dieser Episoden herauszuhauen, die einen dann daran erinnern, wie unterhaltsam das Ganze unterm Strich ist. #4.09 A Defence of Marriage ist so eine Episode und auch wenn die meisten der größeren Handlungsstränge ruhen, schafft man es mit der zum großen Teil allein für sich stehenden Folge doch, auch endlich mal wieder etwas mehr Licht auf den aktuellen Gemütszustand der Hauptfigur Alicia zu werfen. Besonders die letzten fünf Minuten tragen viel dazu bei, aber dazu später mehr.

Zuvor will ich erst einmal auf den sehr gelungenen Fall der Woche eingehen, der eine der exemplarischen Ehen beinhaltet, auf die der Folgentitel anspielt. Dabei nimmt man sich mal wieder eines gesellschaftlich relevanten Themas an und beleuchtet die ungleichen Rechte von Eheleuten des gleichen Geschlechts. Das ist auch im letzten US-Wahlkampf ein ganz heiß diskutiertes Thema gewesen und noch lange sind hier die gesellschaftlichen Grabenkämpfe nicht ausgestanden, die in den Staaten eben auch gerne einmal mit Präzedenzfällen vor dem Obersten Gericht geklärt werden müssen. Nicht dass das bei uns anders wäre, auch hier haben gleichgeschlechtliche Partner noch lange nicht den gleichen Status in vielen wichtigen Belangen gegenüber denen heterosexueller Eheleute und auch in Deutschland wartet man gerne einmal ab, was das Bundesverfassungsgericht zur Sache zu sagen hat, bevor man sich als politische Partei endgültig auf eine Position festlegt.

Aber der aktuelle Fall von "Good Wife" wird auch deshalb so brisant, weil sich ein Staranwalt mitten in der Verhandlung einschaltet und dieser ganz klar mehr den großen Kampf vor Augen hat, als das Wohl seines Klienten. Erfrischend empfinde ich dabei, dass die Serie, die klar auf der Seite der liberalen Werte steht und dies mit der Positionierung von Alicias Bruder Owen inmitten des Ganzen auch deutlich klarmacht, doch kein bisschen davor zurückschreckt, den liberalen Staranwalt als Opportunisten erscheinen zu lassen. Wie dieser während der Verhandlung mit Alicia und Diane kollidiert ist und deren letzte Reaktion darauf, als besagter Jeremy Breslow dann vor der Presse einen ganz anderen Verlauf vorgibt, waren für mich absolute Highlights. Ebenso gelungen waren die verschiedenen Aspekte, die eine Ehe unter den unterschiedlichen Rahmenbedingungen annehmen kann, die man hier demonstrierte. Vom rein männlichen Vorzeigepaar vor Gericht, über die komplizierten Verhältnisse von Alicias Mutter Veronica, bis hin zu Alicias Ehe zu Peter, die ebenfalls alles andere als konventionell daherkommt. Dabei war es ein wirklich cleverer Schachzug, Alicias Elternhaus genau hier ins Spiel zu bringen, wo es eine derart große thematische Relevanz aufweisen kann. Dazu kommt die Tatsache, wie sehr Veronica Alicia zur Weißglut bringen kann, wie gut sich Veronica im Gegensatz dazu mit dem durchtriebenen David Lee versteht und wie unschuldig rein der arme Owen in der Mitte des Ganzen wirkt.

Der große Gegensatz zwischen Alicia und ihrer freigeistigen Mutter erklärt dazu auch noch einige ihrer ausgeprägten Wesenszüge und ich finde es durchaus amüsant, dass Alicia am Ende der Folge aus dem Trieb heraus, gegen ihre Mutter zu rebellieren, dann doch irgendwie genau das tut, wozu ihr diese geraten hat. Alicia nimmt sich aus Frust genau das, was sie gerade benötigt, und wenn es ein heißer Quickie mit Peter im Nebenzimmer des familiären Thanksgiving-Dinners ist. Dabei beweist "Good Wife" nach dem ganzen Kalinda-Nick-Debakel, dass es immer noch sehr heiße Szenen inszenieren kann. Und als Zuschauer fragt man sich zum wiederholten Male, welcher Natur denn nun die Beziehung zwischen Peter und Alicia aktuell ist. Dass sie wieder in irgendeiner Form zusammen sind, stand für mich seit ihrem Kuss am Anfang der Staffel fest, wie lange diese Beziehung aber bereits andauert und wie tiefgehend sie wirklich ist, enthält man uns weiterhin bewusst vor. Wenn man dabei aber derart überraschend-unterhaltsame Szenen fabrizieren kann, will ich mich nun wirklich nicht beschweren.

Zumal auch das Zusammentreffen von Victoria mit der restlichen Familie köstlich war, besonders aber deren herrlicher Schlagabtausch mit Jackie, die sich zudem mit ihrem gutaussehenden Pfleger immer besser versteht, geheime Handzeichen bereits inklusive.

Alles in allem war dies wirklich eine sehr unterhaltsame Episode, die sich wie nebenbei auch noch durchaus tiefgründig mit einer wichtigen gesellschaftlichen Frage auseinandergesetzt hat. Einzige Enttäuschung bleibt die Tatsache, dass man die Auswirkungen von Carys Überfall erst einmal auf die lange Bank geschoben hat. Dabei hat man diesen extra am Anfang noch einmal gezeigt, aber bis auf eine dubiose Konfrontation zwischen Cary und Nick ist hier noch nicht viel passiert. Cary hat sich dabei erwartungsgemäß sehr clever angestellt und Nick seine möglichen Schachzüge spüren lassen, aber ich hatte mir da nach diesem hässlichen Vorfall doch wesentlich mehr erhofft. Gar nicht unbedingt zwischen Cary und Nick, sondern eher rund um Kalinda, die hier aber gar nicht vorkam. Denn warum Cary nun eigentlich Nick verdächtigt, wissen wir auch nicht. Für uns als Zuschauer macht dies natürlich viel Sinn, aber ich würde doch wirklich gerne einmal eine Szene sehen, in der Kalinda mit den Auswirkungen ihres Ehemannes konfrontiert wird. Nach meinem Wissensstand weiß Cary noch nicht einmal, dass die beiden verheiratet sind.

Cindy Scholz - myFanbase

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