Review: #5.15 Drama, Euer Ehren!
Selten hat mich eine Serienfolge derart kalt erwischt und fassungslos zurückgelassen. Noch einmal muss man sich vor Augen rufen, dass "Good Wife" sich inzwischen bereits in der fünften Staffel befindet und seit Anbeginn der Season nahezu pausenlos eine starke Folge nach der anderen produziert. Doch diese hier toppt alles bisher dagewesene.
Goodbye
Will ist tot. Ungläubiges Staunen, noch einmal die Vergewisserung, er ist wirklich tot. "Good Wife" ist keine Soap, bei der man noch auf eine wahnwitzige Wendung, z.B. den bösen Traum einer Hauptfigur hoffen kann. Will ist tot und davon gibt es nun kein Zurück mehr.
Eine dramatische und traurige, aber nichtsdestotrotz auch fantastische Folge, die vor allem rückblickend ein ganz anderes Licht auf viele gerade eben erst noch gesehene Szenen wirft. Mit dem Wissen um Wills Tod wird einem erst richtig bewusst, dass man soeben eine Folge voller Abschiede gesehen hat und alle waren einfach zu 100 Prozent stimmig und zeigten noch einmal in wenigen Augenblicken aber trotzdem vollumfänglich die Beziehung von Will zu den wichtigsten Frauen in seinem Leben. Mit Diane durfte Will noch einmal eine Unterhaltung führen, die sinnbildlich für ihre gemeinsame berufliche Laufbahn steht. Die beiden kennen sich einfach schon so lange, dass ihr Vertrauen auf Gegenseitigkeit beruht. Äußert Diane noch Zweifel am Erfolg im Fall um Jeffrey Grant, so vertraut sie aber auch auf Wills feste Überzeugung hinsichtlich der Unschuld des jungen Studenten und sein Selbstvertrauen, den Fall gewinnen zu können. Jede weitere Diskussion erübrigt sich. Beide kennen sich in- und auswendig und lassen dem anderen die dafür nötigen Freiräume. Die Barszene von Kalinda und Will zeigt eine von Freundschaft aber auch von Arbeit geprägte Beziehung. Die beiden sind sich charakterlich durchaus ähnlich. Sie leben ihren Job, der Beruf ist ihr Leben. Genau das ist es, was Will Kalinda noch einmal zu verstehen zu geben versucht, als sie ihren geplanten Austritt bei Lockhart/Gardner verkündet.
Am gelungensten ist aber sicherlich die rückblickende Abschiedsszene von Alicia und Will. Ihre mal mehr und mal weniger platonische Beziehung begleitete uns seit Anbeginn der Serie und machte über viele Staffeln hinweg einen besonderen Reiz der Serie aus. Im Angesicht von Wills Tod stellt sich hier nun wirklich die Frage, wie es nach diesem so unerwarteten Ende dieser so essentiell bedeutenden Beziehung nun mit der Serie weiter gehen wird. Ein tragendes Kernelement ging verloren und ich kann nur den Hut davor ziehen, welchen Mut die Autoren haben, mit dieser konsequenten Erzählweise und der gerade erst zu Beginn dieser Staffel vollzogenen Wendung in Sachen Kanzleien-Split noch einmal einen oben drauf zu setzen. Offenbar ging das Ende der Figur Will ja von Josh Charles aus, dennoch ist die Umsetzung in der Art ihrer Inszenierung und des Timings einfach atemberaubend und faszinierend zugleich. Aber noch einmal zurück zu Will und Alicia in dieser Folge. Die Szene vor dem Gerichtssaal ist für mich rückblickend ein mehr als versöhnlicher Abschied ihrer gemeinsamen Geschichte. Ein Auseinandergehen im Streit wäre dieser Beziehung einfach nicht würdig und gerecht geworden. Stattdessen darf Alicia noch einmal ganz sie selbst sein und warnt trotz der Streitigkeiten der letzten Monate Will davor, dass er sein Mandat in Jeffreys Fall verlieren könnte, was sie sicher nicht hätte tun müssen. Und so hat diese Szene neben allem Versöhnlichen auch etwas von Vergebung. Sie macht damit einen Schritt auf Will zu und er kommt ihr mit seiner Dankbarkeit entgegen. Auf einmal wirken die beiden wieder ganz vertraut, scherzen sogar, drücken vor allem im Fall von Alicia ihre Bewunderung für den jeweils anderen aus. Rückblickend lässt sich nicht eindeutig sagen, in welchen Momenten die beiden ihre stärksten Szenen hatten. Seite an Seite oder von Angesicht zu Angesicht, stets lag eine so intensive Spannung zwischen den beiden, die ihre Szenen immer zu den großen Highlights der Charaktermomente in "Good Wife" werden ließen.
Last but not least hatte Will mit dem Jeffrey Grant-Fall seinen letzten ganz großen Auftritt im Gerichtssaal. Hier war er noch einmal in seinem Element als leidenschaftlicher, mit Körper und Seele dem Beruf gewidmeter Top-Anwalt zu sehen, der sich vor Richtern und Jury stets gewitzt und trotz vieler Hindernisse und Rückschläge nie geschlagen gab. Aufgeben war nicht sein Ding. Stattdessen ging es mit der "Jetzt erst recht“-Mentalität immer weiter.
Auch wenn der Tod von Will schockierend und traurig ist, so war dessen Inszenierung einfach nur grandios. Schon bei der einsetzenden Musik und den durch den Gerichtssaal schweifenden Blicken von Jeffrey ließ sich ein drohendes Unheil erahnen. Ein leichter kalter Schauer lief mir bereits den Rücken herunter, der von einer Schockstarre gefolgt wurde. Der Wechsel in den Gerichtssaal von Diane unterbrach noch einmal kurzzeitig die sich anbahnenden dramatischen Entwicklungen. Als sich die ersten Schüsse lösten, konnte und wollte ich nicht ernsthaft glauben, dass für Will eine tatsächliche Gefahr bestehen könnte. Eine so tragende Rolle zu diesem Zeitpunkt zu verlieren, schien mir undenkbar. Aber "Good Wife“ hat einmal mehr bewiesen, dass mit dem Unerwarteten zu rechnen ist und auch keine Scheu mehr vor richtungsweisenden Veränderungen besteht. Da ist es dann auch schon völlig zweitrangig, ob Jeffrey nun wirklich schuldig oder ob er nur aus purer Verzweiflung und Angst vor dem drohenden Schuldspruch zu dieser Tat fähig war. Das leere Magazin der Pistole verhindert letztendlich die Selbstrichtung und erübrigt die Frage nach der Haft ohnehin.
So kurz nach diesem Schocker bin ich hinsichtlich der künftigen Ausrichtung der Serie noch völlig plan- und ahnungslos. Ohne die fehlende Dynamik in der Beziehung von Will und Alicia fehlt einfach ein großer Teil dessen, was die Serie in den letzten fünf Jahren ausmachte. Allerdings braucht man sich nach den vielen Höhepunkten in dieser laufenden Staffel vielleicht auch gar keine großen Gedanken machen und sollte den Autoren vielmehr das Vertrauen schenken, dass noch zahlreiche spannende Geschichten auf uns warten. Zunächst wird es sicher an die Trauerverarbeitung gehen, aber auch die in dieser Folge einmal mehr behandelte Wahlfälschung lässt schon auf das nächste große Drama hindeuten.
Hier sei insbesondere die großartige Szene von Alicia im Verhör erwähnt, die von Julianna Margulies einfach fantastisch gespielt wurde. Die Bandbreite von fast schon überheblicher Abgebrühtheit bis hin zum drohenden Verlust der Fassung beim Anblick der neuen Überwachungsvideos zeugt von großer Schauspielkunst. Und eins dürfte nahezu sicher sein, wenn man das nach der heutigen Folge überhaupt noch sagen kann, an Alicia dürfen wir bestimmt noch länger unsere Freude haben. Die hatte ich übrigens in dieser Folge auch in ihren gemeinsamen Szenen mit Cary. Deren Partnerschaft ist zunehmend gereift und es ist einfach schön zu sehen, wie gut sich die beiden inzwischen auf den Spuren ihrer einstigen Mentoren Will und Diane verstehen.
Zu guter Letzt will ich auch noch erwähnen, dass es mir äußerst gut gefallen hat, dass die Zusteuerung auf diesen dramatischen Höhepunkt über die letzten drei Folgen hinweg auch eine Konzentration auf die relevanten, langjährigen Hauptfiguren mit sich brachte. Ein von mir ohnehin wenig geliebter Damian Bolye wurde z.B. zu keiner Sekunde vermisst und hätte sich auch fehl am Platze angefühlt.
Fazit
Ich kann mit Wohl und Recht behaupten, dass trotz der dramatischen Ereignisse und dem Tod des von mir stets geliebten und geachteten Will, dies wohl die beste Folge von "Good Wife" überhaupt war. Keine Ahnung, was die Zukunft für die gerade erst frisch für eine sechste Staffel verlängerte Serie noch bringen wird, diese Episode wird mir noch lange in Erinnerung bleiben. Das war allerbeste Serienunterhaltung auf höchstem Niveau. Chapeau.
Jan H. – myFanbase
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Dramatics, Your HonorErstausstrahlung (US): 23.03.2014
Erstausstrahlung (DE): 24.02.2015
Regie: Brooke Kennedy
Drehbuch: Robert King & Michelle King
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